Montag, 5. Dezember 2011

Kilimanjaro 2011 - Zum Kilimanjaro

Text: Eva Irmler
Fotos: Günter Schmidt



Anfahrt und erste Etappe


Sonntag, 4.12. Moshi - Nalemoru Gate - Simba Camp


Diesmal waren wir zeitig um halb acht beim Frühstück, weil der Service an diesem Morgen aber deutlich schleppender lief als tags zuvor, brauchten wir viel länger als gedacht. So mussten wir uns danach beim letzten Packen ziemlich sputen, denn pünktlich um 9 Uhr standen unsere beiden Guides auf der Matte, um uns abzuholen.

Einen Teil unseres Gepäcks, den wir nicht für die Kili-Besteigung brauchten, konnten wir in der Lodge deponieren. Was auf den Berg mit sollte, hatten wir in zwei extra für diese Reise angeschaffte, wasserdichte 89l-Ortlieb-Taschen gepackt. Ansonsten hatten wir nur unsere normalen Tagesrucksäcke mit und Günter natürlich seine nicht eben leichte Fotoausrüstung.

Nach kurzer Fahrt erreichten wir das Büro von Mauly-Tours, wo am Hinterausgang schon ein schwer bepackter Safaribus und jede Menge Menschen auf uns warteten. Wir wollten zunächst gar nicht glauben, dass sie alle zu unserer Begleitmannschaft gehörten: insgesamt 8 Leute! – 2 Guides, 1 Koch, 1 Hilfskoch/Kellner und 4 Träger. Aber noch wussten wir auch nicht, was für ein Aufwand üblicherweise an diesem Berg getrieben wird.

Alle diese Leute plus unser Gepäck und wir mussten nun in den Bus gequetscht werden und dann ging‘s endlich los. Nachdem wir Moshi hinter uns gelassen hatten, kamen wir durch unzählige Dörfer, in denen sich häufig entsetzliche Armut und Elend offenbarten und die damit auf uns wie der Alptraum von Afrika wirkten. Trotzdem oder gerade deshalb strömten überall Massen von Menschen jeden Alters in ihrem besten Sonntagsstaat zur Kirche.

Wie üblich musste ich so ungefähr nach der halben Strecke mal wieder dringend und war ganz froh, dass wir in einer Ortschaft hielten, weil der Koch noch nach brauchbarem Fleisch Ausschau halten wollte. Beim Anblick der „Metzgereien“ verging uns der Appetit auf selbiges allerdings schon fast wieder. William war dann so nett, in einer Kneipe am Straßenrand für mich nach der Toilette zu fragen – eine ziemlich dreckige Stehtoilette hinter dem Haus, vor der ein abgezogenes Ziegenfell vor sich hin rottete – aber immerhin…

Warten auf den Koch

Unser schwer bepackter Bus auf dem Weg zum Kilimanjaro

Einige Zeit später machten wir im Dorf Tarakea Lunch-Stopp in der afrikanischen Variante einer Raststätte, im Wesentlichen ein großer Innenhof mit teils überdachten Sitzplätzen, wo man entweder Mitgebrachtes essen oder sich etwas bestellen konnte. Zum ersten Mal bekamen wir hier unser Lunchpaket, dessen Zusammensetzung  wir eher gewöhnungsbedürftig fanden: unter anderem eine labberige Semmel mit Marmelade, ein längliches gebratenes Hackfleischgebilde, eine samt Schale geviertelte, ziemlich faserige Orange und eine Banane, alles in Frischhaltefolie eingewickelt und in einer Plastiktüte verstaut. William und Matthew gönnten sich derweil noch ein letztes anständiges Mittagessen – die wussten wahrscheinlich, welche kulinarischen „Highlights“ sie am Berg erwarteten ;)

Von Tarakea ging es anschließend noch ein Stück an der kenianischen Grenze entlang und schon bald erreichten wir das Nalemoru Gate, den Eingang zum Kilimanjaro Nationalpark und Startpunkt unseres Trekkings.

Am Gate wurden wir nach der Registrierung zunächst im „Tourist Shelter“ abgestellt, so lange die Guides das gesamte Gepäck auf die Träger verteilten. Pro Träger sollten es nicht mehr als 20kg sein, obwohl ich beim Anblick der Last, die der eine oder andere auf dem Kopf den Berg hinaufwuchtete, später öfter so meine Zweifel hatte.



Nach kurzer Zeit gesellten sich vier amerikanische Kili-Aspiranten zu uns, von denen einer extrem gesprächig war und uns sofort über unsere Route und alles Mögliche andere ausfragte. Ich fand eher interessant, dass sie allesamt ziemlich leicht gekleidet waren, dafür dass es hier auf rund 2000 m Höhe und bei zunehmend zweifelhaftem Wetter für mein Gefühl schon eher frisch war, auf jeden Fall deutlich unter 20°C.

