Dienstag, 22. Dezember 2020

Schweden im Herbst 2020 - Teil I

Text: Eva Irmler   


Spanien, die Bretagne oder ...?


Vermutlich könnte in diesem Jahr jeder seine eigene Variation auf das Thema „wie die Corona-Pandemie meine Reisepläne durchkreuzte“ erzählen, dies ist zumindest teilweise die unsere. Und auch wenn ich das Thema nicht zu sehr vertiefen will, wird es zwangsläufig immer wieder eine Rolle spielen.

Ursprünglich hatten wir tatsächlich schon für das Frühjahr 2020 eine große Reise geplant: Zwischen Ende März und Anfang Mai wollten wir den Norden Spaniens erkunden, was dann aus den allseits bekannten Gründen flach fiel.
 
So hielten wir uns die nächsten Monate mit vielen Jogging- und Radelrunden über Wasser und mit wenigen Ausflügen in die etwas weitere Umgebung (Schwäbische Alb, Altmühltal, auch mal die Bayerischen Voralpen). Den Sommer über, sowie dergleichen wieder eher gelitten und die Ausreise nach Österreich erlaubt war, ging es dann auch öfter in die „richtigen“ Berge.


Radeln im Dachauer Hinterland


Joggingrunde durch die Allacher Lohe


Schwäbische Alb bei Blaubeuren - das Rusenschloss


Berchtesgadener Alpen - Hintersee, Steinberg, Blaueisspitze, Watzmann, ...


Bayerischer Wald - Böhmerwald


Hohe Munde


Da wir selbst längst nicht mehr an die Ferienzeiten gebunden sind, vermeiden wir es üblicherweise, zwischen August und Anfang September zu verreisen. Unsere Jahres-Urlaubsreise planten wir demnach nun für Mitte September bis Mitte Oktober.
 
Spanien kam für uns dabei schon von vorne weg nicht mehr infrage, da es schon sehr früh wieder steigende Corona-Infektionszahlen vermeldete. Stattdessen dachten wir an Frankreich und einigten uns schließlich darauf, der Bretagne einen Besuch abzustatten, die schon seit Jahren immer wieder mal in der Diskussion gewesen war. Bisher war es immer daran gescheitert, dass uns im Verhältnis zu der recht langen Anfahrt jeweils zu wenig Zeit zur Verfügung stand, bzw. wir den größeren Teil der Urlaubstage lieber für „aufregendere“ Ziele reservierten. 

Doch in diesem Jahr schien die Zeit endlich reif dafür zu sein, weil an eine „echte“ Fernreise sowieso nicht zu denken war, und ganz abgesehen davon wollten wir natürlich unser Campingmobil nutzen.
 
Seit der Sizilienreise hatten wir den Aufbau mit Teppichboden, diversen Einbauten und einer Küchenbox, die alles Wesentliche rund ums Kochen, Essen, Spülen enthält, noch etwas wohnlicher zu gestalten versucht. Außerdem mussten wir uns für die Dach-Beschattung etwas Neues einfallen lassen, da die außen aufgeklebte Tönungs-Folie sich leider hier, ebenso wie an den Seitenfenstern, ziemlich bald verabschiedet hatte. 

An letzteren hatten wir Lochfolien mit von Günter selbst entworfenem Weltkarten-Design angebracht, die bisher einen recht soliden Eindruck machen. Wirklich „blickdicht“ sind die Scheiben dadurch aber nicht geworden, weshalb ich noch zusätzlich Filzvorhänge anfertigte.


Max mit neuem Design am Sylvensteinspeicher

 
Blick in die "gute Stube" - am Frechenbach bei Bischofswiesen


Letztere Idee griffen wir nun für das Dach ebenfalls auf, denn hier hatten wir ja schon vom Start weg das Problem, dass uns bei Nacht immer mal wieder Lampen- oder Mondlicht störte. Zwei Bahnen Filz, die wir (theoretisch in ihrer Position variabel) von innen quer über das Dach spannten, sollten dem abhelfen und außerdem allzu neugierige Blicke von Mitcampern aussperren. Den Filz wählten wir auch im Hinblick auf das Kondenswasser, das sich unweigerlich (fast) jede Nacht an den Scheiben bildet, in der Hoffnung, dass das Material zumindest einen Teil davon aufsaugen würde. 

Gegen sommerliche Sonnenhitze half der (schwarze) Filz allerdings nicht, im Gegenteil: das Dach erhitzte sich, gleichgültig ob mit oder ohne Filz, jeweils so stark, dass sich bei einigen Gelegenheiten im aufgeklappten Zustand die Stoffbespannung aus der Aluschiene löste. Da Günter mal wieder bis zuletzt von der Arbeit mit Beschlag belegt war, harrte dieses Problem noch bis einen Tag vor unserer Abreise seiner Lösung. In der Zwischenzeit behalfen wir uns mit einer Plane, die, wenigstens während unser Gefährt sowieso ungenutzt vor dem Haus in der Sonne briet, vor Überhitzung schützen sollte.

Noch eine Woche vor der geplanten Abreise am 13. September rechneten wir fest damit, uns dann auf den Weg in die Bretagne zu begeben, doch es sollte nicht sein: Bis Mittwoch waren zu den Departements, für die unser Auswärtiges Amt eine offizielle Reisewarnung heraus gegeben hatte, so viele weitere dazu gekommen, dass es in unseren Augen nur eine Frage der Zeit war, bis vor ganz Frankreich gewarnt würde. Und da wir wenig Lust hatten, nach unserer Rückkehr in Quarantäne zu gehen, legten wir unsere Frankreichpläne ad acta und stampften in Windeseile einen Alternativplan aus dem Boden. 

Schweden war als Ausweich-Reiseziel schon länger im Gespräch gewesen, wegen der noch viel größeren Entfernung und den zu erwartenden frostigen Herbsttemperaturen im hohen Norden waren wir aber zunächst davor zurückgeschreckt. Unter den gegebenen Umständen schienen uns diese Hindernisse jetzt eher vernachlässigbar, schließlich hatten wir ganze vier Wochen Zeit und genug warme Kleidung, Regensachen und dergleichen, um dem rauen Klima im schwedischen Herbst zu trotzen.
 
Für eine richtige Planung waren die paar Tage Vorlauf natürlich viel zu knapp. In der Stadtbibliothek lieh ich die einzigen beiden verfügbaren Schweden-Reiseführer aus (Baedeker: „Schweden“ und „Südschweden“ vom Michael Müller Verlag), die erfreulicherweise beide brandaktuell waren (Erscheinungsjahr 2019 respektive 2020!). Zum Thema Wandern gab es dort allerdings nichts, da würden wir uns mit Informationen aus dem Internet behelfen müssen.

