Donnerstag, 28. September 2023

Bretagne - Roadtrip im Mai und Juni 2023 - Teil IV: Normandie und Heimfahrt

Text: Eva Irmler







Mont-Saint-Michel und die Normandie



Montag, 5. Juni – Camping du Hâble, Omonville-la-Rogue bei La Hague, Normandie


An diesem Montag verabschiedeten wir uns nachmittags endgültig von der Bretagne und rauschten von Mont-St-Michel fast 200 km nach Norden, beinahe bis zum Cap de La Hague. 

Zunächst stand aber die Besichtigung von Mont-St-Michel auf dem Programm. Günter hatte doch noch einen weiteren Parkplatz ausfindig gemacht, der nichts kosten sollte und an der Radroute zum Mont lag. Etwa 7 km sollten es von dort bis zu der eindrucksvollen Insel im Watt sein, auf der mit der Stadtmauer, Fachwerk- und Natursteinhäusern und der riesigen Abtei, deren Turm von einem goldenen Erzengel Michael gekrönt wird, wirklich noch der allerletzte Flecken zugebaut ist. Doch während Bauten jüngeren Datums auf manchen Berggipfeln meist eher eine Verschandelung darstellen (Zugspitze!), ist dies beim Mont-Saint-Michel ganz im Gegenteil so etwas wie ein sehr gelungenes Gesamtkunstwerk. Kein Wunder also, dass die Insel schon sehr früh (1979) Weltkulturerbe wurde und dass auch heute Leute aus aller Herren Länder dorthin strömten.
 
So richtig früh waren wir wieder einmal nicht dran, weil wir gleich mal bis halb 9 geschlafen hatten und unterwegs noch ein mittelgroßer Einkauf fällig war (Wasser und unser „täglich Brot“ und – ganz wichtig – ein neues Heft für mein Reisetagebuch!), wurde es viertel nach 11 bis wir am einsamen Parkplatz und startklar waren. Die Rollerstrecke ließ sich dann ziemlich gut an, denn sie war topfeben und durchgehend geteert und auch der Gegenwind bremste diesmal kaum. Die Sonne schien ab dem Morgen praktisch ungetrübt und trieb die Temperatur im Lauf des Tages ziemlich weit nach oben, sicher wieder in ähnliche Höhen wie am vorigen Nachmittag (27°C) oder sogar noch höher.


Annäherung an Mont-St-Michel entlang dem Couesnon


Ob wir bis ganz zur Insel mit den Rollern würden fahren können, war von Anfang an unklar, doch hofften wir es schwer. Doch als wir uns den offiziellen (kostenpflichtigen: 30€ pro Tag!) Parkplätzen näherten, sahen wir schon jede Menge Polizei herumstehen und einige Fahrradfahrer, die mit ihnen diskutierten oder schon abdrehten. Zunächst dachten wir, dass es um eine der „normalen“ Sperrungen für Radfahrer gehe, die zu gewissen Tages- und Jahreszeiten gelten, und Günter versuchte es mit dem üblichen Argument (das im Übrigen auch im heimischen Nymphenburger Schlosspark schon mal nicht zog ...), dass wir ja gar kein Fahrrad hätten, also quasi Fußgänger seien. 

Es stellte sich dann aber schnell heraus, dass alle, also auch die Fußgänger, einen Umweg machen mussten und nicht auf direktem Weg zum Damm und der Brücke gelangen konnten, die zu der Insel hinüberführen. Allmählich sickerte dann durch, dass eine sehr hochstehende Persönlichkeit der französischen Regierung ausgerechnet heute Mont-St-Michel mit seinem Besuch beehrte. Wenig später wussten dann alle, dass es sich tatsächlich um den Präsidenten Emmanuel Macron höchstselbst handelte … Und just, als wir noch an der ersten Barriere standen und zu verstehen versuchten, was genau jetzt von uns verlangt wurde, flogen 6 Kampfjets in Formation über uns hinweg und zeichneten die Trikolore in den Himmel.


Le Mont-Saint-Michel in ganzer Pracht
 

Letztlich fand ich es dann nicht weiter schlimm, die 2 oder 3 Kilometer über den Damm (bzw. daneben im Watt, wo ebenfalls ein Pfad verlief und weniger los war) und die Brücke zu Fuß zu gehen, so konnte man sich dem imposanten Berg in aller Ruhe annähern. Spätestens mit Erreichen der Stadtmauer war es dann aber vorbei mit der Ruhe und herrschte ein dichtes Gedränge in den Gassen, wo nicht nur Massen an Individualtouristen, sondern Reisegruppen, sowie ganze Schulklassen herumwimmelten. Besonders schade war, dass wir die Abtei nicht besichtigen durften, diese war nämlich wegen des hohen Besuchs komplett abgeriegelt. So war der „Stadtrundgang“ recht flott beendet und es blieb für uns nur noch der Programmpunkt Mittagessen übrig, womit wir natürlich auch nicht allein waren.

 
In den engen Gassen geht es zu wie auf der Wiesn.


Église Saint-Pierre du Mont-Saint-Michel


Blick über die Stadtmauer ins Watt


Endlose Watt-Weiten


Günter hatte schon tags zuvor festgestellt, dass sich die Bewertungen für praktisch alle Restaurants auf dem Mont durchwachsen bis ziemlich mies anhörten, dann aber doch noch eines der besser bewerteten ausgewählt, bei dem wir es nun versuchten. Einen Platz bekamen wir im Restaurant „Du Guesclin“ dann auf Anhieb, obwohl der Laden schon buchstäblich brummte. Doch ganz wie befürchtet ging es hier dann nicht nur vom Lärmpegel und der Massenabfertigung her ähnlich zu wie in einer Münchner Brauereigaststätte, sondern war auch das Essen nur so lala: Das Pré-Salé-Lamm (in den Salzmarschen der Umgebung aufgezogen und angeblich dadurch „vorgewürzt“ …) war überwiegend ziemlich zäh und mit viel Fett durchsetzt und die Tagliatelle mit Gemüse entpuppten sich als ein Berg Nudeln mit etwas Gemüse und praktisch keiner Soße … Na ja – und mit Wein kostete der Spaß 77 €, da war wohl die exklusive Lage im Weltkulturerbe maßgeblich mit eingepreist …

Bereits als wir uns noch mit den anderen Touristen über die Stadtmauer geschoben hatten, konnten wir jede Menge Wattwanderer zu Füßen des Mont beobachten und nun beschlossen auch wir, für den Rückweg zu unseren Rollern den Weg durchs Watt zu nehmen. 




Anfangs war der Untergrund dabei noch recht stabil und oberflächlich trocken, so behielten wir die Schuhe zunächst an, bis wir dann doch zunehmend einsanken und die Sohlen immer mehr Schlamm ansetzten. Als wir uns endlich geschlagen gaben und barfuß weiterwateten, wie die meisten anderen Leute eh schon längst, klebte dann so viel Schmodder an den Schuhen, dass ich schon fürchtete, meine noch recht neuen Joggingschuhe für immer ruiniert zu haben. 


Die Flut kommt -
so langsam müssen wir sehen, dass wir Land gewinnen.


Doch diese Befürchtung war zum Glück unbegründet: sobald der Schlamm getrocknet war, zerfiel er wieder zu Sand und ließ sich praktisch rückstandslos abklopfen. Schwieriger war da schon die Wegfindung im Watt, das von erstaunlich vielen Prielen durchzogen wurde, doch schließlich erreichten wir wieder festen Boden und zogen auch gern bald wieder unsere Schuhe an, weil dort offensichtlich vor kurzem noch eine Schafherde geweidet und recht viel hinterlassen hatte …

Beim Zurückrollern zum Auto waren noch immer einige Abschnitte des Radwegs von der Polizei abgesperrt und so waren wir gezwungen, ein Stück weit auf einer stark befahrenen Straße zu fahren. Der Rest der Strecke war dann auf dem Radweg fix geschafft und so konnten wir bald die Weiterfahrt in Angriff nehmen. Im Übrigen stand unser Max auch am Nachmittag noch praktisch allein auf dem Parkplatz, vielleicht hatte sich ja in der Zwischenzeit herumgesprochen, dass dies nicht der allerbeste Tag war, um Mont-St-Michel zu besichtigen? 

