Freitag, 14. Januar 2022

Nordspanien 2021 - Teil II

Text: Eva Irmler  
Fotos: Günter Schmidt




Wüste und Berge



Die Nacht am Fuß des Castillo de Loarre war dann doch recht unruhig, diesmal wohl aber für Günter noch deutlich mehr als für mich. War es nachmittags und abends schon recht windig gewesen, frischte die „Brise“ in der Nacht noch einmal gewaltig auf und malträtierte unsere Plane mit Böen in Sturmstärke. Anfangs machte ich mir dauernd Sorgen, ob die Konstruktion dem allem Stand halten würde und schreckte jedes Mal auf, wenn eine besonders heftige Böe unsere ganze rollende Behausung mal wieder zum Schaukeln brachte. Apropos rollend: zum zweiten Mal überhaupt in unserer Camper-Karriere hatten wir uns diesmal genötigt gesehen, zwei Räder unseres Gefährts mit Keilen zu unterlegen, um nicht mit dem Kopf bergab schlafen zu müssen, was vielleicht die Schaukelanfälligkeit noch erhöhte.


Sieht idyllisch aus,
doch der eiskalte Wind ließ uns bald darauf ins warme Auto flüchten.
 

Mit der Zeit gewann bei mir die Müdigkeit dann doch die Oberhand, nachdem ich nach Tagen endlich mal wieder besser und entspannter liegen konnte, während Günter die Sorge um die Stabilität unserer Behausung stärker umgetrieben und um den Schlaf gebracht zu haben scheint.

Letztlich ging aber alles gut und für mich äußerst erfreulich: Im Lauf dieser Nacht trat bei meinem Rücken eine weitere spürbare Besserung ein, so dass ich mich ab dem folgenden Morgen wieder nahezu normal und, abgesehen von einzelnen, sehr speziellen Bewegungen, schmerzfrei bewegen konnte – was für eine Erleichterung! Nun blieb nur zu hoffen, dass der Trend anhalten würde und ich mir nicht durch unbedachte Bewegungen oder gleich wieder zu viel machen und können wollen einen Rückfall einhandelte.

Morgens um 6 war es hier in Spanien um diese Jahreszeit noch stockfinstere Nacht, erst gegen 7 wurde es so langsam hell und so wurde es auch heute wieder 8 Uhr bis wir uns aus unseren Schlafsäcken schälten. Zu meiner Freude war der Sanitärblock wohlig warm beheizt und so war das Duschen ein recht unbeschwertes Vergnügen. 

Unser Ziel waren an diesem Tag (Montag, 20. 9.) zunächst mal die Bardenas Reales von Navarra, eine Wüstenlandschaft, die teilweise zum Naturpark und Biosphärenreservat erklärt worden war. Nur teilweise, weil der andere Teil militärisches Sperrgebiet blieb und noch immer zum Bombenabwurftraining der spanischen Luftwaffe herhalten muss. Tatsächlich sollte just in dieser Woche noch ein solches Training stattfinden und überflogen die Kampfjets, während wir uns in der Gegend aufhielten, schon mal probeweise das „Zielgebiet“ – sicher über eine Stunde hinweg im Abstand von wenigen Minuten – und verbreiteten einen höllischen Lärm. 

Die Wüste mit ihren verschiedenfarbig gestreiften Lehmhügeln, die durch eine oder mehrere schützende Sand- oder Kalksteinschichten partiell vor der Erosion bewahrt werden und dadurch teils bizarre Formen angenommen haben, war durchaus sehenswert. Doch wieder einmal hätten wir nicht damit gerechnet, dass an einem Montag außerhalb der Hauptsaison, so viele Besucher hierher finden und ganze Reisebusse von einem Highlight zum anderen rollen würden, von den unzähligen Wohnmobilen und PKWs ganz zu schweigen. 


Bardenas Reales de Navarra


Kolonnenverkehr in der Wüste


Anfangs hatten wir einen Hintereingang zum Naturpark genommen, an dem es zwar kein explizites Verbot gab, von wo wir aber später auf einen exklusiv für Radler ausgewiesenen Weg gerieten, auf dem uns auch prompt einige (E-)Biker sowie ein paar Wanderer begegneten. Bald stießen wir dann aber auf die normale, für den Autoverkehr vorgesehene Route durch den Park und reihten uns wohl oder übel in den Touristenstrom ein.
 
Für unsere Mittagsbrotzeit entdeckten wir etwas abseits von der Straße eine vermutlich private Hütte, die offensichtlich momentan unbewohnt war, aber durchaus noch in Schuss gehalten wirkte. Hier saßen wir angenehm windgeschützt auf einer Europalette vor dem Eingang in der Sonne und mit der Zeit wurde es sogar richtig heiß.


Der Max und im Hintergrund "unsere" Brotzeithütte

 
Nachdem wir das Militärgelände passiert hatten, erreichten wir einen Tafelberg, auf den eine teilweise eingestürzte Treppe führte, die man aber immerhin noch auf eigene Gefahr benutzen durfte. Von dort oben erschlossen sich erst so richtig die Dimensionen dieser Wüste, von der nur ein kleiner Teil überhaupt zugänglich ist. 


Blick aufs Bombenabwurf-Übungsgelände
(links der Straße im Bereich des Tafelbergs)


Weites Wüstenland




Bei einer besonders markanten nadel- oder fingerförmigen Lehmformation, Castil de Tierra genannt, konnte man in einen flachen Barranco, also eine Schlucht, hinabsteigen und so nahmen wir den kurzen, steilen Pfad dorthinab und spazierten ein Stück weit zwischen den bröckelnden Lehmwänden des trockenen Bachbetts entlang. 


Im Barranco beim Castil de Tierra


Eigentlich hatten wir ja gehofft, irgendwo in der Wüste wild übernachten zu können, aber im Park ist dies – wenig überraschend – nun wirklich strengstens verboten und außerhalb begann dann doch sehr schnell wieder die „Zivilisation“, sprich: war alles zugebaut.


Und schon geht's wieder weiter Richtung Berge.


So entschlossen wir uns, gleich unser nächstes Ziel anzusteuern, was allerdings fast noch einmal zwei Stunden Fahrt bedeutete, bei denen mir ständig die Augen zufielen. Leider versäumten wir es, rechtzeitig in Soria, der letzten größeren Stadt, die wir passierten, zu tanken, und in der abgelegenen Gegend um die Laguna Negra, wo wir auf dem „Camping Cobijo“ übernachteten, gab es dann keine Möglichkeit mehr. So konnten wir nur hoffen, dass der Diesel noch reichen würde, obwohl es anderntags erst noch etwa 15 Kilometer bis zum Ausgangspunkt der geplanten Wanderung und anschließend bestimmt noch einmal gut 30 km bis zur nächsten Tankstelle am Weiterweg sein würden.
 
Weil wir morgens ja noch gedacht hatten, dass wir eventuell wild übernachten würden, waren wir groß einkaufen gewesen und von daher gut versorgt. Jetzt zogen wir es aber doch vor, im Dörfchen Vinuesa nach einem Restaurant zu suchen, denn hier auf über 1000 m Höhe war es am frühen Abend schon wieder ziemlich kühl. Leider mussten wir feststellen, dass dies um diese Zeit ein nahezu hoffnungsloses Unterfangen war, da es praktisch überall erst wieder ab 20.30 Uhr Essen gab. 

