Fotos: Günter Schmidt
Aufbruch zum Gipfel
Nach einem weiteren Ruhetag im Basislager, der leider nicht
für alle die gewünschte Erholung brachte – bei Günter bahnte sich eine
Erkältung an und ein anderer Teilnehmer kämpfte mit einer Nebenhöhlenentzündung,
die letztlich verhinderte, dass er über Lager I hinaus kam – standen uns nun
der finale Aufstieg und der Gipfelversuch bevor.
Die Wettervorhersage, die Markus regelmäßig aus Dresden
bekam, sprach zwar von einem baldigen Umschwung, aber es bestand eine reelle
Chance, dass bis zum übernächsten Tag, für den der Gipfelsturm geplant war, das
gute Wetter noch halten würde. So oder so hatten wir die Zeit, die für den
Aufbau der Lagerkette und die Akklimatisation vorgesehen war, schon nahezu
ausgeschöpft; wir hätten höchstens noch einen Tag länger abwarten können, was
aber bei dieser Prognose nicht sinnvoll erschien.
Am Morgen des 27. Oktober machten wir uns also voller
Spannung ein letztes Mal an den Aufstieg diesmal gleich bis zum Lager II.
Während in der Früh noch die Sonne wärmte, zog es gegen Mittag mehr und mehr zu
und ein eisiger Wind kam auf. Bei der Mittagsrast im Lager I krochen wir beide
daher in eins der dort verbliebenen Zelte, und kochten uns eine warme Suppe.
Anschließend ging es wieder auf den Gletscher, was wegen der Wolken und der
fortgeschrittenen Tageszeit eine recht schattige Angelegenheit wurde.
Zusätzlich hatte ich mich noch bei der Wahl der Kleidung verschätzt, was nun
dazu führte, dass ich hinter dem außergewöhnlich langsam aufsteigenden Günter,
dem seine Erkältung zu schaffen machte, erbärmlich fror.
So war es ein Glück, dass wir in Lager II diesmal nicht noch
das Zelt aufbauen mussten und nach der Ankunft zügig mit dem Schneeschmelzen
und Kochen anfangen konnten. Die Nacht war nicht ganz so kalt wie bei unserem
ersten Aufenthalt hier, aber trotzdem recht unruhig, denn wieder bekamen wir
beide mehr oder weniger starkes Kopfweh und zusätzlich plagte auch mich jetzt noch
ein trockener Höhenhusten.
Morgens musste dann alles relativ zügig zusammengepackt
werden, denn unser Zelt sowie fast die komplette Ausrüstung sollte mit ins
Lager III. Der anfängliche Sonnenschein, der unser Zelt beim Frühstück noch
erwärmte, verleitete mich auch heute dazu, mich zu dünn einzupacken - ein
Fehler, der sich schon bald rächte, denn noch vor unserem Abmarsch hatte der
Himmel sich komplett bedeckt und es ging wieder derselbe eisige Wind wie am
Vortag. Die Füße in den gut isolierten Schalenbergstiefeln wurden mit der Zeit
auch mit dünnen Socken warm, kritischer waren die Hände, die trotz körperlicher
Anstrengung einfach nicht auftauen wollten.
Der erste Teil des Aufstiegs ging über ein besonders steiles Stück Gletscher, das Jamba und Lila einige Tage zuvor mit einem Fixseil ausgestattet hatten. Dieses wurde nun zwar nicht gebraucht, da die Schneeauflage überall noch griffig genug war, aber eben dieser Schnee sorgte auch dafür, dass der Aufstieg unendlich mühsam wurde, weil man ständig einbrach oder in den Fußstapfen der Vorangehenden herumrutschte. Am oberen Ende des Steilhangs wartete Günter auf mich, der heute trotz viel schwererem Rucksack wieder deutlich flotter unterwegs war, und ich konnte mir seine Daunenfäustlinge borgen; meine eigenen hatte ich dummerweise so verstaut, dass ich unterwegs keinen Zugriff darauf hatte.
Kalt! |
Der erste Teil des Aufstiegs ging über ein besonders steiles Stück Gletscher, das Jamba und Lila einige Tage zuvor mit einem Fixseil ausgestattet hatten. Dieses wurde nun zwar nicht gebraucht, da die Schneeauflage überall noch griffig genug war, aber eben dieser Schnee sorgte auch dafür, dass der Aufstieg unendlich mühsam wurde, weil man ständig einbrach oder in den Fußstapfen der Vorangehenden herumrutschte. Am oberen Ende des Steilhangs wartete Günter auf mich, der heute trotz viel schwererem Rucksack wieder deutlich flotter unterwegs war, und ich konnte mir seine Daunenfäustlinge borgen; meine eigenen hatte ich dummerweise so verstaut, dass ich unterwegs keinen Zugriff darauf hatte.
Etwas oberhalb der Steilstufe bei zunehmend schlechtem Wetter |
Weiter ging’s mit endlich warmen Händen und in etwas
flacherem Gelände, wobei sich inzwischen der Wind schon fast zum Sturm
gesteigert hatte und alle Spuren im Nu verwehte. Da waren die Bambusstäbe, die
Jamba und Lila vor uns in regelmäßigen Abständen als Wegmarkierung in den
Schnee steckten, bald die einzige Orientierungsmöglichkeit, extrem wichtig
nicht zuletzt auch wegen der jetzt kaum mehr erkennbaren Gletscherspalten.
