Text: Eva Irmler
Fotos: Günter Schmidt
Einleitung
Eher zufällig waren wir bei dieser Unternehmung gelandet, hatten wir doch zunächst den etwas niedrigeren, dafür technisch anspruchsvolleren Kun in Ladakh / Indien angepeilt. Mangels Interessenten war diese Expedition jedoch abgesagt worden und Diamir bot uns den Putha als Alternative an. Unsere Bedenken in Bezug auf die Lage in Nepal nur wenige Monate nach dem schweren Erdbeben waren bald ausgeräumt, zumal das Dolpo nicht zu den betroffenen Regionen zählte und auch der Aufenthalt in Kathmandu nach allem, was in Erfahrung zu bringen war, schon wieder problemlos möglich sein sollte. So stand unser Entschluss bald fest, an der Expedition zu diesem idealen Einsteiger-7000er teilzunehmen, eine Entscheidung, die sich in vielerlei Hinsicht als Glücksfall erweisen sollte.
Meine Höhen-Erfahrungen beschränkten sich bis dahin auf einige 5000er (Kilimanjaro, Illiniza Norte, Cotopaxi) und einen 6000er (Chimborazo), während Günter in jungen Jahren noch ein paar weitere hohe Andengipfel bestiegen hatte.
Chimborazo 2012 |
Kilimanjaro 2011 |
Beide waren wir allerdings bisher weder im Himalaya noch je im Expeditionsstil unterwegs gewesen, also mit einem mehrtägigen Anmarsch zum Basislager mit viel Material, das von Tragtieren oder Trägern transportiert wird, und mehreren Hochlagern am Berg. So gab es im Vorfeld der Reise außergewöhnlich viel zu bedenken und zu besorgen und zusätzlich wollten wir natürlich so viel wie möglich trainieren. Letzteres lief aus verschiedenen Gründen leider mehr schlecht als recht, nicht zuletzt, weil das Wetter bis weit in den Sommer hinein eher bescheiden blieb und uns bei mancher geplanten Tour einen Strich durch die Rechnung machte. Da blieb oft nur Joggen, Joggen, Joggen - und die Hoffnung, dass es am Ende schon irgendwie reichen würde.
Im Lauf der Wochen häufte sich immer mehr Ausrüstung, warme Kleidung und allerlei Kleinkram an, was alles unbedingt mit sollte, aber andererseits galt es, sowohl das Gewichtslimit von Qatar Airways zu beachten, als auch das begrenzte Volumen der Packsäcke, die Diamir als Gepäckschutz zur Verfügung stellte. Letzterer würde sich vor allem während des Trekkings als extrem wichtig herausstellen, da die Maultiere und Yaks ebenso wie ihre Treiber alles andere als zimperlich mit ihren Lasten umsprangen.
Zu unserer großen Erleichterung gelang es uns aber, bei einem Probepacken am Wochenende vor der Abreise alles irgendwo unterzubringen. Wir waren also bereit, es konnte losgehen!
Anreise
Die Landung in Kathmandu gelang erst im zweiten Anlauf, da sich über dem Himalaya riesige Gewitterwolken auftürmten und für entsprechend heftige Turbulenzen sorgten. Bei der Einreise lief für uns dann alles optimal, wir waren bei den ersten, die an den Visa-Schaltern ankamen, und auch unser Gepäck konnten wir trotz des Tohuwabohus, das wie befürchtet rund um die einzigen beiden Förderbänder herrschte, schon bald vollständig in Empfang nehmen.
Vor dem Flughafengebäude wurden wir schon erwartet – mittlerweile waren wir zu sechst – und ein Minibus brachte uns samt Gepäck quer durch die Stadt zum „Kathmandu View Hotel“, das direkt beim Touristenviertel Thamel liegt und sich als einfaches, aber sehr empfehlenswertes Quartier erwies.
Abends beim Begrüßungsessen waren dann fast alle der insgesamt 10 Teilnehmer der Expedition dabei, nur einer fehlte noch, der erst später am Abend in Kathmandu landen würde. Auch unser Expeditionsleiter, Markus Walter, und Jamba, einer der beiden nepalesischen Bergführer, die uns begleiten würden, waren mit von der Partie. Das erste gegenseitige Beschnuppern fiel durchweg positiv aus, was mir schon mal einen großen Stein vom Herzen fallen ließ. Froh war ich auch insbesondere darüber, dass außer mir noch zwei weitere Frauen mitkommen würden.