Als einzige Notlösung blieb schließlich ein kleines Lokal im Dorfzentrum, das „Mesón Eguren“, das durchgehend geöffnet hatte. Abgesehen davon, dass wir satt wurden, ließ sich zum Essen dort dann allerdings wenig Positives sagen. Na gut, der Kellner war sehr freundlich und bemüht, es war warm und trocken, während sich draußen zum eisigen Wind noch Nieselregen gesellt hatte, und das Essen kam ziemlich schnell auf den Tisch. Da wir nur je eine Vor- und Hauptspeise bestellt hatten, teilten wir uns die Croquettas de boletus (Kroketten mit Steinpilzcremefüllung) und das Churrasco (irgendein Fleisch, das beim Braten Schuhsohlenkonsistenz angenommen hatte) mit Pommes und drei Streifen grüner Paprika. Um das Ganze irgendwie abzurunden, bestellten wir noch eine Portion Flan de Queso, der sich als ganz normaler, vermutlich fertig gekaufter Flan herausstellte, der auf einen Teller gestürzt und mit Schokoladensauce dekoriert war. - Bei einem Abendessen für zwei Personen, das inklusive Getränke und Nachtisch unter 30 € kostete, kann man aber natürlich vernünftigerweise auch nicht viel mehr erwarten.

Es folgte eine ruhige, erholsame Nacht im warmen Schlafsack, während der sich der Wind im dichten Kiefernwald des Campingplatzes lediglich durch das Rauschen in den Baumkronen bemerkbar machte. Auch mein Rücken ließ mich halbwegs in Ruhe, weshalb ich zuversichtlich war, die für anderntags geplante Wanderung mit Rucksack und allem Drum und Dran bewältigen zu können.
 
Nach dieser Nacht also, einer warmen Dusche (die mal wieder unangenehm langen Vorlauf benötigte), Frühstück, Zusammenpacken und Zahlen (19 €) machten wir uns gegen 10 Uhr auf den Weg zur Laguna Negra. Hier erlebten wir mal wieder das Phänomen, dass wir auf der ganzen Anfahrt keine Menschenseele zu Gesicht bekamen, dann aber am Parkplatz erstaunt feststellten, dass doch wohl jede Menge Leute unmittelbar vor uns hier eingetroffen waren. Mit uns pilgerten dann auch sicher 10 oder 15 andere zur Lagune hinauf, die leider schon unter dichten Wolken lag. 


An der grünen Laguna Negra


Unten beim Campingplatz hatte noch die Sonne geschienen, wenn es auch windig und entsprechend kühl war. Hier oben wurde jedoch nur allzu bald klar, dass uns zum erwarteten Sturm (die Wolken sprachen eine deutliche Sprache) am Berg zusätzlich noch keinerlei Sicht vergönnt sein würde, denn dieser verbarg sich unter einer dicken Wolkenhaube. Bei der Anfahrt war die Temperaturanzeige im Isuzu sukzessive auf 8°C gesunken, von daher war auch klar, dass auf unserem Berg, dem Urbión (2228 m), mit Temperaturen zu rechnen war, die wir eher in Schweden oder in den Alpen in entsprechender Höhenlage erwartet hätten. Auch darauf, dass wir später an den Picos de Europa, den höchsten Gipfeln des Kantabrischen Gebirges, mit eher frischen Temperaturen konfrontiert sein würden, waren wir natürlich eingestellt. Von daher kam die "Kälte" hier nun zwar etwas überraschend, aber es fehlte uns nicht an der passenden Ausrüstung.


Bei "Schwedenwetter" ...
 

Nach dem ersten Steilaufschwung zum oberen Rand der Felsklippen, die die Lagune auf einer Seite begrenzen, trafen wir auf einen jungen Spanier, der schon von oben kam und uns, sowie einem spanischen Paar, das unmittelbar nach uns das Plateau erreichte, dringend davon abriet, den Pico de Urbión zu besteigen – zu viel Wind, keine Sicht, nass sei es teils auch. Trotzdem schlugen wir genauso wie die anderen beiden den Weg zum Berg ein, wir wollten einfach mal sehen, was machbar wäre. Und wie sich mit der Zeit herausstellte, war es zwar schon recht garstig dort oben, vor allem wenn es gerade keinen Windschatten gab, aber alles in allem nicht weiter tragisch. – Da hatten wir im Lauf der Jahre schon weitaus länger weitaus Schlimmeres ausgehalten. Die Tour war ja zudem übersichtlich lang mit ihren gerade mal gut 500 Hm und ca. 10 km. Schade nur, dass man am Gipfel buchstäblich rein gar nichts sah. Dabei ist der Urbión für seine tolle Fernsicht bekannt – bei klaren Bedingungen angeblich sogar bis zum (sicher noch 150 km Luftlinie entfernten) Atlantik …


... geht es vorbei an der Laguna Larga ...


... auf den Gipfel des Urbión  (2228 m).

 
Der Weg hinauf und auch unser alternativer Abstieg über die Laguna Helada waren so gut markiert, dass man sich auch bei noch dichterer Suppe kaum hätte verlaufen können. Aber klar, schon die Ausmaße der beiden Parkplätze, die getrennte Straßenführung für An- und Abfahrt, sowie die ebenfalls getrennten Wege für Hin- und Rückweg zur Laguna Negra sprachen ebenso Bände wie die vielen, vielen Steinmännchen am Wegesrand bis hinauf zum Gipfel: Hier strömen bei gutem Wetter die Menschen ganz offenbar massenhaft an und auf den Berg, darunter sicher viele, die sonst eher selten wandern gehen, weshalb sorgfältiges Markieren und Beschildern natürlich wichtig ist.
 
Selbst an einem Tag mit eher miesem Wetter, wie wir ihn erwischt hatten, waren überraschend viele an der Lagune und darüber hinaus unterwegs. Richtung Berg dünnte es dann aber merklich aus, auch das spanische Pärchen, das bis dahin immer fast gleichauf mit uns geblieben war, überlegte es sich offenbar vor einer Hangquerung anders, vor der ein Hinweisschild extra nochmal Vorsicht gebot. Die nagelfluhartigen Konglomerat-Felsen waren aber meinem Empfinden nach deutlich unkomplizierter zu begehen als beispielsweise Kalk in ähnlichen Bedingungen. Und wir steckten ja zwar in den Wolken, aber die Felsen waren trotzdem in der Regel trocken (vom Wind geföhnt ...). Am eigentlichen Gipfelanstieg begegneten uns dann nur noch wenige, ein einzelner älterer Mann, als wir uns gerade vor dem letzten Anstieg mit einem Schokoriegel stärkten, fünf spanische Soldaten und ein Paar, das wir unmittelbar vor dem Gipfel trafen. Am höchsten Punkt verweilten wir bei dem Wetter natürlich nur für ein paar Fotos, dann machten wir uns schleunigst wieder an den nicht minder garstigen Abstieg, bei dem uns noch lange heftiger Seitenwind quälte. 


Beim Abstieg wird's nur ganz allmählich angenehmer.


An der Laguna Helada gab es dann ein paar lichte, sogar sonnige Momente und war es hinreichend geschützt, dass wir eine Rast einlegen und etwas essen konnten. Zum Vesper hatte uns das Brot gefehlt und außerdem hofften wir auf ein spätes Mittagessen im Tal, daher gab es nur Müsliriegel und gesalzene Cashews. Anschließend war der Parkplatz bald wieder erreicht. Jetzt im Herbst konnten wir gerade mal 100 m von der Laguna Negra entfernt umsonst parken. Während der Saison wäre wohl 200 Hm und 2 km weiter unten Schluss gewesen und wären noch dazu 4 € Gebühr fällig gewesen. 