Während der Wartezeit trübte der Himmel sich dann immer mehr ein und pünktlich, als William zum Aufbruch blies, begann es zu regnen – erst nur ganz fein, aber schließlich so stark, dass wir uns gleich in unsere komplette Regenmontur hüllten.


Mit Matthew (links) und William im Regenwald

Zum Glück hatten wir uns zuhause beim Packen in letzter Minute doch noch für die Regenhosen entschieden! Ohnehin wurde es auch so schon schlimm genug, da meine Wanderstiefel ziemlich bald durchweicht waren, trotz Goretex-Futter und imprägnierender Schuhcreme.

Die Schuhe hatten ehrlich gesagt schon recht viele Jahre auf dem Buckel. Nachdem es aber die Möglichkeit gegeben hatte, sie beim Hersteller neu besohlen zu lassen, nahm ich an, dass ich mit den gut eingelaufenen Stiefeln besser dran wäre, als mit komplett neuen, was sich in den folgenden Tagen dann doch als richtige Einschätzung erwies.

Nach einiger Zeit ließ der Regen glücklicherweise wieder nach und für kurze Zeit kam sogar die Sonne zum Vorschein.


Üppiges Grün und ein lauschiger Bach - auch auf der "regenarmen" Nordseite des Kilimanjaro herrscht offenbar kein Mangel an Niederschlägen.

Trotzdem war ich an diesem Abend ziemlich demoralisiert, weil ich befürchtete, den Rest des Trekkings – immerhin noch sechs teils sehr lange Tagesetappen – in nassen Schuhen laufen zu müssen, da wären Blasen praktisch garantiert! Und wie sollten meine Füße auf der Gipfeletappe so jemals warm werden?

Die Amerikaner kamen fast gleichzeitig mit uns im ersten Camp an, obwohl sie um einiges später gestartet waren, da sie den schlimmsten Regen am Gate abgewartet hatten. Dass sie den ersten Teil des Aufstiegs deshalb in zügigerem Tempo angehen mussten, stellte in dieser noch eher gemäßigten Höhe wohl kein Problem dar.

Nachmittags im Simba Camp auf 2700 m (Simba heißt in Suaheli Löwe, angeblich wurde hier mal einer gesichtet) hatten wir dann das „Vergnügen“, im eigens für unsere Mahlzeiten mitgeschleppten und für uns beide völlig überdimensionierten „Mess Tent“, das wie das übrige Lager schon komplett aufgebaut auf uns wartete, unseren ersten Nachmittagstee mit frischem Popcorn und leicht angefeuchteten Keksen zu uns zu nehmen.


Leider war es schon bei diesem aller ersten Mal darin ungemütlich kühl, zumal wir noch keine Gelegenheit gehabt hatten, unsere vom Aufstieg feuchte Kleidung zu wechseln. Wie sollte das erst weiter oben am Berg werden?

Unser Lager bestand aus 4 Zelten, wobei unser Zelt, ein nagelneues orange-graues Mountain-Hardware-Zelt, sich für uns ungewohnt geräumig anfühlte, nachdem wir in letzter Zeit zuhause nur noch mit unserem spartanischen und für zwei Personen gerade so ausreichenden Leichtgewichtszelt unterwegs gewesen waren. Die Guides hatten ein ähnliches, allerdings deutlich älteres Zelt, Küchen-und Schlafzelt für alle anderen (!) und unser Essenszelt waren zwei ziemlich stark abgenutzte, riesige Vaude-Zelte.

Abends beim Dinner froren wir dann noch schlimmer, aber unser „Boy“ ließ auch ständig den Zelteingang hinter sich offen. Klar wäre es für ihn umständlich, den Reißverschluss beim Servieren dauernd zu öffnen und wieder zu schließen, aber künftig wollten wir doch darauf bestehen, um uns nicht zu erkälten.

An diesem ersten Abend bestand unser Dinner aus Suppe, Hauptgericht (Reis, Hühnerfleisch, Gemüse) und Obst zum Nachtisch, als Getränke gab‘s Schwarztee oder Instantkaffee. Insgesamt  fand ich alles sehr genießbar, wenn es auch den Umständen entsprechend eher einfache Gerichte waren. Auf jeden Fall war es viel zu viel, aber ich nehme mal an, dass die Träger unsere Reste schon vernichtet haben werden.

Diesmal hatten wir noch Fleisch gegessen, aber von da ab verzichteten wir lieber darauf, da es hier oben tagsüber noch nicht ganz Kühlschranktemperatur hatte – und während der Anfahrt schon gar nicht.

Eigentlich hatte ich angenommen, dass die Guides mit uns zusammen die Mahlzeiten einnehmen würden, so wären die Ausmaße des Zelts wenigstens einigermaßen gerechtfertigt gewesen. Dies schien hier aber nicht üblich zu sein. Wie von jetzt an jeden Abend kamen William und Matthew aber nach dem Essen zu uns, um das Programm des folgenden Tages zu besprechen.

In unserer ersten Nacht am Berg regnete es dann noch ziemlich lang und heftig, was meine Moral nicht gerade hob.