Mittwoch, 23. Mai 2018

Chile 2018 - Teil I: Große Pläne

Text: Eva Irmler
Fotos: Günter Schmidt


Große Pläne


„Sind wir jetzt übermütig geworden? Müssen wir mit dem, was wir uns da vorgenommen haben, nicht ganz einfach scheitern? 5 hohe Berge, 3 davon über 6000 m, als Höhepunkt mal wieder ein Superlativ: der höchste Vulkan der Erde – und als wäre das immer noch nicht anspruchsvoll genug, wollen wir diesmal alles in Eigenregie schaffen. Werden wir, nur zu zweit, ein so gutes Team sein können, wie es für diese Unternehmung nötig ist? Und die Zeit vergeht so schnell, und mit dem Training geht es auch nicht recht voran…“

Das waren die Gedanken, mit denen ich mich in den Wochen vor unserer Abreise immer wieder herumgeschlagen habe.

Gut zwei Jahre waren vergangen seit unserem letzten „großen Ding“, der Expedition zum Putha Hiunchuli, und obwohl wir auch in der Zwischenzeit nicht gerade dem Müßiggang verfallen waren (z.B. Island, Karibik, Korsika), hatte Günter Ende 2017 doch so viele Resturlaubstage angesammelt, dass es 2018 sogar für zwei größere Reisen reichen könnte – vorausgesetzt, wir würden uns schnell entscheiden und die erste davon noch im März antreten.

Auf dieser Grundlage erblickte das „Projekt 6x6“ in den ersten Tagen des neuen Jahres das Licht der Welt: Es sollte doch möglich sein, verteilt auf zwei separate Reisen im Lauf des Jahres insgesamt sechs 6000er zu besteigen - so der ambitionierte Plan.

Der erste Teil des Projekts nahm dann ziemlich schnell Gestalt an, schon in der ersten Januarhälfte stand das Programm im Groben und waren die Flüge gebucht. In den Norden Chiles sollte es gehen, um dort am Rand der Atacama einige der vielen 5000er und eben drei 6000er zu besteigen. Günter hatte vor genau 30 Jahren im Lauf seiner halbjährigen Südamerika-Radtour schon einige Zeit in dieser Region verbracht und immer wieder von der genialen Landschaft geschwärmt, weshalb Chile (oder eines der Nachbarländer) schon lange auf der Liste unserer gemeinsamen Wunschziele stand.

Am Salar de Uyuni, 1988

Höhepunkt der Reise (im doppelten Wortsinn) sollte der Ojos del Salado sein, mit 6891 m nicht nur der höchste Berg Chiles, sondern nach dem Aconcagua der zweithöchste Berg des ganzen amerikanischen Kontinents und höchster Vulkan der Erde.

Der Ojos del Salado grüßt in der Ferne.

Da hierfür laut allen Berichten, die wir entdecken konnten, eine Besteigungsgenehmigung der Difrol (Direccion Naciónal de Fronteras y Límites del Estado), einer Unterabteilung des Außenministeriums in Santiago de Chile, nötig war, bewarben wir uns via Internet um eine solche. Und schon wenig später erhielten wir das Placet der Behörde und waren nun ganz offiziell eine Mini-Expedition mit Günter als „Jefe“ 😊

Das Expeditions-Permit

Die übrigen Berge suchten wir danach aus, dass sie möglichst an einer sinnvollen Reiseroute lagen, relativ leicht (mit dem Auto) zu erreichen waren und außerdem sollten sie eine allmähliche Höhenakklimatisation ermöglichen. So standen schließlich zwei 5000er (Lascar und Cordon del Tatio) und drei 6000er (San Pedro, San Francisco und der Ojos del Salado) – allesamt Vulkane – auf unserer Liste.

Was das bergsteigerische Können angeht, sollten die Herausforderungen diesmal sehr übersichtlich sein, da wir uns überwiegend in reinem Schottergelände und nur selten auf Schnee, Eis oder im Fels bewegen würden. Nur deshalb und weil in dem von uns angepeilten Reisezeitraum, Ende März bis Mitte April, offenbar keiner der uns bekannten Anbieter Bergsteigen in Nordchile im Programm hatte, waren wir überhaupt auf die Idee gekommen, die ganze Sache ohne den Rückhalt einer organisierten Tour anzugehen.