An der Laguna Helada - ein Schönwetterfenster zur rechten Zeit


 Ein stolzer spanischer Stier, der sich vom vielen bunten Tuch,
 das die Wanderer vorbeitrugen, nicht aus der Ruhe bringen ließ.


Zurück an der noch immer nicht schwarzen Laguna Negra


Zurück in Vinuesa fragte Günter direkt am großen Parkplatz am Ortseingang beim „Hostal Visontium“, ob wir jetzt, nach 15 Uhr, noch was zu essen bekämen. Das war kein Problem, nur leider konnte der Kellner nur spanisch nuscheln (hinter seiner Maske) und es gab keine Karte, weshalb wir unser Essen anhand dessen auswählen mussten, was an den Nachbartischen serviert worden war. Günter nahm das gut gekochte Schweinegulasch in brauner Soße mit Pommes, ich warme Artischockenherzen mit Speckwürfeln und wir machten wieder halbe-halbe, so dass jeder Fleisch, Gemüse und Beilage hatte. Wobei die Pommes schon für einen kaum gereicht hätten und deshalb auch noch der letzte Krümel Brot verspeist wurde. Das Ganze mit zwei Colas und zwei Espressos für 23.50 € … 

Halbwegs gesättigt ging’s dann weiter zur nächsten Tankstelle, wo auch noch der Max mit seinem (deutlich teureren) „Futter“ zufriedengestellt wurde, anschließend über endlose Dörfer und die oft über Kilometer schnurgerade N 234 recht ermüdend bis Burgos. Dieses steuerten wir nur an, weil wir für abends noch Brot und Wein besorgen wollten. Nach wenig erfolgreichen Versuchen, bei kleineren Supermärkten im Stadtzentrum einen Parkplatz zu finden, zogen wir es vor, ein Einkaufszentrum mit gigantischen Carrefour am Stadtrand aufzusuchen. Hier war Parken kein Thema und angesichts des reichhaltigen Angebots gingen noch diverse andere Nahrungsmittel (Speck, Bananen, süße Schweinsöhrchen, …) mit.
 

Verlockend, aber leider "etwas" zu groß
zum Mitnehmen ...


Kaum hatten wir Burgos hinter uns gelassen, wurde die Gegend wieder zunehmend einsam. Wir passierten einen der riesigen Windparks, die in Spanien allgemein und hier in dieser Gegend ganz besonders häufig anzutreffen sind (Don Quijotes Alptraum …). Dann ging es erst über einen Pass, anschließend durch eine Schlucht und schließlich über immer kleinere Sträßchen und zuletzt Feldwege bis zum Mirador del Ebro, wo wir hofften, eine einsame und ruhige Nacht verbringen zu können.


Abendliche Aussicht am Mirador del Ebro


Dieser Aussichtspunkt auf eine pittoreske Schleife des Ebro ist offiziell wohl nur per pedes oder mit dem Mountainbike zu erreichen. Wir waren über einen zunehmend schlechter werdenden Feldweg her geholpert, irgendwann schaltete Günter dabei den Allradantrieb zu und etwas später meinte er, wenn das Gefälle jetzt noch zunehme, werde es fraglich, ob wir je wieder hochkämen, da der Untergrund teils schon so recht schmierig war und es zudem nach Regen aussah. Steiler wurde es dann aber zum Glück nicht mehr, zum Aussichtspunkt und Endpunkt des Weges hin flachte das Gelände eher wieder ab. Schließlich stellten wir unser Gefährt am Wegrand ab, zwar etwas scheps, aber für eine Nacht würde es schon gehen.


Camping im Morgennebel


Zur Begrüßung kreisten vier oder fünf Geier über den Felsen rund um die Ebroschleife, nur die Sonne machte pünktlich bei unserer Ankunft ihren finalen Abgang hinter einer dunklen Wolke.
 
Die Nacht war so ruhig wie erhofft, denn die nächste Straße und die nächste Ortschaft waren hier wirklich sehr weit entfernt. Morgens dauerte es recht lang bis sich der Nebel lichtete und die Sonne hinter einem Hügel im Osten hervorkam. Leider blieben auch dann noch viele Wolken und wurde es nicht wirklich sonnig und warm. 


Die Wolken über der Ebroschleife lichten sich.


Der wohl einsamste Stellplatz unserer ganzen Reise


Günter machte noch eine Menge Fotos von der Ebroschleife und vom Auto an unserem idyllischen Übernachtungsplatz, und nachdem drei Viertel des gestern gekauften Apfelkuchens verspeist, der Kaffee getrunken, gespült und auch sonst alles erledigt war, machten wir uns gegen 10.30 Uhr auf den beschwerlichen Rückweg zur Straße. Für den Max (und seinen Fahrer) war es letztlich aber kein Problem, auch die steileren und holprigeren Passagen zu bewältigen, da half das Untersetzungsgetriebe wohl enorm (hab ich mir sagen lassen …), und das, obwohl es in der Nacht zwischenzeitlich ganz ordentlich geschüttet hatte. In einer Senke stand nun auch jede Menge Wasser, das an unserem Gefährt beim Durchrauschen zünftige Offroadspuren hinterließ …

Weiter ging’s Richtung Santander, wobei wir schon bald wieder zu einem Mirador (M. del Valle del Rudrón) kamen, von dem aus man zwar den Ebro selbst nicht mehr sehen konnte vor lauter Grün, dafür aber die imposanten Felsen, durch die er sein Flussbett gegraben hat, aus einer anderen Perspektive, sowie das idyllische Tal eines Nebenflusses samt sich hindurchwindender Straße. Und die Geier hatten hier auf den Felsen direkt gegenüber vom Aussichtspunkt offensichtlich eine Kolonie, kreisten noch deutlich zahlreicher als am Abend zuvor an der Ebroschleife und hockten auf verschiedenen Felsnasen beieinander. Dies war der Moment, um in diesem Urlaub zum ersten Mal das Fernglas auszupacken, das zum Glück noch seit der Schwedenreise (ziemlich exakt ein Jahr zuvor) im Auto deponiert war.
 

Am Mirador del Valle del Rudron


Die Geier kreisen über "ihren" Felsen.


Nachdem wir die Geier gebührend betrachtet hatten, ging’s weiter, bald über eine Nationalstraße mit unendlich vielen Kreisverkehren, zu der parallel gerade eine mehrspurige Schnellstraße gebaut wurde, die sie vermutlich demnächst ersetzen soll. 

Gegen 13 Uhr hatten wir das Städtchen Aguilar de Campoo erreicht und hofften, dort für unseren bevorstehenden Aufenthalt in den Picos de Europa noch ein paar Vorräte einkaufen, sowie zu Mittag essen zu können. Nach ein paar Orientierungsschwierigkeiten schafften wir es, auf dem großen kostenfreien Platz am Rand der Altstadt unterhalb der Burg zu parken, marschierten erst zum nahen Carrefour-Express (eine Micro-Ausgabe des Carrefour), packten 3x Wasser, Kaffee und 2x Brot in Günters Rucksack und dann ging’s ins Restaurant „Le Barón“, wenige Straßenecken entfernt zum Mittagessen.


Die Bar des "Le Barón" 


Hier sagte man uns, dass es erst so in einer halben Stunde losgehe in der Küche, aber wir konnten uns schon mal setzen und Getränke und zwei Vorspeisen (Mini-Chorizo und wieder Kroketten auf je einer Scheibe Brot) ordern. So nach und nach füllte sich die lange Bar, hauptsächlich mit Männern, die ich überwiegend auf 60 und älter schätzte und die alle was tranken und palaverten – natürlich ohne Maske, während uns draußen auf Straßen und Plätzen die Mehrheit der Menschen maskiert begegnete.