Macron entschwebte jedenfalls erst, als wir gerade auf die N175 aufgefahren waren, von wo wir zum letzten Mal freie Sicht auf den Mont hatten, und ließ den Regierungsflieger samt Geleitschutz (insgesamt 3 Jets) noch eine Ehrenrunde um die Insel drehen, ehe auch er sich auf den Weg in die Normandie machte zu den Feierlichkeiten anlässlich des D-Day-Jahrestags (6.6.1944). 

Für uns war dann an diesem Tag hauptsächlich noch Strecke machen angesagt und nach etwa 2 ½ Stunden waren die 200 km bis zu unserem Tagesziel nahe dem Cap de La Hague auch geschafft. Auf dem Camping du Hâble kamen wir gerade noch rechtzeitig an, unmittelbar bevor Rezeption und Schranke geschlossen wurden, suchten uns einen Platz und machten später noch einen netten Abendspaziergang zum Fort d’Omonville-Bas. Allerdings war es hier nun wieder deutlich windiger und kälter als weiter im Süden beim Mont-St-Michel, vom Hochsommer waren wir gefühlt wieder ins frühe Frühjahr zurückgekehrt …


Le Port du Hâble

            
Abendliche Aussicht vom Fort d'Omonville-Bas




Dienstag, 6. Juni – Parkplatz in der Nähe des Hafens von Cherbourg, 16.30 Uhr


Die Uhrzeit und der Ort deuten es schon an: dies war ein außerplanmäßiger Stopp … Nach einer doch sehr ruhigen Nacht begann der Morgen für uns noch ganz normal: Aufstehen, Frühstück, Zähne putzen, Spülen, Tagesplan festzurren – alles so wie sonst auch. 

Doch dann stellte Günter beim Zusammenklappen unseres Aufstelldachs fest, dass im geschlossenen Zustand eine Lücke zwischen Dach und Rahmen klaffte. Diese war ihm zwar schon vor ein paar Tagen mal aufgefallen, doch diesmal ging er der Sache nach und entdeckte zu seinem Entsetzen, dass zwei der vier Scharniere die das Klappdach vorne zusammenhalten sollten, komplett durchgebrochen waren und die anderen beiden auch schon angeknackst, so dass die ganze Konstruktion nur noch am seiden Faden bzw. der Stoffbespannung hing … 


Dieses Scharnier hält definitiv nichts mehr ...


Dass die „Schwerlast“-Scharniere (von Minitec, der Firma, von der das Gros der Teile unseres Eigenbaus stammen) brechen könnten, war nun so in etwa das letzte, womit wir gerechnet hätten! Ganz im Gegenteil hatten wir uns damit absolut auf der sicheren Seite gefühlt, weil wir statt zwei, wie ursprünglich geplant, sogar vier davon verbaut hatten. – Na ja, so kann man sich irren … Ob die heftigen Winde der letzten beiden Wochen den Scharnieren den Rest gegeben hatten oder doch das permanente Gerüttel beim Fahren schuld war, bleibt letztlich Spekulation. 

Als erste Maßnahme schraubte Günter dann gleich morgens vier Winkel an die vordere Dachkante, um das Dach für die Weiterfahrt zu sichern. Doch das Dach aufzustellen und darin zu übernachten wäre in diesem Zustand natürlich nicht mehr möglich gewesen. 


Provisorium für die Weiterfahrt


Von daher war der wichtigste Punkt auf unserem Tagesplan schnell neu gesetzt: ein Besuch bei „Mr. Bricolage“ (einer französichen Baumarktkette) in Querqueville am Stadtrand von Cherbourg. Und tatsächlich hatten wir hier das große Glück, dass wir auf Anhieb vier Scharniere entdeckten, die von den Abmessungen her so einigermaßen passend schienen: die Lochabstände waren richtig, die Löcher etwas klein, aber das ließ sich durch Aufbohren beheben. Ob die neuen Teile allerdings stabil genug für unsere Zwecke wären, das blieb abzuwarten. Zunächst sollten sie ja nur möglichst bis zum Ende unserer Reise, also für noch maximal 5-6 Übernachtungen halten und natürlich auch die Fahrten dazwischen und bis nach Hause überstehen.

Günter bemühte sich dann auf dem praktisch leeren Parkplatz am Hafen von Cherbourg, die neuen Scharniere am Dach festzuschrauben, wobei es wie immer diverse Hürden und Fallstricke zu überwinden gab: festgerostete Schrauben der alten Scharniere, die erst herausgebohrt werden mussten, fehlende passende Nutensteine und dann noch das Rätsel, weshalb der Achsstift der neu gekauften Scharniere nur lose eingeschoben war und nicht fix. 

Die Vorstellung, was hätte passieren können, falls die ganze Konstruktion nachgegeben hätte, womöglich in voller Fahrt auf der Autobahn, war jedenfalls alles andere als schön: In dem Fall hätte sich vermutlich das komplette Dach, sowie mindestens unsere Schlafpolster, Kissen und vielleicht sogar ein Teil des sonstigen (leichteren) Inventars auf der Straße verteilt.

Nach einer knappen Stunde Arbeit schien die Reparatur dann fürs erste geglückt, die Scharniere machten das probeweise Auf- und wieder Zuklappen klaglos mit und so hofften wir, dass sie auch die Weiterfahrt überleben würden.


Die neuen Edelstahlscharniere schlagen sich bis jetzt bestens.


Trotz allem Ungemach wollten wir an diesem Tag aber nicht ganz auf unser Urlaubsprogramm pfeifen, sondern rollten morgens vom Campingplatz erst einmal nur ein paar Kilometer weiter bis zum Cap de La Hague. Genauer parkten wir kurz vor dem Cap de Goury, wo es eigentlich ein kleines touristisches Zentrum mit Information, Restaurant und Souvenirshop gab, das aber komplett geschlossen war.


Am Cap de Goury


Immerhin das öffentliche WC konnte man benutzen, wenn auch weder das Licht, noch das Händewaschen an den superschicken kombinierten Wasch- und Trockenhähnen funktionierte – vermutlich schlicht deshalb, weil der Strom abgestellt war. 

Wir spazierten dann einmal ums Cap de Goury, wobei die eigentliche Attraktion hier natürlich, neben dem Meer als solchem, der Phare de Goury ou du Cap de La Hague war, der ein gutes Stück vor der Küste aus dem Meer ragt.

Phare de Goury ou du Cap de La Hague


Im Lauf der Nacht hatte der Wind hier in der Gegend wieder gewaltig aufgefrischt und das blieb den Tag über auch so, und während es morgens noch bewölkt war, wurde es im Lauf des Tages überwiegend sonnig. Die offizielle Lufttemperatur blieb jedoch bei 16°C stehen - mit den üblichen krassen Kontrasten zwischen Sonne und Schatten - und nach den beiden Hochsommertagen in Saint-Malo und am Mont-St-Michel mussten wir uns darauf erst wieder einstellen.


Hier ists wieder stürmisch und kühl.



Fortsetzung 6. Juni – abends am Camping La Blanche Nef, Barfleur


Bis zum Abend hielt an unserem Aufbau noch alles bestens und das, obwohl wir auf dem Campingplatz bei Barfleur fast direkt am Meer und wieder mit der Nase im heftigen Wind standen. Direkt vor dem Platz verlief der Küstenwanderweg (Sentier Litoral, GR223, quasi die Fortsetzung des bretonischen GR34) auf einer Flutmauer oberhalb des Strands, über die das Wasser bei der letzten Flut ziemlich drüber geschwappt sein musste, jedenfalls lagen die Mauer und auch Teile der Straße davor auch jetzt noch unter einem dicken Tangteppich. Insofern war ich gespannt, was in der Nacht hier los sein würde, wenn die Flut irgendwann ihren Höhepunkt erreichte.
 
