Freitag, 3. Dezember 2021

Nordspanien 2021 - Teil I

 Text: Eva Irmler 
Fotos: Günter Schmidt


Endlich nach Spanien!



Nordspanien – diese Reise wollten wir ursprünglich schon im Frühjahr 2020 unternehmen, doch damals machte uns, wie so vielen anderen, der Ausbruch der Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Und nachdem es auch im letzten Herbst nicht ratsam erschienen war, dorthin aufzubrechen, es für uns stattdessen nach Schweden ging, lag es nahe, diesen Plan nun endlich zu verwirklichen. 
 
Spanien war eines der Länder in Südeuropa, von denen wir bisher noch recht wenig gesehen hatten. Abgesehen von einem eher kurzen Aufenthalt in Andalusien vor einigen Jahren und einer Stippvisite in den Pyrenäen in den Pfingstferien 2007, kannte ich von diesem Land genau genommen noch gar nichts. Und Günters Erinnerungen an zwei Familienurlaube in den 1970er Jahre waren mindestens ebenso sehr verblasst, wie die wenigen Fotos, die davon noch existieren.


Andalusische Stiere auf Wiesensalbei, Mai 2013


 Mallos de Riglos, am Südrand der Pyrenäen, Pfingstferien 2007


Neben dem Meer, das in diesem Jahr hoffentlich auch wieder einmal zum Baden einladen würde, lockte uns natürlich die Aussicht auf zahlreiche Wandermöglichkeiten. Insbesondere die schroffen, trotz ihrer Nähe zum Atlantik teils über 2500 m hohen Picos de Europa standen auf der Liste unserer Wunschziele, aber auch in den angrenzenden Gebirgsregionen und an den Küsten würden sich sicher viele lohnende Touren finden. Und zu guter Letzt wollten wir auch die Kultur nicht ganz links liegen lassen und planten, die eine oder andere Stadt zu besichtigen.
 
Vier Wochen Reisezeit klingen zunächst mal nach viel, doch wollten wir auf Marathon-Fahrtage möglichst verzichten und auf der Anreise und ebenso bei der Rückfahrt unterwegs ein paar Stationen einschieben. Von daher war schnell klar, dass wir es allenfalls schaffen konnten, in dieser Zeit Spaniens nördlichste Regionen - von Katalonien im Osten bis Galicien ganz im Westen - zu erkunden, und selbst, ob wir unser ursprünglich erklärtes Ziel „Finis Terrae“ (genauer: Cabo Fisterra, den westlichsten Punkt des spanischen Festlands) erreichen würden, blieb fraglich.

[Für alle, die sich einen Überblick verschaffen wollen,  hier schon mal der Link zur Karte mit unserer Reiseroute]

Unser selbstgebasteltes Reisemobil konnte nach zwei Jahren, zwei großen und vielen kleineren Touren schon fast als altbewährt gelten, wenn es auch nach wie vor in vielen Details Verbesserungsbedarf gab (und gibt).


Der momentane Ist-Zustand unseres Campingmobils ;)
Bei Pottenstein in der Fränkischen Schweiz, Juni 2021

 
Vor der Abreise nach Spanien ergänzten wir unsere Inneneinrichtung unter anderem um eine praktischere und etwas geräumigere, würfelförmige Styropor-Kühlbox, die unsere Lebensmittel dann leider nicht wesentlich länger kühl hielt als ihre Vorgängerin. Da war es schon fast ein Glück, dass sich das nordspanische Klima im September und Oktober als überraschend gemäßigt herausstellte. Und für kommende Reisen in „echt“ warme Länder müssen wir wohl noch nach einer anderen Lösung suchen. Ein großer Vorteil der Box ist aber, wie erhofft, ihr waagerechter Deckel, den nun vor allem ich als Tisch und Ablagefläche bei den Mahlzeiten nutze.
 
Am Campingaufbau war diesmal unmittelbar vor der Reise nicht viel zu tun, im Lauf des zurückliegenden Jahres kam aber doch einiges an Neuerungen und Umbauten zusammen:

Am Vorderende des Alkovens wurden zwei verschließbare Lüftungsgitter ins Bodenbrett eingepasst, in der Hoffnung, dass sich dadurch nachts weniger Kondenswasser an der Dachfläche bilden würde. Leider ging diese Rechnung nicht so richtig auf, aber immerhin sorgten die Gitter während der Fahrt für gute Durchlüftung des Aufbaus, so dass die Feuchtigkeit darin schneller abtrocknete.

Die Filzbahnen, mit denen wir unser Dach im letzten Jahr von innen bespannt hatten, sorgten zwar – abgesehen von ihrer eigentlichen Funktion als Sichtschutz – auch dafür, dass wir mit der kondensierten Feuchtigkeit nicht so sehr in Berührung kamen, doch gegen Sonneneinstrahlung nützten sie gar nichts. Die Picknickdecke, die wir an ihrer Stelle in diesem Frühjahr eher als Provisorium angebracht hatten (mit Alubeschichtung nach außen/oben), hat sich dagegen über den Sommer und auch jetzt in Spanien so bewährt, dass wir sie wohl beibehalten werden. 

Die Plane unseres Aufstelldachs zeigte an den hinteren Ecken nach gerade mal einem guten Jahr schon deutliche Abnutzungsspuren, die offensichtlich dadurch entstanden waren, dass bei jedem Öffnen und Schließen des Dachs und vielleicht auch während der Fahrt die Spanngurte, die das Dach geschlossen halten, daran scheuerten. Abhilfe brachte hier, dass Günter parallel zur hinteren Querstange des Dachrahmens etwas weiter innen eine zusätzliche Aluschiene einbaute, an der nun die besagten Spanngurte ansetzen. Zwei Griffe an der neuen Querstange ermöglichen es zudem, das Dach recht bequem auch von innen zu öffnen und zu schließen.

Last but not least hätten wir uns gerade in Schweden eine bessere Isolation des Fußraums im Aufbau gewünscht, um hier nicht ständig gegen kalte Füße kämpfen zu müssen. Folglich war dies eine der ersten Verbesserungen, die wir nach unserer Rückkehr in Angriff nahmen und dafür eine unserer uralten, längst nicht mehr benutzten klassischen Schaumstoff-Isomatten „opferten“.

Der 11. September war Günters erster Urlaubstag, den wir zum Glück komplett fürs Packen reserviert hatten. Nachdem sich das übliche Chaos, das dabei vor einer längeren Reise unweigerlich immer entsteht, gegen Abend gelichtet hatte, waren wir bereit (und reif …) für die Abreise.


 Über die Schweiz nach Frankreich



Am Sonntag, 12. September, wachten wir pünktlichst um 7 auf, ohne den Wecker gestellt zu haben. Die letzten Reisevorbereitungen waren nach dem Frühstück in endlicher Zeit vollbracht und, als dann auch noch die Spülmaschine ihr überraschend langes Kurzprogramm beendet hatte, konnte es 20 nach 10 endlich losgehen.
 
Die Fahrt, erst über die A 96 nach Österreich, dann weiter in die Schweiz, verlief weitgehend problemlos und gegen 16 Uhr hatten wir bereits unser erstes Ziel erreicht, das Städtchen Gruyères (auf Deutsch Greyerz) nahe Fribourg.
 
Gruyères’ malerisch auf einem Hügel thronende Burg und Altstadt stellten sich als Touristenmagnet heraus und wir staunten nicht schlecht, wie viele Touristen tatsächlich noch unterwegs waren außerhalb aller Schulferien. Nett war das Städtchen natürlich schon, alles sehr schön hergerichtet und herausgeputzt. Leider verpassten wir die Chance, hier direkt an der Quelle des Greyerzer Käses ein typisches Schweizer Käsefondue zu probieren (stattdessen gab es später Aufgewärmtes auf dem Wanderparkplatz …) und gönnten uns lediglich jeder zwei große Kugeln Eis (zusammen für horrende 17 Franken!). 