Als wir schließlich bestellen durften, hatten wir uns längst darauf geeinigt, wieder „nur“ eine Vorspeise (gemischtes Grillgemüse), die ganz offiziell zum Teilen gedacht war, und ein Hauptgericht (Sirloin-Steak mit Käse-Pfeffer-Sauce) zu bestellen. Der Kellner schien etwas enttäuscht von unserer sparsamen Wahl, doch für uns stellte sich diese als absolut richtig heraus. Noch etwas Brot dazu, denn die Pommes zum Hauptgericht waren wieder nicht allzu üppig, so war es eine vollständige Mahlzeit mit Fleisch, Gemüse und „Sättigungsbeilage“, nicht zu vergessen die Vor-Vorspeisen und der Café solo zum Schluss. Preislich war es diesmal verglichen mit den letzten beiden Tagen recht gehoben (53 €), aber die Qualität, insbesondere beim Fleisch, war auch eine ganz andere. 

Beim anschließenden kleinen Stadtrundgang warfen wir am Hauptplatz einen Blick in die Kirche und „bewunderten“ die sehr speziellen Häuser, mit ihren vor die Fassaden gesetzten Glasveranden, die hier leider alle ziemlich im Verfall begriffen waren. 


Aguilar de Campoo


Gegen halb vier rollten wir weiter, jetzt endgültig in Richtung Picos de Europa. Zunächst ging es aber noch weiter durch eine Landschaft, die in unseren Augen viel mit der Schwäbischen Alb gemein hatte: Schafe, Dolinen, weite Heideflächen und das alles gekrönt von Kalkfelsen, die sich teils zu Schluchten verengten, teils wie Klippen schräg aus der Heide ragten und von unzähligen Höhlen durchsetzt waren. Tatsächlich hätte es an diesem Morgen bald nach dem Losfahren sogar so eine Art „Blautopf“ (Pozo Azul) zu bewundern gegeben, den wir uns aber doch schenkten, weil diverse „Quellen“ im Internet meinten, er sei eher mickrig. Allerdings hat auch dieser Topf wohl eine beachtliche Tiefe und Verbindung zu einem Höhlensystem, weshalb Höhlentaucher – genauso wie bei seinem heimatlichen Pendant – von hier zu ihren Erkundungen abtauchen.


Auf der Alb?


Dann kamen endlich die „echten“ Berge in Sicht, nur leider gab es keine Stelle, an der man hätte anhalten und die Aussicht bewundern und ablichten können. Und als es dann einen Mirador gab, war der Blick von dort längst nicht mehr so schön und zudem völlig zugewuchert … Einige Kilometer weiter beim nächsten Aussichtspunkt waren wir den Picos de Europa dann schon ganz nah. Hier oben war es recht windig und frisch (ca. 14°C), was in mir für den Abend schon die schlimmsten Befürchtungen aufkommen ließ. Vom Mirador ging es aber erst nochmal in ein Tal hinab und hier stieg die Temperatur kontinuierlich bis auf gigantische 23°C (!) und die Sonne schien auch endlich mal über einen längeren Zeitraum. 


Die Picos de Europa sind in Sicht.


Fuente Dé – keine richtige Ortschaft, sondern eine Seilbahntalstation mit den dazugehörigen riesigen Parkplätzen, ein oder zwei Restaurants und Hotels und noch ein paar Gebäuden, sowie einem Campingplatz – liegt immerhin schon wieder auf um die 1000 m. Von daher sank das Thermometer natürlich wieder etwas, aber bei unserer Ankunft waren es hier noch erträgliche 18°C und kaum Wind. Der Campingplatz lag leider in einem arg schattigen Eck und, da es wohl auch hier im Lauf des Tages mindestens einen Schauer gegeben hatte, war alles ziemlich feucht und die Reifen der Autos und Wohnmobile verwüsteten die aufgeweichten Wiesen und Stellplätze. Der Sanitärbereich war hier nach außen völlig offen und dadurch alles klamm (sogar das Klopapier …). Und insgesamt waren die Duschen usw. ziemlich alt und teils auch schlecht gewartet (tropfende Wasserhähne, Duschköpfe, die so verkalkt waren, dass man sie besser abschraubte, …). Zu dumm, dass wir ausgerechnet hier zwei Nächte bleiben wollten, denn für den folgenden Tag hatten wir eine lange Wanderung geplant (so das Wetter mitmachte), nach der wir sicher nicht noch weiterfahren würden.


Fuente Dé - der Campingplatz verbirgt sich im Wäldchen dahinter.


Kaum waren wir und gefühlt alle anderen „normalen“ Camper auf dem Platz um 10 Uhr abends schlafen gegangen, ging bei einer niederländischen Reisegruppe der Radau erst so richtig los. Wir hatten ja schon vermutet, dass das riesige Mannschaftsverpflegungszelt, vor dem bis dahin immer nur drei oder vier Leute herumgesessen hatten, eigentlich für eine größere Gruppe bestimmt sein musste. Doch als sich bis spätabends noch keine weiteren Leute eingestellt hatten, dachten wir – genau genommen einfach nicht mehr darüber nach. Kurz nach 10 ging es dann aber echt los: mehrere Autos und ein Kleinbus brachten jede Menge junge Leute, die sich erst noch angeregt unterhielten und begrüßten und schließlich direkt oberhalb von unserem Stellplatz unzählige Zelte aufbauten, was natürlich nicht ohne Lärm zu bewerkstelligen war. Und selbst als dann alle in ihren Zelten verschwunden waren, knarzten noch dauernd (Luft-)Matratzen und die „Chefs“ der Gruppe saßen bis nach Mitternacht vor dem Mannschaftszelt und redeten und lachten.

Der unruhigen Nacht zum Trotz wurde der folgende Donnerstag (23. 9.) dann für uns ein sehr gelungener Tag, an dem wirklich alles gepasst hat: vom Wetter angefangen, das zwar nicht durchgehend sonnig, aber immerhin heiter bis wolkig und trocken blieb, über meinen Rücken, dem Bewegung inzwischen tendenziell eher gut tat, bis hin zur Tour, die zwar lang war (ca. 15 km) und mit gut 1400 Hm im Auf- und Abstieg nicht ohne, aber von den Schwierigkeiten her alles in allem sehr gut machbar.

Dabei hatte ich im Vorfeld, als ich mir die Tourenbeschreibung ansah, durchaus so meine Bedenken gehabt. Der Aufstieg durch eine steile Rinne, an deren Anfang ein Felsblock zu überklettern war, hörte sich schon recht anspruchsvoll an. Wie sich dann aber herausstellte, war der Felsen durch Bügel, eine Kette und ein Seil ziemlich entschärft – ohne diese Hilfsmittel wäre der abgespeckte Kalkklotz allerdings ein echtes Hindernis gewesen. So aber war der wirklich steile, nur durch Steinmännchen markierte Zustieg zu der Rinne für mein Empfinden deutlich schwieriger, da es mal über losen Schotter, dann wieder über grasige Stellen oder lose gestapelte Felsbrocken ging. Auch oberhalb vom Eingangsfelsen erwies sich die Rinne zuweilen als nicht ganz einfach, da auch hier mit viel losem Gesteinsschutt zu kämpfen war. Ein gutes Stück vor uns stieg ein jüngeres Paar auf, das prompt kurz vor dem Ausstieg einen Stein lostrat, der uns aber zum Glück nicht gefährlich nahe kam.