Doch jetzt noch einmal zurück zum Morgen: Nach der Cap-Umrundung gings, vorbei an einem Gedenkkreuz für die 24 toten Matrosen, die am 8. Juni 1912 hier vor der Küste bei einem U-Boot-Unglück starben, am grobkiesigen Strand entlang weiter Richtung Cap de La Hague, das für diese Gegend (die Halbinsel Cotentin) mal wieder der nördlichste Punkt ist. 


Auf dem Weg ...


... zum Cap de La Hague


Vor der Küste erschien mit der Zeit hinter dem Leuchtturm ganz deutlich die Kontur einer Insel, vermutlich Guernsey.




Und auch hier waren wir auf dem GR 223 unterwegs, der vom Mont-St-Michel bis zur belgischen Grenze der Küstenlinie folgt. Tatsächlich waren hier auch durchaus immer mal wieder Wanderer mit großen Rucksäcken zu sehen, wie auch schon auf dem Zöllnerpfad in der Bretagne. 

Unterwegs passierten wir noch einen alten Bunker mit dem bezeichnenden Namen „Widerstandsnest“, sowie einen Militärposten. Dann, nach gerade mal 3 km Fußmarsch, war das Cap de La Hague erreicht, wo wir kurz rasteten und den Blick aufs Meer genossen, ehe wir wieder zurückmarschierten. Der Wind kam jetzt teilweise recht unangenehm von der Seite, was sich für mich erstaunlicherweise lästiger anfühlte, als wenn er direkt von vorn blies.
 
Weil das Restaurant am Cap de Goury auch nach unserer Rückkehr noch geschlossen war  und drei weitere Restaurants, bei denen wir unser Glück versuchten, ebenfalls abwinkten (um kurz vor oder nach 14 Uhr nicht weiter verwunderlich), kauften wir letztlich im Super-U von La Hague alles für ein Vesper ein und noch so manches mehr und rollten dann zum nächstbesten Strand hinab, wo wir in aller Ruhe auf der Ladeklappe im Windschutz des Autos Baguette, Käse und Salami verspeisen konnten.


Mittagspause an der Plage de Vauville bei La Hague


Apropos La Hague: Uns Deutschen ist dieser Ort ja hauptsächlich für seine Brennstab-Wiederaufarbeitungsanlage bekannt, zu der in der Vergangenheit immer mal wieder, begleitet von Demos und Sitzblockaden, „Castor-Behälter“ gekarrt wurden. Wir kamen auf dem Rückweg vom Cap auch tatsächlich an einer mit zwei Reihen Stacheldrahtverhau und vielen Kameras bewehrten, riesigen Industrieanlage vorbei, die vielleicht so etwas hätte sein können. Ansonsten gab es viele, teils ganz hübsche kleine Teilorte, die zu La Hague zählten, doch der Hauptort war eine extrem triste Ansammlung von „Plattenbauten“, heruntergekommenen Läden und Schnellrestaurants …
 
An diesem Abend waren wir nun – nach der erfolgreichen Reparatur und nachdem wir uns mühsam durch die Baustellen und den Stau von Cherbourg gefädelt hatten – auf der östlichen Seite der Halbinsel Cotentin angekommen, an deren Nordwestseite wir die vorige Nacht verbracht hatten. 

Als wir kurz nach 7 ins Dorf zum Restaurant „Le Safran“ spazierten herrschte noch Ebbe und dort im Hafen lagen sämtliche Boote auf dem Trockenen, doch 1 ½ h später, als wir wieder auf dem Rückweg waren, dümpelten immerhin die kleineren bereits wieder im Wasser.


Meer-Katze ;)


Ebbe im Hafen von Barfleur


Das Restaurant hatte diesmal ich auf der Fahrt nach Barfleur ausgesucht und Günter reservierte dann noch via Facebook schnell einen Tisch, was sich als nicht wirklich überflüssig herausstellte: Bei unserem Eintreffen dort waren zwar noch einige Tische frei, die sich jedoch in Windeseile füllten. Die Karte (eine Tafel an der Wand) war recht übersichtlich und so war auch schnell gewählt: 1x Choucroute de la mer und 1x Cabillaud (Kabeljau) mit Knoblauchcrème und diversem Gemüsezubehör. Günter war zwar zunächst etwas enttäuscht, weil der teure Fisch mit etwas spärlichen Beilagen kam (im Wesentlichen Brot), doch mein Choucroute und die gehaltvolle Buttersauce machten dann auch ihn noch einigermaßen satt ;) Und außerdem setzten wir beide ja noch auf Nachspeisen: für mich ein Bratapfel mit Nüssen und Crumble und einer dicken Vanilleeiskugel, für Günter der „Coupe Safran“ mit Vanille- und Karamelleis, Karamellsauce und ganz viel Sahne … So spannte der Bauch am Ende mal wieder gewaltig und zusammen mit der 35€-Flasche Weißwein (Entre-deux-mers, Château Des Leotins, 2022) gingen wir hier tatsächlich mit der höchsten Essensrechnung der ganzen Reise nach Hause (115 €).


Normannischer Friedhof im Abendlicht


Barfleur mit seiner trutzigen Kirche (Église Saint-Nicolas)


Auch bei Nacht und auflaufender Flut eine Schau


Der Phare de Gatteville ist vom Campingplatz nicht weit.




Mittwoch, 7. Juni – Camping municipal Quintefeuille, 23 rue Débarquement, Asnelles


Die Adresse des Campingplatzes sagt viel über die Gegend, in der wir uns nun befanden. Schon am Tag zuvor waren wir ja an jeder Ecke auf Überreste von Bunkern („Widerstandsnest“) gestoßen und an diesem nun vergingen keine 2 km, ohne dass es irgendeinen Hinweis auf ein Denkmal oder Museum zum Thema „Invasion der Alliierten 1944“ gab. Und weil just am Dienstag (6.6.) der 79. Jahrestag des Beginns der Invasion gewesen war (D-Day), wimmelte es überall von Briten und Amerikanern, mutmaßlich auf den Spuren ihrer Altvorderen, die damals hier kämpften und vielleicht auch starben. An allen Gedenksteinen und Monumenten lagen frische Kränze und Blumengebinde und teilweise waren sogar historische Militärfahrzeuge und entsprechend kostümierte Leute unterwegs. Hätte ehrlich nicht gedacht, dass schon diesmal so viele Besucher zum Jahrestag hier aufschlagen würden. Nächstes Jahr zum 80ten – ok, da hätte mich nichts gewundert, aber bei so einer „krummen“ Zahl?
 
Das alles hatte natürlich auch zur Folge, dass es überall und auch auf den Campingplätzen deutlich voller war, als wir erwartet hatten. Der erste Platz, den wir an diesem Abend ansteuerten, war jedenfalls schon „complet“ und so landeten wir auf einem etwas schlechter bewerteten Platz, von dem aus aber immerhin der Strand nur 5 Minuten Fußweg entfernt war. 

In der vorigen Nacht hatte es bei Barfleur zeitweise wieder ziemlich gestürmt und bei besonders heftigen Böen schwankte manchmal unser ganzes Auto. Und zudem schwappten ab ca. 22 Uhr immer häufiger Wellen mit großem Getöse über die Flutmauer auf die Straße unterhalb des Platzes. Keine sehr ruhige Nacht also, doch irgendwann schlief ich trotzdem ein. Morgens kam dann schon kurz nach 8 der Räumdienst und schob die über Nacht angeschwemmten Algen und den Seetang von der Straße, was angesichts der Haufen, die bei unserer Abreise noch am Straßenrand lagen, sicherlich sehr nötig gewesen war.
 