Gruyères


Die meiste Zeit verbrachten wir dort allerdings im H.R.-Giger-Museum, wo wir uns die unzähligen „Alien“-Gemälde, -Statuen, -Modelle anschauten, sowie all die anderen schauerlichen Alptraumszenerien, die der Künstler im Lauf seines Lebens zu Papier oder plastisch in den Raum gebracht hat. – Schon irgendwie interessant, aber für meinen Geschmack definitiv zu viele aufgespießte oder sonst wie malträtierte Frauenkörper.


Kunstmuseum oder Gruselkabinett?


Mit unserem Parkticket im Wert von 2 Franken hätten wir auf dem Parkplatz am Fuß der Burg stehen bleiben können wie schon einige Camper, die sich ganz offensichtlich für die Nacht dort häuslich niedergelassen hatten. Sanitäre Einrichtungen waren hier, abgesehen von zwei Toi-toi-Toilettenhäuschen, aber leider Fehlanzeige und zudem vermuteten wir, dass es morgens schon wieder recht früh laut werden würde. Also versuchten wir unser Glück am Campingplatz etwas außerhalb von Gruyères. Doch auch diesen fanden wir nicht sonderlich attraktiv, da er ziemlich voll zu sein schien und letztlich – obwohl nur auf Umwegen über die Felder erreichbar – direkt an der Hauptstraße lag.


Blick zurück bei der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit:
Die Burg von Gruyères ist noch winzig am linken Bildrand zu sehen.

 
So verbrachten wir die erste Nacht der Reise also gleich mal auf einem Wanderparkplatz, genauer auf dem „Parking des Baudes“ (1280 m) am Fuß des Vanil Noir, den wir anderntags zu besteigen planten.

Ob wir hier am Berg allerdings eine ruhigere Nacht verbringen würden als im Tal, schien von vorneweg nicht sicher. An einem Montagmorgen wäre hoffentlich nicht so viel los wie an diesem Sonntag, an dem der Parkplatz ganz offensichtlich irgendwann überfüllt gewesen sein musste, da einige Autos schon weiter unten an der Straße abgestellt waren. Als wir so gegen 19 Uhr ankamen, verloren sich dagegen auf dem recht geräumigen Platz lediglich noch fünf Autos, ein Motorrad und ein Campingbus mit französischem Kennzeichen, dessen Bewohner – eine Familie mit Kleinkind – uns in dieser Nacht offenbar Gesellschaft leisten würden.


Nachts ist es sternklar am Fuß des Vanil Noir


Dabei war hier wirklich kein idealer Stellplatz, jedenfalls nicht für uns, die wir ohne eigene Toilette unterwegs waren. Die ganzen umliegenden Wiesen waren mit Stacheldraht eingezäunte Weiden und ansonsten wucherte überall üppiges Brennnesselgestrüpp. Blieb als einzige Chance der Wanderweg, der ein Stück unterhalb den Stacheldrahtverhau durchbrach und vielleicht Zugang zu einem passenden Gebüsch gewähren könnte … 

Dass es hier dann in der folgenden Nacht insgesamt so unruhig werden würde, dass wir es anderntags vorzogen, mit einer ausgewachsenen 1200-Hm-Wanderung in den Knochen noch bis südlich von Grenoble weiterzufahren, hätten wir aber abends auch noch nicht gedacht. 

Das fing mit den bimmelnden Kühen auf den umliegenden Weiden an, die höchstens ein paar wenige Stunden zur Ruhe kamen, und ging weiter mit dem Kind der Franzosen, das man hin und wieder weinen hörte. Dann erfreuten uns gegen 23 Uhr ein paar sehr späte Wanderrückkehrer, die meinten, unbedingt noch einen angeregten Plausch neben ihrem Auto abhalten zu müssen, bis ich im Schlafanzug und mit Stirnlampe auftrat und ihnen zu verstehen gab, dass es hier Leute gab, die schlafen wollten. Doch damit nicht genug: morgens in aller Herrgottsfrühe (geschätzt zwischen 4 und 5) warf bei einem der umliegenden Gehöfte jemand einen Generator an, der dann bis kurz vor Sonnenaufgang vor sich hin brummte … 

Von daher war uns also morgens schon klar, dass wir hier ganz sicher nicht noch eine Nacht verbringen wollten. Und als wir dann auch noch überraschend früh vom Wandern zurück waren, gegen halb 3 nachmittags nämlich, war der Entschluss zur Weiterfahrt schnell gefasst. 

Statt den Vanil Noir bestiegen wir allerdings auch „nur“ seinen weitaus unspektakuläreren, wenn auch nahezu gleich hohen Nachbarn Vanil de l’Ecri (2389 m versus 2376 m). 

Kurz vor 9 waren wir startklar und damit – auch an diesem Montag – bei weitem nicht die ersten. Beim Aufstieg kamen wir zunächst gut voran, hatten nach 50 Minuten schon die Cabane de Bounavaux (1620 m) erreicht und, vorbei an aufgeregt pfeifenden Murmeltieren, bald darauf auch den Punkt der Entscheidung, denn zum Vanil Noir waren zwei verschiedene Routen ausgeschildert. Wir hatten beide leider nur noch vage Erinnerungen an die Tourenbeschreibung, die wir vor der Abreise studiert hatten, und so ohne mobiles Internet (in der Schweiz zu teuer, da in unseren Flatrates nicht inbegriffen) auch keinen Zugriff darauf. So entschieden wir uns recht spontan, und weil sich hier falls nötig auf den Vanil de l’Ecri umdisponieren ließe, uns nach rechts zu wenden und zwei Deutschschweizerinnen zu folgen, die an uns vorbeigezogen waren, während wir noch unschlüssig am Wegweiser standen. 


Cabane de Bounavaux am Morgen


Zunächst ging’s nun in eine ziemlich feuchte Senke, einen richtigen Talkessel hinein, dann aber bald sehr steil und immer noch steiler in recht direkter Linie zu einem Sattel hinauf, der zwischen den beiden Vanils liegt. Gegen Ende wurde es zunehmend felsig und mussten auch schon gelegentlich die Hände eingesetzt werden. Zudem waren die Kalkfelsen oft ziemlich abgespeckt und mit feuchter Erde überzogen, was schon den Aufstieg zu einer rutschigen Angelegenheit machte. Vom Vanil Noir wurde bei Nässe dringend abgeraten (das hatte sich mir eingeprägt …) und ich überlegte schon jetzt, ob dies wohl auch auf die heutigen Bedingungen zutraf. Als ich dann vom Sattel aus zum ersten Mal den Weiterweg erblickte, stand für mich gleich fest, dass dieser für mich heute nicht infrage kam. Und auch Günter war zu meiner Überraschung schnell einverstanden, da er dem abgelaufenen Profil seiner etwas in die Jahre gekommenen Leichtwanderschuhe nicht mehr wirklich traute, schon gar nicht auf nassen, speckigen Felsen in ausgesetztem Gelände. 


Ein für uns heute abschreckender Anblick - der weitere Aufstieg zum Vanil Noir führt
 durch die Steilflanke rechts zum Grat und an diesem entlang nach links zum Gipfel.


So ging’s für uns also zum Vanil de l’Ecri weiter, an dessen Hängen uns eine stattliche Steinbockherde mit einem noch viel stattlicheren „Chef“ für den entgangenen Gipfel entschädigte. Und am Himmel führten unterdessen unzählige Geier und Kolkraben und auch ein paar Dohlen mehr oder weniger halsbrecherische Flugmanöver vor.




Die unzähligen Vögel sind in diesem Maßstab leider nur Punkte,
 daher bitte Bild in groß bewundern!

 
Am Gipfelgrat etwas abseits vom Kreuz, das schon „besetzt“ war, verspeisten wir noch vor 12 Uhr eine frühe Brotzeit, ehe es wieder hinab ins Tal ging, auf gleichem, mittlerweile deutlich trockenerem Weg.