Zustieg zum Canal de la Jenduda


Die "Schlüsselstelle"


Im Canal

 
Dann war dieser erste Steilabschnitt gemeistert und wir legten bei ein paar Felsen am Rand einer grasigen Hochebene eine erste Rast ein. Etwas oberhalb waren zwei Kletterer an einer relativ niedrigen Wand zugange, so richtig klassisch mit Haken einschlagen, und von unten kommentierte ein dritter Typ, was der Kletterer im Vorstieg machte. Wir vermuteten, dass es sich vielleicht um ein Training der hiesigen Bergwacht handelte. An den dreien vorbei stiegen wir weiter auf bis zu einem kleinen Pass, wo es für uns nach links weiter ging, während man rechts zur Bergstation der Seilbahn gelangt wäre. 


Der steilen Rinne entronnen


Am Pass oberhalb des Canal de la Jenduda - der Pico de la Padiorna ist nicht etwa der
 markante Klotz vor uns, sondern eine eher unscheinbare Erhebung etwas links davon.


Unser Gipfelziel, den Pico de la Padiorna (2314 m), hatten wir damit allerdings noch lange nicht erreicht. Erst ging es nochmal in eine Senke, dann querten wir endlos einen Hang, ehe es in mehreren felsigen und teils steilen Stufen fast bis zu einem weiteren Pass ging. Anschließend drehte der Weg in die entgegengesetzte Richtung und führte auf eine Hochebene, von der es endlich die letzten schottrigen Höhenmeter zum Gipfel hinauf ging. Für Unterhaltung sorgten währenddessen die unzähligen, recht zutraulichen Gämsen, unter denen ziemlich viele Jungtiere waren, die uns mindestens genauso neugierig beäugten wie wir sie. Die Landschaft, durch die wir hier oben wanderten, hätte den Titel „Steinernes Meer“ mehr als verdient, denn irgendwann sah man wirklich nur noch Felsen und noch mehr Felsen. Diese waren recht scharfkantig und dadurch auch wunderbar griffig, weshalb ich vermute, dass es sich hier – zumindest teilweise – eher um Dolomit handelte, als um Kalkstein.


Die Schotterstraße führt wohl zur Seilbahn-Bergstation.


Neugierige Gämsen im steinernen Meer




Der Gipfel ist endlich in Sicht!


Auf dem Gipfel waberten dann gerade dicke Wolken vom Tal herauf, die uns zeitweise komplett die an sich herrliche Rundumsicht verwehrten. Aber wir konnten wider Erwarten dort oben rasten und vespern, da es einen hinreichend windgeschützten Fleck gab, durch eine provisorische Mauer sogar noch erweitert. In der halben Stunde, die wir dort oben verbrachten, machte es dann mal zur einen, mal zur anderen Seite auf und kurz war nahezu das ganze Panorama frei, so dass wir doch noch die erhoffte Aussicht genießen konnten.


Am Gipfel ...


... mit eher eingeschränkter Aussicht.


Von da irgendwo sind wir gekommen ...


Dann ging es an den nicht minder langen und beschwerlichen Abstieg, bei dem es zu Anfang ebenfalls eine längliche Querung in eine völlig falsche Richtung gab. Dies zusammen mit der Tatsache, dass es dabei noch einmal ganz ordentlich bergauf ging, nervte mich dann doch nicht wenig. Aber ich musste Günter später recht geben, dass es wohl einfach keine andere Stelle gab, an der man in das idyllische Hochtal mit Bachlauf und Pferdeherde hätte absteigen können … 


Pferdeweidenidylle


Nach einer weiteren kleinen Rast ging es über den letzten, doch auch noch einmal  fast 2000 m hohen Pass und dann in 35 Kehren (wenn ich richtig gezählt habe) auf einem zwar oft sehr grobschottrigen, gelegentlich steilen, überwiegend aber bestens ausgebauten und markierten Weg wieder hinab nach Fuente Dé. Hier im Abstieg konnten wir auch wieder Geier beobachten, die auf einem Felsvorsprung offenbar (so spät im Jahr?) noch Jungtiere versorgten. 


Abstieg nach Fuente Dé in 35 Serpentinen




Insgesamt begegneten uns den Tag über höchstens zwei Dutzend andere Wanderer, was angesichts der länglichen Runde ziemlich übersichtlich war. Die meisten davon gehörten zudem zu einer einzigen größeren Gruppe. Vermutlich nutzte die Mehrheit der Leute für mindestens eine Hälfte des Wegs die Bergbahn, die im Fünfminutentakt auch noch um 18 Uhr, als wir wieder die Talsohle erreicht hatten, fleißig Ausflügler vom Berg holte. 

An diesem Tag hatte der Max mal Pause und durfte auf dem Campingplatz ausruhen, so war für uns nach dem Abstieg noch der kleine Gegenanstieg zum Eingang des Platzes zu bewältigen. Insgesamt fühlte ich mich aber am Ende noch so fit, dass mir das rein gar nichts ausmachte. – Schon schön, mal wieder so absolut mit sich und der Welt zufrieden sein zu können nach einer rundum geglückten Tour! 


An die Küste


Und dann waren wir endlich am Atlantik! 

Nach dem eher ungemütlichen Campen in den Bergen – auch in der zweiten Nacht in Fuente Dé „erfreuten“ uns wieder die NiederländerInnen zu nachtschlafenden Zeiten – kam es gerade recht, dass wir für die folgenden zwei Nächte ein Zimmer im Hotel „El Castillo de los Locos“ bei Suances gebucht hatten. Wobei zunächst der wichtigste Grund gewesen war, dass Günter sich an diesem Freitag noch einmal in ein geschäftliches Meeting einwählen musste und hier auf eine stabile Internetverbindung in etwas angenehmerer Umgebung als im Auto hoffte.


Homeoffice ;)


Inzwischen war das Wetter auch wieder ganz ok, nachdem es uns den Tag über immer mal wieder mit Schauern zur Unzeit gefoppt hatte. Das fing schon morgens an, als es uns mitten im Zusammenpacken erwischte und daher vieles noch ziemlich nass und dreckig ins Auto kam. Später ließ der Regen nach und es blieb trocken bis – ja bis wir uns einen Platz mit Meerblick zum Mittagsvesper gesucht hatten und gerade entspannt auf der Ladeklappe niederlassen wollten. Gut, zogen wir eben ins Innere des Aufbaus um und klappten sogar das Dach auf, so war es dann auch recht gemütlich. Wir standen dabei auf einer ziemlich schlammigen Wiese, die überwiegend von Surfern „bewohnt“ wurde, viele davon aus Deutschland: links von uns standen Tübinger, rechts ebenfalls ein junges deutsches Paar, das sich mit allen Siebensachen in einen Berlingo gefaltet hatte. Der rudimentäre Stellplatz bot nicht viele Annehmlichkeiten, aber immerhin gab es ein Toilettenhäuschen und – für Surfer sehr wichtig – eine Dusche daneben. Nur Kaltwasser vermutlich und sowieso im Freien, aber so bekamen die Jungs und Mädels wenigstens Sand und Salz leidlich aus ihren Neoprenanzügen, von den Brettern und ihren Körpern. Hier an der Atlantikküste war überhaupt gerade eine enorme Anzahl Surfer unterwegs und man mochte sich gar nicht vorstellen, wie es hier erst im Sommer zuging. Doch allein schon an den unzähligen mehr oder weniger improvisierten Park- und Wohnmobilstellplätzen ließ sich erahnen, dass es die Hölle sein musste.