(Alle, die sich schon mal einen Überblick über unsere Reiseroute und die jeweiligen Übernachtungsplätze verschaffen wollen, finden hier den Link zu einer Karte, die Günter nach unserer Rückkehr erstellt hat.)

Während ich mir immerhin einige Tage lang Gedanken machen konnte, was alles auf die Reise mit sollte, hatte Günter erst am Tag vor Abfahrt Zeit, sich damit zu befassen, und zudem musste die Befestigung der Dachbespannung ja noch gefixt werden.

Wir vermuteten, dass der Plastikschlauch, mit dem der Stoff in den Aluprofilen des Dachrahmens festgeklemmt ist, sich in der Hitze verformte und folglich aus der Halterung rutschte. Als behelfsmäßige Lösung hatten wir uns in der Zwischenzeit überlegt, Stücke einer dünnen Plastikleiste (aus dem Modellbaubedarf) zusätzlich an den besonders betroffenen Stellen in die Nut zu klemmen. Diese Hilfskonstruktion brachte Günter nun an und zunächst schien es durchaus zu funktionieren. Würde es aber auch einem Härtetest bei heftigem Wind und/oder Hitze standhalten? – Das musste sich erst noch zeigen. 

Und obwohl dieses Problem Günter noch eine ganze Weile beschäftigte, beim Versuch, den Fußraum des Autos vor dem Urlaub noch leidlich vom Dreck des letzten Dreivierteljahres zu befreien, der Staubsauger den Geist aufgab (am Freitag hatte er noch klaglos die ganze Wohnung gesaugt?!) und wir morgens zum Einkaufen trotz des höheren Zeitaufwands lieber geradelt waren, um noch etwas Bewegung zu bekommen, konvergierte gegen Abend doch wider Erwarten alles: Die Taschen waren gepackt, vieles schon verstaut und so waren wir bereit, nach dem Frühstück anderntags ins Schwedenabenteuer zu starten. 



Nach Kiel - die Anreise



Sonntag, 13. 9.


Ganz so früh kamen wir dann aber doch nicht weg, denn es dauerte einfach noch seine Zeit, die letzten Reste einzupacken, alles runter und im Auto unter zu bringen, den Müll zu entsorgen und, und, und … 

Als wir daher um dreiviertel elf endlich startklar waren, war der Rest der Welt auch schon längst aufgewacht und auf der Straße und bei dem daraus resultierenden dichten Verkehr passierten auch prompt die ersten Unfälle. – Kurz: die gut 400 km Fahrt zu unserem ersten Zwischenziel in Thüringen, dem Hainich in der Nähe von Erfurt, dauerten inklusive Pausen über 5 Stunden, so dass wir erst nach 16 Uhr bei diesem offenbar größten zusammenhängenden Laubwaldgebiet Deutschlands ankamen.

Letztlich war das dann aber kein Problem, im Gegenteil: so hatten wir bei unserer kurzen Wanderung den Wald nahezu für uns. Angesichts so vieler gut ausgeschilderter Wege und Rastmöglichkeiten, gehe ich davon aus, dass an diesem wolkenlosen und sommerlich warmen Herbstsonntag zu früherer Stunde sicher jede Menge Betrieb war. Nachmittags um vier waren aber offensichtlich die meisten Ausflügler schon wieder auf dem Heimweg oder hatten sich um die bewirtschaftete Hütte am Wanderparkplatz versammelt. 

Der Wald beeindruckte uns dann nicht sonderlich. Natürlich: es ist ein schöner alter Buchenmischwald (auf Muschelkalk), der sich seit 2011 sogar Weltnaturerbe nennen darf und schon lange nicht mehr bewirtschaftet wird, da hier früher ein militärisches Sperrgebiet war. Uns erinnerte er aber doch sehr an die Buchenwälder auf der Schwäbischen Alb … Auffällig war, dass es recht trocken-modrig roch, vom vielen verrottenden Totholz und den Blättern vergangener Jahre vermutlich und vielleicht auch, weil es hier wenig geregnet hatte in der letzten Zeit.


Spaziergang im Hainich

 
Mit dem Auto ging es anschließend einige Kilometer weiter zum Campingplatz „Am Tor zum Hainich“ bei Weberstedt, wo die Rezeption zwar gerade so eben noch besetzt war, die Platzwartin aber keine Lust mehr zeigte, unsere Daten aufzunehmen. Wir sollten uns einfach einen Platz suchen, alles andere hätte Zeit bis morgen früh. Auf Günters Frage nach einer Möglichkeit, essen zu gehen, schickte sie uns ins gut 12 km entfernte Oberdorla, wo die Brauereigaststätte offenbar weit und breit als einziges Restaurant geöffnet hatte. Dort saß man auf einer schönen Terrasse draußen am Bach, zum eher mäßig überzeugenden Essen (Salat für 5,90 € nur ein paar kaum angemachte grüne Blättchen, dann Schnitzel und Pommes in brauner Soße …) gab es hervorragendes Bier (Märzen) aus eigener Brauerei.
 
Zurück in Weberstedt stellte sich der Campingplatz als überraschend gut besucht heraus. Nur ein einziges Plätzchen am Zaun stach uns noch ins Auge, das für uns wie gemacht war. Hier klappten wir zum ersten Mal auf dieser Reise unser Dach auf, richteten Schlafsack, Kissen und so weiter her und setzten uns dann noch nach vorn zum Internetten bzw. Tagebuch schreiben, denn draußen war es doch schon recht finster und frisch.


Montag, 14. 9.  


Nach vergleichsweise kühler Nacht (zuhause war es zuletzt auch nachts noch fast hochsommerlich warm gewesen) erwartete uns an unserem zweiten Reisetag ein angenehm warmer Morgen mit herrlichem Sonnenschein. So starteten wir nach dem Frühstück, das wir im Freien in der Morgensonne genossen, gegen halb elf gemütlich vom Campingplatz am Hainich.




Leider waren auch an diesem Montag die Straßen proppenvoll, was zusammen mit den ungezählten Baustellen zu jeder Menge Verzögerungen, Umfahrungen und einem ausgewachsenen Stau führte. Anfangs ging es noch recht nett ein Stück weit durch den Harz, ehe wir auf verschlungenen Pfaden schließlich auf der A7 landeten, der wir bis kurz vor Hamburg folgten. Den angepeilten Ausgangspunkt für unsere Stippvisite in der Lüneburger Heide, den Wanderparkplatz „Friedenswald“ erreichten wir kurz nach 14 Uhr. Hier war zum Glück wenig los, es war schattig und überhaupt recht lauschig, ideal für unser verspätetes Mittagsvesper.

Da Günter meinte, die Strecken in der Heide seien recht lang und es gehe überwiegend über Forstwege, entschlossen wir uns, heute erstmals unsere neu erstandenen Tretroller auszuprobieren.
 
