Mittwoch, 23. Februar 2022

Nordspanien 2021 - Teil IV

Text: Eva Irmler




Via Frankreich nach Hause



Wie so oft auf dieser Herbstreise begann unser letzter Morgen auf spanischem Boden mal wieder mit Nieselregen, und da auch für die kommenden Tage eher feucht-kühles Wetter prognostiziert war, herrschte auf dem Campingplatz von Zarautz spürbar Aufbruchsstimmung. Bereits um 7 Uhr früh begannen die ersten zusammenpacken und rumpelten nach und nach davon. Deutlich später machten dann auch wir uns bereit zur Weiterreise, während immer wieder der eine oder andere Schauer niederging.

Unser erstes Ziel an diesem Tag war ein Supermarkt irgendwo in den Vororten von San Sebastian, wo wir noch das eine oder andere kulinarische Mitbringsel zu erwerben hofften. Leider hielt sich das Angebot an typisch spanischen Lebensmitteln und Weinen ausgerechnet im von uns erwählten Laden arg in Grenzen. Das eine oder andere fand sich letztlich aber doch und wir mussten nicht mit völlig leeren Händen von dannen ziehen.

Nach einem letzten Tankstopp im preislich in dieser Hinsicht etwas moderateren Spanien steuerten wir Bayonne an, überquerten dabei beinahe ohne es zu merken die spanisch-französische Grenze und waren wieder in „Frantzia“ angelangt, wie die baskische Version der Grenzbeschilderung uns sagte. 

In Bayonne fanden wir ohne Probleme einen (kostenpflichtigen) Parkplatz am Fluss Ardour, doch leider hatte beim öffentlichen Toilettenhäuschen nur Günter Glück und durfte das Pissoir benutzen, das „normale“ Damenklo zeigte „occupée“ an, und als auch nach einigem Warten niemand daraus entstieg, ging ich davon aus, dass es schlichtweg abgeschlossen war. Damit standen wir jetzt etwas unter Druck (vor allem ich …), möglichst flott ein Restaurant fürs Mittagessen aufzutun, was in Bayonne eigentlich kein Problem hätte sein sollen. Doch unsere erste Wahl war leider rappelvoll und so landeten wir im nächstbesten, einem besseren Asia-Imbiss. Hier war zwar an der Theke flott bestellt und konnte ich mich nach wenigen Minuten endlich „erleichtern“, doch stellte sich das Essen dann als eher mäßig heraus: Auf einer gut mit Reis bzw. Nudeln gefüllten Bowl waren bei Günter ein paar Stückchen Rind und rohe, geraspelte Möhren, sowie rohe Zwiebeln drapiert, bei mir Hühnerfleisch, Erdnusssauce und geröstete Erdnüsse, sowie geraspelter roher Rotkohl. - Na ja. machte zwar satt, aber nicht wirklich zufrieden. Und anschließend kamen wir, wie nicht anders zu erwarten, an jeder Menge „richtigen“ Restaurants mit französischer oder baskischer Küche vorbei, zu denen es nur unwesentlich weiter gewesen wäre …


Bayonne


An der Nive


Immerhin regnete es gerade mal nicht, als wir uns auf den Weg zur Kathedrale „Notre Dame de Bayonne“ machten, sogar die Sonne kam beinahe heraus. Die gotische Kathedrale mit ihren vielen farbigen Glasfenstern beeindruckte uns dann sehr, sicher hätten wir aber noch mehr von der Besichtigung mitgenommen, wenn wir uns im Vorfeld mit dem Bauwerk befasst hätten, um dann gezielt bestimmte Dinge suchen und ansehen zu können.






Notre Dame de Bayonne


In den Gassen der Altstadt


Kaum hatten wir die Kathedrale verlassen, schüttete es mal wieder los und wir stellten uns eine Weile beim Vordach eines benachbarten Gebäudes unter, ehe wir entlang der alten Stadtmauer zum Fluss zurückkehrten und damit praktisch wieder am Auto waren. Und das sollte es jetzt schon gewesen sein mit Bayonne? – Das war dann doch ein bisschen unbefriedigend! Also machten wir noch einen weiteren Ausflug in die Altstadt, kauften in einem Geschäft mit baskischen Spezialitäten Cidre und Feigenmarmelade und setzten uns anschließend an der Nive, dem zweiten Fluss, der die Stadt durchzieht, noch vors Café Etienne auf einen arg sahnigen „Café Viennoise, bzw. einen doppelten Espresso plus Zitronenkuchen.


Danach war mein Sahnebedarf
für seeehr lange Zeit gedeckt ...


Von Bayonne, unserer einzigen Station im französischen Baskenland, waren es dann noch einmal zwei Stunden Fahrt bis zur Dune du Pilat. Über die Autobahn wär’s zwar schneller gegangen, aber wir zogen diesmal die Landstraßen vor, die bekanntlich auch in Frankreich mit unzähligen Kreisverkehren und „Speed-Bumps“ gespickt sind. Teils ging es aber auch kilometerlang über schnurgerade Passagen durch Wald und Heide, denn im Departement „Landes“, in dem wir uns mittlerweile befanden, ist es oft bretteleben.
 
Bereits seit Napoleons Zeiten wird die Heidelandschaft in dieser Gegend mit Pinien aufgeforstet und so befand sich auch der „Camping La Forêt“ dem Namen entsprechend in einem Pinienwäldchen, an das die beeindruckend große Düne direkt angrenzte. Vermutlich wäre der Platz ohne die Bäume sowieso längst vom Sand geschluckt, jedenfalls war hier so viel davon unterwegs, dass wir nach unserem Aufenthalt gefühlt eine kleinere Düne im Auto mitnahmen. Gleich nach unserer Ankunft erstiegen wir den riesigen Sandhaufen dann zum ersten Mal, ließen uns oben den heftigen Wind und die Sandkörner um die Ohren pfeifen und genossen den Blick übers Meer.


Abends auf der Dune du Pilat


Tolle Aussicht trotz "Sandsturm"


Hier waren Wind und Wasser am Werk.


Für einen recht gut besuchten Campingplatz war es nachts dann paradiesisch ruhig, bis wir morgens um halb 7 unsanft von unseren Nachbarn von gegenüber geweckt wurden, zwei jungen Motorradfahrern, die offenbar den Sonnenaufgang auf der Düne erleben wollten.
 
Gegen 11 kletterten auch wir noch einmal dort hinauf und wanderten diesmal nicht nur über die „Gipfel“, sondern stiegen zum Strand ab, an dem gerade Ebbe herrschte. Allerdings war dies keiner von den Stränden, an denen man endlos weit hinauswandern kann, ehe das Wasser tiefer wird, der Meeresboden fiel hier recht schnell steil ab. Bei den Sandbänken weiter draußen waren auffallend viele Boote zugange, vermutlich werden hier die Austern gezüchtet, die in den Restaurants der Umgebung dann auf die Teller kommen. 


Dune du Pilat am Morgen


Sandhüpfer und ein Tiefblick zum Camping La Forêt


Sahara?


Dem Beispiel vieler anderer Dünenbesucher folgend hatte ich diesmal bald Schuhe und Strümpfe ausgezogen und festgestellt, dass das Vorankommen im weichen Sand barfuß sehr viel angenehmer war. Teilweise war der Untergrund zwar ziemlich kühl, dort wo es noch feucht war vom letzten Regen oder der Flut, doch solange man in Bewegung blieb, war’s kein Problem. Zudem hatte sich mittlerweile der Wind vom Vorabend praktisch komplett gelegt, so dass wir keine Gefahr mehr liefen, „sandgestrahlt“ zu werden. 


Plage Robinson


Unten am Strand fand sich ein geschicktes Brett als Sitzplatz für eine Rast mit Blick aufs Meer, ehe wir mühsam wieder die Düne hinaufkrabbelten und anschließend flott auf der anderen Seite zum Campingplatz hinabschlitterten. 


Barfuß über die Düne


Die Leiter hilft sehr beim Aufstieg zur Düne,
runter rutscht es sich besser im weichen Sand daneben. 


Da in Frankreich die Uhren bei den Essenszeiten ja wieder anders tickten als in Spanien, standen nach 13 Uhr unsere Chancen auf ein warmes Mittagessen schlecht. So besorgten wir in einem Hiper-U am Weg zum „Réserve Ornithologique du Teich“, in dem wir den Nachmittag verbringen wollten, Brot und natürlich kamen wir auch diesmal nicht an dem gigantischen Angebot des Ladens vorbei, ohne noch das eine oder andere Nichtlebensnotwendige einzuladen.
 
Beim Réserve waren auf dem normalen Parkplatz noch große Lücken und der "Max" passte auch locker unter der Höhenbarriere (2,10 m) durch. Der kostenfreie Wohnmobilstellplatz nebenan war dagegen schon am frühen Nachmittag recht voll und als wir gegen Abend wieder von unserer „Vogelexkursion“ zurück waren, dürfte auch noch der allerletzte Platz belegt gewesen sein. 

Nach dem Vesper auf der Ladeklappe marschierten wir zum Eingang, bezahlten 19 € für 2x Eintritt und wurden noch ermahnt, rechtzeitig wieder zurück zu sein, ehe der Park um 18 Uhr seine Tore schloss. An diesem Nachmittag mit passablem Wetter waren wir beileibe nicht die einzigen Besucher dort, und während Günter sonst oft mit seiner Kamera auffällt als Exot, der praktisch als einziger noch mit einer Spiegelreflexkamera und mehreren Objektiven unterwegs ist, war es hier mal genau andersherum: Sehr viele Vogelbegeisterte waren mit Vollformat-Kameras, riesigen Teleobjektiven (im Tarnkleid …) und natürlich mit Stativ ausgerüstet und Günter fühlte sich ausnahmsweise völlig „underequipped“. 


Beobachtungsturm im Réserve Ornithologique du Teich


So wandelten wir von einer Wasserfläche zur nächsten, stiegen auf Beobachtungstürme oder krochen in Unterstände, die mit Beobachtungsschlitzen in verschiedenen Höhen versehen und teils auch mit Sitzbänken oder Hockern ausgestattet waren.


In den Unterständen gibt es praktischerweise auch
Schautafeln mit den hiesigen Vogelarten.


Meist verteilten sich die Besucher auf dem weitläufigen Gelände, nur wenige Male und natürlich tendenziell da, wo es etwas Besonderes zu sehen gab (oder auch nur ein paar Vögel recht nah an einem Unterstand im Schlamm pickten), wurde es doch unangenehm voll und suchten wir bald wieder das Weite. 