Uns führte dann der erste Weg an diesem Tag zum Phare de Gatteville, wobei wir schon bei den Salinen etwa 1,5 km vor dem Leuchtturm parkten und entlang des Küstenwanderwegs zu diesem spazierten. Die schon wieder beginnende Flut und der nach wie vor heftige Wind peitschten die See derart auf, dass an vielen Stellen die Algen buchstäblich zu Schaum geschlagen wurden. Und diesen Schaum trieb der Wind dann noch weiter landeinwärts. So waberte beispielsweise an einer Stelle des Wanderwegs ein beachtlicher Schaumhaufen mitten auf dem Weg – wie ein Monster, das darauf wartete, unachtsame Wanderer zu verschlingen … 


Waberndes Schaummonster am Weg zum Phare de Gatteville


Auch an der Mole, über die der Leuchtturm zu erreichen war, hieß es aufpassen, da diese bereits von Zeit zu Zeit von Brechern überspült wurde. Hier war es dann tatsächlich möglich, für 3 € Eintritt die 365 Stufen des Turms zu erklimmen und die Szenerie von oben zu bewundern. Die Sonne schaffte es leider noch nicht, den Morgendunst zu durchdringen, doch auch so war die Aussicht aus 75 m Höhe sehr beeindruckend.


Notre-Dame du Grand Retour - die Marienstatue in dem
kleinen "Leuchtturm" schaut aufs Meer wie eine Seemannsbraut,
die auf die glückliche Heimkehr ihres Liebsten hofft.


Phare de Gatteville


Blick von oben auf den Vorgänger des jetzigen Leuchtturms ...


... und landeinwärts.


Auf dem Damm, der zum Leuchtturm führt, ist Vorsicht geboten.




Zurück in Barfleur besorgte Günter in der Boulangerie noch schnell ein Baguette und zwei Pains au Chocolat. Letztere wurden dann nicht mehr sehr viel älter, denn wir verspeisten sie noch an Ort und Stelle (im Parkverbot vor einer Galerie, wo wir nebenbei jemandem beim Malen zusehen konnten …). 

Anschließend gings weiter ins Fischerstädtchen Saint-Vaast-la-Hougue zum Mittagessen (insofern hätte es die Schokocroissants ganz sicher nicht gebraucht …). Im ehemaligen Restaurant „La Bisquine“ residierte nun das Bistrot „Le Captain“ (etwas verwirrend, weil bei Maps noch der alte Namen eingetragen war), in dem es natürlich hauptsächlich Fisch und Meeresfrüchte gab. Fleisch zu bestellen, fanden wir angesichts des Meeres und der Fischerboote vor der Haustür dann doch unangemessen und so orderte jeder einen Fisch mit „Frites“ und Schalottensauce, ich eine Dorade und Günter einen „Bar“ (=Wolfsbarsch). Und da letzterer dann ausgegangen war, hatten wir letztlich beide dasselbe. Den Nachtisch verkniffen wir uns angesichts des „Vortischs“, nur einen Espresso nahmen wir wie üblich noch. 

Dann gings weiter, zunächst zum „Utah Beach D-Day Landing Memorial and Monument of the Landing of the French 2nd Armored Division“, wo es neben dem Monument einen Panzer und diverse andere Militärfahrzeuge aus dem 2. Weltkrieg zu bestaunen gab und in den Dünen wieder unzählige Bunker. Ansonsten war dies bei noch immer trübem Himmel ein recht trostloser, endloser Strandabschnitt mit viel angeschwemmtem Tang und sonstigem Zeug. 


Utah-Beach-D-Day-Memorial


Bunkeraussicht


Utah-Beach


So machten wir uns bald auf den Weg nach Bayeux, wo wir uns zuallererst den berühmten  Wandteppich ansahen, auf dem die Geschichte von Wilhelm dem Eroberer anno 1066 dargestellt ist. Auch hier waren wir beileibe nicht allein, wobei wir noch schnell vor einer größeren Gruppe hineinwitschten. Und da dank kostenfreiem, bzw. im Eintritt (12 €) inbegriffenem Audioguide alle im gleichen Tempo unterwegs waren, blieben wir auch immer einen Schritt voraus. Nachdem wir zum ersten Mal durch waren, gingen wir aber noch einmal ein ganzes Stück zurück, bis der Gegenverkehr zu dicht wurde, und schauten uns in der zweiten Runde das eine oder andere mit mehr Ruhe an.

(Fotografieren war hier natürlich strengstens verboten, also gibt es an dieser Stelle leider keine Bilder.)

So praktisch der Audioguide war, um zu verstehen, worum es in diesem mittelalterlichen „Comic“ überhaupt ging, so nervig fand ich das permanente Hintergrundgedudel mit pseudomittelalterlicher Musik. 

Eine kleine Zusatzausstellung berichtete von der Herstellung (Materialien, Färbung, Stickstiche) und der Geschichte des Wandteppichs - soweit bekannt, über den Ort der Herstellung beispielsweise wird nach wie vor spekuliert. Außerdem war auch die Erforschung thematisiert, die interessanter- und pikanterweise ausgerechnet von den Nazis während der Besetzung Frankreichs angestoßen wurde.

Recht flott waren wir dann auch damit durch und lenkten unsere Schritte zur eindrucksvollen Kathedrale von Bayeux

Diese wurde am 14. Juli 1077 von Odo von Bayeux eingeweiht, einem Halbbruder von Wilhelm dem Eroberer. Der Wandteppich stammt ebenfalls aus dieser Zeit und wurde bis 1793 in der Kathedrale aufbewahrt und regelmäßig dort ausgestellt.


Notre-Dame de Bayeux


Am Vierungsturm wehen französische und englische Flaggen.


Das Hauptschiff mit gotischem Gewölbe


Eine Seitenkapelle


Bei einer kurzen Runde durch die Gassen der Stadt ließen wir uns noch zu einem Eis verlocken, ehe es Richtung Küste und Campingplatz ging. 


Auch in den Gassen von Bayeux kann man zur Zeit des D-Day-
Jahrestags "Weltkriegsveteranen" treffen ...





Gleich nach unserer Ankunft in Asnelles steuerten wir dann den nahen Strand an, vor dessen endlosen Weiten riesige Beton-Trümmer in den Fluten lagen. Wikipedia verriet uns, dass es sich dabei um die Überreste der „Mulberry Bridge“ handelte, einer von zwei künstlichen provisorischen Häfen, die hier in der Normandie errichtet wurden, um die alliierten Truppen mit Nachschub zu versorgen. Baubeginn war just am 7. Juni 1944, also am Tag unseres Besuchs vor exakt 79 Jahren.

Was es doch für ein Wahnsinn war, solche endlosen Küstenabschnitte verteidigen zu wollen – und vor allem: wozu das alles?


Am Strand von Asnelles werden abends
die Strandsegler aufgeräumt.




Bei beginnender Ebbe machen sich Wattwanderer auf den Weg
 zu den Überresten der Mulberry-Bridge.


Nur wenige Gebäude der Ortschaft haben die Invasion überlebt. 


Der Gedenktag ist hier (fast) allgegenwärtig ...


... außer vielleicht beim Rugby-Training am Strand ;)




Donnerstag, 8. Juni – Camping Abijune bei Étretat, nördliche Normandie


An diesem Donnerstag stand morgens mal wieder eine Küstenwanderung an. Mit dem Auto gings nach Arromanches-les-Bains, vorbei am D-Day-Museum mit zugehörigen Gedenkorten und Ausstellungsstücken am Straßenrand. Überall war beflaggt in den Farben der damaligen „Siegermächte“ und auch hier waren wieder jede Menge Kostümträger und alte Militärfahrzeuge unterwegs … Wir parkten am Cap Manvieux, von wo man einen guten Ausblick auf die Überreste des zweiten provisorischen Nachschubhafens hatte, den die Alliierten 1944 hier angelegt hatten. 


Frisch ists am Cap Manvieux.


Auch hier liegen Betontrümmer eines provisorischen
Nachschub-Hafens der Alliierten vor der Küste.