Am Gipfel des Vanil de l'Ecri


Blick in den Talkessel beim Abstieg


 Auch die Sonne kam nun zunehmend häufiger zum Vorschein als am Vormittag und Richtung Tal wurde es noch einmal richtig sommerlich heiß. Kurz bevor wir wieder die Cabane de Bounavaux erreicht hatten, „verkürzte“ ich daher sogar noch meine Wanderhose. Anderthalb Stunden zuvor hatten wir im Kontrast dazu am Gipfel noch ganz schön gefröstelt, trotz Pulli, Jacke, Mütze … 


Cabane de Bounavaux am frühen Nachmittag


Im Nachhinein wurmte es mich schon, dass wir den Vanil Noir nicht wenigstens versucht hatten und uns von der Aussicht am Sattel hatten abschrecken lassen, und Günter ging es nicht anders, zumal wir auch gar nicht so wenige andere Wanderer beobachten konnten, die den Auf- und Abstieg erfolgreich bewältigten. Nun war es aber leider nicht mehr zu ändern und so werden wir wohl bei anderer Gelegenheit mit besserem Schuhwerk und sorgfältigerer Vorbereitung (Tourenbeschreibung ganz altmodisch ausdrucken oder wenigstens auf dem Handy abspeichern …) und möglichst auch bei trockeneren Bedingungen wiederkommen müssen.


Les Baudes - wieder am Parkplatz


Vom Wanderparkplatz ging es, nachdem wir uns umgezogen und das Dach zugeklappt hatten, zunächst wieder nach Gruyères zurück und dann auf die Autobahn Richtung Genf und Frankreich. Von unserem Gipfel war der Genfer See zum Greifen nah erschienen, doch bis wir ihn jetzt erreicht hatten dauerte es. Und anschließend zog sich die Strecke am See selbst erst recht, bis wir uns hinter Genf endlich bei den Fahrzeugen einreihen konnten, die wie wir über die Grenze nach Frankreich wollten. Von Kontrollen wegen Corona (immerhin war ein Einreiseformular Pflicht) gab es keine Spur, und so gestaltete sich der Grenzübertritt so unproblematisch wie eh und je.
 
Kaum in Frankreich verfuhren wir uns auch schon, weil wir uns in den anderthalb Tagen Schweiz offenbar so an die grüne Autobahnbeschilderung gewöhnt hatten – in Frankreich bedeutet grün aber leider „Route National“ … So drehten wir eine Runde durch Bezahlschranken und Kreisverkehre, ehe wir wieder erfolgreich auf die Autobahn auffahren konnten. Zu spät fiel uns ein, dass dies die Gelegenheit gewesen wäre, den Tank des Isuzu aufzufüllen, dessen Anzeige sich schon bedenklich dem „E“ zu neigte. Da wir keine Autobahnpreise zahlen wollten, lief es nun darauf hinaus, in den Vorstädten von Grenoble nach Googles Anleitung auf sehr verschlungenen Pfaden eine Tankstelle anzusteuern, die am Ende tatsächlich recht normale Tarife hatte. Nur blieb dadurch leider jede Menge Zeit auf der Strecke und es wurde immer später. 

Die erste Prognose für die Fahrt von Gruyères bis zu unserem Ziel, dem Campingplatz „Ferme du Pas de l’Aiguille“, waren sowieso schon happige 3 h 40 min gewesen, letztlich waren wir aber mindestens eine Stunde länger unterwegs. Hungrig wurde es auch mit der Zeit, und obwohl wir das Ärgste noch mit einem Müsliriegel auf dem Autobahnparkplatz bekämpfen konnten, waren unsere Gesichter doch recht lang, als sich herausstellte, dass das einzige Restaurant in der Gegend, das wir auf die Schnelle ausfindig machen konnten, uns nichts servieren würde: „Le Randonneur“, ein Gasthaus im Dörfchen Chichilianne mit angeschlossener „Wanderer“-Unterkunft, in die sich gerade eine riesige Motorradfahrer-Gruppe einquartiert hatte, verköstigte am heutigen Ruhetag ausschließlich die eigenen Übernachtungsgäste … 

So blieb uns nichts anderes übrig, als zum idyllisch gelegenen Bauernhof-Camping mit Blick zum Mont Aiguille weiterzurollen und uns mit Dosen-Chili-con-Carne, gepimpt mit Möhren, Wiener und Tomaten zu begnügen. Passend dazu war der Campingplatz auch eher von der spartanischen Sorte: Als Zelt- und Stellplatz diente eine weite Wiese links des Zufahrtswegs, während rechts von diesem der landwirtschaftliche Betrieb (Schweinemast), sowie ein Servicegebäude mit ein paar Duschen und WCs und einem Gemeinschaftsraum mit Küche lagen. Die Rezeption war weder abends bei unserer Ankunft noch am folgenden Morgen besetzt, weshalb wir unseren Obolus in den dafür bereitgestellten Briefkasten einwarfen.


Noch ist der Mond hinter dem Mont Aiguille verborgen.


Nach angenehm ruhiger Nacht erwachten wir zu einem Morgen mit eher durchwachsenem Wetter: Bei Tagesanbruch malte die Sonne noch rosiges Licht auf Landschaft und Wolken, später trübte es dann erst mal so richtig ein und als wir schon auf dem Weg zum Pas de l’Aiguille waren, dem ersten Zwischenziel auf unserer Tageswanderung zu den „besten“ Aussichtspunkten Richtung Mont Aiguille, fielen sogar ein paar Tropfen. Im Lauf des Tages blieb es wechselhaft und windig kühl, erst nachmittags wurde es wieder sonniger.




Morgenrot beim "Camping auf dem Bauernhof"


Der Tagebucheintrag über diese Wanderung, die uns letztlich zur Tête Chevalière, einem 1951 m hohen Aussichtsberg direkt gegenüber vom Mont Aiguille führte, blieb leider Fragment, da ich ihn zunächst immer wieder aufschob und dann schließlich schon gar nicht mehr genau wusste, wie es gewesen war. Statt mir jetzt noch mehr aus dem Gedächtnis zusammen zu reimen, gibt es hier einfach eine etwas ausführlichere Bilderstrecke dazu:


Am Pas de l'Aiguille


Gleich oberhalb des Passes erinnert ein Denkmal an Resistance-Kämpfer,
die hier 1944 bei einem Gefecht mit deutschen Soldaten umkamen.


Vom Pass ging es über weitläufige Hochebenen mit Heidelandschaft ...


... bis zur Tête Chevalière mit Paradeaussicht zum Mont Aiguille.


Dann der lange Marsch zurück, ...


... wieder vorbei an einer zutraulichen Pferdeherde, die sich diesmal jedoch
 mehr für ihre Salzlecken interessierte als für uns Wanderer.


Nachmittags ist die Aussicht vom Pas de l'Aiguille, sehr viel heiterer.


Für einen erneuten Standortwechsel nach nur einer Nacht sprachen diesmal vor allem zwei Gründe: Erstens das fast nicht vorhandene Internet auf dem Camping Ferme du Pas de L’Aiguille (bei mir ging’s etwas besser, bei Günter praktisch gar nicht) und zweitens die Aussicht, nach zwei Tagen Reste essen und Dosenfutter endlich mal wieder was „Gescheites“ zwischen die Zähne zu bekommen. 

Stabiles Internet war deshalb so wichtig, weil Günter sich an diesem Abend zu einem geschäftlichen Meeting einwählen wollte/musste, das offenbar wichtig genug war, um im Urlaub, auf einem Campingplatz, direkt aus dem Auto solche Kopfstände zu machen. Tatsächlich klappte dies dann auf dem Camping Chaussières in Châtillion-en-Diois, der nur gute 30 km von unserem letzten Übernachtungsort entfernt lag, ohne Probleme. Ansonsten handelte es sich hier um einen Platz im eher alten Stil mit vielen Services im Freien (Waschen – sich und Wäsche, Spülen) und WCs und Duschen als Einzelkabinen, die man ebenfalls direkt von draußen betrat. – Eigentlich recht praktisch in Corona-Zeiten, so kam die Frage nach der Maskenpflicht erst gar nicht auf.