Neben den auch hier allgegenwärtigen Blässhühnern und Stockenten konnten wir Löffler, Grau- und Silberreiher, sowie Seidenreiher, Säbelschnäbler, Bekassinen, diverse nicht sicher unterscheidbare andere Entenarten (Knäk-, Krick-, Spieß-?), Löffelenten, vielleicht einen Kiebitz und einen Nachtreiher, leere Storchennester, Höckerschwäne, Sumpfschildkröten und eine Nutria beobachten. Und obwohl wir nicht das Gefühl hatten, allzu sehr zu trödeln, und zudem auch nicht den kompletten Rundgang absolvierten, schafften wir es gerade noch rechtzeitig kurz vor 18 Uhr wieder zum Ausgang.


Die Watvögel und Enten stecken ihre Schnäbel
 ins Gefieder, damit man sie nicht erkennt ;)


Eine Nutria nimmt Reißaus.


Seidenreiher im Flug




Sumpfschildkröte


Fürs Abendessen hatte Günter in einem Restaurant reserviert, das etwas außerhalb von allen Ortschaften, aber günstig am Rückweg zum Campingplatz lag. Weit war es nicht vom Vogelpark zum Restaurant „La Cambuse“ und da wir noch fast eine Stunde Zeit hatten, wollten wir diese für einen Abstecher zur scheinbar nahegelegenen Plage de la Hume nutzen. Die Anfahrt zog sich dann allerdings derart, dass wir höchstens 10 Minuten dort verbringen konnten, ehe wir uns wieder auf den Weg machen mussten. – Nicht weiter schlimm, denn weder war der Strand sonderlich aufregend, noch war es gemütlich, dort zu sitzen, denn mittlerweile wehte schon wieder eine recht frische Abendbrise.


Plage de la Hume


Dass es sich beim „La Cambuse“ um ein Hotelrestaurant der Ibis-Kette handelte, war uns beim Reservieren nicht klar gewesen. Doch das 3-Gang-Menü war absolut in Ordnung, die Bedienung nett und aufmerksam, das Essen kam flott auf den Tisch und satt wurden wir sowieso.

Am folgenden Donnerstag, 7. Oktober, gab es dann tatsächlich mal wieder Sonne von früh bis spät und wieder einmal an einem Tag, an dem wir viel Zeit im Auto verbrachten …

Morgens ging es, fast wie geplant, kurz nach 10 vom Campingplatz an der Düne los und trotz voller Straßen erreichten wir unser erstes Ziel am Stadtrand von Bordeaux mehr als rechtzeitig ein paar Minuten nach 11. Eigentlich lauteten unsere Eintrittskarten für die „Bassins des Lumières“ in der „Base Sous-Marine“ auf 11.30 Uhr, doch so genau ging es am Ende dann doch nicht – vermutlich, weil der Ansturm insgesamt an diesem Morgen noch recht überschaubar war und das Besucherlimit bei weitem nicht erreicht. Nach Vorzeigen unserer digitalen Impfzertifikate und Einscannen der ebenfalls digitalen Tickets waren wir daher fünf Minuten später schon mitten in der Vorführung.

In insgesamt drei Hallen mit großen Wasserbecken, in denen früher U-Boote gewartet wurden, flimmerten Projektionen von Kunstwerken verschiedener französischer Künstler des 19. Und 20. Jahrhunderts über Wände, Boden und Wasserflächen und dazu „passende“ Musik erklang. „Monet, Renoir … Chagall“, so der Titel der längeren Show, leuchteten von allen Seiten auf uns Zuschauer herab und herauf, so dass einem teils fast schwindlig wurde bis man sich ein wenig daran gewöhnt hatte. Es gab auch noch eine kürzere Show mit Werken von Yves Klein und in einem Kubus in einer der Hallen zeitgenössische Kreationen bzw. Videoprojektionen, sowie jeweils eine kleine herkömmliche Ausstellung mit Erklärungen zu den laufenden Programmen und zur Geschichte des U-Boot-Bunkers.


Bilder ...


... einer ...


... Ausstellung 


"Exposition immersive"

 
Über letztere informierte ich mich erst später bei Wikipedia und erfuhr so, dass dieses Bauwerk aus dem 2. Weltkrieg stammt und für die deutsche Kriegsmarine errichtet wurde. Zunächst hatte sich an derselben Stelle ein gemeinsamer U-Boot-Stützpunkt mit der italienischen Marine befunden, der nach mehrfachem Bombardement durch Alliierte mit diesem Bunker „aufgerüstet“ wurde. Nach dem Krieg stellte sich heraus, dass auch hier – wie bei sehr vielen Bunkern aus dieser Zeit – ein Abriss quasi unmöglich war. Die Nutzung als Raum für Kulturveranstaltungen verschiedener Art ist allerdings noch recht jungen Datums, erst seit 2010 finden hier Ausstellungen und dergleichen statt. 

Nach etwa zwei Stunden hatten wir uns sattgesehen und -gehört und wir marschierten schnurstracks Richtung Mittagessen. Rund um das an den Bunker angrenzende Hafenbecken waren offensichtlich in den letzten Jahren jede Menge neue Gebäude entstanden, in die auch diverse Restaurants eingezogen waren. Unsere hungrigen Mägen wurden beim allerersten, das wir erreichten, schon schwach und so landeten wir im „La Côte et l’Arête“.


Das Hafenbecken an der Base Sous-Marine de Bordeaux

 
Gleich beim Näherkommen fiel uns auf, dass hier (wie übrigens auch schon im Hotelrestaurant am Abend zuvor) die Kellner keine Masken trugen. Zum Draußen-Sitzen, war es uns trotz Sonne zu kühl, und beim Hineingehen maskierten wir uns vorsichtshalber, wurden dann aber schon fast rüde dazu aufgefordert, die Masken „fallen zu lassen“ („Tombez votre masques!“) … 

[Über die in Frankreich geltenden Corona-Regeln hatten wir uns ehrlich gesagt nicht mehr extra informiert und waren davon ausgegangen, dass sich innerhalb der letzten drei Wochen nichts Wesentliches geändert hatte. So ganz klar war die Lage dann auch dem Internet nicht zu entnehmen, doch könnte es sein, dass Bordeaux Anfang Oktober zu den Regionen mit eher niedriger Inzidenz und entsprechend reduzierten Vorgaben gehörte.]

Mit zwei Mittagsmenüs übernahmen wir uns hier dann wieder einmal, obwohl wir schon auf den Nachtisch verzichteten. Immerhin lernten wir aber nebenbei noch was: Die „Tartine“, die wir zur Vorspeise gewählt hatten, erwies sich nämlich – der uns bis dahin nicht geläufigen französischen Bedeutung entsprechend – als belegtes Brot, während wir eher mit einer Tarte im Kleinformat gerechnet hatten.


Der "Max" am U-Boot-Bunker


Mit dem "Max", den wir derweil auf dem Parkplatz am Bunker hatten stehen lassen, ging es dann auf diversen Autobahnen in gut zwei Stunden zum Camping Le Pré du Moulin bei Tulle. Anfangs ging es durch recht monotone Landschaften, was mich zusammen mit dem gut gefüllten Bauch mal wieder extrem schläfrig machte. Und das Meer, von dem wir uns jetzt allmählich entfernten, bekamen wir dabei tatsächlich an keiner Stelle mehr zu sehen, dafür umso mehr Wälder, Felder und Weinberge (Bordeaux, Pomerol, …) und immer wieder schlossähnliche Anwesen, vermutlich Weingüter, auf den Hügeln. 

Der Campingplatz von Tulle lag dann ziemlich einsam, etwas abseits der Ortschaft an einem rauschenden Bach und war über eine Schotterzufahrt zu erreichen, die zugleich auch als Trimm-dich-Pfad (Parcours de santé) und Spazierweg diente. Nach einigen hundert Metern bekamen wir daher ernste Zweifel und drehten noch einmal um. An der Abzweigung überzeugten uns dann aber der zweite Blick auf die Beschilderung und die Konsultation des Internets, dass wir doch auf der richtigen Spur gewesen waren.
 
Als größtes Manko des Platzes stellte sich später heraus, dass er sich in einem tiefen Taleinschnitt befand, und so saßen wir abends leider schon früh im kühlen Schatten, während weiter oben die Bäume noch lange in der Sonne leuchteten. Im Hochsommer wäre dies jedoch sicher ein Pluspunkt, wie auch die gesamten, sehr luftigen und schon etwas angestaubten Sanitäranlagen eher für wärmere Witterung ausgelegt schienen.


Nachmittags ist es noch halbwegs angenehm im Freien.


Vom schattigen, feucht-kalten Campingplatz am Bach, auf dem außer uns nur noch zwei weitere Parteien übernachtet hatten, die beide zudem Plätze am anderen, morgens früher sonnenverwöhnten Ende belegten, ging es am Freitagmorgen nach wohltuend ruhiger Nacht zunächst bei schönstem Sonnenschein los. Zum Glück hatten wir aber vor Abfahrt noch einen Blick auf die Wetterkarte geworfen und so kam es nicht sonderlich überraschend, dass wir Richtung Auvergne zunehmend in Wolken kamen. Und bei der Vulkan-Wanderung, für die wir extra in diese Region gekommen waren, herrschte dann schließlich dichtester Nebel, kalt war es obendrein und der Wind blies eisig.


Nebelwald in der Auvergne




Buchen musste man hier nicht suchen.


Verschleierter Blick in den grünen Krater des Puy de Pariou


Schade vor allem weil wir keinerlei Aussicht hatten auf die anderen Puys (= Vulkanhügel), z.B. den berühmten Puy de Dôme, der ganz in der Nähe gewesen wäre. Der Puy de Pariou, den wir nach dem Vesper auf dem Wanderparkplatz nahe dem Col des Goules bestiegen, ließ nur von Zeit zu Zeit einen Blick in seinen Krater zu, von dessen Rand erlaubte uns eine Lücke im Gewölk einen kurzen Tiefblick bis Clermont-Ferrand und das wars dann auch mit der Aussicht. Wir probierten es dann noch mit einem Nachbarhügel, dem „Petit Suchet“, doch dessen flacher grasbewachsener Gipfel lag erst recht in der dicksten Suppe. So stiegen wir denn wieder zum Auto ab, das wir auf dem Parkplatz mit aufgestelltem Dach zurückgelassen hatten, in der Hoffnung, dass unser Inventar noch etwas trocknen würde. Morgens war alles schon noch recht nass gewesen, als wir kurz nach 10 gestartet waren, aber auch jetzt war der Trocknungseffekt im zähen Nebel natürlich eher bescheiden.
 