Die Idee, uns diese für Erwachsene eher außergewöhnlichen fahrbaren Untersätze zuzulegen, war zunächst im Zusammenhang mit unseren Bretagne-Plänen entstanden: Als Initialzündung wirkte die Information, dass in der Stadt St. Malo ein generelles Fahrradverbot gelte und vom Parkplatz schon einige Kilometer bis in die Altstadt zu überwinden wären, wo bei einer Stadtbesichtigung das Marschieren üblicherweise ja erst beginnt. Abgesehen davon passen derzeit sowieso keine Fahrräder in unser Campingmobil, die uns aber bei der einen oder anderen Tour entlang der Atlantikküste fast unverzichtbar schienen. Auch hier wären häufig längere Strecken in der Ebene zurückzulegen gewesen, die wir gerne irgendwie verkürzt hätten. 

Bei der Suche nach einer Alternative entdeckte Günter schließlich im Internet die Roller der Firma „Yedoo“ und war gleich Feuer und Flamme, während ich erst eine Weile brauchte, um mich mit dem Gedanken anzufreunden. Als die beiden lindgrünen Geschosse dann aber bei uns eingetroffen waren (bestellt bei einem Shop in Berlin, geliefert aus den Niederlanden – und das, wo die Teile eigentlich von einer tschechischen Firma stammen …), war ich schnell überzeugt. Mit ihren luftbereiften 16-Zoll-Rädern sind diese zwar immer noch um einiges größer als die bei Schulkindern (und wenigen Erwachsenen) momentan so beliebten Modelle, doch ließen sich alle beide auf der Rückbank des Isuzu verstauen. Lediglich die Lenker mussten dafür nach unten geklappt und quergestellt werden.


Rollernd durch die Lüneburger Heide


Bei meiner Jungfernfahrt in der Lüneburger Heide (Günter hatte schon mal zuhause geübt und war zur Arbeit gerollert) fand ich die neue Fortbewegungsart zwar zunächst recht ungewohnt, doch nach einer Weile machte es richtig Spaß! Bergab fühlte man sich sowieso wie eine Königin, wenn man an den Fußgängern locker vorbeirollte, und in der Ebene ließen sich die Strecken doch deutlich schneller zurücklegen als zu Fuß. Bergauf war es dagegen schon eher mühsam und ab einer gewissen, gar nicht besonders extremen Steigung und Wurzligkeit war es dann sowieso vorbei und man tat gut daran zu schieben.

So rollten und rollerten wir durch Wald und Heide, die leider nur sehr mäßig am Blühen war. In Wilsede, einem Gehöft mit Restaurant und Biergarten, gönnten wir uns Caretta-Orangen-Wassereis – eine weitere Reminiszenz an unsere Kindheit, passend zur Fortbewegungsweise ;)


Wacholder und Erika - Blick über die Lüneburger Heide

 
Mit unseren alternativen Vehikeln wurden wir viel angegafft – teils recht verständnislos, teils amüsiert – und immerhin ein einziger Mountainbiker brachte im Vorbeistechen seine Begeisterung darüber zum Ausdruck. 

Kurz vor 17 Uhr rollten wir dann wieder auf den Parkplatz, schweißgebadet alle beide, da am Ende noch ein paar ordentliche Steigungen zu bewältigen waren und es trotz Waldesschatten an diesem ungetrübt sonnigen Tag noch einmal fast 30°C heiß geworden war.
 
Auf dem Campingplatz „Brunautal“ in Behringen-Bispingen führte mein erster Weg daher gleich mal unter die Dusche. Um viertel sieben waren wir beide wieder halbwegs ordentlich und schweißfrei, so dass wir uns auf den Weg zum Restaurant „Schumanns“ machen konnten, einer von wenigen Möglichkeiten, hier in der Gegend essen zu gehen. 

Für den letzten nicht reservierten Tisch im Freien waren wir eine Sekunde zu spät dran, doch drinnen gab es noch jede Menge Platz. Zum Bier bestellte Günter Sauerfleisch mit Bratkartoffeln, was sich als Schwartenmagen entpuppte, meine Wahl fiel auf Wildgulasch mit Salzkartoffeln und Salat. Bei letzterem hätte der Kontrast zu dem uns tags zuvor in Thüringen servierten nicht extremer sein können: praktisch kein grünes Blatt, dafür allerlei geraspeltes Gemüse in sehr viel, sehr süßem Dressing und garniert mit Ananas, Orange und Melone. Günter hatte den Salat separat dazu bestellt und bei ihm fanden sich zusätzlich noch Schinken und Käsestreifen darin … Da hatte wohl in der Küche jemand Sorge, wir könnten hungrig vom Tisch gehen, doch diese Gefahr bestand spätestens nach der Hälfte des Hauptgangs mit Sicherheit nicht mehr.
 
Auf dem Rückweg war die Sonne schon untergegangen und aus manchen Wiesen und Weiden stieg Nebel auf - Vorbote des Herbsts, an den man tagsüber noch kaum glauben mochte.




Gegen den Campingplatz hier war der am Hainich geradezu paradiesisch gewesen: Auf gleichem Raum drängelten sich diesmal sicher doppelt so viele Camper, es wimmelte von Hunden (die sich zugegebenermaßen überwiegend unauffällig verhielten) und zu allem Überfluss führte hinter unserem Stellplatz direkt eine stark befahrene Durchgangsstraße vorbei – so viel zum Thema ruhige Nacht … 

Preislich schenkten sich die beiden Plätze dagegen nichts (20 bzw. 19 € für alles) und auch die sanitären Einrichtungen waren jeweils sehr gut in Schuss und sauber. Und selbstverständlich galt in den Servicegebäuden Maskenpflicht, wurde mit Desinfektionsmittel nicht gegeizt und durfte zwecks Abstand nur jedes zweite Waschbecken in den gemeinsamen Waschräumen benutzt werden.

Die Nacht verlief dann letzten Endes gar nicht so schrecklich wie befürchtet. Als wir uns kurz nach 22 Uhr bettfertig machten, hatten sich schon praktisch alle anderen auf dem Platz zurückgezogen – samt allen ihren Hunden. Natürlich war und blieb die Straße als Lärmquelle und die nahe A7 steuerte noch ein permanentes Grundrauschen bei. Mich störte es aber kaum und Günter half sich mit Ohrstöpseln, so schliefen wir alles in allem wieder recht gut. 


Dienstag, 15. 9.


Morgens leerte sich der Campingplatz recht flott, offenbar waren die meisten, ebenso wie wir, nur für eine Nacht auf der Durchreise hergekommen. 

