Freitag, 9. Dezember 2011

Kilimanjaro 2011 - Der Aufstieg II

Text: Eva Irmler
Fotos: Günter Schmidt



Ruhetag und letzter Teil des Anmarschs


Mittwoch, 7. 12.  Mawenzi Tarn Camp – Akklimatisationstag


Nach anfangs sternenklarer Nacht begann diesmal gegen Morgen Regen auf das Zelt zu prasseln. Nach einer Weile wurde das Geräusch dann deutlich leiser und als wir den ersten Blick nach draußen wagten, war doch tatsächlich das ganze Camp verschneit!

Katzenwäsche im Schnee

Günter ging es an diesem Morgen leider eher schlechter, seine Nase lief unablässig und er hatte leichtes Fieber.

Nach dem Frühstück machten wir uns mit William und Matthew trotz allem zu einer kleinen Akklimatisationstour auf, die uns auf den Grat zwischen dem Camp und dem Kibo-Sattel führte, den wir anderntags auf unserem Weiterweg überqueren würden. Nach nur einer Stunde waren wir am Ziel und da inzwischen wieder Graupel und Schneeregen eingesetzt hatte, stiegen wir anschließend ohne große Pause wieder zum Camp ab.

Dann mal lieber wieder zurück ins Camp...

Den Rest des Tages verdösten wir im Zelt, wenn nicht gerade eine Mahlzeit anstand. Da das Wetter den ganzen Tag über nicht wesentlich besser wurde, fühlte sich alles bald schon wieder grässlich klamm an. Auch Günters Zustand hatte sich bis zum Abend eher noch einmal verschlechtert, vor allem das Kopfweh. So langsam machten wir uns ernsthafte  Sorgen, ob er noch rechtzeitig für den Gipfel wieder einigermaßen auf den Damm kommen würde.

Am Nachmittag trafen auch die vier Amerikaner, die praktisch gleichzeitig mit uns am Gate gestartet waren, hier ein. Offenbar hatten sie die zweite Nacht schon im Second Cave Camp geschlafen, wo wir nur Mittagspause gemacht hatten, und waren von da ab immer einen Tag hinter uns gewesen. Es gab hier also durchaus auch andere Möglichkeiten, den Aufstieg zu gestalten, und vielleicht wäre es gar keine so schlechte Idee gewesen, noch einmal eine Übernachtung unterhalb 4000 m einzuschieben, um dem Körper mehr Zeit für die Höhenanpassung zu geben.

Donnerstag, 8. 12.  Mawenzi Tarn Camp – Kibo Hut


An diesem Morgen wurden wir wieder um 6.30 Uhr geweckt und noch vor acht waren wir abmarschbereit, was uns von William gleich ein großes Lob einbrachte. Günter fühlte sich zwar unverändert mies, aber wenigstens ließ das Wetter nichts zu wünschen übrig. Morgens zogen noch Nebelschleier um den Berg, aber sonst strahlte den ganzen Tag die Sonne.

Unser Berg - der Kibo

Über der weiten Ebene des Kibo-Sattels, einer endlosen, weitgehend vegetationslosen Mondlandschaft, erheben sich die drei Vulkane des Kilimanjaro-Massivs. Neben dem größten und höchsten, dem Kibo, den man üblicherweise meint, wenn man vom Kilimanjaro spricht, gehören dazu auch noch der felsige Mawenzi, an dessen Fuß wir die letzten beiden Nächte verbracht  hatten, und der Shira.

Blick zurück zum Mawenzi

Stunde um Stunde ging es nun in dieser Ödnis dahin und der Kibo, der längst zum Greifen nah erschien, wollte einfach nicht näher kommen.

Auch die Guides schleppen ordentlich Gepäck.

Doch dann nach einem kurzen, atemraubenden Steilstück erreichten wir endlich die Kibo Hut auf 4730 m Höhe, von wo es schon in der folgenden Nacht Richtung Gipfel gehen sollte.

Das Campinggelände war schon ziemlich dicht bevölkert und sogar zum Registrieren musste man sich anstellen – kein Wunder, denn hier treffen drei verschiedene Aufstiegsrouten zusammen, unter anderen die extrem beliebte Marangu-Route. Außerdem erklärten uns unsere Guides, dass just am folgenden Tag besonders viele Tansanier den Gipfel besteigen wollten, um so den 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Tansanias zu feiern.

Kibo Hut und Camp

Unser Team war zum Glück so schlau gewesen, unsere Zelte etwas abseits vom großen Rummel aufzubauen. Das bedeutete zwar einen eher mühsamen Aufstieg zum Toilettenhäuschen, aber meistens genügte uns hier sowieso der Gang hinter die Felsen.

Unsere Zelte bei den Felsen

Den Nachmittag über sollten wir uns ausschließlich ausruhen, da ja schon um 23 Uhr das Wecken für den Gipfeltag anstand. Leider wurden es für uns keine sehr erholsamen Stunden, da sich bei mir allmählich ebenfalls Kopfweh einstellte und Günters verschlimmerte sich so, dass wir den Gipfel schon ernsthaft gefährdet sahen.

Im Nachhinein glaube ich, dass die Hitze im Zelt, das den ganzen Nachmittag über in der prallen Sonne stand, uns beiden geschadet hat. So viel Flüssigkeit, wie wir dadurch in der trockenen Höhenluft verloren, konnten wir einfach nicht durch Trinken ausgleichen.

Bei mir verschwanden die Kopfschmerzen schnell, sobald ich gegen Abend aufgestanden und die paar hundert Meter zur Toilette und wieder zurückgegangen war. Bei Günter war es dagegen nicht so einfach und auch William meinte am Abend, dass wir den Gipfel vergessen könnten, wenn es in der Nacht nicht besser werde. Unter diesen Voraussetzungen akzeptierte Günter gerne die angebotene Schmerztablette (Ibuprofen?), die dann glücklicherweise die erhoffte Wirkung hatte.

Nach dem Abendessen, das leider völlig ungenießbar geraten war – ein Berg völlig zerkochter Spaghetti, vermutlich hätten wir aber so oder so nicht extrem viel Appetit gehabt – krochen wir um 18 Uhr in unser Zelt, und schon bald war Günter eingeschlafen. Fünf Stunden später wachte er zum ersten Mal seit Tagen ganz ohne Kopfweh auf!

Mir ging’s nach dem Wecken zum Glück auch ganz hervorragend. Zwar war ich nervös und konnte deshalb gerade mal einen Schokoriegel zum Tee herunterwürgen, aber ansonsten gab mir die Aussicht, dass das Ziel, auf das wir nun monatelang hingearbeitet hatten, in greifbare Nähe gerückt war und das Ende unserer „Expedition“ nahte, noch einmal gehörig Auftrieb. Nicht einmal das Aufstehen mitten in der Nacht hatte ich als so unzumutbar empfunden, wie ich die ganze Zeit befürchtete.