Unter Surfern - Parking de Peñaentera oberhalb der Playa de Gerruca


Auf dem Weg zum Hotel hatten wir zunächst überlegt, in San Vicente de la Barquera zu Mittag zu essen und das Städtchen zu besichtigen. Doch stellte sich dann heraus, dass der Ort bereits vollkommen von Touristen überrannt war und es folglich völlig unmöglich war, irgendwo einen freien Parkplatz zu ergattern. Wir fragten uns erst noch, ob dies vielleicht ein besonderer Tag sei, von dem wir nichts wussten. Letztlich kamen wir aber zu dem Schluss, dass es sich einfach um den ganz normalen Fast-schon-wieder-Wochenende-Wahnsinn handelte. So mussten wir unsere Mittagessenshoffnungen begraben und fuhren gleich weiter an der dicht besiedelten oder von Surfern und anderen Urlaubern in Beschlag genommenen Küste entlang. Wegen der Regenschauer verzichteten wir dabei auf jeden Strandspaziergang und liefen daher noch vor 15 Uhr in unserem „Schloss“-Hotel ein.


Playa de los Locos


Nachdem Günter seine geschäftlichen Pflichten erfüllt hatte, war die Zeit gerade recht für einen Sonnenuntergangsspaziergang zum Cap am Leuchtturm. Und die paar hundert Meter Fußweg vom Hotel ans Cap lohnten sich wirklich, denn es entfaltete sich ein herrliches Himmelsschauspiel. Insbesondere die Wolken waren an diesem Abend überwältigend schön und erglühten ganz zum Schluss noch feurig.
 





Auf der Terrasse am Hotel war bei unserer Rückkehr offensichtlich noch Cocktailhour, drinnen saßen nicht sehr viele und wir waren letztlich die einzigen, die wirklich richtig essen wollten. Wir bestellten mal wieder Croquetas zur Vorspeise und je einen Burger zur Hauptspeise. Allerdings kam dann alles gleichzeitig und so war der etwas unterdimensionierte Tisch recht voll und wir wussten gar nicht, wo wir anfangen sollten. Positiv sei vermerkt, dass es eine wirklich gute „Krusti“-Semmel (wie das in Bayern heißen würde) zu den Burgern gab. Leider hatte ich mich aber für die Hähnchen-Variante entschieden und stellte erst, nachdem ich schon die Hälfte verschlungen hatte, entsetzt fest, dass das Hühnerhack zu großen Teilen noch fast roh war … Als die Kellnerin vorbei kam, gaben wir ihr den Rest des Burgers zum Nachgaren mit und tatsächlich war das Fleisch anschließend überwiegend durch. Mir war aber eigentlich eh schon der Appetit vergangen und dank Pommes und Kroketten war ich auch fast satt. Trotzdem fühlte ich mich verpflichtet, den Burgerrest noch zu vertilgen, wenn’s mir auch nicht recht wohl dabei war. – Na ja, geschadet hat’s mir allem Anschein nach nicht, das rohe Huhn, aber noch einmal brauche ich diese Erfahrung auch nicht gerade. 

Nach einer herrlich ruhigen Nacht, in der nur das Meer einlullend rauschte, schritten wir am folgenden Samstag (25. 9.) spät zum Frühstück, das im Hotelpreis inkludiert war, aber letztlich von der Karte bestellt werden musste. Unseren Vorstellungen entsprach eigentlich nur das „Continental Breakfast“ mit Croissant, Marmelade, Butter, Saft, Kaffee. Damit wir nicht zweimal dasselbe bestellten, entschieden wir uns außerdem noch für ein getoastetes Mehrkornbrot mit schnittfestem Frischkäse, Nüssen, Trockenfrüchten und Honig, das aber eher enttäuschte, da die Trockenfrüchte lediglich aus 3 Rosinen bestanden, der Honig eher spärlich über das ganze geträufelt und das Brot kaum getoastet war. Und das „Continental“ war zwar ok, aber eigentlich viel zu wenig. – Ist eben eine ungünstige Kombination, wenn man selbst das Frühstück als wichtige Mahlzeit begreift, dabei aber so unflexibel auf Süßes abonniert ist und im Reiseland außerdem traditionell eher wenig bis nichts gefrühstückt wird.




Frühmorgendliche Surfer an der Playa de los Locos

 
Fürs erste würde es aber schon reichen und so machten wir uns anschließend bald auf den Weg auf die andere Seite des Flusses Saja, wo es über einige Kilometer bis zu einem weiteren Cap einen veritablen Küstenwanderweg geben sollte. Da es direkt an der Mündung keine Brücke und keinen Steg über den Fluss gibt, bedeutete dies eine Anfahrt von immerhin 19 km, nur um dann wieder gleichauf mit unserem Hotel zu sein. Unterwegs nahmen wir in einem Supermarkt noch Brot und Wasser und zwei kleine Schokocroissants als zweites Frühstück mit und marschierten dann vom Parkplatz zunächst auf einem Steg durch ein Sumpfgebiet und auf einen Hügel, den Monte Centinela Marzán, von dem aus man den Strand von Marzán (Marzahn? 😉) überblicken konnte. An diesem Samstag bei leidlich gutem Wetter herrschte an den Stränden natürlich überall reger Betrieb. Und während hier, in der verhältnismäßig geschützten Bucht, ein SUP-Anfängerkurs stattfand, gab es an diesem Wochenende in den deutlich raueren Gewässern unterhalb unseres Hotels einen Surf-Contest für Kinder und Jugendliche. 


So nah und doch unerreichbar jenseits der Flussmündung: der Strand von Suances,
ganz rechts oben unser von außen arg kitschiges "Schlosshotel".


Trockenübungen vor dem SUP-Anfängerkurs


Playa de Marzán


Nachdem wir unsere leider schon etwas trockenen Schokocroissants verspeist und das Treiben am Strand zur Genüge beobachtet hatten, stiegen wir selbst dort hinab und wanderten anschließend weiter an der Steilküste entlang bis zum Cap „Punta del Cuerno“. Geologisch ist diese Küste sehr abwechslungsreich mit Muschelkalk, „Siltstone“ (Schluffstein) und einer deutlich sichtbaren Verwerfung oberhalb der Playa de los Caballos. Insgesamt ist der Steilabbruch dort offenbar sehr erosionsgefährdet, da wir an mehreren Stellen recht frische Erdrutsche und ein neu entstandenes Loch entdeckten. 


Muschelkalkfelsen


Die Steilküste oberhalb der Playa de los Caballos


Andererseits war das unmittelbare Hinterland der Küste hier überraschend stark landwirtschaftlich genutzt, insbesondere für Viehweiden, die sich ebenso wie die Einfamilienhäuser in dieser Gegend für unser Gefühl auch genauso im Vorallgäu hätten befinden können. Und teilweise wirkte das Ganze, besonders bei dem eher kühlen Wetter, als ob wir uns an der grünen Küste Irlands befänden. So ist es nicht verwunderlich, dass dieser Landstrich an der Atlantikküste auch „Costa Verde“ genannt wird. 


Costa Verde


Am Cap vesperten wir unser Mitgebrachtes, machten auf dem Rückweg noch länger Pause an der Playa de los Caballos, konnten uns aber nicht zum Baden durchringen, sondern wanderten lieber trocken und sandfrei zurück zu unserem Auto. 