Was ein ordentliches Abendessen anging, hatten wir hier allerdings weit weniger Glück: Günters Versuch, für uns einen Tisch in einem Hotelrestaurant (Hotel Dauphiné) zu reservieren, war leider nicht von Erfolg gekrönt: Es stellte sich heraus, dass dieses geschlossen hatte, obwohl die Reservierung via Internet möglich gewesen war … Nachdem keine Rückmeldung gekommen war, hatten wir aber schon so was befürchtet. Letztlich landeten wir nach einer Runde durchs Dorf wieder am Campingplatz und stellten fest, dass es in der Poolbar, nur ein paar Meter von unserem Campingmobil entfernt, was zu essen gab – vermutlich so gut wie die einzige Möglichkeit zu dieser Jahreszeit hier am Ort … 

Zwei Burger mit Pommes und Salat und einen halben Liter Weißwein später waren Mägen und Lebern dann auch wieder gut beschäftigt. Noch ein bisschen Zeitung- und Onleihe-Buch-Lesen und dann wars höchste Zeit für den Schlafsack.


Nach Spanien



Am Mittwochmorgen (15.9.) war es in der Gegend ums Massif du Vercors noch immer eher wechselhaft – erst Regen, dann kurz Sonne so lange wir frühstückten und anschließend schafften wir es gerade noch, alles einzupacken, ehe uns beim Wasserabfüllen doch noch einmal ein Schauer erwischte. 
Auf unserem Weg nach Süden ging es dann gerade so weiter, immer mal wieder rauschte ein Schauer über uns hinweg, der heftigste und für uns unpraktischste just, als wir den Carrefour von Remoulins (in der Nähe des Pont du Gard) verlassen wollten. Derart heftig schüttete es da, dass Günter das höchstens 50 m entfernt geparkte Auto direkt vor den Eingang fuhr, damit wir unsere paar Einkäufe (Brot, Wein, Wasser) in den Fußraum des Aufbaus werfen konnten, ohne pitschnass zu werden.

Davor waren wir einige Kilometer entfernt an der Straße Richtung Pont du Gard im Restaurant „Le Rive Gauche“ essen gewesen, das, wie der Name schon sagte, auf der „falschen“, linken Seite des Flusses lag, hätte man den alten Aquädukt besuchen wollen. Die Bewirtung fand hier – vermutlich Corona-bedingt – ausschließlich draußen statt, allerdings vor Sonne, Wind und Regen geschützt durch eine Art Partyzelt. Hier erlebten wir auch zum ersten Mal, was inzwischen bei uns in Deutschland längst ebenfalls Alltag ist, für uns Mitte September aber noch neu war: Ehe der Kellner unsere Bestellung aufnahm, wollte er unsere Impfnachweise sehen. Neben einem Barbecue-Menü, das für 18 € nicht nur jede Menge Fleisch zum Selber-Grillen auf dem heißen Stein, sondern auch Salatbuffet und Nachtisch umfasste, stand Rumpsteak mit Pommes und Salat (15 €) auf der Speisekarte, wofür wir uns vernünftigerweise entschieden. Das Fleischstück war eher klein, aber qualitativ ok, die Pommes waren frisch frittiert, nur der grüne Salat mit wenigen Tomatenscheibchen war nicht weiter der Rede wert. Noch einen Espresso zum Abschluss und dann zahlten wir für alles zusammen gerade mal 38 €.

Obwohl wir bei der Weiterfahrt eigentlich schon auf der Höhe von Montpellier das Mittelmeer erreicht hatten, sahen wir bis kurz vor unserem Tagesziel am Cap de Creus nicht allzu viel davon. Zunächst fiel lediglich auf, dass in Richtung Küste der Himmel hell war, während landeinwärts, wo die Autobahn A 9 Richtung Spanien verlief, nach wie vor dicke Wolken hingen. Warm wurde es im Lauf des Tages aber trotz allem: Hatten wir morgens noch bei 18°C gefröstelt, kletterte das Thermometer mit der Zeit auf 26°C und, als dann nahe der spanischen Grenze doch so langsam die Sonne herauskam, waren es ruckzuck sogar 30°C.
 
Den Grenzübertritt bemerkte man im Übrigen auch hier kaum, lediglich ein paar Schilder wiesen auf die in Spanien geltenden Tempolimits hin (120 auf der Autobahn, 80 auf Landstraßen, …) und davor hatte Frankreich uns freundlich verabschiedet.
 
Mein erster Eindruck von Spanien war dann nicht der allerbeste, denn in Frankreich war mir bis zuletzt alles recht aufgeräumt und wohl geordnet und die Landschaft tendenziell überraschend grün erschienen. Ab der Grenze tauchten schlagartig Müllhaufen und heruntergekommene Häuser auf und alles wirkte zudem plötzlich wie ausgedörrt. – Zur Ehrenrettung Spaniens sei gesagt, dass dies wirklich nur mein Eindruck am allerersten Tag und auf den ersten Autobahnkilometern war, ehe wir Richtung Cap de Creus abzweigten. Sicher war mein Blick hier auch gefärbt durch die Anspannung angesichts der Tatsache, mich nun schon wieder auf ein anderes Land, eine andere Sprache und Kultur einstellen zu müssen. – Vielleicht hätten wir uns doch noch etwas mehr Zeit für die Anreise lassen sollen?

Je näher wir der Mittelmeerküste kamen, desto mehr Grün gab es gleich wieder am Wegesrand und waren auch die Ortschaften allesamt hübsch (TouristInnen-tauglich …) herausgeputzt. Nachmittags gegen 16.30 Uhr waren wir endlich auf dem „Camping Port de la Vall“ bei El Port de la Selva angelangt. Und nachdem wir uns in Meeresnähe ein Plätzchen gesucht hatten, wollte ich erst mal nur kurze Hosen anziehen, mich im Freien in den Schatten setzen, die Tarte aux Pommes genießen, die wir im Carrefour noch mitgenommen hatten, und einfach ankommen. 


El Port de la Selva


Das Meer gab sich derweil alle Mühe, darüber hinweg zu täuschen, dass es sich hier um das Mittelmeer und mitnichten um den Atlantik handelte, und wogte und rauschte gewaltig an den Strand. Gegen Abend spazierten wir noch zum Leuchtturm (Far de s’Arenella) an der Landspitze nördlich des Campingplatzes, dabei fiel uns ein kleines Motorboot auf, das offensichtlich dort auf den Felsen gestrandet war. Andere hatten es wohl auch schon bemerkt, denn auf dem Rückweg beobachteten wir, wie zwei Polizeiautos angerollt kamen und vier Polizisten sich den Schlamassel besahen.


Far de s'Aranella - ganz rechts auf den Klippen das gestrandete Boot.


Am Horizont türmen sich schon die Wolken.


War es bei unserer Ankunft hier noch richtig sommerlich heiß und sonnig gewesen, zogen sich jetzt am Abend zunehmend Wolken über den Bergen im Hinterland zusammen (die Pyrenäen waren nicht weit!) und auch hier an der Küste verschwand bald die Sonne und es wurde rasch kühler. Nur auf dem Campingplatz zwischen all den anderen Campern (es war erstaunlich voll, doch in unserer Nachbarschaft gab’s zum Glück große Lücken) hielt sich die Wärme noch länger und der Regen blieb, meinen eigenen Unkenrufen zum Trotz, zunächst ebenfalls aus. 