Bei wiederum allerbestem Wetter und schnell steigenden Temperaturen reihten wir uns, nach einem teuren (1,10 €/l Diesel), aber absolut notwendigen Tankstopp, in den dichten Verkehr auf der A7 Richtung Hamburg ein. Leider verpassten wir dann am Maschener Kreuz eine Abfahrt (bei Günters Handy war der Ton ausgeschaltet, so dass Frau Google nicht zu uns sprach …) und nach einigem Herumirren landeten wir doch wieder auf der A7 und der Strecke durch den Elbtunnel, die wir initial eigentlich hatten meiden wollen. 

Um direkt Kiel und den Schwedenkai anzusteuern, war es viel zu früh, weshalb wir noch einen Abstecher zum Ostseestrand machen wollten. Und auch die allerschnellste Strecke musste es nicht sein, wovon wir Google-Maps erst mühsam überzeugen mussten. Doch schließlich ging es über Landstraßen und -sträßchen an diversen Seen vorbei, durch Plön in der Holsteinischen Schweiz und bei Behrensdorf an den Strand.


Am Ostseestrand bei Behrensdorf


Das Vesper packten wir ein und ließen uns am Strand schon bald auf ein paar großen Steinen nieder, um es zu verspeisen. Dabei dämmerte uns nach einer Weile, dass für den Parkplatz wohl eine Gebühr fällig wäre, woran wir beide beim Aufbruch nicht gedacht hatten. So rannte Günter noch einmal zurück, während ich die Ostsee mit den Füßen testete. Das Wasser war ganz angenehm temperiert, da hätte man durchaus baden können, wie es viele andere vormachten, doch dafür waren wir diesmal nicht wirklich gerüstet.




So trabten wir den Strand entlang bis dieser aus Vogelschutzgründen abgesperrt war, wechselten dann auf einen Steg mit Blick auf den „Kleinen Binnensee“, ebenfalls ein Vogelschutzgebiet, in dem sich zwar allerhand Vögel tummelten, die aber leider arg weit entfernt waren. Da half auch das Fernglas nur beschränkt, an das wir immerhin gedacht hatten, und wir mussten uns damit begnügen, die urigen Zottelrinder zu beobachten, die sich an und in einem kleineren, dem Binnensee vorgelagerten Tümpel suhlten.


Nur Rinder dürfen die Vögel im Schutzgebiet aus der ersten Reihe bestaunen.


Was fliegt denn da?




Weil es auf der Landseite des Damms brütend heiß geworden war, wechselten wir sobald wie möglich wieder an den Strand mit seiner angenehm kühlen Brise. Allerdings stellten wir fest, dass hier je weiter wir nach (Süd-)Osten kamen, desto weniger Badebekleidung getragen wurde. Den FKKlern war es vermutlich gleich, dass wir an ihnen vorbeispazierten, doch ich fand die Situation trotzdem eher unbehaglich. So nahmen wir auf dem Rückweg über weite Strecken die landseitige Alternative, was ein paar willkommene Wolken dann auch gleich viel angenehmer machten.
 
Zurück am Auto packten wir unsere Rucksäcke für die Fähre, mittlerweile war es schon kurz nach 16 Uhr und daher höchste Zeit, sich auf den Weg zum Kieler Hafen zu machen. Ab 17 Uhr sollte man aufs Schiff rollen dürfen, mindestens eine halbe Stunde Fahrt sollte es sein und wir wollten unterwegs noch ein paar Sachen einkaufen, ehe wir ins teure Schweden reisten.
 
Letztlich klappte alles wie am Schnürchen und hatten wir kurz vor halb sechs unser Auto auf der Fähre geparkt. – Was für ein Unterschied zu dem Theater und Geschrei, das letztes Jahr rund um die Fährfahrt nach Sizilien (und vor allem zurück …) geherrscht hatte! Hier gab es genau einen Kontrollposten, an dem lediglich unsere Ausweise gezeigt werden mussten, woraufhin wir auch gleich unsere Schlüsselkarten für die Kabine bekamen. 


Kiel - Schwedenkai


So hatten wir innerhalb von höchstens 10 Minuten nach Erreichen des Hafens schon unsere Kabine bezogen und kurz nach 18 Uhr saßen wir im Buffet-Restaurant beim Abendessen, das wir gleich mitgebucht hatten. Das dreigängige Essen war dann zwar nicht wirklich überwältigend, aber mehr als genug, und (billigen) Wein (aus dem Getränkeautomat) gab es auch ohne Begrenzung … 
Anschließend spazierten wir noch eine Runde über die Außendecks und den Rest des Abends genossen wir in den bequemen Sesseln unserer Luxuskabine.


Die Kabine, noch im Kieler Hafen
 

Abschied von Deutschland und dem Sommer ...


Die Fähre der schwedischen Fährgesellschaft „Stena Line“ schien alles andere als überfüllt zu sein, und während anfangs noch recht viele Passagiere mit Maske zu sehen waren, ließ der Elan mit der Zeit doch ziemlich nach. So waren wir gespannt, was uns in der Hinsicht in Schweden erwartete, wo es ja nach wie vor keine Pflicht gab, Mund-Nasenschutz zu tragen.

Die folgende Nacht war dann wirklich sehr entspannt und die Überfahrt insgesamt völlig ruhig und unspektakulär: kaum Wind, keine Wellen und die Fähre schwankte nicht ein einziges Mal auch nur ansatzweise. Tatsächlich merkte man kaum, dass man auf einem Schiff übers Meer unterwegs war.



Von Göteborg nach Mittelschweden




Ankunft in Göteborg



Mittwoch, 16. 9.

 
Schon an unserem allerersten Tag kamen wir, was das Wetter betraf, so richtig in Schweden an: Morgens bei der Ankunft in Göteborg war es noch recht heiter, nahezu windstill und überraschend warm. Je mehr wir uns aber unserem ersten Ziel, dem Tiveden Nationalpark, näherten, desto dunklere Wolken türmten sich auf. Und als wir nach 3½ Stunden fast da waren, klatschten die ersten Tropfen auf die Windschutzscheibe, die dann bald in ergiebigen Landregen übergingen … 

Gut, aber wir wollten ja sowieso erst noch vespern, zu welchem Zweck wir uns dann eben in den nicht aufgeklappten Campingaufbau setzten, während der Regen aufs Dach plätscherte. 

Der Parkplatz am Haupteingang des Parks war überraschend voll für einen Wochentag außerhalb der Hauptreisezeit. Deutsche Urlauber stellten einen nicht unbedeutenden Anteil, doch auch viele schwedische Kennzeichen waren zu entdecken. Einige Wanderer kamen jetzt angerannt und beendeten ihre Tour wegen des heftigen Regenschauers wohl schneller als geplant.  