Punta del Cuerno


Seeanemone in einem Gezeitentümpel an der Playa de los Caballos


Zum Abendessen hatten wir uns ein Restaurant in der Ortschaft Suances ausgesucht, die Gastrobar „La Cuba“, in dem der Abendbetrieb erst um 20.30 Uhr begann, weshalb wir eigentlich meinten, nach unserer Rückkehr ins Hotel viel Zeit zu haben. Doch diese verflog so schnell, dass wir es letztlich gerade noch schafften, rechtzeitig über den von unangenehm vielen freilaufenden Hunden frequentierten Strand dorthin zu gelangen. Bei unserem Eintreffen stellten wir dann allerdings fest, dass wir die ersten Gäste waren und die beiden Kellnerinnen noch damit beschäftigt, die Tische auf der Terrasse zu richten.

Unsere „Cena“ (=Abendessen) fiel dann sehr gut und reichlich aus. Wieder teilten wir (nach kurzer Diskussion, weil ich zunächst mal wieder befürchtete, nicht satt zu werden …) alles, vom Salat, der außer aus Feld- und Blattsalaten, die großzügig mit einer sehr süßen Balsamico-„Reduktion“ übergossen waren, zu großen Teilen aus Speckscheiben und Leberpasteten-Würfeln bestand, über den gegrillten Pulpo (Octopus) auf gebratenen Kartoffelscheiben bis zum Solomillo (Rinderlende) mit Pommes, das landestypisch innen fast roh war. Eigentlich auch nicht wirklich mein Fall, aber die Qualität stimmte und so war’s ok. Und weil ich Günter beim Bestellen genervt hatte mit meinen Befürchtungen, bestand er am Ende noch auf einer Portion Schokoeis (3 Kugeln!) zum Nachtisch, die wir dann zusammen kaum noch bewältigten … Anschließend wälzten wir uns über den jetzt nahezu ausgestorbenen, dunklen Strand zurück und erklommen mühsam die Stufen zum Hotel.


Zum "Nordkap" der Iberischen Halbinsel


Diese Nacht war für mich dann wieder nicht ganz so erholsam, obwohl es nicht weniger ruhig war als in der Nacht zuvor, noch immer war es unvorhersehbar, wie sich mein Rücken von Tag zu Tag verhielt ... Kurz vor neun waren wir aber trotzdem bereit für ein weiteres „continentales“ Frühstück, während draußen schon wieder fleißig gesurft wurde und auf der Terrasse die jugendlichen Surfer und ihre Eltern und Geschwister herumwuselten. Und dann packten wir unsere Sachen, verließen den doch recht gastlichen Ort und machten uns auf den Weiterweg Richtung Westen, der anfangs auf schon bekannter Strecke an der Küste entlang führte.


Abschied von der Playa de los Locos,
oberhalb der Steilküste sind die Picos de Europa zu sehen. 


Zunächst ging es in gerade mal 10 Minuten zu einem ersten Strand, der Playa de Santa Justa mit der gleichnamigen „Eremita“. Weil es dort noch arg schattig war, zogen wir Baden erst gar nicht in Betracht. Auch die Eremitage, die auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht an der Felswand klebte, lag noch wenig fotogen im Schatten und so zogen wir bald wieder weiter.
 
Da wir unbedingt Brot brauchten und möglichst auch noch Joghurt fürs Frühstück am folgenden Morgen, suchten wir nun zuallererst nach einer Einkaufsmöglichkeit, die am Sonntagmorgen geöffnet hatte. In Cóbreces fand sich ein kleiner Lebensmittelladen, in dem Günter tatsächlich beides erstehen konnte. Danach rollten wir weiter, mal wieder durch das heute nicht weniger überfüllte San Vicente de la Barquera hindurch. Anschließend folgte ein sehr aussichtsreicher Streckenabschnitt, auf dem wir noch eine ganze Weile immer wieder freien Blick auf die Picos de Europa hatten.

Allmählich wurde es sogar für hiesige Verhältnisse höchste Zeit fürs Mittagessen, da es schon stark auf 14 Uhr zuging. Nachdem mehrere Restaurants an der Straße einen hoffnungslos überfüllten Eindruck vermittelten, beschlossen wir, unser Glück an einem weiteren Strand zu versuchen. An der Playa de la Franca gab es gleich zwei Restaurants, von denen wir das einfachere direkt am Strand („Chiringuito los Emilios“) probierten. Zunächst hieß es dort allerdings mal wieder, ohne Reservierung sei nichts zu machen, aber letztlich wurden wir doch noch auf die Liste genommen und sollten etwa eine halbe Stunde später einen Platz bekommen. Die zu überbrückende Zeit verbrachten wir mit einem Spaziergang am Strand, der dank Ebbe ziemlich weit hinaus und durch ein erstaunliches Labyrinth aus Felsen und Höhlen führte.


Drei Damen (und noch viele andere) genießen den Sonntag am Strand.


Im Felsenlabyrinth


Playa de la Franca


Zurück am Restaurant bekamen wir einen der vier Tische im Inneren der Kneipe direkt gegenüber von Küche und Bar, wo es entsprechend laut zuging, denn hier kamen ständig die KellnerInnen mit ihren Bestellungen an oder brüllte jemand aus der Küche, welche Gerichte für wen fertig zum Abholen seien. Und dazu kamen auch immer wieder Kunden, die einfach an der Bar was zu trinken bestellten und/oder die Toilette benutzen wollten. Zunächst warteten wir recht lang bis wir bestellen durften, doch dann ging es total flott und unsere Patatas Bravas, der Salat und die gegrillten Tintenfische standen schon bald auf dem Tisch. 

So gestärkt trauten wir uns dann zum ersten Mal in die erfrischenden Atlantikfluten (laut Internet 18°C „warm“), wobei es wie meistens halb so schlimm war, wenn man sich erst mal überwunden hatte. Noch immer war Ebbe und der Anmarsch entsprechend lang, und da ich schon so lange nicht mehr in einem echten Meer mit Brandung gebadet hatte, trieb es mich auch gleich zweimal durch die Waschmaschine … Leider trübte es gerade jetzt innerhalb einer halben Stunde massiv ein und so ohne Sonne wurde es in den nassen Badeklamotten schnell empfindlich frisch, weshalb wir das Kapitel Baden zügig beendeten.


Beweisfoto!


Nach dem kurzen Strand- und Badeintermezzo, das im Übrigen das erste und einzige hier am Atlantik bleiben sollte, stand uns noch einmal über eine Stunde Fahrt bevor. Einen längeren Fotostopp gab’s unterwegs beim Cementerio de Barru mit seiner pittoresken Friedhofskapelle und schließlich machten wir noch einen Abstecher zum „Mirador Acantilados del Infiernu“, von wo einige Felsbögen unterhalb der Steilküste zu bewundern sind. Sehr nett das alles, nur leider machte ich beim Aussteigen aus dem Auto vor dem Spaziergang zum Aussichtspunkt eine falsche Bewegung und schon schmerzte mein Rücken wieder bei jedem Schritt und jeder Erschütterung …




Cementerio de Barru




Mirador Acantilados del Infiernu


Die letzte Etappe des Tages führte zum Camping „Costa Verde“ an der Playa de La Griega, auf dem wir eine sehr angenehme und ruhige Nacht verbrachten. Die Dauercamper-Fraktion war hier gerade am finalen Zusammenpacken für dieses Jahr, da der Platz demnächst (vermutlich zum 30. September) schließen würde, und sonst auch wenig los. Doch die riesigen, für einen offenbar gigantischen sommerlichen Ansturm ausgelegten sanitären Einrichtungen waren bestens gepflegt und in Schuss und die Duschen spuckten, wie ich am folgenden Morgen erfreut feststellte, ohne jegliche Zeitverzögerung jede Menge heißes Wasser aus. Spätestens nach dieser unverhofften „Wellness-Behandlung“ war auch mein Rücken wieder versöhnt, der sich während der Nacht schon spürbar entspannt hatte.