Von der Ausrüstung her waren wir seit der Himalaya-Reise bestens ausgestattet, so dass nur noch Kleinigkeiten zu besorgen waren. Der größte Unterschied in dieser Hinsicht und zugleich das größte Fragezeichen war, dass wir diesmal auch unser eigenes Zelt brauchen würden, und es war alles andere als sicher, dass unser Leichtgewichtszelt (MSR – Hubba Hubba) den anscheinend häufig heftigen Winden standhalten würde. Sollten wir uns also noch ein stabileres zulegen? Andererseits würden wir es voraussichtlich zweimal schleppen müssen, weil am San Pedro und Ojos del Salado jeweils ein Hochlager eingerichtet werden musste. Letztlich entschieden wir daher, es mit dem leichten Zelt zu riskieren.

Neben kleineren logistischen Fragen (wieviel Gas und Wasser, wieviel und welche Lebensmittel würden wir brauchen und wie transportiert man das alles am besten auf der Ladefläche eines Pickups?) blieb so als große Unbekannte, wie wir mit der Höhe zurechtkommen würden, und ob es uns auf eigene Faust gelingen würde, uns vernünftig zu akklimatisieren. Bei unserer diesbezüglichen Planung orientierten wir uns vor allem an Reiseberichten anderer Bergsteiger und teils an den Reiseplänen kommerzieller Anbieter.

Unser eigener Plan sah schließlich wie folgt aus:

Am 21. März sollte es zunächst mal wieder mit der KLM über Amsterdam und Buenos Aires nach Santiago de Chile gehen und gleich im Anschluss mit der chilenischen Fluggesellschaft Sky nach Antofagasta im Norden des Landes.

In dieser Küstenstadt würden wir wohl nur einen halben Tag verbringen, um uns mit Essen, Wasser und Gas einzudecken. Anschließend sollte es mit dem gemieteten Pickup nach San Pedro de Atacama gehen, wo wir uns 2 Tage lang bei einem eher gemütlichen Besichtigungsprogramm an die immerhin schon 2500 m Höhe gewöhnen wollten.

Anschließend würden wir uns nach und nach an immer größere Höhen herantasten und, wenn alles klappte, schon eine knappe Woche nach der Abreise von zuhause auf unserem ersten Berg, dem 5592 m hohen Lascar, stehen. Danach sollte es Schlag auf Schlag zu den nächsten beiden „Höhepunkten“ gehen, erst auf den 5560 m hohen Cordon del Tatio und dann auf den ersten 6000er, den San Pedro (6145 m).

Nach einem kurzen Intermezzo am Meer – zur Erholung und weil es sowieso am Weg lag – würden wir uns eine Hotelnacht in Copiapo (440 m) gönnen, wo wir auch noch einmal unsere Vorräte auffüllen könnten.

Von hier würden wir schließlich an die Laguna Verde fahren, die auf 4400 m am Fuß des Ojos del Salado liegt. Ehe wir uns aber an diese ultimative Herausforderung wagten, wollten wir noch den 6016 m hohen Nachbargipfel San Francisco besteigen. Für den Ojos selbst waren 4 Tage vorgesehen, je einer für Anfahrt, Akklimatisierung, Aufstieg zum Hochlager und Gipfelversuch.

Und wenn sich alles so ausgehen würde, blieben am Ende noch ein paar Tage zum Ausspannen am Meer bis zu unserem Rückflug am 15. April.

Für den Pickup hatten wir uns deshalb entschieden, weil wir für die Berge unbedingt ein solides Auto mit Allradantrieb brauchten und die Autovermieter in Chile allesamt als günstigste Variante in diesem Segment nur Pickups anboten. Bei Avis/Budget bekamen wir statt des erhofften Toyota Hilux „nur“ einen Nissan NP 300 SE, der obwohl noch ziemlich neu, schon recht ramponiert aussah (offenbar wird er sonst hauptsächlich an „Mineros“ - Minenarbeiter - vermietet), sich aber letztlich ganz gut geschlagen hat.