So ging es bald weiter zum Schlosshotel „Chateau d’Origny“ bei Roanne, nördlich von Lyon, wo Günter aus einer Laune heraus am Abend zuvor ein Zimmer für unsere voraussichtlich letzte Nacht auf dieser Reise gebucht hatte. 


Chateau d'Origny


Abends sollte es dort ein mehrgängiges Dinner geben, das auf der Internetseite des Schlosshotels noch immer als gemeinsames Tafeln aller Gäste an einem Tisch angekündigt war. Aber natürlich fand das Essen wegen Corona dann nicht in dieser Form statt – hat so zwar niemand gesagt, vermuten wir aber stark. Ganz abgesehen davon erschien außer uns sowieso nur ein einziges anderes Paar zum Essen. Für ein weiteres Paar war gedeckt, doch hier kam erst gar niemand und dann ein nur mit Bademantel bekleideter Typ in den Flur, wo er der Hausherrin wohl mitteilte, dass er und seine Begleitung im Zimmer essen wollten. Später schlappte er, noch immer nur in Bademantel und -latschen, grußlos an uns vorbei und brachte das Geschirr zurück …
 
Wir dagegen wurden vom Schlossherrn und seiner Frau, die ursprünglich aus Belgien stammen, in einer richtigen Schlossküche wie aus dem Bilderbuch bekocht und bedient. Insgesamt bestand das Mahl aus sechs regulären Gängen und zwei „Küchengrüßen“ und schon nach dem ersten regulären Gang dachte ich: "Wenn das so weiter geht von der Menge her, schaffe ich das nie!" Doch die übrigen Gänge waren dann zum Glück nicht mehr ganz so happig und bei der Käseplatte, die in Frankreich natürlich nicht fehlen durfte, hatte man es ja selbst in der Hand, konnte so viel oder wenig auswählen, wie man wollte. 


Unsere Gastgeber in ihrer Schlossküche


Das Schloss wirkte im Übrigen von außen wenig spektakulär, im Inneren gab es im Eingangsbereich viel Jagd-Nippes: Schädel, ausgestopfte Tiere – u.a. ein Löwe – und zwei Gewehre. In unserer „Suite Française“ war davon zum Glück nichts zu finden, doch hatte das Zimmer die Ausmaße eines Ballsaals, Kronleuchter an der hohen Decke, diverse Sitzmöbel, einen Sekretär und, und, und … Alles sehr hochherrschaftlich! 😉
 

Fürstlich residieren ...


... in der "Suite Française"


Der Großwildjäger ;)


Nach der standesgemäß ruhigen und erholsamen Nacht im Schloss, gab es am Samstag, den 9. Oktober, dann nur noch einen Programmpunkt und der hieß fahr‘n, fahr‘n, fahr’n (auf der Autobahn …). Lediglich zum Mittagessen legten wir eine ausführlichere Pause in Chalon-sur-Saône ein und nahmen im Anschluss noch das eine oder andere Fläschchen aus dem landestypisch üppigen Weinangebot eines Carrefour-Marktes mit nach Hause.


Turm der Chapel Notre-Dame-de-la-Citadelle in Chalon-sur-Saône


Und dann ging es in vielen Stunden Fahrt über das Elsass nach Stuttgart und gegen 22 Uhr erreichten wir schließlich wieder heimatliche Gestade.




Samstag, 12. Februar 2022

Nordspanien 2021 - Teil III

Text: Eva Irmler 
Fotos: Günter Schmidt




Auf Ostkurs


Am Mirador Acantilados do Loiba blieben wir in der Nacht auf Dienstag, 28. 9., ungestört und nachdem der Hund, der irgendwo in der Nähe anfangs ausdauernd bellte, doch irgendwann Ruhe gegeben hatte, rauschte bis zum späten Morgen nur noch das Meer friedlich vor sich hin. Dabei waren wir längst nicht die einzigen, die hier übernachteten: Vorn am Hauptparkplatz sichteten wir morgens drei Wohnmobile und später entdeckten wir noch einen VW-Bus und einen Minivan, die etwas weiter hinten im Wald standen. 

Gegen 8.30 Uhr meinten zwei Typen sich seelenruhig direkt vor unserem Campingmobil für ein Schwätzchen hinstellen zu müssen, was für uns einerseits der Startschuss für den Tag war, andererseits auch Anlass genug, das Auto noch einmal zu wenden, damit wir uns vor neugierigen Blicken geschützt anziehen konnten. Und ganz abgesehen davon war der Blick aufs Meer beim Frühstück allemal netter als der landeinwärts. Bei diesem Wendemanöver passierte dann zu unserem Bedauern doch, was wir bis dahin zu vermeiden versucht hatten: der Rasen an unserem Stellplatz trug ein paar hässliche Schrammen davon … 


Morgens am Mirador Acantilados do Loiba

Nach dem Frühstück holperten wir erst nur ein paar hundert Meter weiter zu einem recht versteckten Aussichtspunkt mit großem Rastplatz für Wanderer und Ausflügler. Hier parkten wir und folgten dem zunächst ziemlich gut ausgetretenen Pfad zum Strand „Praia Gaivoteira“. Kurz bevor man diesen erreicht hätte, brach der Weg jedoch plötzlich ab, wo wohl irgendwann bei starkem Regen ein Stück Hang abgerutscht war. Einige Meter weiter und etwas oberhalb entdeckten wir ein langes, dickes Tau, an dem man sich offenbar vollends hinabhangeln sollte … Günter fand’s natürlich gleich total unproblematisch (abgesehen von den stachligen Brombeeren auf dem Wegstück bis zum Seil, die wiederum mich dank langer Hosen völlig kalt ließen), ich zögerte erst, wollte aber den Strand wegen dieser Hürde letztlich doch nicht sausen lassen und mit etwas Vorsicht war der Abstieg auch bald geschafft. 


Beim "Abseiling" - sieht weniger spektakulär aus,
als es sich anfangs angefühlt hat.


Völlig allein waren wir an diesem Morgen an dem riesigen Strand, der sich allerdings zum Baden auch dann nicht geeignet hätte, wenn es nicht sowieso viel zu kühl gewesen wäre, zu heftig war hier die Brandung.


Der deutlich erkennbare Weg zur Praia Gaivoteira ...


... endete hier abrupt.


Die fein-gelbsandige Praia Gaivoteira ging bei ein paar Felsen in einen zweiten Strand über und wechselte dabei abrupt Farbe und Struktur: an der Praia Fabrega war der Sand deutlich grobkörniger und grau. Hier wie da und wie auch schon am Mirador bildeten aber die schroffen Schieferklippen im sie umtosenden, brodelnden Meer das eigentliche Highlight.


Praia Fabrega



Da in unserem Nordspanienreiseführer (Reise-Know-How) das Städtchen Ortigueira als eines der sehenswerteren am Wegesrand beschrieben war, wurde diese Küstenortschaft unser nächstes Ziel und damit zugleich zum westlichsten Punkt unserer Reise. Der Ort liegt sehr nett an einer Bucht bzw. Flussmündung (Ría de Ortigueira), doch insgesamt waren wir dann doch eher enttäuscht: die Altstadt rund um den Hafen erwies sich als recht übersichtlich, viele Gebäude waren eher heruntergekommen und jetzt in der Nachsaison ging es selbst zur beginnenden Mittagsessenszeit recht verschlafen zu.


Ría de Ortigueira


In den Gassen

Vom Parkplatz am Hafen schlenderten wir – nach einem Besuch der als sehr lobenswert hervorzuhebenden, bunten öffentlichen WC-Häuschen – Richtung Friedhof, der von weitem sichtbar auf einem Hügel oberhalb der Bucht lag und von einer imposanten Grabkapelle dominiert wurde. Ansonsten erinnerte dieser erste spanische Friedhof, den ich je besucht habe, mich sehr an die italienischen, wenn auch mit deutlich weniger kitschigen Ornamenten und ganz ohne Fotos der Verstorbenen. Die Familiengräber waren hier nahezu ausschließlich Urnenwände oder, wenn man so will, 3 Meter hohe Grabsteine, an denen oben der Familienname stand und nach und nach die Namen der Verstorbenen und weitere Inschriften angebracht wurden. 


Friedhof


Sehr lobenswerte Einrichtung:
öffentliche WC-Häuschen am Hafen von Ortigueira

Da sich die Auswahl an Restaurants im Ort als sehr begrenzt herausstellte und offenbar mittags zudem nur Tapas und kleine Speisen angeboten wurden, beschlossen wir, es bei einem Restaurant etwas außerhalb zu versuchen. Das erste, das wir ansteuerten, hatte dann zwar geschlossen, doch das zweite war dafür ein Volltreffer: Einige Kilometer im Hinterland und schon wieder recht weit oben in den Hügeln lag die „Bar o Coto“, eigentlich recht versteckt, aber dank Google auch für Ortsunkundige auffindbar. Entgegen dem Namen handelte es sich um eine richtige Gastwirtschaft, in der für gerade mal 10 € pro Person ein dreigängiges Mittagsmenü mit jeweils fünf Wahlmöglichkeiten angeboten wurde. Nach den schon sehr üppig bemessenen Vor- und Hauptspeisen gab es für jeden noch ein Stück „Torta Santiago“ zum Nachtisch, eine Mandeltorte, die schon stark Richtung Marzipan tendierte. – Für schwerbepackte Santiago-Pilger, die schon viele Kilometer in den Beinen haben, wären die Portionen sicher angemessen und vielleicht wäre bei diesen sogar der angebotene Nachschlag willkommen. So aber … Doch auch wir gingen hier rundum zufrieden und mit dem Gefühl, als Gäste wohlgelitten zu sein, vom Tisch weg, und das obwohl unsere begrenzten Spanischkenntnisse die Verständigung allein schon bei der Essenswahl erschwert hatten. Die freundliche junge Frau, die hier den Laden, der sich mit der Zeit immer mehr füllte, ganz allein und scheinbar im Handumdrehen schmiss, schaffte es jedoch, wirklich allen gerecht zu werden. Und offensichtlich klappte in der Küche die Zubereitung und das Anrichten der Speisen genauso zügig und reibungslos.

Für den Weiterweg bzw. ersten Abschnitt des Rückwegs, denn jetzt waren wir endgültig wieder auf Ostkurs, hielten wir uns an kleine Sträßchen im Inland, über die es noch einmal zu einem Aussichtspunkt gehen sollte. Irgendwann, nachdem wir das x-te Tal durchquert hatten und wieder auf dem Weg zur nächsten Hügelkuppe waren, stand am Straßenrand ein Schild, das auf Bauarbeiten hinwies. Die Weiterfahrt war aber nicht verwehrt und so dachten wir uns nichts weiter bis wir einen Teerlaster passierten und Günter gerade noch rechtzeitig bemerkte, dass die Straße von dieser Stelle an frisch mit flüssigem Teer besprüht war. Unsere Lust auf ein geteertes (und gefedertes …) Auto hielt sich in Grenzen und so drehten wir lieber um. Nach einigem Hin und Her mussten wir dann einsehen, dass der Mirador damit für uns nicht mehr zu erreichen sein würde, und so begaben wir uns auf direktem Weg nach Viveiro. 