Anderntags hatten wir bis zum frühen Nachmittag Gelegenheit, Kathmandu ein wenig zu erkunden. Günter und ich lenkten unsere Schritte zunächst ins Touristenviertel, wo wir an einem Geldautomaten Nepalesische Rupien abhoben und in einem der zahllosen Shops mit Trekkingausrüstung eine Stirnlampe erwarben - mir war am Abend eingefallen, dass ich meine zuhause hatte liegen lassen… Anschließend statteten wir dem Stupa Swayambunath einen Kurzbesuch ab, einem der beiden wichtigsten buddhistischen Heiligtümer in Kathmandu.
Nach einem schnellen Mittagessen in einer Freiluft-Elektrobar in Thamel wartete dann schon wieder der Minibus, der uns mit Sack und Pack zum Inlandsflughafen für den Weiterflug nach Nepalgunj bringen würde. Unterwegs gab es zunächst aber noch einen Besichtigungsstopp beim Stupa Bodnath, der beim Erdbeben leider seine Spitze eingebüßt hatte und deshalb teilweise gerade eher einer Großbaustelle glich. Die ganze Reisegruppe umrundete den Stupa, das wichtigste tibetisch-buddhistische Heiligtum Nepals, wie es sich gehört, mehrfach im Uhrzeigersinn und die unzähligen Gebetsmühlen antreibend – ein bisschen Glück für das Gelingen unseres Vorhabens zu erflehen, konnte gewiss nicht schaden!
Vor dem Flug mit Yeti Airlines wurde unser gesamtes Gepäck gewogen und da hier nur 20 kg pro Person inklusive waren statt 30 kg, wie auf den internationalen Flügen, kam die ganze Truppe auf insgesamt 200 kg kostenpflichtiges Übergepäck. Der etwa einstündige Flug war dann schnell überstanden und schon empfing uns die tropische Hitze des Terai (Tiefebene an der indischen Grenze) und zu unserem Schrecken mussten wir feststellen, dass 3 Gepäckstücke, darunter auch Günters Seesack, fehlten. Nach einigem Hin und Her konnte Jamba in Erfahrung bringen, dass die restlichen Teile mit dem nächsten Flug von Kathmandu ankommen würden. Halbwegs beruhigt ließen wir uns daraufhin vorbei an ärmlichen Wellblechhütten im Minibus zum „besten Hotel am Platz“ bringen - die Auswahl scheint in Nepalgunj sehr begrenzt zu sein, aber unser Hotel, das „Batika“, war im großen und ganzen in Ordnung. Und tatsächlich konnten wir schon kurze Zeit nachdem wir unser Zimmer bezogen hatten, Günters Gepäck in Empfang nehmen!
Nach einem hervorragenden indischen Abendessen und einer leider viel zu kurzen Nacht gönnten wir uns noch die allerletzte Dusche für die nächsten 3 1/2 Wochen, bevor es schon um 5 Uhr früh wieder zum Flughafen ging.
Auch diesmal wurde das Gepäck akribisch gewogen und trotz Optimierungsversuchen hatten alle wieder gewaltiges Übergepäck zu bezahlen. Die nach Geschlechtern getrennte Sicherheitskontrolle, bei der es offenbar hauptsächlich darum ging, zu verhindern, dass Feuerzeuge oder Batterien mit in den Flieger kamen – einem von uns wurde allerdings seltsamerweise auch eine Rolle Tape abgeknöpft und ein Taschenmesser, das die Stewardess dann wieder mitbrachte – ging bei den Männern erst sehr schleppend voran. Erst als die Piloten, die schon in ihrer Twin Otter auf dem Rollfeld warteten, ungeduldig wurden, tauchte noch ein weiterer Kontrolleur auf und beschleunigte den Vorgang.
Nach der Landung in Juphal |
Bereits um 7 Uhr morgens hoben wir so von Nepalgunj ab und machten uns auf den Flug nach Juphal, einem kleinen Ort im äußersten Nordwesten Nepals an der Grenze zu Tibet. Die atemberaubende Landung auf der extrem kurzen Landepiste, die auf einem Plateau oberhalb des Dorfes liegt, gelang perfekt und schon bald konnten wir uns mit der ersten Ladung Gepäck auf den Weg zu einer Lodge machen. In deren Innenhof wurde alles außer unseren Tagesrucksäcken auf Maultiere verladen, denn ab jetzt ging es für uns nur noch zu Fuß weiter. Hier trafen wir auch den Rest der Mannschaft, die mit uns zum Basislager ziehen würden, unseren Koch Rup Lama, und seine beiden Gehilfen, sowie Lila, den zweiten nepalesischen Bergführer, der als einziger schon einmal am Putha Hiunchuli gewesen war.
Das alles müssen die Maultiere schleppen. |