In der Hauptsaison scheint dieser Campingplatz derart viele Gäste zu beherbergen, dass man sich veranlasst gesehen hatte, einen wahrhaft gigantischen Sanitärbereich zu bauen bzw. nach und nach immer mehr zu erweitern. Geschätzt gab es allein für Frauen und im neuesten, nicht nach Geschlechtern getrennten Anbau sicher 20-30 Duschen und eher noch mehr Toiletten. Kein Vergleich also zu den eher beschaulichen Verhältnissen am gestrigen Platz, wo für alle Gäste lediglich 4 WCs zur Verfügung standen.


Eine Küstenwanderung und ihre Folgen ...



Unser erster kompletter Tag auf spanischem Boden fing recht gemütlich an. Morgens regnete es, so wie auch schon während der Nacht, immer mal wieder – meist nicht sonderlich lang, teils aber doch recht heftig. So lockte uns zunächst wenig aus unseren Schlafsäcken, erst gegen halb oder dreiviertel neun machte ich mich dann doch mal zur Toilette und Dusche auf und Günter machte so lange das Frühstück. Die Dusche spuckte erst nur kaltes Wasser aus, sodass mir Zweifel kamen: Hatte ich vielleicht eine reine Kaltwasserdusche erwischt? Doch da es keinerlei Hinweis gab und ich dem eindeutig gekennzeichneten Warmwasserhahn eines anderen Duschmodells auch kein angenehmer temperiertes Wasser entlocken konnte, ergab ich mich einfach in mein Schicksal und duschte kalt. Erst als ich schon fast fertig war, wurde das Wasser dann doch noch erst lau und dann so richtig warm … 

Bis wir gefrühstückt hatten und auch sonst bereit für den Tag waren, hatte es deutlich aufgeklart und bestand die Hoffnung, dass es von nun an trocken bleiben würde. Kaum hatten wir den Parkplatz an der Cala Tamariua, der ersten Bucht jenseits der Ortschaft El Port de la Selva erreicht, begann es jedoch schon wieder zu nieseln. Zum Glück blieb dies aber ein kurzes Intermezzo und von da an verlief die Küstenwanderung von Bucht zu Bucht – zunächst auf gut ausgebautem und markiertem Pfad – unter bedecktem Himmel und bei kühler Brise vom Meer her recht angenehm. Nach einer kurzen Rast am Strand der Cala Fornells konnte es bald weiter Richtung Puig Gros (161 m) gehen, von nun an zwar nicht mehr markiert, aber doch auf deutlichen Pfadspuren.


An der Cala Fornells lädt ein angeschwemmter Baumstamm zur Rast ein.


Weiter geht's über Felsen und ...


... durch meist stacheliges Gebüsch.


Nach insgesamt ziemlich genau zwei Stunden erreichten wir das Gipfelplateau und verspeisten unser Mittagsvesper mit Blick auf weitere Buchten, die, wie auch unser Wandergebiet, alle zum Naturpark Cap de Creus gehörten. Hatten wir zunächst noch extra einen windgeschützten Platz gesucht, da es zum Rasten erstaunlich frisch war, änderte sich dies schlagartig, als die Sonne heraus kam: ab jetzt kam uns jeder Windstoß und jeder Schattenfleck recht und der Rückweg geriet deutlich schweißtreibender als der Anmarsch. 


Am Umkehrpunkt unserer Wanderung beim Puig Gros.


Ursprünglich hatten wir überlegt, noch zu einer weiteren Bucht weiterzuwandern, doch schien uns dies jetzt zu lang und mühsam. Für Hin- und Rückweg ab dem Puig Gros wären dafür sicher noch einmal drei Stunden zu veranschlagen gewesen, und da wir erst um elf losgekommen waren, wäre es so doch arg spät geworden. – Na ja, so wie es dann gelaufen ist, blieb natürlich auch viel Zeit auf der Strecke und der Verdruss, der daraus folgte, war um einiges größer … Aber das wussten wir ja noch nicht, als wir uns zur Umkehr entschlossen. 

Irgendwann, schon recht bald, kamen wir beim Rückweg leider vom rechten Weg ab und, was sich nicht wirklich zu einem Problem hätte auswachsen müssen, wurde dann ganz plötzlich eines: Bei der Querung eines Hangs trat ich, vielleicht abgelenkt durch das Ausschauhalten nach dem richtigen Pfad, auf eine offenbar viel zu dünne Steinplatte (irgendein dünn-plattiges, scharfkantiges Gestein), die prompt abbrach. In der Folge verlor ich den Halt, fiel und fand mich wie Käfer Samsa auf dem Rücken in einem der Stachelbüsche wieder, vor denen mir schon die ganze Zeit gegraust hatte. Doch auch wenn es echt sehr schmerzhaft war, kann ich wahrscheinlich noch von Glück sagen, dass das dichte Gestrüpp mich abgefangen hat, sonst wäre ich sicher weiter den Hang hinabgestürzt. Auf mein Geschrei hin kam Günter, der schon ein Stück voraus war, wieder zurück und half mir aus dem Busch heraus und wieder auf die Beine. Zunächst hatte ich dann nur Augen für die unzähligen blutigen Kratzer und Schrammen an Armen und Beinen, doch mit der Zeit stellten sich diese eher als das kleinere Problem heraus. Denn von dem Moment an, als wir weitergingen, machte sich zunehmend mein unterer linker Rücken bemerkbar.


Nicht nur mit Stechginster und Konsorten, auch mit Kaktusstacheln
"durfte" ich unliebsame Bekanntschaft machen ...


Bis zu einer kleinen Bucht etwa auf der Hälfte des Rückwegs (den „richtigen“ Weg hatten wir da schon längst und ohne weitere Unfälle wiedergefunden), schaffte ich es noch ganz gut. Dort wuschen wir meine Kratzer mit dem Leitungswasser aus, das Günter am Morgen mehr zufällig eingepackt hatte, und sprühten großzügig Wunddesinfektionsspray darauf.
 
Günter schnorchelte dann noch kurz in der Bucht, um Flossen, Brille, Schnorchel nicht völlig unnütz mitgeschleppt zu haben. Offenbar gab es hier im klaren kühlen Wasser überraschend viele und vielfältige Mittelmeerfische zu sehen. Da er die Unterwasserkamera morgens im Auto hatte liegen lassen, konnte er dies nun allerdings nicht dokumentieren. 


Trotz mittlerweile bestem Badewetter ...


... konnten uns die zahlreichen malerischen Buchten nun leider nicht mehr locken.


Hatte ich gehofft, dass die Rast meinem Rücken gut tun würde und er sich anschließend beruhigt hätte, so stellte sich dies leider schnell als Trugschluss heraus. Im Lauf des restlichen Wegs hatte ich im Gegenteil eher das Gefühl, dass es zunehmend schlimmer damit wurde. Ähnlich wie bei einem Hexenschuss schienen sich die beteiligten Muskeln immer mehr zusammenzuziehen und entsprechend wurden manche Bewegungen immer schmerzhafter.


Etwas angeschlagen geht es zurück nach El Port de la Selva.

 
Was für eine Verletzung ich mir genau zugezogen hatte, kann ich nur vermuten: eine Muskelprellung vielleicht oder war sogar eine der unteren Rippen angeknackst? Auf jeden Fall muss ich bei dem Sturz wohl doch auf etwas Hartem aufgeschlagen sein. Wobei ich ja den Rucksack aufhatte und den Bauchgurt geschlossen, so dass der Rücken im betroffenen Bereich eigentlich hätte geschützt sein sollen. Vielleicht war es aber gerade etwas im Rucksack (heißer Kandidat: die kantige, harte Brotzeitbox), was mir einen Schlag versetzte?