Was die Übernachtungen angeht, hatten wir abgesehen von der letzten Woche alle Hotels schon von zuhause aus gebucht. Von den 24 Nächten in Chile verbrachten wir dabei ganze 9 im Hotel alle übrigen im Zelt (überwiegend „wild“) bzw. einmal in einer Schutzhütte.

Mit den Vorbereitungen ging es also so weit ganz gut voran, und trotz des mittlerweile noch rigoroseren Gewichtslimits für das Fluggepäck (sowohl bei KLM als auch bei Sky nur noch 1 Gepäckstück à 23 kg pro Person plus Handgepäck), schafften wir es, unsere beiden großen Reisetaschen so zu bepacken, dass beide noch gerade so im Rahmen blieben (die detaillierte Packliste findet ihr hier).

Was diesmal wirklich arg zu kurz kam, war das Training. Zwar ging ich mehr oder weniger regelmäßig zweimal pro Woche joggen und schaffte es auch, meine Hundeangst so weit abzulegen (bzw. Laufzeiten und –strecken auf „hundearm“ zu optimieren), dass wieder längere Läufe drin waren, aber Berg- oder Skitouren konnten wir in den paar Wochen zwischen Planung und Abreise nur sehr wenige und eher unspektakuläre unternehmen.

Skitour zum Tanzeck oberhalb des Spitzingsees

Winterwanderung auf den Schönleitenschrofen bei Füssen

Skitour am Sulzkogel (3016m - wir mussten 300m tiefer wegen
 des Wetters und der fortgeschrittenen Stunde abbrechen)

Pistenskitour zum Hochfelln

Und Günter joggte nur ein paarmal mit mir am Wochenende und verließ sich ansonsten auf sein tägliches Radtraining auf dem Arbeitsweg. So konnten wir nur hoffen, dass unsere über Jahre erworbene Grundfitness ausreichen würde.

Und der zweite Teil des "Projekts 6x6"? - Wir haben zwar schon eine ungefähre Vorstellung, wo es hingehen könnte, aber noch ist völlig offen, ob und wann wir dies realisieren werden. Gut möglich, dass es fürs erste beim "Projekt 3x6 = '18" bleibt ;)


Nach Chile und die ersten Tage


Die Anreise verlief zum Glück ohne jedes Problem und mit keinerlei nennenswerten Verspätungen, aber auch so war sie schon lange genug: Alles in allem waren wir von Haustür (daheim) zu Haustür (Geotel in Antofagasta) satte 32 h unterwegs! Kein Wunder, mussten wir doch insgesamt viermal starten und landen und der größte Brocken, von Amsterdam nach Buenos Aires, dauerte allein schon mehr als 13 h. Wenigstens war dies aber ein reiner Nachtflug und bot so die Chance auf Schlaf. Allzu viel war dann aber doch nicht drin, wie immer im Flieger war es einfach zu unruhig und ungemütlich.

Auf dem letzten Teilstück von Santiago nach Antofagasta quetschte sich eine Frau auf den Platz neben mir, obwohl das Flugzeug halb leer war, und dachte zu meinem Ärger nicht daran, in eine der vielen freien Reihen in der Umgebung zu wechseln. Nach dem Start, als sie dann auch noch ihren Laptop ausgepackt hatte und eifrig tippte, wobei sie mich immer wieder mit dem Ellbogen anstieß, hatte ich daher bald die Nase voll und wechselte meinerseits auf einen Fensterplatz weiter hinten – letztlich ein Glück, da ich so freien Blick auf die Wüsten- und Gebirgslandschaft unter uns hatte.

Ähnlich kahl wie hier über den Anden kurz vor Santiago de Chile
 wirkte die Landschaft auch auf dem Weg nach Antofagasta.

Eigentlich war die Landschaft auf der ganzen Strecke, von wenigen grünen Oasen in Flusstälern abgesehen,  ausschließlich braun-beige-rötlich durch die verschiedenfarbigen Gesteine, gekrönt von den teilweise schneebedeckten Andengipfeln.