Auf dem dortigen Stadtcampingplatz waren wir anfangs die einzigen Gäste, später kam noch ein weiteres Paar mit einem Kombi an, doch dabei blieb es dann. Sonderlich idyllisch war der Platz durch seine Lage mitten in der Stadt freilich nicht und der Sanitärbereich hatte auch schon bessere Zeiten gesehen, war aber immerhin sauber. Tagsüber wurde in einer nahen Werkstatt gehämmert und Metall mit Flex und Schleifmaschine bearbeitet und zudem lag ein Sportstadion direkt nebenan, in dem bis in den Abend hinein noch bei Flutlicht trainiert wurde. So konnten wir nur hoffen, dass die Nacht, was den Lärmpegel anging, wenigstens einigermaßen erträglich werden würde und die Jugendlichen, die abends auf einer Außentreppe des Stadions feierten, uns nicht etwa bis zum Morgengrauen wachhalten würden. 

Bei einem Spaziergang in die Altstadt stellten wir fest, dass es sehr schwierig war, die Stadt so einzufangen, dass das Gesamtbild nicht von irgendwelchen hässlichen Bausünden getrübt wurde. Dabei war die Straßenfront zum Hafen hin eigentlich wirklich hübsch, mit den hier wesentlich besser erhaltenen typischen, meist weiß gerahmten Glasveranden vor den Fassaden, dem alten Stadttor und den Kirchtürmen dahinter. Weiter oben am Hügel war aber irgendwann viel Grässliches hingeklotzt worden, was nun das Stadtbild verschandelte, und zu allem Überfluss führte eine stark befahrene Durchgangsstraße, die auch wir am Vortag benutzt hatten auf dem Weg zum „Nordkap“, genau hier entlang. 


Blick über die Ría de Viveiro zur Altstadt


Porta de Carlos V.


Plaza Maior


Iglesia de Santa Maria de Viveiro



Bis wir schlafen gingen, waren die Jugendlichen von der Treppe nebenan verschwunden und auch der Verkehr hatte sich stark verringert. So schlief ich zunächst problemlos ein (und Günter dank Ohropax sowieso), doch schon etwa eine Stunde später weckte mich ein dringendes Bedürfnis und kaum lag ich anschließend wieder im Schlafsack, näherte sich laute Musik und verweilte zu meinem Ärger ganz in unserer Nähe. Drei Lieder mit Radioansage später quälte ich mich dann doch aus dem Schlafsack, um nachzusehen. woher der Lärm kam: Da hatte sich doch tatsächlich ein Typ direkt hinter der Hecke des Campingplatzes auf den Stufen einer Stadiontreppe niedergelassen und dachte gar nicht daran, wieder wegzugehen! Durch Rufe schaffte ich es, auf mich aufmerksam und ihm anschließend klar zu machen, dass ich bei dem Krach nicht schlafen könne. Und trotz seines offensichtlich stark angetrunkenen Zustands, verstand er mein Problem, drehte die Musik ganz leise und verschwand bald ganz. 

Morgens ging dann so ab 7 Uhr der städtische Lärm wieder los, der Verkehr schwoll hörbar an und immer mehr Menschen waren unterwegs. Gegen acht tauchten die ersten Schüler am Stadion bzw. der zugehörigen Sporthalle auf und auch in der Autowerkstatt schräg gegenüber begannen wieder die Arbeiten. 

Nachts musste es schon mal kurz geregnet haben und als ich mich um halb 9 gerade auf den Weg zur Dusche machen wollte, kam schon wieder ein Schauer vorbei. Den ganzen Tag sollte es dann unbeständig bleiben, was wir so eigentlich nicht auf dem Zettel hatten. Der Wetterbericht hatte zwar für die Berge im Hinterland durchaus Regen gemeldet, aber an der Küste hätte es sonnig und trocken sein sollen. Sogar Baden hatten wir von daher lose eingeplant, denn an der heutigen Fahrtstrecke lagen mehrere Strände. Doch 17-19°C Höchsttemperatur bedeutete für mich eindeutig Lange-Hosen-Wetter und der Bikini konnte mal wieder getrost in der Reisetasche bleiben.


An der Küste entlang


Das erste Ziel, das wir von Viveiro aus ansteuerten, waren noch einmal besondere Felsformationen, die „Catedrales“ am gleichnamigen Strand. Diese sind in verschiedenen Formen erodierte Schiefer-Stapel, die wohl irgendjemanden mal an Kathedralen erinnert haben müssen. Jedenfalls ist dies eine hochoffizielle Sehenswürdigkeit mit Großparkplatz, Holzstegen, Bar und vielen Verbotsschildern, die Strafen von bis zu 6000 € androhen, wenn man die vorgeschriebenen Wege verlässt. Von daher verwunderte es nicht, dass die Attraktion trotz eher miesem Wetter gut besucht war. Umso unverständlicher fand ich dagegen, dass die öffentlichen Toiletten hier (wie fast überall) zugesperrt waren, was letztlich dazu führte, dass die Umgebung des Parkplatzes als Ersatz herhalten musste und dementsprechend aussah …  

Ansonsten waren die Felsen hier, wie auch ein paar Kilometer weiter an der Playa dos Castros, sehr sehenswert und auch bei drohendem Regenwetter für ein paar hübsche Fotos gut. 


Die Playa de Las Catedrales ...


... ist ein beliebtes Ausflugsziel.


An der Playa dos Castros ...


... geht es zumindest heute ruhiger zu.


Unseren nächsten Stopp legten wir im Hafenstädtchen Ribadeo ein, das uns auf der Hinfahrt von der Autobahn aus interessant erschienen war und wo wir hofften, in einem der zahlreichen Restaurants zu Mittag essen zu können. Etwas früh war es dann zwar noch, als wir dort eintrafen, gerade mal halb zwei, doch zeigte sich, dass die Ortschaft touristisch genug ausgerichtet war, dass man auch schon zu so „unspanischen“ Zeiten was zu essen bekam. Die „Pulperia Mar del Rinlo“ war jedenfalls eindeutig ein Touristenlokal, extrem auf Effizienz und Geschwindigkeit getrimmt und servierte uns sehr guten Pulpo. Bei den anderen Speisen hatten wir allerdings diesmal kein so glückliches Händchen, die „Pimientos del Padron“ waren schlicht viel zu viele: den großen Teller randvoll mit den kleine grünen, gelegentlich sogar scharfen Paprikaschoten konnten wir zu zweit beim besten Willen nicht bewältigen. Und der „Empanada“ enttäuschte uns, da er sich als in der Mikrowelle aufgewärmtes Stück einer Art „Strudel“ mit undefinierbarer Füllung entpuppte. 

So hübsch das Städtchen aus der Ferne ausgesehen hatte, fanden wir in Ribadeo anschließend doch nicht mehr viel Besichtigenswertes. Das Wahrzeichen, der Torre dos Moreno, ein neoklassizistisches Bauwerk von Anfang des 20. Jahrhunderts, war in beklagenswertem Zustand und teilweise hinter einem Bauzaun verborgen. Und sonst gab es in den Gassen die üblichen dicht an dicht oder gleich nahtlos aneinander gebauten Häuser mit verglasten Veranden oder Vorfenstern, manche davon noch dem Verfall preisgegeben, andere schon schmuck renoviert oder gerade im Umbau.


Figueras liegt jenseits der Ría de Ribadeo und damit schon
wieder in Asturien, während Ribadeo (von dem es leider
nicht ein einziges Foto gibt) noch zu Galicien zählt.


Und weiter ging’s die Autobahn A-8 entlang in Richtung unseres nächsten Ziels, des „Silence Beach“ bzw. der „Playa del Silencio O Gaviero“. Zu diesem ging es erst eine zunehmend schmale Straße hinab bis zum kleinen Parkplatz – Umdrehen wäre hier problematisch geworden, war aber auch gar nicht nötig, da man anschließend auf anderem Weg wieder zurück ins Dörfchen Castañeras gelangte. Vom Parkplatz war es noch einmal ein ordentlicher Abstieg über eine steile Treppe mit Edelstahlgeländer bis zum Strand, der auf der einen Seite von einer sehr hohen und breiten Schieferwand überragt und auch sonst von Schieferfelsen umrahmt wird (Grünschiefer, Marmor u.a.). Hier verweilten wir ein wenig, hatten nur leider nicht daran gedacht, Wasser mitzunehmen, sonst wären wir gerne noch länger geblieben.


Bunte Schieferschichten ...


... an der Playa del Silencio



 

Doch irgendwann rief auch das nächste „Highlight“, der Leuchtturm von Cudillero. Unterwegs begann es immer heftiger zu schütten und der Himmel nahm ein gleichmäßiges Grau an, das keine schnelle Besserung versprach. Zudem schickte Google uns bei der Anfahrt in die Irre und wir landeten oberhalb des Hafenstädtchens an dessen Friedhof. Von da hätte es zwar eine Verbindung zum Ort gegeben, die aber ausschließlich für Anwohner freigegeben war. Gut, drehten wir eben um und gingen erst mal in den Supermarkt gleich bei der Autobahnabfahrt. Bis wir unsere Einkäufe gemacht hatten und den richtigen Weg zum Hafen von Cudillero gefunden hatten, an dem obligatorisch geparkt werden musste, hatte sich das Wetter zum Glück deutlich gebessert. Und kaum hatten wir geparkt und uns auf den Weg zum Leuchtturm gemacht, kam die Sonne heraus und wir wurden mit einem tollen Regenbogen belohnt! 


Ein Regenbogen zur Begrüßung


Cudillero ist in einen steilen Taleinschnitt gebaut und zieht sich bis ganz oben an dessen Hängen hinauf, was es fast wie die Dörfer in den italienischen Cinque Terre wirken lässt. Auch den Leuchtturm fand ich sehr hübsch mit seinen beiden Palmen davor, doch konnte dieser meiner Ansicht nach nicht als Hauptsehenswürdigkeit der Ortschaft gelten.