Von dort nahmen wir einen schmalen eher inoffiziellen Pfad, der immer der Steilküste entlang verlief. Einmal verschwand er unter einer dichten Hecke, querte ein Bächlein und kam wenig später wieder zum Vorschien, doch ansonsten ging es immer durch Wiesen und Felder. Hätte nicht rechterhand das Meer am Fuß der bröckeligen Klippen vernehmlich gebraust und Möwen über uns patrouilliert, hätte man sich teilweise am Schwäbischen Albtrauf wähnen können, insbesondere wenn sich gerade keine Möwe zeigte und der Lerchengesang über den Feldern dominierte.


Die Steilküste bröselt hier gewaltig.


Zu diesem Bild muss man sich Lerchengesang vorstellen ;)


So ging es gut 4 km dahin, rechts lockten Vorsprünge immer wieder, einen Blick in die Steilwand und aufs Meer zu wagen, wobei insbesondere überhängende Teile der Klippen ganz offensichtlich ziemlich absturzgefährdet waren und man sich folglich nicht allzu waghalsig an die Kante hätte stellen sollen. Der offizielle Küstenwanderweg verlief hier denn auch weit landeinwärts, und als wir nach etwa der Hälfte der Strecke auf einen breiteren, später sogar geteerten Wirtschaftsweg stießen, stand an dessen Anfang sogar ein Verbotsschild (von 2001 und kaum noch leserlich), das wir aber ignorierten. Der Weg machte ab hier einen deutlich stabileren Eindruck als davor und wurde zudem offensichtlich regelmäßig von Landwirten bei der Bestellung ihrer Felder mit schweren Traktoren befahren. 

Ansonsten entdeckten wir eine kleine Blindschleiche mitten auf dem Weg, die ich zunächst für einen dicken Wurm gehalten hatte, Mohnblüten an und in einem leider schon weitgehend verblühten Flachsfeld und am End- bzw. Umkehrpunkt warteten natürlich mal wieder Bunker. Bei der „Batterie de Longues-sur-Mer“ gab es eine ganz Menge davon, die aber überwiegend etwas landeinwärts lagen, weshalb wir uns den Besuch dort schenkten, während die zahlreichen anderen Besucher offenbar mehrheitlich die komplette Runde machten. Ins tiefe Bunkerloch des erstaunlich gut erhaltenen massiven Betonbrockens direkt an der Küste stiegen wir dann aber doch auch noch hinab. 


Flachs


Eine kleine Blindschleiche auf dem Weg.


Leider ist der Flachs mehrheitlich schon verblüht.


Die Vorstellung, hier hocken zu müssen und darauf zu warten, dass „Feinde“ kommen und sich dann gegenseitig abzuknallen – es ist so absurd und doch in vielen Teilen der Welt auch heute bittere Realität.


Batterie de Longues-sur-Mer


Zurück gings etwas flotter auf selbem Weg, an manchen Stellen gegen heftigen Wind sich stemmend, und doch fanden wir noch ein halbwegs gemütliches Fleckchen für eine kurze Rast. Am Parkplatz bewunderten wir ein Weilchen die Flugkünste zweier Modellflieger, die hier trotz der Windböen munter Loopings flogen. 

Das Meer war in der Zwischenzeit den Klippen deutlich näher gerückt und es wurde nach diesigem Morgen zunehmend sonnig. Doch bis zur hier gar nicht mehr so fernen englischen Küste reichte die Sicht auch diesmal leider nicht.


Die Sonne schafft es nur ganz allmählich durch den Dunst.


So langsam steigt die Flut.


Die Eissturmvögel brüten hier wohl in den Klippen
und beäugen uns im Vorbeiflug entsprechend wachsam.


Arromanches-les-Bains, leicht vernebelt


Wir rollten dann wieder nach Arromanches zurück, parkten vor einem bereits geschlossenen Proxi-Markt (Mittagspause von 12.30 bis 16.30 Uhr!) und erreichten wenige Minuten vor 14 Uhr das „Hotel-Le-Mulberry“ bzw. das Hotelrestaurant mit Pizzeria. Und tatsächlich war der Wirt gnädig mit uns und wir durften trotz der späten Stunde Platz nehmen im noch gut gefüllten Speisesaal. Wenige Minuten später war das Restaurant dann leergefegt bis auf uns und ein französisches Paar, das offensichtlich auch später dran gewesen. Pizza, Fish and Chips und der Salat mit Ziegenkäse, Walnüssen und Speck waren dann ok, sicher keine Haute Cuisine (Pizza Regina mit Dosenchampignons – lange nicht mehr gehabt …), aber das hatten wir auch gar nicht erwartet. Insofern alles gut und der Wirt entpuppte sich als waschechter und sehr netter Italiener. 

Dann noch ein schneller Einkauf im Carrefour-Express in Asnelles (beim Campingplatz von letzter Nacht direkt um die Ecke) und anschließend machten wir uns auf die fast zweistündige Fahrt nach Étretat.

Zunächst gings auf diversen Ds (steht für Route départementale, also eher kleinere Straßen) nach Caen, an dessen Stadtrand wir noch eine günstige Tankstelle fanden, sowohl was die Lage, als auch was den Preis (1,61€/l) anging. Später nahmen wir diverse Autobahnen (A13 -> Paris/ A29 -> Calais) erst nach Osten, dann nach Norden, querten bei Le Havre auf der eindrucksvollen „Pont de Normandie“ die Seine-Mündung, verpassten wenig später eine Abfahrt und mussten dies mit einem unnötigen Umweg und 2,30 € zusätzlicher Autobahngebühr bezahlen. 




Letztlich schafften wir es aber doch noch zum angepeilten Campingplatz bei Étretat, wobei uns Google auf den letzten Kilometern mal wieder über derart schmale und versteckte Sträßchen schickte, dass uns die Haare zu Berge standen. 
 
Auch in dieser Gegend brummte offenbar das Tourismusgeschäft und so ergatterten wir so gerade noch den allerletzten Mickerstellplatz: hinter dem Swimmingpool, direkt an der platzinternen Hauptzufahrtsstraße und so eng, dass der Max nur knapp und ziemlich schräg stehend darauf passte … Doch es sollte ja von vornherein nur für eine Nacht sein, denn so langsam waren die Tage dieser Reise gezählt und mussten wir sehen, dass wir es rechtzeitig wieder nach Hause schafften.

Abends saßen wir im Auto und hörten Musik, um die Pumpe de Pools nebenan zu übertönen, und freuten uns nicht wirklich auf die Nacht. Die Hoffnung, dass das nervige Teil noch irgendwann abgeschaltet werden würde, hatten wir längst begraben … 



Freitag, 9. Juni – Camping Les Mouettes, Criel-sur-Mer, Normandie


An diesem letzten Tag am Meer stand noch einmal eine Küstenwanderung auf unserem Programm, die uns über die Kreideklippen bei Étretat führen sollte. Start war am Parkplatz „Plage-Valleuse d’Antifer“, der nur ein paar hundert Meter vom Campingplatz, auf dem wir genächtigt hatten, entfernt war. Mit den Rollern flitzten wir dann flott hinab zur nämlichen Plage (bzw. zu dem engen Durchgang (= "Valleuse") in den Klippen, der zum Strand hinabführte), doch da war dann leider auch schon Schluss, denn der Wanderweg über die Klippen zeigte sich vom Start weg eher ruppig, so dass wir lieber zu Fuß weiter gingen. 


Plage d'Antifer


Nach dem ersten steilen Anstieg konnte man eine Zeitlang oberhalb der Klippen entlangspazieren, doch schon bald folgte ein weiterer Einschnitt und so ging es dann immer weiter bis nach Étretat. Unterwegs taten sich aber immer neue Aussichten auf die Kreidefelsen auf, die diverse Bögen, Schlüssellöcher (oder je nach Interpretation Panda-Augen) und andere bizarre Formen bildeten, so lohnte sich die Mühe auf jeden Fall, auch trotz des sehr großen Touristenandrangs.