Von oben machte auch Antofagasta, unser erstes Ziel in Chile, einen recht trostlosen Eindruck. Es liegt zwar an der Küste, aber die Wüste reicht hier bis direkt ans Meer, wofür unter anderem der kalte Humboldtstrom verantwortlich ist, der hier entlang fließt, – derselbe Effekt wie in Namibia, wo ebenfalls eine kalte Meeresströmung zur Entstehung einer Küstenwüste führt. In der Stadt selbst gab es dann aber durchaus etwas Grün, wo es eben angelegt wurde und bewässert wird.

Landeanflug auf Antofagasta

City-Skyline im Abendlicht - Mit viel Bewässerung lässt sich
sogar ein Golfplatz in die Wüste "zaubern".

Vom Flughafen kommend durchquerten wir mit unserem roten Pickup erst die hässliche Rückseite der Stadt: viel Müll und heruntergekommene Häuser, und was sich von weitem wie ein schmuddeliger Kleinzirkus angesehen hatte, entpuppte sich als Elendsquartier der Ärmsten.

Ab dem Stadtzentrum und auch etwas südlich, wo unser Hotel lag, war es dann eine recht aufgeräumte und wohlhabend wirkende Stadt mit riesigen Einkaufszentren, Strandpromenaden und –bädern. Das „Geotel“ war ebenfalls recht ordentlich, unser Zimmer lag im obersten Stock mit Blick aufs Meer und war letztlich sehr ruhig.



Nach dem mäßigen Buffet-Abendessen mit Pisco Sour als Willkommens-Drink und einem Absacker-Bier konnten uns aber so oder so weder die Musik von der Modenschau, die im Innenhof abgehalten wurde, noch das Hundegebell aus der Umgebung am Einschlafen hindern. Und später sorgte das beruhigende Meeresrauschen dafür, dass wir bis zum Morgengrauen durchschliefen – kein nennenswertes Jetlag-Problem bis jetzt!

Der Morgen dämmerte in Chile im übrigen erst ungewöhnlich spät, nämlich um 7.30 Uhr, was zum einen sicher daran lag, dass hier Ende März schon der Herbst angebrochen war, zum anderen aber auch an der Kuriosität, dass trotzdem noch die Sommerzeit galt. So betrug genau wie in viel weiter östlich gelegenen Ländern des Kontinents (z.B. Argentinien und Teile Brasiliens) die Zeitverschiebung gegenüber Deutschland nur -5h.

Nach dem Frühstück hieß es dann schon wieder Abschiednehmen von Zimmer und Meerblick und als erster wichtiger Programmpunkt stand der Großeinkauf für die Tage an, die wir selbstversorgt in den Bergen verbringen wollten. Den „Lider“ steuerten wir an, einen gigantischen Supermarkt im Stadtzentrum, der quasi alles anbietet, von Outdoor-, Auto-, sonstigem Freizeitzubehör über Kleidung und Spielzeug bis zum normalen Supermarkt-Sortiment, allerdings von vielem nur eine eher bescheidene Auswahl und eher auf günstig getrimmt.

So hatten wir zwar beim Gas für den Kocher Glück und konnten 3 passende Schraubkartuschen erstehen und auch ein günstiger kleiner Spaten für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass wir den Pickup mal würden ausbuddeln müssen, war schnell gefunden. Aber bei den Lebensmitteln taten wir uns teils schwer: es gab keine „echten“ Säfte nur Nektar, beim Wasser riesige Einzelflaschen statt 1,5l-Flaschen in „Sixpacks“, kaum Schokoriegel und nur wenige campingtaugliche Fertiggerichte.

Trotzdem kam schnell so viel zusammen, dass Günter noch einen zweiten Wagen organisierte, vor allem wegen des Wassers: 6 große 6l-Kanister und noch jede Menge 2- und 1,6l-Flaschen wiegen echt schwer.

Zum Schluss brauchten wir noch Kartons, um das alles irgendwie auf die Ladefläche des Pickups zu verladen, und an der Kasse erfuhren wir, dass Äpfel, Orangen und Avocado doch hätten abgewogen werden müssen (wir hatten noch überlegt, aber die Waage irgendwie übersehen), weshalb ich eine schnelle Ehrenrunde durch den Laden drehen durfte, während Günter schon mal alles andere in die Kisten packte.