 - Um nun nicht noch länger auf diesem leidigen Thema herumzureiten: Die Sache beschäftigte mich noch fast bis zum Ende der Reise von Zeit zu Zeit, insbesondere in den Nächten. Und wirklich ganz erledigt hatte es sich erst etwa zwei Wochen nach unserer Heimkehr. -

Gegen Morgen hatte es etwas zu regnen begonnen, doch bis wir bereit zum Aufbruch waren, war es zum Glück schon wieder trocken. So parkten wir gleich außerhalb des Campingplatzes noch einmal und marschierten die 500 m bis zur Hauptattraktion für alle Dino-Fans in dieser Gegend: Hier kann man an der Küste auf einem kleinen Felsplateau die versteinerten Fußabdrücke von mehreren Dinosauriern bewundern. Zwei riesige Brontosaurus-Fußspuren waren tatsächlich auch ohne viel Unterstützung durch die Schautafel am Aussichtspunkt gut zu erkennen, für die übrigen brauchte es etwas mehr Fantasie, da sie mittlerweile schon recht verwaschen sind.


In den Fußstapfen des Brontosaurus

 
Nach dieser kurzen Visite im „Jurassic Park“ rollten wir weiter Richtung Westen, in der Hoffnung auf besseres Wetter, eine Einkaufsmöglichkeit, Mittagessen und später einen netten Stellplatz irgendwo in der Gegend um das „Nordkap“ der Iberischen Halbinsel, das „Cabo de Estaca de Bares“. Zunächst verlangte aber nach den vielen Kilometern, die wir in den vergangenen Tagen zurückgelegt hatten, auch der Max wieder einmal nach Treibstoff, den er dann nach einigen Irrungen und Wirrungen unsererseits an einer Automatentankstelle bekam, kurz nachdem wir von der Autobahn A-8 abgefahren waren.

Von nun an ging es durch eine Ortschaft an der anderen, wobei die Bebauung insgesamt sehr locker war, nur eben großflächig über die ganze Landschaft verteilt. Hier in Galicien, das wir irgendwann in der Mittagszeit erreicht hatten, fiel uns auf, dass sehr viele Häuser mit Schieferplatten gedeckt waren, die bei den älteren davon noch große „Wackersteine“ beschwerten. Zudem hatten viele Häuser und Gehöfte eigentümliche kleine Nebengebäude, die zu früheren Zeiten wohl als Kornspeicher dienten. 


Porto do Barqueira - nicht das typischste Beispiel eines galicischen Dorfes,
doch immerhin gibt's ein paar Schieferdächer.


In einer dieser Ortschaften besorgten wir in einem kleinen „Eroski“-Supermarkt unsere Einkäufe und dann war es auch schon wieder Zeit, nach dem Mittagessen Ausschau zu halten. Beim Restaurant „Xoiña“ etwas außerhalb von Foz an der N-642 hätten wir schon wieder warten sollen bis ein Tisch im Speisesaal frei wurde. Offensichtlich kehrten hier gerne Handwerker zu Mittag ein und kurz nach 14 Uhr brummte der Laden entsprechend. So suchten wir beide nur kurz die Toilette auf und anschließend das Weite, um es direkt in Foz bei der Pizzeria „A Xoiña“ zu versuchen. Herauszufinden, was der vermutlich galicische Begriff mit dem X bedeutet, ist mir leider nicht gelungen, da aber zwei Gaststätten sich unabhängig voneinander so genannt haben, wird es wohl etwas „Nahrhaftes“ sein … In der Pizzeria bekamen wir dann ohne Probleme einen Tisch und recht flott zwei Pizzas und einen eher mauen Salat aus sehr schlampig geputzten grünen Blättern, wenigen Tomatenscheiben und vielen Zwiebelringen serviert. Die Pizzas selbst waren ok, aber leider völlig gemüselos (höchstens man rechnet die Dosenpilze auf Günters Capriciosa …). 

Mehr als satt rollten wir uns wieder ins Auto und weiter zum Cap, wo wir uns bei einem Spaziergang, vorbei am Leuchtturm und über die Felsen soweit wie möglich auf die Landspitze hinaus, ein wenig die Füße vertraten und die Aussicht aufs von hier bis Irland offene Meer genossen.




Offenes Meer bis Irland - am Cabo de Estaca de Bares


Dann begann die mühselige Suche nach einem Stellplatz für die Nacht. Rund um das Cap fehlten mir die passenden Büsche für die unvermeidlichen „Geschäfte“ und als wir einen an sich netten Platz an der „Praia de Bares“ (in Galicien heißen die Strände Praia statt Playa) gefunden hatten, an dem sich schon ein VW-Bus mit Schweizer Kennzeichen und zwei Campingmobile aus Deutschland eingefunden hatten, stellte sich leider heraus, dass am einzigen noch verbliebenen Stellplatz sich die Hundehaufen türmten – und dass zu allen drei Campern ebenfalls je ein Hund gehörte. Letzteres wäre vermutlich nicht ausschlaggebend gewesen, aber die Hundekacke widerte mich doch zu sehr an (und die Vorstellung, womöglich versehentlich doch mal reinzutreten …). Gut, versuchten wir es eben an einem anderen Strand, der Playa Esteiro, die eine viertel Stunde Stichstraße entfernt lag. Doch auch hier hatten wir kein Glück: der Großteil des Parkplatzes war mit einer Höhenbegrenzung abgeteilt, die selbst für uns zu niedrig war, und zudem gab es dort eine Bar, die recht gut besucht war, sowie Schilder, die das Campieren explizit verboten … 


Die Magie (galicisch: "a maxia") des Meeres ...


... wirkt auch in eher hässlicher Kulisse.


Der Leuchtturm am Cap und rechts die Ruinen einer alten US-Funkstation (LORAN),
in denen die beiden obigen Bilder entstanden sind.


So blieb noch der Mirador Acantilados do Loiba als letzte Hoffnung, ein Aussichtspunkt an der Steilküste mit Blick aufs Meer und sehr pittoreske Felsen etwas westlich vom „Nordkap“, dessen Leuchtturm von hier noch sichtbar war. Der Parkplatz war bei unserer Ankunft recht gut gefüllt, weshalb wir lieber noch ein Stück weit einem Feldweg folgten bis zu einem grasbewachsenen Flecken mit Picknicktisch, den wir zu unserem Stellplatz erkoren. Nicht so ganz legal natürlich, aber auch nicht explizit verboten, und so hofften wir einfach auf eine ruhige und vor allem unbehelligte Nacht.


Unser Stellplatz am Mirador Acantilados de Loiba


Nach gut der Hälfte der uns zur Verfügung stehenden Reisezeit hatten wir hier unseren Umkehrpunkt nahezu erreicht, denn es war uns längst klar, dass wir es nicht bis zum Cabo Fisterra und rechtzeitig wieder nach Hause schaffen konnten – jedenfalls nicht ohne größeren Stress. Fast 250 km trennten uns noch von unserem ursprünglichen Ziel, und da wir in den nächsten Tagen nicht immerzu fahren, fahren, fahren, dort nur kurz abklatschen und wieder zurückhetzen wollten, erschien es uns schlicht am vernünftigsten, für diesmal darauf zu verzichten.



Fortsetzung folgt hier