Falaise La Manneporte


Die Pointe de la Courtine mit dem "Panda-Auge"
(L'Oeil du Panda)


Falaise d'Aval und Aiguille d'Étretat




Blick zurück zur Falaise La Manneporte
und auf die Plage El Karivis
 

Pünktlich zum Mittagessen erreichten wir Étretat und entschieden uns für ein Restaurant, das nicht direkt an der Strandpromenade lag, in der Hoffnung, dass wir hier noch eher einen Tisch bekommen würden. Tatsächlich war dann noch überhaupt nichts los im „Le Clos Lupin“ und so kamen unsere Menüs (26€) recht flott auf den Tisch, schmeckten prima und zwei Hauptgerichte, sowie jeweils eine geteilte Vor- und Nachspeise erwiesen sich als völlig ausreichend. 


Étretat mit Strand und Falaise d'Amont,
sowie der Chapel Notre-Dame de la Garde auf dem Hügel


Touristen aus aller Herren Länder und eine mutige Sängerin


Die Vögel ...


Anschließend stiegen wir noch zur Chapelle Notre-Dame-de-la-Garde (wirkte ein bisschen wie eine Stabkirche, war aber leider komplett eingerüstet und abgesperrt) und einem weiteren Aussichtspunkt jenseits der Bucht von Étretat hinauf. Und dann wartete die komplette Strecke in umgekehrter Richtung auf uns, jetzt mit „mehr“ Meer (Flut) und Mittagslicht, aber auch eher noch mehr Leuten. 


Falaise d'Aval und Aiguille d'Étretat von der Panoramatreppe
am anderern Ende der Plage d'Étretat




Auch jenseits von Étretat ist die Kreideküste
noch längst nicht zu Ende.




Rückweg im Mittagslicht ...


... und bei deutlich höherem Wasserstand.


Bei der Plage d’Antifer warteten dann wieder unsere Roller auf uns, doch nun mussten wir sie nahezu die gesamte Strecke, die wir morgens voller Genuss heruntergeflitzt waren, mühsam und schweißtreibend zum Parkplatz hochschieben. 

Fast 2 Stunden Autofahrt standen uns anschließend bevor und außerdem mussten wir – wieder mal – noch einkaufen. Im Carrefour von Fécamp schlugen wir neben den alltäglichen Einkäufen auch noch bei Calvados und normannischem Bier zu, letzteres in Riesenflaschen mit Korkverschluss, wie man es sonst eher von Sektflaschen kennt. Günter erstand zudem eine zusätzliche Speicherkarte für seine Kamera, da er fürchtete, dass es sonst für die Fotos der letzten Tage knapp werden könnte.

Dann gings wieder über viele kleine Ds weiter bis nach Criel-sur-Mer, wo am Eingang zum Campingplatz zu unserem Entsetzten bereits ein Schild draußen hing, dass er „complet“ sei. Günter parkte dann zunächst gegenüber vom Platz und ging trotzdem fragen, ob wir mit unserem Campingmobil nicht vielleicht doch noch irgendwo reinpassten. Anfangs machte ich mir wenig Hoffnung, doch nachdem er gefühlt ewig nicht wieder kam, war ich dann letztlich nicht mehr wirklich überrascht, dass wir tatsächlich doch noch ein Plätzchen bekommen hatten: auf der gähnend leeren Zeltwiese und sogar mit Meerblick. :) 


Logenplatz auf dem Camping Les Mouettes bei Criel-sur-Mer


Nach uns kamen noch zwei weitere Wohnmobile und platzierten sich etwas weiter hinten auf der Wiese, direkt vor ein paar Hütten, die sowieso hier wieder den Großteil des Platzes einnahmen und jetzt, wo schon wieder das Wochenende begann, auch nahezu alle belegt waren. Vermutlich sind die meisten davon fest vermietet oder sogar verkauft. 

Wie schon öfter auf dieser Reise durch Frankreich, hatten wir auch hier den Eindruck, dass zugunsten des offenbar lukrativeren Geschäfts mit den Hütten die normalen Camper zunehmend vernachlässigt wurden. Z.B. war es hier mal wieder so, dass es nur ein einziges Sanitärgebäude gab, das von der Zeltwiese aus genau am anderen Ende des Platzes lag bzw. war es Luftlinie gar nicht so weit entfernt, aber es gab keinen direkten Weg, sondern man musste den Umweg über die Haupteinfahrt des Platzes nehmen und sich dann durchs Labyrinth der Kieswege zwischen den Hütten seinen Weg zu WC & Co suchen.  Direkt davor gab es schon einige Camperstellplätze, aber alle Zeltenden (so denn mal welche kämen) und die zweite Hälfte der Camper und Wohnmobilisten mussten wandern … 

Abends wollten wir noch zu einem Aussichtspunkt auf den auch hier noch spektakulären Klippen spazieren, der in Sichtweite oberhalb unseres Stellplatzes lag. Da der Campingplatz keinen Hinterausgang hatte, mussten wir, um dorthin zu gelangen, allerdings einen weiten Bogen über die Straße schlagen. 


Criel-sur-Mer und Plage de Criel


Grasen mit Aussicht ...


... und hoffentlich immer genügend Abstand zum Abgrund.


Auf dem Rückweg bekamen wir dann noch Lust, zur Strandpromenade weiterzugehen und ein letztes Mal den Sonnenuntergang am Meer zu bewundern. Und tatsächlich versank die Sonne diesmal blutrot und nur leicht verschleiert unserer Vermutung nach hinter der Küstenlinie Englands, die allerdings ihrerseits im Dunst verhüllt blieb.




Letzter Sonnenuntergang am Meer

 
Anderntags hieß es dann „Tschüss Meer!“ und „Adieu Normandie!“  Und da wir in der Zwischenzeit gemerkt hatten, dass wir uns irgendwann bei den Tagen verrechnet hatten, die uns noch zur Verfügung standen, mussten wir versuchen, möglichst bis Verdun durch zu brettern.



Heimfahrt mit Kathedralen und Kriegsschauplätzen



Samstag, 10. Juni – Camping du Moulin, Aizelles (zwischen Laon und Reims)


Wie man sieht, schafften wir es dann doch noch nicht bis nach Verdun, so dass die Heimfahrt am Sonntag „etwas“ länger zu werden versprach … 


Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) - wuchs bei Criel-sur-Mer
direkt neben unserem Stellplatz, aber jenseits des Zauns.


Aber erstmal stand nun ein wahrer Tag der Kathedralen an, wobei wir den ersten Stopp des Tages schon nach wenigen Metern am Strand von Criel-sur-Mer einlegten, wo Günter noch unbedingt die Reihe der skurrilen Badehäuschen dort ablichten wollte. Mir sollte es recht sein, so hatte ich zum Abschied noch einmal Zeit, in aller Ruhe aufs Meer hinaus zu schauen, das heute Morgen recht harmlos und himmelblau an den Kiesstrand plätscherte. 


Die Badehäuschen am Strand von Criel-sur-Mer ...


...sind morgens noch sehr spärlich besucht, ...


... was sich bei dem herrlichen Sommerwetter
später sicher noch änderte.


Noch ein letztes Mal auf die See sehn ...


Dies war im Übrigen der Morgen des ersten echte Hochsommertags auf unserer Reise, schon morgens um 10 Uhr zeigte das Thermometer 24°C und im Lauf des Tages stieg es bis auf 31°C. Da war die Klimaanlage im Auto wieder mal echt gefordert, wohingegen wir anfangs des Urlaubs gelegentlich noch gerne auf die Heizung zurückgegriffen hatten. Und während tags zuvor der Wind auf den Klippen noch regelmäßig Frösteln hervorgerufen hatte, war nun jeder Luftzug willkommen.