Bald ließ der Regen zum Glück merklich nach und so konnten wir unsere erste Wanderung in Schweden bei nur noch leichtem Niesel in Angriff nehmen. Nach gar nicht allzu langer Zeit kam dann sogar die Sonne wieder öfter zum Vorschein, so dass wir nach und nach Jacken und Pullis ausziehen konnten, zumal die Runde durch den Nationalpark, die wir uns ausgesucht hatten, viele zwar kurze, aber dennoch schweißtreibende Aufstiege bereit hielt. Unzählige Granithügel wollten erklommen werden und dazwischen ging es wieder und wieder in Tälchen hinab oder zum einen oder anderen See. 


Moose und Flechten auf Granit


Schließlich erreichten wir einen prominenten Granitbuckel, den man schon fast erklettern musste, allerdings, wie schon an mehreren anderen Stellen, zuletzt entschärft durch eine Treppe, und der den Namen „Trollkyrkan“ (Trollkirche) verpasst bekommen hatte. 


Auf dem Trollkyrkan


Hier wollten wir rasten, doch so richtig gemütlich wurde es nicht, denn dort oben blies ein eisig kalter Wind und die Sonne versteckte sich gerade da wieder häufiger. Zudem war die Aussicht, wie auf fast allen „Gipfeln“ dieser Runde, leider auch hier so ziemlich mit Bäumen verstellt. So machten wir uns bald an den Abstieg und auf den Rückweg entlang des „Trollkyrkesjön“, dem See am Fuß der „Trollkirche“, der ebenfalls windumtost und schon ganz aufgepeitscht war. Später dann schwenkte unser Weg Richtung „Metesjön“, der ganz im Gegensatz dazu fast spiegelglatt dalag und an dessen Ufer es angenehm warm war – solange die Sonne schien … 


Am Metesjön


Kurz vor fünf war es schon, als wir den Parkplatz wieder erreichten, der sich in der Zwischenzeit nahezu komplett geleert hatte. Wir machten uns dann auch bald auf den Weg zum Tiveden-Campingplatz am Unden-See, eigentlich in der Absicht, unterwegs noch essen zu gehen. Doch daraus wurde leider nichts, denn das „Restaurant“ im Dörfchen Tived entpuppte sich als Imbiss mit Tischen und Stühlen im Freien und war – wenig überraschend – geschlossen … 

So rollten wir unverrichteter Dinge zum Campingplatz weiter, wo wir erst einen Platz aussuchen und dann an der Rezeption die Nummer desselben durchgeben mussten, ehe wir uns häuslich niederlassen durften. Wir wählten ein „Grundstück“ direkt am See, wo zunächst noch die Sonne aufs Auto schien und ein wenig wärmte.


Seegrundstück am Unden


Nachdem die Restaurantsuche erfolglos geblieben war, mussten wir uns abends erstmals selbst verköstigen: Günter kochte Tortellini mit Tomaten, Möhren und Speck in Brühe, und etwas Käse zum Garnieren war auch noch da – im Rahmen des Möglichen ein echt prima Abendessen und satt sind wir auch gut geworden. 


Nur nichts anbrennen lassen ...


Nach dem Spülen saßen wir noch ein Weilchen im Auto und hofften auf eine weitere ruhige Nacht. Ob die kleine Party-Runde an der nahen Feuerstelle sich in absehbarer Zeit auflösen würde, blieb abzuwarten, doch da auch ein paar Kinder mit von der Partie waren und es mit der Zeit recht frisch zu werden versprach, standen unsere Chancen nicht schlecht.


Erster Sonnenuntergang in Schweden


Auf diesem sehr weitläufigen und gut organisierten Platz, war man, was die Corona-Maßnahmen angeht (zumindest damals in meinen Augen), schon fast übervorsichtig: Im geräumigen Waschraum mit 4 Duschen, 4 Waschbecken und 5 oder 6 Toiletten durften sich nur maximal 3 Personen gleichzeitig aufhalten. Dank einer kreativen Lösung mit Anzeigetäfelchen aus Holz, die man umdrehen musste, wenn man in den Waschraum ging (und anschließend wieder zurück – nicht vergessen!), wusste man aber immerhin gleich Bescheid, ob man gerade eintreten durfte oder nicht. Und ganz abgesehen davon musste ich entgegen meinen anfänglichen Befürchtungen kein einziges Mal warten, weil sich der Andrang insgesamt sehr in Grenzen hielt.

Appelle, die Hygieneregeln ein und Abstand voneinander zu halten, Desinfektionsmittel-Spender und den oben beschriebenen ähnliche Maßnahmen auf Campingplätzen waren auch in Schweden diesen Herbst allgegenwärtig. Masken jedoch waren von dem Moment an, als wir in Göteborg von Bord gingen, während unseres gesamten Schwedenaufenthalts kein Thema mehr.


Donnerstag, 17. 9.


Auch diese Nacht wurde dann tatsächlich wunderbar ruhig, nachdem die Campfire-Runde schließlich – vielleicht so gegen 11, halb 12 – aufgegeben hatte. Schon vorher wurde der Lärm allerdings durch den Wind in den Bäumen gedämpft und störte kaum. Bei einem nächtlichen Ausflug ins Gebüsch konnten wir einen herrlichen sternenübersäten und klaren Himmel bewundern und zu diesem Zeitpunkt war es auch erstaunlich mild, da der Wind sich gelegt hatte. Gegen Morgen frischte der Nordwind dann aber wieder auf, so dass wir uns nur widerwillig und recht spät aus unserem Schlafsack schälten. Doch auf Sonne brauchten wir hier gar nicht erst zu warten, die würde sicher erst gegen Mittag bis zu unserem Platz vordringen. - Das war der Preis für die Abendsonne und den direkten Ausblick auf den romantischen Sonnenuntergang.
 
Eigentlich hatte ich mir das Duschen hier zunächst sparen wollen, doch jetzt packte ich doch die 5-Kronen-Münze ein, die sich zusammen mit einigen wenigen weiteren Münzen und einem Schein noch zuhause gefunden hatte. Zu meinem Leidwesen musste ich aber feststellen, dass die riesige Münze nicht in den Schlitz des Bezahlautomaten der Dusche passte. Letztlich wunderte ich mich aber nicht sonderlich, da das Geld ein Überbleibsel von unserer Radreise 1992 war, unserem letzten (und meinem bis dahin einzigen) Aufenthalt in Schweden. Später bestätigte man Günter an der Rezeption, dass das Geld ungültig geworden sei, nachdem vor etwa 4 Jahren neue Scheine und Münzen eingeführt worden waren. – Also gab es doch nur eine schnelle Katzenwäsche am Waschbecken für mich, solange ich allein im angenehm warmen Waschraum war.
 