Abends ging es mir noch nicht wirklich besser, allein schon eine Verlagerung der Sitzposition beim Essen, das wir der Einfachheit und des kurzen Weges wegen ins Restaurant auf dem Campingplatz verlegt hatten, war eher mühsam. Eine warme Dusche half kurzfristig, die beleidigten Muskeln zu entspannen – als endlich warmes Wasser kam, was wieder ähnlich lang dauerte wie morgens, aber jetzt wusste ich ja immerhin, dass es sich lohnte zu warten.
 
So stand schon nach gerade mal vier Tagen die ganze Reise auf der Kippe, da anfangs völlig unklar war, ob sich mein Rücken in endlicher Zeit und von selbst wieder erholen würde.

Zunächst beschlossen wir mal, entgegen der ursprünglichen Planung noch einen weiteren Tag in der Umgebung des Cap de Creus zu bleiben und Günter buchte für den folgenden Abend ein Zimmer im Hotel „Fundació l‘Olivar“ bei Ventalló. Wegen der Kratzer, die teils schon recht tief waren, konnte ich Baden zwar erst mal vergessen, aber dieser Umstand sollte uns ja nicht an einem Strandaufenthalt hindern, so dass wenigstens Günter sich noch einmal ins Mittelmeer stürzen konnte, ehe wir uns von diesem für diesmal verabschiedeten. 

Überraschend gut und ein kleines Trostpflaster an diesem so unglücklich verlaufenen Tag war im Übrigen das Abendessen, angesichts der Tatsache, dass es sich um ein Campingplatz-Restaurant handelte und unschlagbar günstig war: Meine gegrillten Calamari mit buntem, superfrischem Salat waren herrlich zart und kosteten 9.50 €. Günter hatte eine katalanische Spezialität bestellt: eine Bratwurst („Butifarra“), die Empfehlung eines Kollegen, der längere Zeit in Barcelona gelebt hatte. Dazu gab es grüne Paprikas und Pommes und das alles für 7.50 €! Extrem viel war es allerdings nicht und Salat und Pommes teilten wir uns noch, doch mit einem Bier dazu und den Cashews aus unseren eigenen Vorräten später vor dem Campingmobil hat es auch wieder gereicht.

Am anderen Morgen ließen wir es geruhsam angehen und standen erst nach 8 auf. Meinem Rücken ging es anfangs deutlich besser, wenn ich auch im Lauf des Tages immer wieder zu spüren bekam, dass noch längst nicht alles wieder gut war. Beim Autofahren war jede Kurve, besonders aber die Linkskurven, potentiell schmerzhaft, doch ich lernte schnell, dass es half, mich kräftig in den Haltegriff über der Tür zu hängen … 

Nachdem wir dem Campingplatz den Rücken gekehrt hatten und Günter im „Spar“ von El Port de la Selva Brot und Flan (ein in Spanien beliebter Nachtisch) besorgt hatte, erst eine Bucht bei Roses an. Die direkte Zufahrt von Norden her war dann allerdings gesperrt (hier darf mittlerweile wohl nur noch gewandert werden), so mussten wir den Umweg über die Ortschaft Roses nehmen, um von Süden her die Cala Canadell zu erreichen. Weit war der Anmarsch vom (inoffiziellen, aber offenbar geduldeten) Parkplatz nicht, vielleicht ein halber Kilometer und maximal 100 Hm bergab, dann hatten wir den übersichtlichen Kiesstrand erreicht. Aber ich war froh, dass wir uns an diesem Tag nicht mehr vorgenommen hatten, da sich schon auf dieser kurzen Strecke Gehen und Rucksacktragen nicht wirklich gut anfühlten. 



Roses


Cala Canadell - auch bei FKK-Fans beliebt.


Die Felsen am Rand der Bucht gaben zum Glück ausreichend Schatten, denn ich hatte ja nicht vor, ins Wasser zu gehen. Günter schnorchelte dann wieder, was eine recht frische Angelegenheit gewesen sein muss, aber auch hier mit klarstem Wasser und reicher Fauna belohnt wurde. Besonders nett für mich: direkt am Ufer hielt sich, als Günter gerade ins Wasser ging, ein Octopus auf, der kein bisschen scheu war, sondern im Gegenteil sich neugierig an Günters Fersen heftete und, wenn er sich doch mal erschreckte, immer gleich wieder zurückkam. Während Günter im Wasser war, las ich oder genoss einfach den Blick aufs Meer. Anschließend vertilgten wir unsere Brotzeit und kehrten dann bald zum Auto zurück, um zum Hotel weiterzufahren.
 
Das „Fundació l’Olivar“ lag ein gutes Stück außerhalb der Ortschaft Ventalló und zur Begrüßung wurden wir hier gleich mal von einem der Hunde der Gastgeberin verbellt, denn wir waren erst an den falschen, vermutlich privaten Eingang geraten. Als wir dann ordentlich auf dem Hotel-Parkplatz geparkt hatten und am richtigen Tor eingelassen worden waren, bekam sich ihre tierische Eskorte allerdings vor lauter Schwanzwedeln und treuherzig Schauen kaum mehr ein … Auf einem riesigen parkähnlichen Areal standen hier mehrere monumentale Skulpturen des Künstlers Enric Pladevall, während die flachen und eher übersichtlichen Hotelgebäude unauffällig an den Rand gerückt waren. Unser Zimmer war, wie vermutlich alle, sehr nüchtern in kühler Betonoptik gehalten und hatte über eine kleine Terrasse unmittelbaren Zugang zum Garten, in dem es auch einen Pool gegeben hätte.
 

Fundació l’Olivar - hinter den Büschen unter dem überwucherten Dach
 versteckt sich unsere Unterkunft.


Skulpturengarten


Wer könnte ihm böse sein?


Nachdem wir erfahren hatten, dass das Hotelrestaurant geschlossen war, wollten wir erst dem Ratschlag der Gastgeberin folgen und im Nachbarort das „La Bassa“ ansteuern. Allerdings stank es dann in Ventalló so durchdringend nach Schweinestall (von einem großen Schweinemastbetrieb in der Nähe?), dass uns schnell der Appetit verging und wir beschlossen, woanders nach einer Essensmöglichkeit Ausschau zu halten. Leider streikte gerade da Günters Handy und brachte einfach keine Verbindung zum GPS mehr zustande, so rollten wir zunächst etwas planlos über die Dörfer.

Schließlich konnten wir immerhin in Erfahrung bringen, dass es in der Ortschaft L’Armentera gleich mehrere Restaurants geben sollte, doch war es dort in den engen Gassen unmöglich, einen Parkplatz zu finden. Und als wir dann endlich am Ortsrand auf einem gähnend leeren Großparkplatz unser Gefährt abgestellt hatten, mussten wir leider feststellen, dass es im ersten „Restaurant“ maximal Sandwiches oder Tapas geben würde, was uns zusammen mit der nicht eben ansprechenden Atmosphäre dazu bewog, wieder zu gehen. Im „Café Catalunya“ dagegen, das zunächst völlig ausgestorben wirkte, hieß es auf unsere Nachfrage, ohne Reservierung gehe gar nichts, es sei alles voll … Stellte sich heraus, dass das eigentliche Restaurant hinten raus im Garten war und man – wie offenbar derzeit bei vielen Restaurants in Spanien – hätte per Whatsapp(!) reservieren müssen.
 
Ratlos schleppten wir uns zum Auto zurück und ich war da eigentlich schon reif zum Aufgeben, wäre am liebsten ins Hotel zurückgefahren und hätte Tortillachips mit Salami und Käse zu Abend gegessen. Günter startete dann mit seinem wieder zum Leben erwachten Handy noch einen letzten Versuch und wider Erwarten wurden wir beim Restaurant „Mas Concas“, das etwas abseits von Straße und Ortschaften in der Pampa lag, aber offenbar sehr bekannt und beliebt und entsprechend gut besucht war, auch um 20.45 Uhr noch als Gäste akzeptiert. Ziemlich flott kamen Getränke und Speisen dann auf den Tisch, was uns und vermutlich auch der Belegschaft (ab 21.30 Uhr war offiziell geschlossen) sehr entgegen kam. Wir gönnten uns als Ausgleich zu den vergangenen, etwas mageren Tagen das sehr gelungene 3-Gang-Menü: Vegetarischer Cupcake mit Anchovis bzw. geräucherter Seehecht mit Salat und einer Fischpastete; gegrilltes, noch recht blutiges Rind mit Kartoffelgratin; Weißer Schokokuchen bzw. Cava mit 3erlei Nachtisch-Häppchen. Alles sehr gut und letztlich mehr als ausreichend, wenn auch die einzelnen Gänge zunächst nicht allzu üppig wirkten. 