Schließlich kam der Platz für unser Lager III in Sicht, wo
die Sherpas, Markus und alle Teilnehmer, die schneller gewesen waren, schon
fieberhaft damit beschäftigt waren, Plattformen für die Zelte herzurichten.
Alles sollte möglichst schnell gehen, da inzwischen ein richtiggehender
Schneesturm tobte. Da kamen wir Expeditionsneulinge dann doch so langsam an
unsere Grenzen und bei unserem Zeltaufbau lief so manches schief, insbesondere
verabschiedeten sich 2 der 5 Zeltstangen auf Nimmerwiedersehen in den Abgrund.
Zum Glück ließ das Zelt sich mit nur 3 Stangen doch noch so einigermaßen stabil
aufbauen und sturmsicher mit seinen Nachbarn vertäut überstand es auch die
folgende schwierige Nacht.
Dass es mit dem Gipfel wohl nichts werden würde, war
eigentlich schon jetzt am Abend klar, auch wenn Markus noch einmal über das
Satellitentelefon sogar zwei verschiedene Wetterberichte einholte. Der eine
davon war dann tatsächlich etwas optimistischer und versprach im Lauf der Nacht
eine Besserung, weshalb die Wecker auf 3 Uhr gestellt wurden.
Nachdem wir uns
mühsam eingerichtet und diesmal mit nur einem Kocher (den zweiten hatten wir
zur Gewichtsersparnis im Lager II zurückgelassen) genügend Schnee für
Abendessen und Trinkflaschen geschmolzen hatten, wartete eine ungemütliche
Nacht auf uns. Dabei waren das durch die fehlenden Stangen etwas geschrumpfte
Zelt und der sich darauf akkumulierende Schnee noch das kleinere Problem. Beide
schlugen wir uns diesmal mit heftigen Kopfschmerzen herum, so dass es zumindest
für mich schon fast eine Erlösung war, als Markus den Gipfelgang in der Nacht abblies.
Morgens im Lager III: der Sturm hat jede Menge Schnee in die Außenschalen der Schuhe geweht. |
Rückzug
Tatsächlich hörte es die ganze Nacht und auch am folgenden
Tag nicht auf zu schneien.
Wir packen zusammen und steigen ab - das war's dann mit dem Gipfel! |
Am anderen Morgen war dann schnell klar, dass selbst
der Abstieg nicht einfach werden würde. Die Sicht war praktisch null, so dass oft
nicht einmal die Markierungsstäbe zu erkennen waren. So half dann nur noch
Markus‘ GPS und zum ersten und einzigen
Mal seilten wir uns an.
Damit die ganze Gruppe beieinander blieb und keiner
verloren gehen konnte, banden wir uns alle 12 in ein einziges langes Seil ein,
was das Gehen nicht eben erleichterte: Ständig lief man Gefahr, seinem
Vordermann auf die Hacken zu treten, und man konnte auch nicht einfach mal
stehen bleiben, um beispielsweise die beschlagene Brille zu putzen, weil man
gnadenlos weitergezogen wurde. So schafften wir es aber wenigstens heil durch
die Spaltenzone und am Beginn des Fixseils konnten wir uns wieder ausbinden, da
hier auch die Sicht allmählich besser wurde.
Während des weiteren Abstiegs mussten wir nach und nach
alles Material, das noch in den beiden unteren Lagern verblieben war,
zusätzlich schultern, da uns keine Zeit für einen weiteren Gipfelversuch mehr
blieb. So schwankten zuletzt alle, ganz besonders aber Jamba und Lila, unter
unglaublichen Lasten, die uns an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit
brachten.
Der sowieso schon weite Weg zog sich unter diesen Bedingungen noch
einmal mehr in die Länge und der Neuschnee auf dem Blockgelände im unteren
Abschnitt führte dazu, dass laufend irgendjemand ausrutschte und sich mühsam mit
seinem schweren Packen wieder aufrappeln musste.
Günter und ich waren diesmal wieder bei den Langsameren und kamen erst nach Einbruch der Dunkelheit und volle 9h nach dem Aufbruch von Lager III ins Basislager zurück. Unsere Langsamkeit hatte aber für mich auch einen angenehmen Nebeneffekt, denn so kam ich gemeinsam mit einer anderen Frau in den Genuss eines speziellen Service unserer Küchenmannschaft: vor dem letzten Gegenanstieg standen auf einmal Rup Lama und einer seiner Gehilfen in der Dämmerung am Wegesrand und nahmen uns „Ladies“ unsere Rucksäcke ab!
Letzter Teil des Abstiegs mit maximal viel Gepäck: den Schluss macht Jamba mit insgesamt 3 Zelten auf dem Rücken. |
Günter und ich waren diesmal wieder bei den Langsameren und kamen erst nach Einbruch der Dunkelheit und volle 9h nach dem Aufbruch von Lager III ins Basislager zurück. Unsere Langsamkeit hatte aber für mich auch einen angenehmen Nebeneffekt, denn so kam ich gemeinsam mit einer anderen Frau in den Genuss eines speziellen Service unserer Küchenmannschaft: vor dem letzten Gegenanstieg standen auf einmal Rup Lama und einer seiner Gehilfen in der Dämmerung am Wegesrand und nahmen uns „Ladies“ unsere Rucksäcke ab!
Leider vergaß ich dabei, meine Stirnlampe dazubehalten und
so mussten wir, als es bald darauf finster wurde, zu zweit mit nur einer Lampe
durch die Dunkelheit stolpern.
Wieder im Basislager - jetzt ebenfalls tief verschneit |