Das Frühstück war anschließend eine eher frostige Angelegenheit hinten im Aufbau. Hätten wir mal lieber eher dran gedacht, dass wir dafür ja auch an eine sonnigere Stelle hätten umparken können. Der Großteil des Platzes, der nicht direkt am Seeufer lag, hatte den entscheidenden Vorteil, dass es hier Morgensonne gab, und sicher hätte niemand was dagegen gehabt, wenn wir uns noch für eine Stunde dort auf eine freie Parzelle gestellt hätten.

Nach Spülen, Zähneputzen und dergleichen packten wir unseren Kram zusammen und schließlich musste noch das Dach zugeklappt und festgezurrt werden.
 
Der schon im Frühjahr eigens für die Übernachtungen im Campingmobil angeschaffte Zwei-Personen-Deckenschlafsack blieb dabei wie schon an den vergangenen Tagen oben auf der Liegefläche, weil es uns zu mühsam erschien, das voluminöse Teil anderweitig zu verstauen. Das Dach schloss deshalb nur gerade so, was sich aber bisher beim Fahren als unproblematisch erwiesen hatte. 
 
Morgens hatten wir wieder strahlend blauen Himmel, aber vermutlich deutlich unter 10°C. Als wir kurz nach zehn wieder unterwegs waren, zeigte das Thermometer jedenfalls erst 11°C an und im Lauf des Tages pendelte es sich zwischen 14 und 16°C ein, was sich mit dem immer noch eiskalten Nordwind jedoch deutlich frischer anfühlte. - Den Sommer hatten wir also definitiv in Deutschland zurückgelassen ... 

Auch heute wollten wir erst ein Stück Strecke machen und dann am Nachmittag in einem Nationalpark wandern. So ging es zunächst über diverse Autobahnen und Schnellstraßen nach Osten Richtung Stockholm, später tendenziell wieder eher nach Norden Richtung Uppsala und schließlich Gävle. Etwa 50 km von letzterem entfernt im Landesinneren liegt der Färnebofjärden Nationalpark, der hier die Flusslandschaft des Dalälven schützt, eines frei fließenden Flusses, der noch regelmäßig seine Auen überflutet.


Der Dalälven ...


... im Färnebofjärden Nationalpark




Über mehrere Brücken erreichten wir den lediglich aus Parkplatz, Infotafel und Plumpsklo bestehenden Haupteingang des Parks, vesperten auf der Ladeklappe und machten uns dann auf die 7,8-km-Runde durch den Park. Zunächst gings am Fluss entlang, der an vielen Stellen eher einem See glich und nur gelegentlich ein paar kleinere Stufen hinabrauschte, zudem in so viele Arme gegliedert war, dass man unmöglich die Übersicht behalten konnte. Wie immer machten Fischotter, Biber und Konsorten sich rar, auch kein Elch zeigte sich später auf dem waldigen Abschnitt des Wegs und die Blaubeeren, die es hier in Unmengen gegeben haben musste, waren weitgehend abgeerntet. 


Wo ist hier der Elch?


Trotzdem eine nette, nicht allzu lange Runde, vor allem den zweiten Teil ab Gysinge zurück zum Eingang fand ich sehr abwechslungsreich. Hier zeigten sich an manchen Bäumen deutliche Biberspuren und den Weißkopfseeadler, der an einer Stelle „versprochen“ wurde, konnten wir immerhin im Vorbeifliegen bewundern, wenn’s für ein Foto auch leider zu schnell ging.

 
Es herbstelt im Gebüsch.


Definitiv keine Rollerstrecke ...


Alte Eiche im Färnebofjärden Nationalpark


Kurz nach vier waren wir wieder am Auto und beschlossen, jetzt gleich essen zu gehen. Im nur wenige Kilometer entfernten Österfärnebo sollte es eine Pizzeria geben, die zwar keine sonderlich guten Bewertungen bekam, aber in dieser Gegend offenbar zu dieser Jahreszeit „alternativlos“ war. 

Das Ganze stellte sich dann als Ein-Mann-Betrieb und hauptsächlichen Takeaway heraus. Ein paar Tische gab es aber doch, an denen wir unsere Pizzen plus Cola verzehren durften. Anfangs sorgte der durch das Wandern produzierte Kohldampf für Appetit, doch mit der Zeit und je mehr der Hunger nachließ, die Pizza durchweichte und abkühlte, drang dann doch durch, dass die Qualität nicht die beste war: Quattro Stagioni mit Dosenpilzen, pink gefärbtem Billigschinken, Shrimps, einer Artischockenhälfte und 3 Oliven; "Gorgonzola"-Pizza mit Stücken von (gut abgehangenem) Schweinebraten (?), frischen Tomaten und Paprikastreifen aus dem Glas, sowie praktisch rohen Zwiebelringen, und wenn überhaupt Gorgonzola darauf war, versteckte er sich jedenfalls gut … 

Anschließend schleppten wir unsere schweren Pizza-Bäuche nach nebenan in den ICA-Supermarkt, wo wir uns mit Lebensmitteln für die kommenden Tage eindeckten. Bald sollte für uns die Reise in eher abgelegene Gegenden gehen, weshalb wir schon mal für alle Selbstversorger-Eventualitäten gerüstet sein wollten. 

An diesem Abend steuerten wir aber noch einmal einen Campingplatz ganz in der Nähe an, nur fünf Minuten Fahrt entfernt, was für mich gerade viel zu kurz war. Nach dem Essen in dem eher kühlen und bis auf uns gähnend leeren Gastraum der „Pizzeria“ war ich ziemlich durchgefroren und hätte mich gern noch etwas länger im Auto aufgewärmt. Schon an der Abzweigung von der Hauptstraße fiel uns dann auf, dass das Hinweisschild durchgestrichen war und am Eingang des Platzes hing ein Zettel mit einem lapidaren „stängt“ (=geschlossen) und was mit Corona war noch hinzugefügt. – Da war nun guter Rat teuer, doch zum Glück entdeckte Günter im Internet bald einen anderen Platz, der in gut 20 Minuten (hurra, 20 min Aufwärmen!) zu erreichen war.

Der Hedesunda Camping lag auf einer Beinahe-Insel in einem weiteren seenartigen Ausläufer des Dalälven, war recht weitläufig und an diesem Abend gut besucht, aber nicht zu voll. Hier klappte es auch mit dem Duschen, was wieder mal 5 Kronen (für knappe 4 min) kostete. Diesmal hatte Günter die Münzen aber gleich beim Einchecken „mitgekauft“ und auch hier nochmal bestätigt bekommen, dass unsere Uralt-Kronen wertlos seien.


Freitag, 18. 9.


Nach halbwegs ruhiger, aber auch schon recht frischer Nacht, ließen wir es morgens eher langsam angehen. Zwar war ich um halb sieben schon mal kurz auf und wunderte mich, dass bei den Waschräumen bereits so viel los war, doch wir wälzten uns schließlich erst um halb neun aus dem Schlafsack.
 