Cudillero


Der Leuchtturm von Cudillero


Abends steuerten wir den „Camping Perlora“ an, der sich etwas südlich der Ortschaft Candás an der Steilküste über mehrere Terrassen erstreckte. Leider stellte er sich als eher klein und erschreckend vollgestopft heraus und zu allem Überfluss verlief in unmittelbarer Nähe noch eine stark befahrene Bahnlinie. Die Plätze wurden hier beim Einchecken fest zugewiesen, so dass wir keinen Einfluss darauf hatten, wo wir zu stehen kamen. Und so landeten wir ziemlich eingezwängt zwischen dem Wohnmobil eines älteren, sehr freundlichen Schweizer Paares und dem Großzelt plus Bus eines jüngeren spanischen Paares, das unglücklicherweise auch noch zwei (kleine) Hunde mithatte, die offensichtlich bis zu unserem Eintreffen unsere Parzelle als ihre Toilette betrachtet hatten … 

Angesichts all dessen sahen wir für unsere Nachtruhe hier eher schwarz und so langsam sehnte sogar ich mich schon wieder nach einer Nacht in der freien Natur möglichst abseits von allen anderen Menschen (und sonstigen Störfaktoren …). 

Während die (deutsche) Rentnerrunde auf der privilegierten obersten Terrasse mit Meerblick rechtzeitig zur Schlafenszeit ihr Palaver beendet hatte, waren unsere spanischen Nachbarn nach ihrer Rückkehr vom späten Abendessen deutlich vernehmbar noch einige Zeit aktiv. Trotzdem schlief ich irgendwann ein und als ich ein paar Stunden später noch einmal wach wurde, war’s auf dem Platz absolut ruhig. Punkt sechs rauschte dann wieder der erste Zug durch und von da an kam etwa alle viertel Stunde einer vorbei … 


Noch einmal Berge


Über Nacht hatte es aufgeklart und bald schien die Sonne vom ungetrübten Blau. Leider war unser Platz einer der letzten, von denen der Schatten wich, so dass wir lieber trotzdem im Aufbau frühstückten. Vor der Weiterfahrt warfen wir noch schnell vom höchstgelegenen Teil des Platzes einen Blick in die Runde: auf Meer und Steilküste, nach Candás, wo es ebenfalls einen Leuchtturm mit Palme davor gab, und zur Bahnlinie hinüber, die uns zwar fast die ganze Zeit beschallt hatte, vom Platz aus aber gar nicht so richtig zu sehen war. 


Candás


Und dann rollten wir los in Richtung Berge. Eine gute Stunde sollte es bis zum Ausgangspunkt der Rother-Wanderung (aus dem Asturien-Wanderführer) zum Ojo de Buey bzw. dem Peña Mea dauern und unterwegs gedachten wir noch einzukaufen. Zunächst ging es bei schönstem Sonnenschein durch die unglaublich hässliche Industrielandschaft im Hinterland von Gijón (Mittal-Stahl u.a.). Sobald wir aber die Küstenebene hinter uns ließen, trübte es immer mehr ein bis wir unter einer gleichmäßig grauen Wolkendecke steckten und ich schon befürchtete, dass es uns wieder wie am Urbión gehen würde. Doch schon ein paar Kilometer weiter wurde es zum Glück wieder deutlich lichter und bald hatten wir den Wolkengürtel komplett hinter uns gelassen. 

Nachdem wir von der Autobahn abgefahren waren, machten wir uns auf die Suche nach einer Einkaufsmöglichkeit, doch im ersten Ort, den wir dafür ansteuerten, erwies sich Parken leider als komplett unmöglich. Und für Cabañaquinta, die einzige größere Ortschaft, durch die wir jetzt noch kommen würden, machte Google uns seltsamerweise in dieser Hinsicht wenig Hoffnung. Doch zu unserer Erleichterung fanden wir dort auf Anhieb einen Supermarkt und eine Bäckerei und konnten obendrein ohne Probleme ganz in der Nähe parken. 

In Pellúgano angelangt, dem winzigen Dorf, von wo laut Rother eigentlich gewandert werden sollte, beschloss Günter, dass die „Straße“ bis zum Pass „Colla Pelluno“ auf ca. 1000 m fahrbar sei. – War sie letztlich auch und zudem erstaunlicherweise nicht gesperrt, nur ging es stellenweise sehr holprig zu, wurde es gelegentlich recht steil und war die Fahrbahn immer so schmal, dass nicht viel hätte entgegenkommen dürfen. 

Am Pass vesperten wir dann gleich, wobei es auf der windgeschützten Ladeklappe in der Sonne richtig heiß wurde. Dabei wurden wir neugierig von ein paar Pferden umringt und beäugt, die hier oben völlig frei weiden und umherziehen durften. 


Neugieriges Pferd am Pelluno-Pass


Blumenfotografieren unter Beobachtung


Die Pferde haben den Max bei sich aufgenommen ;)


Bis wir zum Peña Mea aufbrachen, war es dann schon nach 13 Uhr. Oberhalb des Passes wurde der Pfad nach kurzem Vorgeplänkel recht schnell recht steil und die Hauptattraktion der Wanderung, das Ojo de Buey (= Bullauge), war flott erreicht. Dieses fast kreisrunde Felsentor ist tatsächlich eines der spektakuläreren seiner Art und an diesem Tag passte das Wetter perfekt, so dass es so richtig satt blau leuchtete. 



Ojo de Buey


Blick nach Westen


Der Gipfel Peña Mea (1558 m) schien von hier nur noch einen Katzensprung entfernt zu sein, doch das täuschte, denn der größere Teil des Aufstiegs lag noch vor uns. Dabei ging es zwar meist weiter steil bergauf, doch gelegentlich fiel der Weg auf der Rückseite eines Felsriegels auch wieder leicht ab, so dass sich Auf- und Abstieg vom Pass aus insgesamt auf gut 600 Hm summierten (vom Dorf wären 920 Hm zu bewältigen). 

Am Gipfel, den eine kleine Wetterstation, sowie ein leicht lädierter Markierungspfosten „zierten“, hatten es sich offenbar vor noch nicht allzu langer Zeit Ziegen bequem gemacht und hier, wie schon über weite Strecken des Aufstiegs, ihre übelriechenden Hinterlassenschaften verteilt. So mussten wir erst noch ein Stück den Gipfelgrat entlang nach einem halbwegs unbedenklichen Platz für unsere Rast suchen, doch dann konnten wir die herrliche Rundumsicht, die Sonne und Wärme genießen. Lediglich im Osten, wo wir die Picos de Europa vermuteten, waberten vereinzelt Wolken. – Sollten diese Vorboten eines Wetterumschwungs sein? Wir hofften nicht, denn für den nächsten Tag hatten wir noch eine weitere Wanderung geplant.


Vom Peña Mea sieht man bis hinab zum Pass (rechts unten)
und sogar bis nach Pellúgano (links unten).


Richtung Osten wabern Wolken und verstecken die Picos de Europa.


Das Ojo de Buey beeindruckt auch im Abstieg.


Am Pass blühen noch jede Menge Herbst-Krokusse.


Zügig ging es anschließend wieder zum Pass hinab, wo ich gleich mal die verschwitzten Wanderklamotten gegen trockene Kleidung tauschte, um nicht zu frieren, wenn die Sonne hinter den Bergen verschwand. Dann erhob sich die Frage, ob wir hier bleiben oder zum Ausgangspunkt der nächsten Wanderung weiterfahren sollten. Ersteres hätte den Vorteil, dass wir uns keinen Stellplatz mehr suchen müssten, denn am Pass hätten wir vermutlich niemanden gestört. Doch es gab auch Argumente, die fürs Weiterfahren sprachen, insbesondere, dass sonst anderntags vor der eh schon langen Tour noch eine Stunde Anfahrt auf uns warten würde. Den Ausschlag gab aber letztlich etwas ganz anderes: Während wir noch im Auto saßen und beratschlagten, kamen plötzlich zwei riesige Hütehunde den Hügel herab, tranken an der Wasserstelle direkt neben uns und ließen sich dann in unmittelbarer Nähe auf der Pferdeweide nieder. Keine Ahnung, wie sie reagiert hätten, wenn wir ausgestiegen und unseren Geschäften nachgegangen wären. Aber allein schon die Möglichkeit, einem solchen Vieh bei Nacht zu begegnen, wenn ich mal vors Auto musste, war abschreckend genug … 

So machten wir uns also an die Weiterfahrt, wobei Google darauf bestand, dass wir nicht zurück nach Pellúgano fahren, sondern der Straße auf der anderen Seite des Passes folgen sollten. Und tatsächlich klappte das ganz wunderbar, die Straße war auf dieser Seite des Passes sogar über weite Strecken deutlich besser ausgebaut und wir wurden zwar neugierig, aber durchweg freundlich bestaunt in den wenigen Gehöften, durch die wir kamen. 


Blick zurück zum Peña Mea


Bei der Ortschaft Tolivia erreichten wir schließlich die Talsohle, von wo es nahtlos in Richtung der nächsten Bergtour weiterging. Essen gehen wollten wir unterwegs allerdings schon noch gerne, doch das war wieder mal alles andere als einfach, da in dieser Gegend die Restaurants entweder saisonbedingt geschlossen hatten oder aber erst gegen später am Abend öffnen würden. Noch war es erst 18 Uhr, dann 18.30 Uhr …

Und auch in Arrobio, dem allerletzten etwas größeren Ort, durch den wir kamen, hatte die „Taberna La Campa“, bei der wir unser Glück versuchten, noch geschlossen. Zufällig hatten wir aber vor einer weiteren kleinen Gastwirtschaft geparkt, die wir sonst sicher übersehen hätten. Hier war zwar die Tür zum Gastraum offen, dieser aber gähnend leer bis auf den jungen Wirt oder Kellner, der auf dem großen Fernseher über der Bar einen entsetzlich gewalttätigen Film schaute. Nach Rücksprache mit der Küche durften wir zur Unzeit Erschienenen dennoch Platz nehmen und bekamen einen riesigen Teller „Ensalada Mixta“ (grüne Blätter, Tomaten, Dosen-Tunfisch und hartgekochte Eier) serviert und eine „Bergsteigerplatte“ (sinngemäß): eine große, eher dick abgeschnittene Scheibe roher Schinken, Spiegeleier, Pommes und Hackfleischsoße, die dem Geschmack nach zu urteilen aus Chorizo-Wurstbrät bestand. 

Satt und zufrieden ging es anschließend nach Pendones, wieder einer kleinen Ortschaft und Ausgangspunkt der Wanderung zum Tiatordos, die wir uns für den folgenden Tag vorgenommen hatten. Allerdings mussten wir schnell einsehen, dass es hier, anders als bei der Wanderung zum Peña Mea, nicht möglich sein würde, ein Stück des Aufstiegs mit dem Auto abzukürzen, denn wenige hundert Meter nach dem großen Parkplatz im Ort kam auch schon das Verbotsschild. Und unsere Hoffnung auf einen Stellplatz für die Nacht direkt am Wanderweg hatte sich so gleich mit erledigt.