Nach dem für diesmal endgültigen Abschied vom Atlantik begaben wir uns zunächst auf sturen Ostkurs. Um Punkt 12 Uhr hatten wir Amiens erreicht und ergatterten auf Anhieb einen Parkplatz an der Somme. Angesichts der Uhrzeit verschoben wir die Besichtigung der berühmten Kathedrale Notre-Dame d'Amiens und suchten uns gleich ein Restaurant fürs Mittagessen. Im „Le Lobby“, einem stylischen Lokal (ich sage nur: komplett schwarzes WC, sogar mit schwarzem Klopapier …) mit vielen Außensitzplätzen, bekamen wir um diese Zeit noch problemlos ein Tischchen im Schatten – zumindest anfangs, später musste Günter in der Sonne schmoren. Burger und Entenbrüstchen waren dann absolut in Ordnung, wenn man auch für die gehobenen Preise (24 und 26€) noch etwas mehr hätte erwarten können. 


An der Somme in Amiens


So konnte es bald gesättigt an die Kathedralen-Besichtigung gehen. Sich das Gemäuer von innen und außen im Detail anzusehen, erwies sich dann schnell als ziemlich erschlagend. Draußen war es inzwischen tierisch heiß und wie immer befanden sich die interessanten Figuren, Türme, Portale, Glasfenster alle über Kopfhöhe, was auf Dauer zu Nackenstarre führte. Leder war die große Rosette über dem Westportal samt Orgel wegen Restaurierungsarbeiten hinter einer Plane versteckt und Teile der Außenfassade eingerüstet und ebenfalls partiell verdeckt. Die opulent gestaltete Westfassade war jedoch zum Glück verschont und insgesamt war dieser Ausflug in die Kultur trotz alledem hochinteressant und dank minimaler Vorbereitung "on the fly" – während der Autofahrt hatte ich den Wikipedia-Eintrag zur Kathedrale studiert – konnte ich manches, insbesondere Architektonisches sogar gezielt in Augenschein nehmen. 

So handelt es sich bei Notre-Dame d'Amiens um eine der beiden klassischen Kathedralen der französischen Hochgotik des 13. Jahrhunderts (neben der Kathedrale von Reims) und zudem ist hier mit 42,30 m Höhe das höchste Mittelschiffgewölbe von allen französischen Kathedralen zu bewundern.


Notre-Dame d'Amiens


Das beeindruckend hohe Mittelschiff der Kathedrale
 


Über die in Halbreliefen aus bemaltem Stein dargestellten Geschichten (u.a. die Geschichte von Johannes dem Täufer) stolperten wir dagegen einfach so, doch hier gab es zum Glück erklärende Beschriftungen. 


Fußboden-Labyrinth und Heiligengeschichten


Die Geschichte von Johannes dem Täufer und Salomé


Die Westfassade mit den beiden unvollendeten Türmen


Beim Betrachten der vielen Details ist hier
Genickstarre vorprogrammiert.


Amiens ist auch sonst ein nettes Städtchen.


Von Amiens gings anschließend weiter nach Laon, eine Fahrt von knapp 1,5 h, was eine willkommene Pause nach der ersten Besichtigungsrunde war. Außerdem konnte ich mich währenddessen noch über die Besonderheiten der Kathedrale von Laon informieren: 

Diese ist etwas älter als ihr Pendant in Amiens und vom Stil her daher frühgotisch, außerdem hat sie ganze 5 Türme (zusätzlich zu den beiden an der Westfassade noch einen Vierungsturm und je einen an jedem Ende des Querschiffs), die zudem allesamt deutlich höher und markanter als diejenigen in Amiens sind (die Westtürme sind dort ja noch relativ „normal“, aber der Vierungsturm ist nur ein schlankes Türmchen). Und dann gibt es noch ein (vermutlich) wirklich einzigartiges Detail: die höheren Ebenen der Westtürme zieren insgesamt 16 Ochsen.
 
Wir hatten denn auch ziemlich viel Zeit, die Fassade und die Türme zu bewundern, denn bei unserem Eintreffen (ca. 16 Uhr) war in der Kathedrale gerade eine Hochzeitsmesse im Gange und die Besichtigung des Innenraums nicht möglich. Ca. 35-40 Minuten sollte es angeblich noch dauern, so machten wir uns auf der Suche nach einem Eis auf den Weg durch die Altstadt. 


Westfassade der Kathedrale von Laon -
man beachte die Ochsen an den Türmen.


Laon bzw. die von einer Mauer umgebene Altstadt liegt auf einem Hügel, den wir per Auto erklommen und wo wir problemlos einen schattigen Parkplatz gefunden hatten. Einige der Altstadtgassen, durch die wir nun schlenderten, waren mit ganz speziellen „Wimpeln“ geschmückt: so zierten die erste, die von der Kathedrale wegführte, lauter bunte Lampenschirme, eine Seitengasse war mit künstlichen Blumengestecken überspannt, am schönsten fand ich aber die dritte Gasse, über der Unmengen silbriger und in allen Farben schillernder Flatterbänder aufgehängt waren, die im Wind wie ein ganzer Wald rauschten. 


Altstadtgassen mit ...


... aufwendiger Dekoration


Nach etwa einer halben Stunde waren wir zurück an der Kathedrale, schleckten auf einer Bank an der Touristeninformation unser Eis (in praller Sonne, die nun wieder permanent schien, während sie davor mit Günter beim Fotografieren Verstecken gespielt hatte …) und beobachteten dabei, wie immer wieder andere Touristen den Versuch machten, die Kathedrale zu betreten, doch noch immer wurden alle strikt abgewiesen. Gegen 17 Uhr, als wir schon drauf und dran waren aufzugeben, kam dann doch Bewegung in die Sache und wurde von innen das Hauptportal geöffnet. 

Doch selbst jetzt ließ man die inzwischen recht zahlreichen Besichtigungswilligen noch einmal gut 15 Minuten zappeln, bis endlich die (übersichtlich vielen) Hochzeitsgäste ins Freie zu strömen begannen. Und nun gab es auch bei den wartenden Touristen kein Halten mehr: Bis das Brautpaar seinen feierlichen Auszug in Angriff nahm, waren wir, ebenso wie viele andere, bereits fast bis zum Chorgestühl nach vorne gegangen. Ganz so wars wohl nicht geplant gewesen, doch alle Beteiligten machten gute Miene dazu.


Nach der Hochzeit ...


Mit der so lang ersehnten Besichtigung waren wir dann recht schnell durch, am besten gefiel mir der Blick vom Hauptportal durchs ganze Kirchenschiff bis zur Rosette an der Ostseite, wo der Chor, anders als z.B. in Amiens, in einer glatten Wand statt in einem Halbkreis endete.


... endlich in der Kathedrale ...


... Notre-Dame de Laon


Bei unserer Rückkehr zum Auto beschlossen wir, nur noch die knappe halbe Stunde bis zum Camping du Moulin in Aizelles zu fahren, da es mittlerweile bereits kurz vor 18 Uhr war. Den angepeilten Campingplatz bei Verdun hätten wir frühestens gegen 20 Uhr erreicht und ob wir dann noch reingekommen wären bzw. einen Platz bekommen hätten?

Unterwegs kauften wir noch in einem Carrefour ein, der in den eher hässlichen, aus Wohnblocks bestehenden Außenbezirken von Laon lag. Und dann erreichten wir flott den an sich sehr schönen Campingplatz, wo der Empfang durch die Besitzer so freundlich wie angekündigt war, 15 € für die Nacht absolut fair, doch leider war es auch hier ziemlich voll und von daher unklar, ob uns eine ruhige Nacht vergönnt sein würde.
 
Aber es war endlich Sommer, abends saßen wir noch lange in T-Shirts, kurzen Hosen und ohne Socken draußen, ohne auch nur ein bisschen zu frieren – was wollten wir uns da beschweren?