Kühl war es um die Zeit aber immer noch und unser Auto stand leider im Schatten eines großen Baumes. Diesmal parkte Günter aber um und wir frühstückten noch ein letztes Mal draußen in der leidlich wärmenden Sonne. 


Knapp in der Sonne ...


Bis anschließend alles erledigt und gepackt war und Günter noch geduscht hatte, war es dann schon dreiviertel elf und höchste Zeit loszukommen. Die Fahrt zu unserem nächsten Ziel, dem Fulufjäll Nationalpark, sollte nämlich insgesamt fast 5 Stunden dauern und eine kurze Wanderung hatten wir im Anschluss auch noch geplant.
 
Bis zu unserem Zwischenziel, dem Städtchen Mora, in dem wir ein Restaurant fürs Mittagessen zu finden hofften, waren es allein schon mehr als 2 ½ Stunden. Nach recht eintöniger Fahrt, bei der sich Wälder, Seen, Felder, Seen, Wälder, … aneinanderreihten, liefen wir tatsächlich gegen 13.30 Uhr dort ein. Die Ortschaft liegt selbst an einem riesigen See, dem Siljan, der durch einen Meteoriteneinschlag vor 360 Mio. Jahren entstanden sein soll.


Siljan-See


Ein Parkplatz am Rand des Zentrums war schnell gefunden und wir begaben uns schnurstracks zum Restaurant „Käk & Plock“ in der Fußgängerzone. Bestellt und gezahlt musste hier an der Theke werden, die Getränke bekam man gleich mit, das Essen – zwei doppelte Cheeseburger mit French Fries (wieder nichts wirklich Gesundes, aber lecker …) – wurde dagegen an den Tisch gebracht. Wir setzten uns raus, denn gerade war es sonnig, beinahe windstill und mit 21°C rekordverdächtig warm! Nach dem Essen rollten wir auf dem Weg zum Auto noch bei einem Bankautomaten vorbei, um endlich „echtes“ schwedisches Geld zu bekommen. Leider spuckte der Automat nur 500-Kronen-Scheine aus, die uns ohne Wechselmöglichkeit auch nur bedingt weiterhelfen würden.


Mittagessen in Mora


Gegen 17 Uhr kamen wir schließlich am Eingang des Fulufjäll Nationalparks an, dessen riesiger Parkplatz so spät am Nachmittag noch überraschend voll war. Die Anfahrt war zuletzt recht einsam gewesen, weshalb wir überhaupt nicht mit diesem Andrang gerechnet hatten. 

Die knapp 4 km lange Runde zum Njupeskär, dem höchsten Wasserfall Schwedens, absolvierten zwar mit uns zusammen nur noch wenige andere Wanderer, doch als wir zum Auto zurückkehrten, kamen uns erstaunlich viele Leute (unter anderen eine Familie mit zwei noch recht kleinen, vielleicht vier- und fünfjährigen Kindern) mit Riesenrucksäcken entgegen. Offensichtlich wollten all diese Menschen in einer Hütte, im Zelt oder in der Jugendherberge, die es im Park wohl gab, übernachten. 

Da durfte man gespannt sein, wie voll es am nächsten Tag werden würde, für den auch wir eine ausgedehnte Runde über das Fjäll planten. Immerhin war Wochenende und halbwegs gutes Wetter angekündigt, so würden sicher noch jede Menge Tagesausflügler dazukommen. Blieb nur zu hoffen, dass sich die Massen im Fjäll irgendwann verloren.


Es wird bunt.




Njupeskär-Wasserfall


An diesem Abend standen wir dann zum ersten Mal in Schweden mit unserem Campingmobil allein in der Pampa an einem Fluss am Rand des Nationalparks, dem Fulan oder Fuluälven, an dem zu nächtigen aber offiziell erlaubt war. Nach der netten kleinen Wanderung hatten wir zunächst den Campingplatz bei Morteret angesteuert. Hier hätte man, wären wir denn geblieben, 50 Kronen pro Nacht in einen Umschlag stecken und in eine Box einwerfen müssen. Abgesehen davon, dass wir das Geld nicht passend gehabt hätten, war es uns dort sowieso zu voll und die vorhandenen „Annehmlichkeiten“ jenseits des Stellplatzes erwiesen sich auch als eher übersichtlich: ein Toilettenhäuschen mit 2 Plumpsklos. 

Trotz der bereits drohenden Dämmerung beschlossen wir daher, es am Fluss zu versuchen, und fanden auch relativ schnell ein passendes freies Plätzchen, das eine schön ruhige, aber voraussichtlich auch ganz schön kalte Nacht versprach.


Idyllischer Übernachtungsplatz am Fulufjäll



Samstag, 19. 9.


Der folgende Samstag war dann leider ganz und gar nicht mein Tag.
 
Das hatte schon nachts angefangen, als es mit der Zeit echt schweinekalt wurde (morgens bei der Abfahrt -1°C laut Auto-Thermometer, so dürfte es in der Nacht schon noch ein paar Grad mehr unter dem Gefrierpunkt gehabt haben). Abends war der Himmel ja noch bedeckt gewesen, doch dann klarte es schnell zu einem tollen Sternenhimmel auf. Als wir nachts beide mal raus mussten, hätten wir ihn gerne ausgiebig bewundert, doch die Kälte trieb uns schnell zurück in die Schlafsäcke. 

Wir hatten uns schon beim Zubettgehen für unsere getrennten (Sommer-) Daunenschlafsäcke entschieden, die wir in weiser Voraussicht von zuhause mitgenommen hatten. Günter hatte gleich zusätzlich den Doppelschlafsack über sich gebreitet, während ich anfangs noch dachte, mein deutlich neueres und dickeres Exemplar reiche sicher aus. Bis zu besagtem Ausflug ins Gebüsch war es auch einigermaßen gegangen, die Füße hatten zwar ewig gebraucht zum Warmwerden, aber sie waren dann schließlich wenigstens warm gewesen. Anschließend jedoch konnte ich mich drehen und wenden und machen, was und wie ich wollte – nichts half. In der Stockdunkelheit schaffte ich es irgendwie auch nicht, ausreichend viel von dem Deckenschlafsack auf meine Seite zu ziehen, der ja theoretisch für uns beide ausreichend groß gewesen wäre.

Kurz gesagt: ich fror und wälzte mich und verbrachte eine nahezu schlaflose Nacht mit frösteln und kalte Füße reiben – und das auch noch völlig unnötigerweise, da Günter offenbar unter der zusätzlichen Doppeldecke schon fast geschwitzt hatte … So war ich morgens nicht nur übermüdet, sondern hatte dazu noch absolut miese Laune. 