Kurz vor dem Abzweig nach Pendones hatten wir eine weitere kleine Straße gesehen, die von der AS-117 abging. Zwar war auch hier das Verbotsschild nicht zu übersehen, doch gab es keine Ortschaft, war weit und breit kein Mensch unterwegs, und so beschlossen wir, es hier zu wagen. Viele Möglichkeiten boten sich dann leider nicht, denn der Fahrweg führte recht steil neben einem Bach bergauf und buchstäblich jede halbwegs ebene Fläche war mit Zaun und Tor versperrt. Letztlich stellten wir uns in die allererste Einfahrt zu einer Wiese, denn bis zum Einnachten blieb uns nur noch wenig Zeit. Die Schräge versuchten wir mit unseren Keilen etwas auszugleichen, was zwar nur partiell gelang, unsere Nachtruhe aber dann nicht weiter störte. Genauso wenig wie die paar Kühe auf der Weide nebenan, die zu Anfang der Nacht noch irgendein Rappel packte, was zu wildem Gebimmel führte. 

Morgens kam noch vor es hell wurde, etwa um halb 7, tatsächlich ein Auto vorbei, dessen Fahrer kurz innenhielt beim Anblick unseres Campingmobils, dann aber einfach seinen Weg fortsetzte. Später, als wir schon auf waren und frühstückten, folgte noch ein Quad, doch von uns wollte in beiden Fällen zum Glück keiner was. Kurz vor 10 waren alle morgendlichen Verrichtungen erledigt und wir konnten uns auf den Weg zu unserer Wanderung machen. Der Wetterbericht für den heutigen Freitag, 1. Oktober, hatte zwar nicht sehr optimistisch geklungen, denn spätestens ab Mittag sollte es Regen geben, doch nach einem kurzen Schauer am frühen Morgen sah es nun schon wieder recht heiter aus und so wollten wir es einfach riskieren.

Auf dem Parkplatz von Pendones standen bei unserer Ankunft schon einige Autos, ob alle Wanderern gehörten, wage ich allerdings zu bezweifeln, denn im Lauf des Tages trafen wir lediglich zwei andere Paare. Einige hundert Meter ging es anfangs noch auf Asphalt aus dem Dörfchen hinaus, nach einer Furt folgte ein kurzes Stück Betonpiste, die schließlich in einen mehr oder weniger steinigen, stellenweise auch matschigen Feldweg überging. Bei einer ersten Almwiese zweigte unser Wanderweg von diesem scharf links ab und von da an ging es über Fels und Schotter entlang eines Bachlaufs steil bergauf. Links und rechts des Wegs wucherte üppiger Farn und mehr oder weniger stacheliges (meist mehr …) Buschwerk. So ging es über mehrere Stufen bis zu einer weiteren Almwiese am Fuß des Gipfelaufbaus hinauf. 


Steil geht's am Bachlauf durch Farne und Gebüsch.


Über den oberen Teil des Pfades war offensichtlich kürzlich eine Kuhherde gezogen, als der Boden vom Regen noch durchweicht war, und hatte entsprechend tiefe Spuren hinterlassen. Morgens beim Aufstieg war es hier zum Teil noch recht matschig, beim Abstieg hatten Sonne und Wind dann dafür gesorgt, dass es nur noch unmittelbar am oder im Bachbett schlammig war. Und der einmal angedrohte Regen blieb zu unserer Freude komplett aus, im Lauf des Tages wurde es ganz im Gegenteil sogar zunehmend sonniger.

 

Rast am Fuss des Gipfelaufbaus

Nach kurzer Rast marschierten wir weiter über die Almwiese, auf der wir bis jetzt kein einziges Weidetier gesehen hatten. Doch kaum näherten wir uns der Stelle, an der wir den Abzweig zu unserem Gipfel vermuteten, kamen ein paar Ziegen ins Blickfeld und ein riesiger Hütehund (gleiche Sorte wie am Vortag, vermutlich ein Bärenhund) fing gleich mal zu bellen an. Wir umgingen dann die Ziegen plus Bewacher nach rechts, gerieten dadurch aber leider in ein riesiges Stechginsterfeld, durch das sich zwar jede Menge Trampelpfade zogen (von den Ziegen vermutlich …), was aber trotzdem recht schmerzhaft war, da ich beim schweißtreibenden Aufstieg irgendwann meine Hosenbeine abgezippt hatte … 


Blühender Stechginster -
schön anzusehen, aber leider extrem kratzig ...


Wir sind den "Höllenhunden" fürs erste entkommen,
wird es dem nachfolgenden Paar auch gelingen?

Weiter oben stießen wir wieder auf den markierten Pfad und von da an war es zwar noch immer steil und felsig und zog sich der Aufstieg scheinbar ewig, aber schließlich hatten wir es doch zum 1951 m hohen Gipfel des Tiatordos geschafft. Im Windschatten etwas unterhalb des höchsten Punkts vesperten wir, genossen die freie Sicht in alle Himmelsrichtungen und gruselten uns beim Blick in die Steilwand, die direkt vor unseren Füßen 600 m tief abfiel. 


Am Gipfel des Tiatordos (1951m)


Im Osten stecken die Picos de Europa auch heute teils in Wolken.


Verdiente Gipfelbrotzeit -
vor meinen Füssen geht es 600 m senkrecht nach unten.


Bis zum Auto in Pendones (links unten) ist es weit. 

Kurz nach uns kamen zwei spanische Pärchen an, denen an der Almwiese unten das gleiche Schicksal widerfahren war wie uns: Auch sie waren von dem Hund drohend angebellt worden. Bei dem einen Paar hatten wir beobachtet, dass sie erst Anstalten machten, denselben Weg einzuschlagen wie wir, dann aber irgendwann kehrt machten und weiter (vom Gipfel aus gesehen) rechts einem anderen Pfad folgten. Diesen suchten und fanden wir beim Abstieg und er erwies sich nicht nur als einfacher und breiter als die Ginster-Pfade, sondern kam auch außerhalb des Bereichs heraus, den der Hütehund beschützte. Beim Rückweg über die Almwiese blafften er und seine zwei (!) Kompagnons uns zwar nochmal gehörig an, aber mehr passierte zum Glück nicht.


Blick zurück zum Gipfel und
den nun fast wolkenfreien Picos de Europa


Abstieg - diesmal auf dem "rechten" Weg.


Die Hüter der Ziegen lauern schon, ...


... doch genügt es ihnen, uns durch Gebell auf Distanz zu halten.

Zurück beim Auto beschlossen wir dann, nicht gleich wieder an die Küste zu fahren, sondern noch einmal einen Abstecher ins Landesinnere zu machen. Über den Pass „Puerto de Tarna“ gelangten wir in ein weites Hochtal mit endlosen, beeindruckend riesigen Rinderweiden und schließlich zum Stausee bei Riaño. Der Campingplatz lag hier auf einem Hügel weit oberhalb des Sees und der Ortschaft, die von weitem und flüchtig betrachtet sehr hübsch aussah. Doch wurde das ursprüngliche Dorf (sowie 8 weitere) nach der Fertigstellung der Talsperre 1987 geflutet und am Seeufer unter Verwendung von viel Beton neu errichtet.


Glückliche Kühe und Pferde auf den weiten Weiden am Rio Esla


Der Stausee bei Riaño

Abgesehen von der Lage mit toller Aussicht auf See und Bergkulisse gehörte der Platz definitiv zu den schlechteren, die wir in Nordspanien zu sehen bekamen. Die sanitären Einrichtungen waren ziemlich renovierungsbedürftig und insgesamt eher fragwürdig, da die meisten Duschen keine Tür hatten und nur halbhohe Seitenwände. Um zu den Toiletten zu gelangen, musste man an diesen vorbei, d.h. wer hier duschte, würde dies in aller Öffentlichkeit tun … Obwohl der Platz an diesem Freitag mit der Zeit ziemlich voll wurde, war es dann allerdings kein Problem, eine der wenigen Duschen mit Tür zu „ergattern“. 

Die Reservierung für die Campingplatz-Wirtschaft hätten wir uns getrost sparen können, da wir die einzigen blieben, die hier „speisten“ – kein Wunder bei dem übersichtlichen Angebot und der mäßigen Qualität. In Riaño hätte es sicher bessere Restaurants gegeben, für uns zählte aber an diesem Abend nur, dass wir satt wurden, ohne noch einmal losziehen zu müssen, und dieser Zweck wurde denn auch zu unserer Zufriedenheit erfüllt.

Die folgende Nacht wurde mal wieder eher unruhig, denn wir hatten uns zielsicher auf den Platz mit den Nachbarinnen gestellt, die noch bis spät nachts in ihrem VW-Bus Rabatz machten. So griff dann doch auch ich wieder einmal auf Ohropax zurück und konnte in der Folge recht gut schlafen. Die Nachbarinnen müssen irgendwann auch müde geworden sein, als ich morgens gegen halb fünf Uhr mal raus musste, war bei ihnen Ruhe, doch stattdessen machte irgendwer auf dem Hügel hinter dem Campingplatz Party … 

Am Samstag, 2. Oktober, regnete es pünktlich zum Aufstehen, bis wir mit allem soweit fertig waren und Günter noch auf den letzten Drücker ein Hotelzimmer in Bilbao gebucht hatte, kam jedoch für kurze Zeit sogar die Sonne raus und malte über Riaño und den Stausee einen herrlichen Regenbogen. So konnten wir das Dach doch noch in Ruhe zuklappen und im Aufbau alles für die Weiterfahrt festzurren, ohne dabei permanent geduscht zu werden. 


Ein Regenbogen zum Abschied

Auf der gut 4-stündigen Fahrt nach Bilbao gerieten wir zunächst im Süden der Cordillera Cantabrica auf eine riesige Ebene mit viel Landwirtschaft und später, als es Richtung Santander und Küste ging, querten wir noch einmal die heimelige "Alb"-Landschaft mit Heide, blühendem Erika, Wacholderbüschen und Kalksteinfelsen. Bei Aguilar de Campoo kreuzten wir unsere eigenen Pfade: Hier hatten wir von der Ebro-Schleife kommend auf dem Weg Richtung Westen Mittagspause gemacht. 

Schon bald nach unserer Abfahrt von Riaño hatte wieder Regen eingesetzt und war uns seither nahezu durchgehend erhalten geblieben. Erst als wir schließlich auf die Küstenautobahn A-8 eingebogen waren, ließ er so langsam nach und das Thermometer kletterte stetig bis auf 27°C! 