Anschließend war der Heimweg zum Glück nicht allzu weit und allzu kompliziert, denn der Weißwein zum Essen machte sich doch bemerkbar … Schön ruhig hätte es sein können im Hotel, wenn nicht von der benachbarten Hundepension („Canisapiens“) Dauergebell herübergeschallt wäre. - Überhaupt Hunde: schon den ganzen Nachmittag war ständig wildes Gekläff und Schüsse zu hören gewesen – offenbar war irgendwo eine Jagd im Gange …

Letztlich war die Nacht zum Samstag (18. 9.) dann doch noch absolut ruhig, nachdem die Hunde der Pension endlich eingeschlafen waren. Nur mein blöder Rücken machte wieder jeden Positionswechsel mühsam und die etwas weiche Matratze war dem ganzen nicht eben zuträglich. Morgens wachte ich deutlich weniger entspannt auf als tags zuvor im Camper, eine lange warme Dusche half dann aber auch diesmal. So konnten wir gegen halb 10 zum Frühstück schreiten, das draußen vor dem Bar-Restaurant serviert wurde. Wegen Corona und sicher auch einfach, weil lediglich 3 Zimmer belegt waren, wurde auf ein Buffet verzichtet und wir bekamen Kaffee, Saft, Banane und je einen Teller voll gerösteter Baguettescheiben plus Butter und zweierlei Marmelade an den Tisch gebracht. Anschließend packten wir in Ruhe zusammen, zahlten und „schon“ (um 11 …) waren wir unterwegs Richtung Huesca. Beim Zahlen erzählte das Mädel, das uns auch das Frühstück gebracht hatte, dann noch, dass sie in Karlsruhe studiert habe – kleine Welt! 

Eigentlich war bei diesem späten Start von vornherein klar, dass es sportlich werden würde, rechtzeitig zum Mittagessen in Huesca zu sein. In (diesem Teil) Spanien(s) schlossen die Restaurants zwar erst zwischen 14.30 Uhr und 15 Uhr, um dann abends zwischen 19 und 20 Uhr fürs Abendpublikum wieder zu öffnen, aber 350 km wollten auch erst mal zurückgelegt sein. 

Bis zur Autobahn waren mal wieder ungezählte Kreisverkehre zu umrunden, was uns doch ziemlich ausbremste und für mich zudem noch immer gelegentlich mit Schmerzen verbunden war. Insbesondere abrupte Richtungswechsel, aber auch tiefe Schlaglöcher und „Speed Bumps“ (auf Deutsch heißen die Dinger passenderweise „Rüttelschwellen“...), die es hier in Ortschaften ebenfalls recht häufig gab, mochte mein Rücken gerade gar nicht und quittierte er mit zunehmender Verkrampfung.

Irgendwann, als Mittag schon längst vorbei war, mussten wir einsehen, dass wir uns mit Huesca einfach ein zu fernes Ziel für ein Mittagessen mit anschließender Stadtbesichtigung gesteckt hatten. So fassten wir nun Lleida ins Auge, wo es ebenfalls eine mittelalterliche Kathedrale geben sollte. 

Fürs Mittagessen suchte Günter zunächst ein Restaurant in einer kleineren Ortschaft am Weg heraus, während ich an einer Autobahntankstelle die Toilette benutzte. Doch als wir dieses etwa 10 Minuten später erreicht hatten, wurde schnell klar, dass wir hier wieder mal leer ausgehen würden ohne Reservierung … 

Also fuhren wir nach Lleida weiter, in der Hoffnung, dass uns dort schon eines der vielen Restaurants noch was zu essen geben würde. Wir parkten am Fluss (Riu Segre) und marschierten Richtung Altstadt, wo wir im ersten Restaurant unserer Wahl leider kein Glück hatten, obwohl man uns anbot, auf einen Tisch zu warten, der in etwa 5 Minuten (mas o menos …) frei werde. Als sich aber auch nach gut 10 Minuten noch nichts tat, gaben wir auf und zogen von dannen. Ein paar hundert Meter weiter in der „Tapirus Gastrobar“ war man dann nicht so zimperlich und gab uns anstandslos einen Tisch. Wieder wählten wir das Menü, das mittags hier nur 14.90 € kosten sollte – gerade mal halb so viel wie am Abend zuvor – und qualitativ völlig in Ordnung war.


 
Die Kathedrale von Lleida


Weil mein Rücken nach dem langen Sitzen im überflüssigerweise klimatisierten Restaurant noch mehr protestierte als eh schon, war ich ausgesprochen dankbar, dass es zu dem Hügel, auf dem Kathedrale und Burg thronen, einen Aufzug gab. Die Kathedrale ist eher eine Ruine, da sie schon 1707 von der Kirche aufgegeben werden musste und in der Folge lange Zeit als Kaserne missbraucht wurde. Von daher ist fast nichts mehr vom ehemaligen Schmuck erhalten, seien es Gemälde oder Statuen oder was es sonst noch an üblichem Kircheninventar gibt. Eindrucksvoll ist die große Anlage mit Kreuzgang und Turm (dessen Besteigung wir uns schenkten, zumal die Aussicht über Stadt und Land auch schon vom Burgberg sehr schön war) aber trotz allem noch immer. 


Lleida von oben - in der unteren Bildmitte der Aufzug zum Burgberg.


In der Kathedrale - schmucklos, aber doch beeindruckend.


Im Kreuzgang




Lleida verabschiedete uns dann mit Blitz und Donner, doch immerhin blieb es trocken bis wir unser Auto wieder erreicht hatten. 


Der Turm der Kathedrale lugt vor gewittrigem Himmel
über den modernen Justizpalast.


Gegen Abend kamen wir gerade rechtzeitig am Parkplatz von Alquézar an, der ziemlich weit oben an einem Berghang lag und einen guten Ausblick auf Burg und Ort bot, denn just um diese Zeit rissen die Wolken noch einmal auf und alles lag im schönsten Abendsonnenlicht da. Die Ortschaft unterhalb der ursprünglich osmanischen Burg dürfen nur die Einwohner mit dem Auto anfahren und wir waren uns schnell einig, dass uns der Ausblick von hier oben genügte und wir auf den Fußmarsch dorthin (und wieder zurück …) verzichten würden.


Alquézar

 
Viele Fotos später und nachdem wir noch kurz der Bluesband gelauscht hatten, die auf einem Grundstück am Ortsrand vermutlich bei einer privaten Feier auftrat, rollten wir zum Alquézar-Camping hinab und quetschten uns auf den uns zugewiesenen, recht übersichtlichen Platz. Dass an einem Wochenende hier viel los war, verwunderte nicht wirklich, ließ uns aber eine unruhige Nacht befürchten, zumal gleich gegenüber eine Familie mit mehreren kleinen Kindern logierte und ebenso nebenan. Doch diese Sorge erwies sich als weitgehend unbegründet, dagegen ärgerte uns der spätnachts plötzlich aufgekommene Wind, der ein paar Zweige des Baums, unter dem wir standen, gegen unser Dach peitschen ließ. Letztlich half hier nur, den "Max" einen halben Meter weiter vor zu fahren und zusätzlich die aufdringlichsten Zweige abzubrechen … Der Wind legte sich dann zum Glück, so schnell wie er gekommen war, und von da an war es herrlich sternklar, aber auch eher frisch. Um nur im Schlafanzug zur Toilette zu laufen, war es grenzwertig kühl und leider musste ich diesen Marsch gleich ein paar Mal antreten. Insgesamt schlief ich nicht besonders, was hauptsächlich daran lag, dass ich wieder mal keine Position fand, in der ich längere Zeit schmerzfrei liegen konnte.