Montag, 12. Juni – wieder zuhause


Auch unser letzter Reisetag war noch einmal ein richtig toller Sommertag mit Sonne von früh bis spät und Temperaturen bis 31°C und vielleicht war dadurch auch unser letzter Besichtigungsprogrammpunkt etwas leichter zu verdauen: Wir hatten uns vorgenommen, die Gegend um Verdun zu erkunden, wo 1916 über 9 Monate lang (von Februar bis November) die verheerendste Schlacht des Ersten Weltkriegs tobte. Mit Granaten, Bomben, Kanonen, Giftgas und schlicht allem, was seinerzeit an Kriegswaffen ersonnen worden war, gingen Deutsche und Franzosen aufeinander los, eine Materialschlacht sondergleichen, die letztlich auf beiden Seiten unglaublich viele Leben forderte. Auf Seiten der Franzosen 150 000, bei den Deutschen 120 000 Tote und noch viel mehr Verwundete. Von einer nahezu komplett traumatisierten Generation junger Männer noch ganz zu schweigen.
 
Nach einer dann doch sehr ruhigen Nacht starteten wir am Sonntagmorgen verhältnismäßig früh vom Campingplatz in der Nähe von Laon und fuhren auf einen Rutsch die rund 160 km bis Verdun, wo wir in einem Intermarché noch einen letzten französischen Einkauf tätigten. Bei der angehängten Tankstelle wurde auch der Max ein letztes Mal auf dieser Reise mit Diesel gefüttert, der dann tatsächlich trotz heftigem Gegenwind und viel Autobahnstrecke bis nach Hause reichte.

Die erste Gedenkstätte, die wir anschließend ansteuerten, war das Ossuaire de Douaumont, ein monumentales Gebäude, das in den 20er- und frühen 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts errichtet wurde, um die Knochen der bei Verdun gefallenen Soldaten aufzunehmen, die nicht mehr identifiziert werden konnten. Diese lagern nun im Untergeschoss des langgestreckten Baus und können von außen durch kleine Fensterchen betrachtet werden. 


Ossuaire de Douaumont mit Glockenturm


Hier ruhen die Gebeine von 130 000 Soldaten, die nicht mehr
identifiziert werden konnten.


Darüber gibt es eine lange Wandelhalle mit Tafeln, auf denen die Namen, Geburts- und Todesdaten gefallener französischer Soldaten verzeichnet sind, teilweise auch aus dem 2. Weltkrieg. Im Zentrum befindet sich eine Kapelle und darüber ein riesiger Glockenturm, von dessen Aussichtsplattform wir den Blick über die weite Hügellandschaft und das Tal der Maas (frz. La Meuse) genossen. 

Auf dem Gelände um das Ossuaire befinden sich zudem unzählige Gräber mit weißen Kreuzen, in denen ebenfalls ausschließlich französische Soldaten ruhen, teils auch aus Nordafrika stammende Soldaten muslimischen Glaubens, weshalb nicht alle Gräber mit Kreuzen versehen sind. Und jedem Toten wurde ein roter Rosenstock gepflanzt.


16 142 französische Gefallene, die man identifizieren konnte, ...


... ruhen auf dem Gelände um das Beinhaus.


So viele Gräber und doch nur ein kleiner Teil der in den
Schlachten rund um Verdun gestorbenen Menschen.


Abgesehen von den Gebeinen und der Unmenge and Gräbern und Namen, die ja doch nur einen Bruchteil der Getöteten repräsentieren, machte mir vor allem auch der halbstündige Film, den man sich dort in einem Kinosaal ansehen konnte, noch einmal so richtig bewusst, was es für eine kranke Idee ist, junge Menschen aufeinander zu hetzen, um sich gegenseitig umzubringen – und letztlich immer für nichts! Speziell bei den Kämpfen rund um Verdun kam ja buchstäblich gar nichts heraus: Am Ende hatte keine Seite auch nur einen Millimeter Boden gewonnen, aber 250 000 Menschen waren tot und ein Landstrich, sowie mehrere Dörfer völlig verwüstet. 

Wir fuhren dann ein kurzes Stück weiter bis zu der Stelle, wo vor dem Krieg das Dorf Douaumont gelegen hatte, eine von mehreren Ortschaften, die damals komplett dem Erdboden gleich gemacht wurden, lediglich ein paar Hügel im Gelände weisen noch darauf hin, dass hier einmal Häuser standen. Die ganze Gegend ist im Übrigen von Gräben durchzogen, an denen zum Teil noch Überreste von Unterständen (Betonstützen, Eisen) zu finden sind. 

Bei einer Kapelle auf dem Gebiet des ehemaligen Dorfs fand sich auf dem zugehörigen Parkplatz ein schattiges Plätzchen, wo wir auf der Ladeklappe ein letztes Mal vesperten. Dann machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Fort de Douaumont, einer unterirdischen Befestigungsanlage in einem Hügel, die schon weit vor dem Ersten Weltkrieg angelegt und kontinuierlich ausgebaut worden war. Hier genügte uns die Außenansicht vollauf, denn für die Besichtigung des Inneren wären noch einmal 5 € zu berappen gewesen (das Ossuaire hatte 7 € gekostet), und außerdem wollten wir uns lieber noch ein wenig bewegen, ehe es auf die lange Heimfahrt ging. 


In diesem Hügel befindet sich das Fort de Douaumont.


Panzerbeobachtungskuppel auf dem Fort


Die Runde durch den „Wald“, die Günter bei LocusMap gefunden hatte, war dann zwar nicht sonderlich schön – über weite Strecken ging es entlang einer schnurgeraden Schneise (vermutlich um die Ausbreitung von Waldbränden zu bremsen), in der das Gras ziemlich hoch stand, allerdings durchaus noch eine Wegspur zu erkenne war. Von dieser bogen wir auf einen wahrhaft verschlungenen Pfad ab, der ständig in Wellen auf und ab über ehemalige Schützengräben verlief und ganz offensichtlich häufig von Mountainbikern genutzt wurde (wenn auch nicht an diesem Tag). 

Auch hier passierten wir dann noch einen Gedenkstein für die Gefallenen eines bestimmten Regiments und einen Bombentrichter, an oder in dem an einem Tag im Mai 1916 offenbar 4 Soldaten umgekommen waren. Einer davon hatte eine eigene Gedenktafel erhalten, auf der es hieß, dass er als Held für Frankreich gefallen sei, die anderen drei hatten ein gemeinsames Gedenkkreuz, auf dem lediglich stand, sie seien an jenem Tag hier gestorben - nicht als Helden, nicht für Frankreich und doch genauso tot. 




Wieder am Parkplatz überlegten wir uns diesmal gleich – ja, auch wir sind lernfähig, zumindest manchmal ;) – wo wir so ungefähr sein könnten, wenn es Zeit fürs Abendessen wäre, und Günter reservierte einen Tisch im Restaurant-Auberge „La Braserade“ bei Roppenheim, nahe der Grenze zu Deutschland. Bis 18.45 Uhr sollten wir es bis dorthin geschafft haben, dachten wir, was dann letztlich gerade so aufging. 

Wie alle Gäste saßen wir bei dem sommerlichen Wetter draußen, doch während praktisch alle anderen die Spezialität des Hauses orderten, nämlich verschiedene Sorten Fleisch, die man selbst am Tisch grillte (die namengebende Braserade), dazu Salat und Pommes, bestellten wir gebratenes Kalbsfilet bzw. Tartar, jeweils ebenfalls mit obigen Beilagen, sowie zum Nachtisch einen gemeinsamen „Café Gourmand“ (Espresso mit 4 verschiedenen kleinen Nachspeisen) plus zusätzlichem Espresso.

Ein gelungener Abschied von der französischen Küche und beste Voraussetzung für den Endspurt, der uns nun bevorstand: Bis München waren es noch einmal gute 300 km, die wir dann in 3.15 h ohne weitere Hürden und Hindernisse bewältigten. Insgesamt summierte sich die Fahrt an diesem Tag auf fast 8 Stunden, in denen wir, verteilt auf drei Etappen, 711 km zurücklegten.

Um halb 12 nachts hatten wir es schließlich geschafft, luden noch schnell das Allernötigste aus und gegen halb 1 ging es nach 4 Wochen, in denen wir ausschließlich im Campingmobil geschlafen hatten, endlich wieder mal ins „richtige“ Bett.