Bilbao


Nun war es also doch Bilbao geworden, nachdem wir erst einige Zeit hin- und herüberlegt hatten, ob wir vielleicht lieber Santander besichtigen sollten. Und als wir uns endlich entschieden hatten, schien es zunächst so, als würden wir in Bilbao keine passende Unterkunft finden. Dabei gab es Hotels genug und auch genügend freie Zimmer, das Problem war eher, dass die meisten keine Parkmöglichkeit für unseren fahrbaren Untersatz anboten. Letztlich war dies auch beim Miró-Hotel, für das die zentrale Lage unmittelbar beim Guggenheim-Museum den Ausschlag gab, nicht sicher, aber in der nahen öffentlichen Parkgarage war dann zum Glück Platz genug – und die Einfahrtshöhe passte auch locker. Die beiden Übernachtungen hier waren natürlich Luxus pur, aber nach den vielen recht günstigen Zeltplatz-Nächten (~19-22 €) und dem Wildcamping für lau gab die Reisekasse dies jetzt auch mal her.

Nach dem Einchecken im Hotel suchten wir uns schnell eine Tapas-Bar, um noch einen Happen zwischen die Zähne zu bekommen, doch waren wir selbst dafür wohl nach 15 Uhr schon etwas spät unterwegs, denn wir bekamen nur noch recht traurige Reste vorgesetzt. Bei ungewohnt sommerlichen Temperaturen gingen wir anschließend eine erste kurze Runde durch die Stadt, entlang der Ría de Bilbao und vorbei am imposanten Guggenheim-Museum kehrten wir dann ins Hotel zurück. 


Im Parque República de Abando


Das Guggenheim-Museum von der Flussseite betrachtet


In den Fängen der Riesenspinne - "Maman" von Louise Bourgois


Da es im „Miró“ nur Frühstück gab, hatten wir für den Abend im Aizian-Restaurant des nahegelegenen Meliá-Hotels einen Tisch bestellt und genossen dort das 6-gängige „Menú tradicional“ (58 € pro Nase), das am Anfang und Ende jeweils noch durch „Grüße aus der Küche“ erweitert war. Obwohl als Beilage ausschließlich Brot gereicht wurde, war ich gegen Ende des Hauptgangs pappsatt, doch das große, zum Glück nicht zu süße Stück Käsekuchen mit Brombeereis und pürierten roten Früchten wollte ich mir trotzdem nicht entgehen lassen. Und dann kam zum endgültigen Abschluss (als Pfefferminzblättchen sozusagen 😉) noch für jeden ein Becherchen voll Schokocreme zum Espresso … 

Im Lauf des Tages hatte der – vorerst noch sommerlich warme – Wind immer mehr aufgefrischt und nun, auf dem Rückweg zum Hotel, gab es teils schon so heftige Böen, dass man sich richtig dagegen stemmen musste und Blätter, Müll und vereinzelte abgebrochene Zweige wild durcheinander wirbelten. Trotzdem genossen an diesem Samstagabend noch so viele die vielleicht letzte laue Nacht in der Stadt, dass es vor unserem Fenster erst gegen Morgen so langsam ruhig wurde.


Guggenheim-Museum am Abend vom Hotelzimmerfenster aus


Folglich fiel es uns eher schwer, rechtzeitig aus den Federn zu finden, um pünktlich um 9 Uhr beim Frühstück zu sitzen, wie wir es tags zuvor leichtsinnig verabredet hatten. Ziemlich trübe waren die Aussichten obendrein, denn der Wetterbericht hatte diesmal leider wieder nur allzu recht gehabt und der nächtliche Sturm hatte einen kompletten Umschwung gebracht mit 10-15°C Temperatursturz und Regen, der gegen die Fensterscheiben klatschte. So stellte sich beim aus dem Haus gehen die Frage nach kurzen oder langen Hosen erst gar nicht mehr, eher schon: reicht eine Jacke über dem T-Shirt oder sollte man noch zusätzlich einen Pulli anziehen? 

Auch eine Regenjacke oder ein Schirm wären keine schlechte Idee gewesen, aber als wir uns gegen 11 schließlich auf den Weg in die Stadt machten, war es gerade trocken und wir hofften noch, dass es das mit dem Regen so langsam gewesen sei. Auf unserem Fußmarsch, der uns zunächst hinauf zum Aussichtshügel Artxanda führte, ehe wir auf dessen anderer Seite in die Altstadt hinabstiegen, gerieten wir aber doch immer wieder in mehr oder weniger heftige Schauer. Glücklicherweise boten sich praktisch immer Möglichkeiten, sich unterzustellen, und dauerte der Regen nie länger als ein paar Minuten. 


Von der Brücke "Salbeko zubia" zeigt sich
das Guggenheim-Museum als Schiffsbug.


Verschiedene Blickwinkel ...
 

... auf Bilbao und den Fluss Nervión ...


... vom Aussichtshügel Artxanda.


Der Blick vom roten Bilbao-Bilbo-Schriftzug am Aussichtspunkt, an dem sich an diesem Sonntagmorgen auch viele Besucher tummelten, die mit der Standseilbahn von der Stadt heraufgekommen waren, war zwar durchaus genial, aber leider durch Regenschleier etwas getrübt. 

Anschließend  erreichten wir die Altstadt auf einem ausgewiesenen Stück des Jakobswegs, den wir im Lauf dieser Reise bereits andernorts gelegentlich gequert oder berührt hatten. Und auch Jakobspilger begegneten uns immer wieder mit ihren mehr oder weniger riesigen Rucksäcken, so auch hier in Bilbao. 

Direkt bei der Begoña-Basilika kamen wir schließlich heraus, wo der Legende nach einstmals die Jungfrau Maria erschienen sein soll, deren Bildnis seither hier verehrt wird. Mit eigenen Augen bekamen wir dieses aber nicht zu sehen, denn vor dem Eingang hatte sich eine ansehnliche Warteschlange gebildet – vielleicht fand auch gerade ein Gottesdienst statt – und so wichtig war uns die Besichtigung letzten Endes nicht, dass wir uns in diese hätten einreihen wollen. Zudem war es nun schon 13 Uhr und nach zwei Stunden Fußmarsch wurden wir so langsam hungrig. 


Beim Abstieg Richtung Altstadt


Begoña-Basilika


In den "Siete Calles" von Bilbao

Tapas oder besser gesagt Pintxos (so der baskische Begriff) sollten es sein. An der Plaza Nueva reihte sich eine Bar and die nächste mit dem einen oder anderen Café dazwischen. Die Bar, die sich Günter im Internet hatte empfehlen lassen, war dann allerdings schon voll besetzt und sowieso ziemlich klein. Und bei der „Víctor Montes Jatetxea“ hatten wir dann ein paar Meter weiter einfach großes Glück, dass noch ein Tisch frei und nicht reserviert war.


An der Plaza Nueva ...

... sind wir nicht die einzigen mit Appetit auf Pintxos.

Da es uns zu mühsam erschien, selbst and der Bar einzelne Häppchen zusammenzustellen, gaben wir der Kellnerin den Auftrag, für uns acht verschiedene Teilchen auszuwählen. Ob wir uns damit einen Gefallen taten oder vielleicht doch eher die "Ladenhüter" aufgetischt bekamen, sei dahin gestellt, doch die Zusammenstellung fiel sehr vielseitig aus und beinhaltete unter anderem eine Art grün gefärbte Frühlingsrolle mit Fleischfüllung, sowie eine ebensolche in natürlicher Färbung mit süßlicher Blauschimmelkäsefüllung, garniert mit einer Erdbeere. Was uns optisch sehr an bayerischen Obazda erinnerte, stellte sich als Creme aus hartgekochten Eiern und etwas Fischigem heraus. Und ein Gebäckstück, das mit saurem Hering belegt war, garnierte vergoldeter Sesam … 


 "Victor Montes Jatetxea"


Nach dem Essen hielten wir uns angesichts der noch immer eher zweifelhaften Witterung nicht länger mit der Altstadt auf und kehrten recht flott an den Fluss zurück, weshalb wir die Santiago-Kathedrale verpassten und auch sonst höchstens einen kleinen Ausschnitt der „Sieben Gassen“ (Siete Calles, wie die Altstadt auch genannt wird) gesehen haben. Bilbao wäre also durchaus noch einmal eine Reise wert, nicht zuletzt, um das Guggenheim-Museum nicht nur von außen zu bestaunen, sondern auch die Kunst darin zu bewundern. 

Am Theater und der St-Nicolas-Kirche vorbei bogen wir wieder auf die Promenade auf „unserer“ Flussseite ein und stellten fest, dass die Skulptur im Fluss, die ein Frauengesicht darstellt („Bihar“ von Ruben Orozco Loza), durch den hohen Wasserstand, den die Flut auch hier, 16 km von der Mündung des Nervión in die Biskaya, noch verursachte, gerade quasi unsichtbar war. So bewunderten wir eben noch einmal die Architektur des Guggenheim-Museums, die Riesenspinne „Maman“ von Louise Bourgeois, sowie eine Treidlerinnen-Skulptur, die seit Mai 2021 an die Frauen erinnert, die im 19. Jahrhundert hier Lastkähne an Schleppseilen zwischen dem Hafen von Bilbao und der Flussmündung hin- und herzogen. – Männer waren zu dieser Zeit infolge vieler Kriege offenbar Mangelware und die Frauen sowieso billiger …


St. Nicolas


Das Guggenheim-Museum ist mit Titanplatten verkleidet.


"Maman" hat auch heute wieder einige Leute "umgarnt".


Die Treidlerinnen von Bilbao

Bilbao gefiel mir insgesamt wirklich gut, vor allem in Anbetracht dessen, was wir von verschiedenen Seiten im Vorfeld gehört hatten. Doch ganz offensichtlich hat sich die Stadt in den letzten Jahren / Jahrzehnten stark verändert, weg von einer Industrie- und Hafenstadt mit den entsprechenden hässlichen Gebäuden und Arealen hin zu einer Stadt der Kunst und Kultur, mit erstaunlich vielen Grünanlagen entlang des Flusses, umgeben von ebenfalls mehrheitlich unverbauten grünen Hügeln. – Und selbstverständlich gibt es auch noch immer unschöne Ecken, aber wo gibt es die nicht? 



Blick von der "Salbeko zubia", der Brücke beim G.M.,
man beachte den sehr schönen Radweg parallel zur Straße!