Aber auch diese Nacht hatte ein Ende und am folgenden Sonntag, an dem wir unseren Besuch in Huesca nachholen wollten, schien den ganzen Tag die Sonne vom ungetrübten Himmel. Allerdings blies zugleich permanent ein recht heftiger, garstig kalter Wind direkt von den Schneefeldern der Pyrenäen herab. Vermutlich war es für unseren Stadtrundgang aber fast angenehmer so, sonst wäre es sicher recht heiß geworden.


Sonniger Sonntagmorgen am Hauptplatz von Huesca

 
Unser Besichtigungsprogramm war dann überraschend schnell abgehakt, da die Kathedrale sonntags für Besucher komplett geschlossen war. So blieb nur noch San Pedro El Viejo (der Alte Peter...) übrig, eine romanische Kirche mit angeschlossenem Kreuzgang aus dem 12. Jahrhundert, der im Grunde hier die Hauptattraktion ist. Die Kapitelle der vielen Säulen rund um den Kreuzgang stellen das Leben Jesu und noch allerhand andere biblische und mythische Szenen dar. Einige wenige von ihnen sind sogar noch im Original erhalten, während die meisten Ende des 19. Jahrhunderts durch Nachbildungen ersetzt wurden. In der Kirche selbst sind ebenfalls noch einige Wandgemälde aus dem 13. Jahrhundert teilweise erhalten, ansonsten wurde sie im Lauf der Jahrhunderte immer wieder neu ausgestaltet.


Kreuzgang von Pedro El Viejo




Im "Alten Peter" von Huesca


Nach den Schwierigkeiten bei der Restaurantsuche in den letzten beiden Tagen hatte Günter vorgesorgt, damit es uns nicht noch einmal so ergehen würde, und per Whatsapp einen Tisch für 13.30 Uhr im Restaurant „La Plancha – A Estribor“ (Cerveceria – Pulperia) reserviert. Und obwohl wir auch heute wieder eher spät vom Campingplatz weggekommen waren, hatten wir nun noch über eine Stunde Zeit, ehe wir zum Essen schreiten konnten. So spazierten wir zum Park „Miguel Servet“, wo auf einer kleinen Bühne gerade eine Folklore-Gruppe auftrat mit Tanz, Gesang und Kastagnetten. Kurz setzten wir uns hier auf eine Parkbank und schlenderten dann gemächlich zurück zum Restaurant, das sich in der Altstadt unweit der Kathedrale befand. 


Mit Kastagnetten und Masken ...



Sonntags leider nur von außen zu bewundern: die Kathedrale von Huesca.


Kaum hatten wir an unserem Tisch Platz genommen, stellte sich uns eine unerwartete Hürde: Statt einer Speisekarte gab es hier nur ein Kärtchen mit QR-Code, den Günter zwar einlesen konnte, ich aber mit meiner alten Krücke von einem Handy mal wieder nicht. Und dann kam recht schnell die Bedienung, um die Bestellung aufzunehmen, und wir oder zumindest ich hatte(n) noch nicht mal die Karte recht angeschaut … Am einfachsten schien es uns daher, das Sonntagsmenü für 32 € zu bestellen, das aus einer ganzen Latte von Vorspeisen, je einem Hauptgericht und einem Nachtisch bestehen sollte. Wasser und Wein waren außerdem inklusive. Womit wir nicht gerechnet hatten: Jeder Vorspeisengang fiel für sich genommen schon so groß aus, dass ein einziger davon sogar locker für zwei gereicht hätte. Von all den Köstlichkeiten (Gambas und Salat mit Tunfisch und Anchovis, Miesmuscheln, Calamari, sowie Pulpo) konnten wir uns lediglich für die Muscheln eher weniger begeistern, alles andere schmeckte so gut, dass wir nur ungern etwas auf den Tellern zurückließen. Ja, und dann kam ja noch für jeden von uns ein Hauptgang, wobei hier zum Glück gnädig bei meinem Tunfischsteak, das selbst schon wieder wahrhaft gigantische Ausmaße hatte, auf jegliche Sättigungsbeilage verzichtet wurde und lediglich kleine grüne gegrillte Paprikas den Teller zierten. Bei Günters arg knochenlastigem gegrillten Lamm (vier Rippen mit recht wenig dran …) waren gebackene Kartoffeln dabei, allerdings auch die in übersichtlicher Menge. Wir machten halbe-halbe und hatten doch mit dem Tunfisch zum Schluss zu kämpfen. Blieb noch der Nachtisch, den man wieder wählen konnte. Eis, so hatte ich mir das gedacht, wäre nach einer an sich schon mehr als üppigen Mahlzeit noch am ehesten zu bewältigen und mir dabei ein bis zwei normal große Kugeln vorgestellt. Hier jedoch kam das Eis einfach abgepackt aus der Truhe: ich bekam eine spanische Magnum-Variante (mit viel Schokolade und entsprechend vielen Kalorien …), Günter hatte sich – sehr weise – für „limón“ (Zitroneneis) entschieden, das in einem kleine Becherchen kam und auch kalorienmäßig einige Ligen darunter rangierte …


Pulpo!

 
Zum Glück parkte unser Auto am Fuß der Altstadt, so dass wir nun nur noch bergab „rollen“ mussten. Bis zum Castillo de Loarre, unserem nächsten Ziel, waren es anschließend noch etwa 35 km, die Günter bewältigen musste. Gegen 15 Uhr, als wir Huesca verließen, herrschte überall Siesta-Ruhe und die Straßen waren weitgehend ausgestorben. Einschlafen durfte er als Fahrer aber halt nicht, während mir auf dem Beifahrersitz schon nach wenigen Kilometern die Augen zu fielen. 

Beim Castillo, dem wir in den Pfingstferien 2007 schon einmal einen Besuch abgestattet hatten, entschlossen wir uns dann, statt 8 € für den Eintritt in die Burganlage zu berappen, lieber einen der „Foto-Rundgänge“ zu machen, die hier angepriesen wurden. Allerdings waren die Wege teils schwer zu finden und so ging es an mehreren Stellen mal wieder auf unklaren Spuren durch Dorngestrüpp. Dieses konnte aber zumindest mir heute nichts anhaben, da ich wegen des kühlen Windes sowieso in langer Hose unterwegs war. Letztlich fanden wir dann schon eine halbwegs vernünftige Route, auf der die Burg von allen Seiten bewundert und immer wieder abgelichtet werden konnte. Und ich stellte dabei erfreut fest, dass ich zwar längst noch nicht wieder so unbeschwert wie sonst auf den steinigen Wegen unterwegs war, aber dass es ganz offenkundig aufwärts ging.


Weiterhin bestes Wetter ...


... beim Castillo de Loarre


Am Fuß der Burg liegt die Ortschaft Loarre,
 der Campingplatz versteckt sich in dem Wäldchen eine Stufe weiter oben.


Es geht aufwärts!


Mit dem Auto erreichten wir anschließend in wenigen Minuten den Campingplatz, der sehr aussichtsreich auf einer Terrasse etwas unterhalb der Burg und oberhalb der Ortschaft Loarre lag. Der Nachteil dieser Lage war die Exponiertheit, die sich im Lauf des Abends und der Nacht durch teils heftige Windböen bemerkbar machte, die unser mobiles Heim durchrüttelten. Wieder einmal konnten wir nur hoffen, dass die Zeltplane bzw. deren Befestigung der Belastung standhalten würde …


Teil II der Geschichte findet ihr hier.