Doch schließlich war alles so einigermaßen verstaut und es konnte losgehen, nichts wie raus aus der stressigen Stadt und ab in die Wüste!

Wie so oft in Südamerika zogen sich hier den Hang Richtung Landesinnerem die ärmeren Wohnviertel hoch, während die besseren Quartiere unten in Meeresnähe lagen. Kaum hatten wir uns ein paar Kilometer von der Küste entfernt, wurde es auch schon deutlich wärmer und schließlich richtig wüstenmäßig heiß.

Eine so trostlose Ödnis wie die Atacama von der Stadtgrenze von Antofagasta bis Calama hatte ich bis dahin auch noch nicht gesehen. Hier wuchs über hunderte von Kilometern schlichtweg nichts, jedenfalls nicht außerhalb der kleinen Ortschaften und Gehöfte, die es dann doch gelegentlich gab. Und die „Autobahnbegrünung“, so vorhanden, bestand aus Kakteen.

Anfangs wurde die Straße zu beiden Seiten von Zäunen begrenzt, die voller Plastikfetzen hingen, die der Wind von irgendwo hergeweht hatte. Überhaupt der Wind: der blies praktisch ständig mehr oder weniger heftig und tendenziell eher kühl, weshalb das Klima in der Wüste eigentlich meist recht angenehm war. Nur wegen der Sonne musste man so als winterbleicher Tourist aus Deutschland höllisch aufpassen und durfte auf keinen Fall das Eincremen (LSF 50!) vergessen.

"Windmühlen? - Zum Angriff...!"

Ungefähr 350 km sind es von Antofagasta nach San Pedro de Atacama und nach etwas mehr als der halben Strecke legten wir in einer kleinen Ortschaft namens Sierra Gorda eine Pause zum Mittagessen ein. Im erstbesten Restaurant beim Parkplatz in der Ortsmitte kehrten wir ein und bekamen riesige Portionen Quesadilla bzw. Fajitas alla Mexicana aufgetischt – fast dasselbe nur einmal flach und einmal aufgerollt.

Calama ließen wir wenig später links liegen und bogen Richtung San Pedro ab. Bald darauf waren zum ersten Mal die Berge in der Ferne zu erkennen und rückten nun stetig näher. Der auffälligste und formschönste davon, der Licancabur, wäre ein lohnendes Ziel für uns gewesen, kann aber leider mittlerweile nur noch von Bolivien aus bestiegen werden. Auch unser „erster“, der Lascar, zeigte sich schon, sah allerdings zwischen all den anderen eher unspektakulär aus.

Berge in Sicht!

Nach einem abendlichen Abstecher zum Coyoten-Felsen, einem Aussichtspunkt auf das sehr passend benannte "Mondtal" (Valle de la Luna), für den wir trotz der fortgeschrittenen Tageszeit noch Eintritt (1500 Pesos, entspricht etwa 2 €) berappen mussten, erreichten wir schließlich San Pedro und rumpelten zu unserer recht abseits gelegenen Unterkunft, wo wir gleich von Juan, dem Besitzer der Lodge, begrüßt wurden.

Blick über das Valle de la Luna Richtung San Pedro,
links oben der Vulkan Licancabur

Mondlandschaft

Im Lauf des Gesprächs erfuhren wir, dass er früher eine Reiseagentur geleitet und selbst viele Touren auf die umliegenden Vulkane geführt hatte. Als wir ihm von unseren Plänen für die nächsten Tage erzählten, meinte er, der Lascar sei nach seiner Einschätzung sicher kein Problem für uns. Leider sei er aber wegen seiner guten Erreichbarkeit und weil man mit dem Allrad-Auto so weit hoch fahren könne ziemlich überlaufen. Sogar Brasilianer (die hier offenbar den Ruf haben absolut berguntauglich zu sein) kämen da hinauf, auch wenn es ihnen schlecht dabei gehe.