Auffallend waren auch die vielen und meist sehr breiten, gut ausgebauten Radwege. Die Brücke auf Höhe des Theaters war beispielsweise komplett für Autos gesperrt und reine Rad- und Fußgängerbrücke. Trotzdem waren aber noch immer jede Menge Autos in der Stadt unterwegs und die Radfahrer zumindest an diesem Wochenende bei Sturm und Regenwetter eher dünn gesät.

Nach einer Pause im Hotel machten wir uns zum Abendessen auf, wiederum mit einem Schlenker zum Fluss, wo der Frauenkopf nun schon weit aus dem Wasser ragte, nur die Ohren waren noch überspült. Eigentlich hätten wir gern gesehen, wie er so langsam auftauchte, doch das musste bei einsetzender Ebbe dann letztlich doch recht fix gegangen sein.


"Bihar" - aufgetaucht


Vom Fluss geht es über eine Freitreppe hinauf in die Neustadt.


"Bihar" vor der Zubizuri-Fußgängerbrücke


Über eine riesige Freitreppe zwischen mehreren Hochhauskomplexen ging es anschließend hinauf in die Neustadt, dann noch um ein paar Straßenecken ins Restaurant „Amaren“, das für seine T-Bone-Steaks berühmt war. Je nach Art des Rinds, von dem das Fleisch stammte, konnte das Kilo Fleisch hier dann schon mal über 100 € kosten. An den meisten anderen Tischen konnten wir beobachten, dass erst beeindruckend große rohe Fleischstücke zur Begutachtung gebracht wurden, die dann anschließend zerteilt an den Tisch gereicht und dort von den Gästen selbst gegrillt wurden. Uns war das am Ende zu kompliziert und auch zu fleischlastig, weshalb wir uns lieber, wie nun schon fast gewohnt, eine Vorspeise (Tunfisch-Carpaccio), einen Salat (Tomate mit marinierten Zwiebeln, Feldsalat) und ein Hauptgericht (Ochsenfilet mit gebackenen Kartoffeln und geschmorten Pilzen) teilten. Die einzelnen Speisen waren hier recht übersichtlich, doch das Fleisch sehr zart und auch alles andere wirklich gelungen. Und nach zwei Kugeln hausgemachtem Eis zum Abschluss konnten wir zufrieden "heimwärts" schwanken.


G.M und "L'arc Rouge" von Daniel Buren



Durchs spanische Baskenland


Der folgende Montag, 4. Oktober, war dann hauptsächlich ein Fahrtag für uns, und das obwohl so ein seltener Tag mit Sonne von früh bis spät dafür fast zu schade war. Doch so langsam mussten wir tatsächlich schon sehen, dass wir Richtung Heimat vorankamen, weshalb wir das spanische Baskenland im Schnelldurchlauf durchquerten, um bis zum Abend bereits möglichst nah an der französischen Grenze zu sein.

Morgens erwachten wir aber noch einmal in Bilbao im Miró-Hotel nach einer etwas ruhigeren Nacht, wenn auch schon in aller Frühe die Straßenreinigung und irgendwelche Lieferanten unter unserem Fenster rumpelten. Dann ein kühles Frühstück auf der offenen Galerie oberhalb des Haupteingangs – da hatten wir am Sonntagmorgen mit unserem Tisch gleich neben der Frühstücksbar mehr Glück gehabt. Packen, Zahlen, Auto abholen und die Stellplatzgebühr von ~ 26 € begleichen und schon hieß es: „Auf Wiedersehen, Bilbao!“ 

Zunächst fuhren wir jedoch einige Kilometer quasi wieder retour, um noch eine besondere „Attraktion“ mitzunehmen: die „Puente Colgante“, die nahe der Mündung des Nervión die Vororte Portugalete und Las Arenas verbindet. Es handelt sich dabei nicht etwa um eine stinknormale Brücke, sondern um eine Schwebefähre, die schon seit Ende des 19. Jahrhunderts existiert und mittlerweile Weltkulturerbe ist. Nichts desto trotz ist sie in ständigem Gebrauch und ganz normales Verkehrsmittel für die Einheimischen. Weil wir nicht wussten, wie der Hase läuft, machten wir uns den totalen Stress und lösten schnell noch 3 Tickets für uns und das Auto am Automaten (2x 45 Cent + 1,65 € fürs Auto), nur um anschließend festzustellen, dass wir natürlich auch auf der Fähre hätten zahlen können … 

Die Überfahrt war dann so kurz, dass Günter zu keinem einzigen Foto kam, und zudem durfte man auch gar nicht erst aussteigen. So fuhren wir anschließend auf den erstbesten freien Parkplatz, um das Wunderwerk der Technik noch vom Ufer aus zu bestaunen und abzulichten. 


Portugalete

Ponte Colgante - Bizkaiko Zubia


Nach dieser letzten Besichtigungseinlage ging es für uns endgültig aus dem Großraum Bilbao hinaus aufs Land und ans Meer, wo unser nächster Stopp bei einem berühmten Kirchlein sein sollte, das sehr malerisch auf einer Beinahe-Insel vor der Küste lag. Die Insel war durch einen schmalen (natürlichen oder künstlichen?) Damm mit dem Festland verbunden und die Kirche trug den unaussprechlichen baskischen Namen „San Juan de Gaztelugatxe“.


San Juan de Gaztelugatxe


Bei unserem Eintreffen auf dem großen, auf mehreren Stufen verteilten und kostenlosen Parkplatz war hier schon einiges los und so begegneten uns beim Abstieg zum ersten Aussichtspunkt auf die Kapelle, einen benachbarten Vogelfelsen (und eine Bohrinsel …) denn auch jede Menge Leute. Erst als es ernsthaft und auf deutlich schlechter ausgebautem Weg hinab zum Meer ging, wurde es etwas einsamer. Vermutlich genügte vielen der erste Ausblick schon und der Gedanke an den mühsamen und recht steilen Rückweg hielt sie davon ab, noch weiterzugehen. Oder aber der eine oder andere wusste bereits, was wir erst unten erfuhren, nämlich dass der Zugang zur Insel derzeit gesperrt war. Ob saisonbedingt, wegen Corona oder weil der Übergang renovierungsbedürftig war, konnten wir der Tafel am Bauzaun nicht entnehmen. 

Uns stellte sich nun die Frage, ob wir auf dem gleichen steilen, aber dafür recht kurzen Weg zurück zum Auto gehen sollten oder den deutlich längeren, dafür aber auch viel flacheren Alternativrückweg nehmen sollten, der laut Beschilderung zumindest im Sommer sowieso vorgeschrieben war – eine Einbahnregelung, die bei entsprechendem Andrang sicher nicht nur im Hinblick auf Corona sinnvoll war. Wir entschieden uns dann zum Glück für letztere Möglichkeit, denn tatsächlich trafen wir hier so gut wie niemanden mehr und zudem gab es noch ein paar weitere sehr schöne Ausblicke auf die Kapelle. 



Als wir den Parkplatz wieder erreicht hatten, war es schon nach 14 Uhr und somit mal wieder höchste Zeit, sich ums Mittagessen zu kümmern. Im nahen Küstenort Bermeo sollte es was geben, doch als wir erfolgreich am Stadtrand geparkt und uns einen Weg durch die Schar der Schüler und wartenden Eltern gebahnt hatten, die gerade rund um eine Grundschule wuselten, mussten wir leider feststellen, dass das entsprechende Restaurant geschlossen hatte. Nach mehreren weiteren Fehlversuchen in den engen Gassen des Städtchens und am alten Hafen hatten wir dann letztlich am Fischereihafen doch noch Erfolg, durften vor dem „Restaurante Casino Bermeo“ Platz nehmen und wurden beide auf der Speisekarte bei den Tellergerichten fündig. 


Am alten Hafen von Bermeo



Bermeo - Hafen und Santa Eufemia

So gesättigt konnte es dann weitergehen, wobei nun zunächst eine weite Schleife ins Inland unvermeidlich war, da hier ein fjordartiges Flussdelta (eines weiteren unaussprechlichen baskischen Flusses) umrundet werden musste. Immerhin ergab sich so die Gelegenheit, in einem Dia-Supermarkt am Wegesrand noch die üblichen Grundnahrungsmittel (Brot, Wasser, Wein, Joghurt) zu besorgen. 

Die Stadt Gernika (so die baskische Version des spanischen Guernica), die während des Spanischen Bürgerkriegs als Übungsziel der deutschen Luftwaffe herhalten musste und in der Folge durch Picassos Kunstwerk weltweit bekannt wurde, streiften wir dabei nur zufällig und am Rand: Hier befand sich die Brücke über den Fluss, so dass wir anschließend wieder Richtung Meer rollen konnten. Allerdings war von diesem dann noch lange nicht wieder was zu sehen, weil es ständig durch Wälder ging und meist auch noch eine Hügelkette zwischen Straße und Küste lag. 

Später hätten wir im Städtchen Ondarroa gerne noch einen Zwischenstopp eingelegt, doch dort machte uns mal wieder das mangelnde Parkplatzangebot einen Strich durch die Rechnung. 

So ging es eben gleich weiter bis zum Gran Camping Zarautz, der etwas außerhalb der gleichnamigen Ortschaft und 435 Stufen oberhalb des Strands angesiedelt war. 

Der Platz war wirklich riesig und trotzdem brechend voll, denn der Strand zu seinen Füßen scheint ein beliebter Surfer-Spot zu sein. Dementsprechend sah auch das Publikum des Platzes aus, das in seiner überwiegenden Mehrheit unter 30 war und tagsüber nicht ohne Neoprenanzug und Surfbrett in Erscheinung trat. Selbst als wir kurz vor Sonnenuntergang zum Strand hinabspazierten, kamen uns noch immer laufend triefende SurferInnen entgegen. Dabei war es auch an diesem Tag trotz Sonne und praktisch wolkenlosem Himmel nicht sonderlich warm. Im Auto kam zwar immer wieder die Illusion auf, doch sowie man ausstieg, wurde man eines besseren belehrt von der kühlen Brise, die einem dann um die Ohren wehte. Surfer sind aber eben ein wahrhaft abgehärtetes Völkchen und so wunderte ich mich nicht sonderlich, dass etliche auch nach Sonnenuntergang mindestens barfuß, wenn nicht sogar in kurzer Hose und die Jungs mit nacktem Oberkörper unterwegs waren, während ich schon längst eine Jacke brauchte.

Hier waren wir nun am Endpunkt unserer Spanienreise angelangt, denn von Zarautz waren es gerade mal noch 50 km bis zur französischen Grenze. Noch blieb uns aber eine knappe Woche Zeit, die wir für ein paar weitere Stationen in Frankreich nutzen wollten. 


¡Hasta la vista ...


... España!

 Bienvenue en France! - Hier der Link zur kurzen Fortsetzung.