Dabei hätte der Tag so schön werden können: Von früh bis spät lachte die Sonne vom nahezu ungetrübten Himmel, auch wenn es im Fjäll nie sonderlich warm wurde, da noch immer der gleiche kalte Wind wehte wie schon die ganzen letzten Tage. Wie erwartet waren jede Menge Schweden, aber auch Angehörige anderer Nationalitäten (darunter einige Deutsche und mindestens ein weiterer waschechter Schwabe) an diesem sonnigen Samstag ausgeschwärmt und durchstreiften die heideartige Fjäll-Landschaft. 






Auch viele Gruppen und Grüppchen mit schwerem Übernachtungsgepäck waren wieder darunter. (Die ganze Szenerie erinnerte mich irgendwie and die Episode der Kinderbuchreihe „Pettersson und Findus“, in der Findus die Wanderausrüstung auf dem Dachboden entdeckt und Pettersson erklärt, was es bedeutet, im Fjäll zu wandern …) 

Nachdem jenseits des Wasserfalls, der leider auch am späten Vormittag schon wieder im Schatten lag, etwa 200 Höhenmeter überwunden waren, ging es den ganzen Tag über die recht gleichförmige Hochebene dahin, nur gelegentlich aufgelockert durch flache Hügel und den einen oder anderen See.


Njupeskär
 

Blick übers Fjäll, die Berge am Horizont liegen schon in Norwegen.


Insgesamt war das herbstliche Fjäll schon sehr sehenswert mit den vielen leuchtend bunt gefärbten Sträuchern und Bodendeckern, die einen tollen Kontrast zu den immergrünen Moosen, den verschiedenfarbigen Flechten, den Kiefern und Fichten und dem tiefblauen Himmel bildeten. Nur konnte ich es in meinem angematschten Zustand leider nicht so recht würdigen …


Fjäll. Toll ...


Gut fünf Stunden trotteten wir über das Fjäll, zuerst zu der Stelle, an der der Wasserfall von der Hochebene in die Tiefe rauschte, nur um festzustellen, dass man von oben nirgends so richtig einen Blick auf ihn werfen konnte, jedenfalls nicht, ohne die ganzen Warnschilder an der Abbruchkante massiv zu missachten. 


Der Bach, der wenig später am Njupeskär in die Tiefe stürzt.


Ein Abstecher führte zu einem uralten Fichtenbaum (Old Tjikko), dessen Wurzelstock 9000 Jahre alt sein soll. Das aktuell darauf sprießende Bäumchen bringt es allerdings auch schon auf ein paar hundert Jahre. Da es gerade kurz nach Mittag war und es windgeschützte Plätze gab, lagerten hier jede Menge Wanderer und vertilgten ihre Brotzeit. 


Old Tjikko - das Bäumchen in der Bildmitte wächst auf 9000 Jahre alten Wurzeln.


Wir jedoch hatten da noch nicht lange eine Trink- und Schokoriegelpause oberhalb vom Wasserfall gemacht und verschoben das Vesper daher auf später. Es wurde dann allerdings sehr viel später (jedenfalls gefühlt) bis wir wieder einen windgeschützten Platz unter einer der vielen niedrigen, strauchartigen Birken fanden, die nicht zu weit vom Weg entfernt stand, so dass wir (hoffentlich!) nicht allzu viel Schaden an der bodennahen Vegetation anrichteten. Anschließend ging’s auf dem Rückweg an mehreren Seen vorbei zurück zur Abbruchkante und schließlich wieder hinab zum Parkeingang.
 
Unser Auto stand noch unversehrt mit aufgestelltem Dach auf dem Parkplatz, so wie wir es fünf Stunden zuvor zurückgelassen hatten. Wir hatten ja schon hier oben gefrühstückt, da wir unten am Bach, noch lange auf die Sonne hätten warten können. Bei den mäßigen Temperaturen, die den ganzen Tag geherrscht hatten, war auch die Dachbespannung geblieben, wo sie sollte. Im Übrigen waren wir hier in bester Gesellschaft mit unserem Campingmobil und schon morgens hatten wir festgestellt, dass längst nicht alle sich an das Verbot, auf dem Parkplatz zu übernachten, gehalten hatten. 

So zogen wir denn unsere Wanderstiefel aus, klappten das Dach zu und machten uns auf den Weg zum Lofsdalsfjällen Camping, irgendwo auf halber Strecke zwischen diesem und dem nächsten Nationalpark. Die Fahrt verschlief ich nahezu komplett und jedes Mal, wenn ich wieder aufwachte, hatte ich den Eindruck, dass wir gar nicht vom Fleck gekommen waren, da die Wälder und Seen entlang der Straße praktisch immer gleich aussahen … 

Gegenüber vom Campingplatz, der auch wieder recht hübsch an einem See lag, gab es zum Glück ein Restaurant, das „Restaurang Trapper Saloon“, das wir bald nach unserer Ankunft ansteuerten. Wie die beiden Typen vor uns, bestellten wir von einer recht übersichtlichen Karte an der Bar Fish and Chips bzw. Hamburger, Cola und Bier. Erst als wir schon saßen fiel uns auf, dass manche Gäste am Tisch von einer deutlich umfangreicheren Karte bestellten … Vermutlich waren wir einen Tick zu früh gekommen (vor 18 Uhr) oder aber wir hätten uns einfach setzen sollen. Aber egal, das Essen war ok, wenn auch mal wieder weitgehend gemüselos. Bei meinem Fisch war lediglich ein Mini-Döschen mit pürierten, quasi ungewürzten Erbsen dabei, bei Günter ein ebensolches mit Krautsalat. 

Nach dem Essen gönnte ich mir dann noch eine lange, heiße Dusche, sogar mit Haarewaschen, die hier endlich mal wieder ohne lästiges Hantieren mit irgendwelchen Münzen zu haben war. Erst hatte ich noch gezweifelt, ob es ratsam sei, jetzt am Abend mit nassen Haaren im Auto zu sitzen – Fön gab es hier keinen und das Auto kühlte mit der Zeit natürlich zunehmend aus. Doch letztlich habe ich es nicht bereut, weil es mir anschließend viel wärmer war und ich mich insgesamt wieder wesentlich besser fühlte.

Die folgende Nacht wurde zwar wieder ziemlich kalt und bald war unser Dach über dem Kopf von innen mit Eisblumen überzogen. Doch diesmal hatten wir den Doppelschlafsack in zwei Einzeldecken geteilt, die jeder von uns nach Bedarf über sich ausbreiten konnte. Mit warmen Socken und einem zusätzlichen Pulli wurde mir dann auch schnell warm im Schlafsack und ich schlief in dieser Nacht wie ein Murmeltier.


Ausgeschlafen, mit der Welt versöhnt und bereit zu neuen Taten.


Fortsetzung folgt unter diesem Link.