Abendlicher Blick aus unserer Lodge

Nach einer wirklich ruhigen Nacht, selbst die Hunde gaben irgendwann Ruhe, und dem ordentlichen Frühstück in der Lodge (Kaffee, frischer O-Saft, Croissant, Baguette mit Butter und Marmelade, Rührei), ging’s ins Valle de la Luna. Am Eingang konnte Günter tatsächlich einen Discount auf die pro Person fälligen 3000 Pesos heraushandeln, weil wir ja eigentlich die Hälfte schon am Vortag bezahlt hatten. Im Lauf des Vormittags besichtigten wir dann bei zahlreichen Miniwanderungen die verschiedenen Highlights des Tales, das für seine bizarren Salz-Gesteins-Formationen und Sanddünen berühmt ist.



Salz in den verschiedensten Formen

Die Große Sanddüne

Da die meisten Touristen das Valle erst nachmittags oder abends besuchen, wo es besonders pittoresk sein soll, war es nirgends überlaufen, teils waren wir sogar ganz allein unterwegs. Abgesehen von der großen Düne beeindruckte mich gleich unsere erste kleine Wanderung ganz besonders: Durch einen engen Canyon ging es, der sich schließlich zu einer niedrigen Höhle schloss und uns erst nach einigen Metern wieder an Tageslicht entließ. Die Wände des Canyons bestanden aus dem typischen scharfkantigen Salzgestein, das uns an diesem Tag noch oft begegnen sollte, unter anderem in einer ehemaligen Mine, in die wir ein Stück weit hinab stiegen.

Im Canyon

Gegen 13 Uhr waren wir dann wieder zurück in San Pedro und suchten uns zum Mittagessen das Restaurant „Ckunna“ aus, wo man schön in einem Innenhof unter Sonnenschirmen sitzen kann. Das Essen war dann leider extrem fleischlastig: Günters Rind kam so blutig, dass es sogar ihm irgendwann zu viel wurde, dazu gab es ein paar Kartoffeln und Salat-Deko und zu meinem „Lomo a la Plancha (2 dicke Scheiben Schwein) mit Blauschimmelkäse-Sauce kam etwas trockener Reis mit Erdnüssen. Nach dem gehaltvollen Essen (und Günters 2 x 0,3 l Bier ;) übermannte uns die Trägheit, so dass wir erst mal in die Lodge fuhren und ein Nickerchen machten.

Typische Straßenszene in San Pedro de Atacama -
die Hundedichte ist leider in allen Siedlungen ziemlich hoch.

Gegen Abend ging’s dann noch zu einem mit dem Auto etwas mühsam zu erreichenden Aussichtspunkt über dem zweiten berühmten Tal in der Nähe von San Pedro, dem Valle de la Muerte, wo uns eine einsame Parkwächterin aber nichts desto trotz 1000 Pesos pro Person abknöpfte. Von dort mussten wir dann zunächst ein paar Meter absteigen, und danach auf einem Trampelpfad zu den Felsklippen über dem Tal hochklettern.

Nach einem kurzen Regenschauer zeigt sich ein ebensolcher Regenbogen

Auch hier waren beeindruckende Felsformationen sowie eine große Düne zu bewundern, auf der man aber im Gegensatz zum Valle de la Luna nicht nur herumlaufen, sondern sogar Sandboard fahren darf.


Funsport auf der Düne im Valle de la Muerte

Als wir kurz vor Sonnenuntergang wieder beim Auto waren, trafen dort gerade immer mehr Tourbusse ein, offenbar um bei einem Snack den Sonnenuntergang zu genießen. Uns wurde es dort bald zu bunt und wir machten uns auf den Rückweg, bogen dann aber doch noch kurz entschlossen zum Mirador Coyote ein, wo das Sonnenuntergangsgetümmel allerdings noch deutlich krassere, schon beinahe hawaiianische Züge annahm…

Blick ins Valle de la Luna kurz vor Sonnenuntergang

Die Sonne entschwindet...

...und bald darauf auch die Massen.

Dabei fiel der Sonnenuntergang an diesem Tag recht unspektakulär aus, zumal die Berge schon den ganzen Nachmittag von Wolken verhüllt waren und nur ihre Füße - und die Wolken - kurz im Abendrot aufleuchteten.

Nach dem Abendbrot in der Lodge ging es gleich ins Bett, denn am nächsten Tag wollten wir uns schon Richtung Lascar aufmachen, zu unserem ersten Berg.