Mittwoch, 24. Oktober 2012

Ecuador 2012 - Straße der Vulkane II

Text: Eva Irmler
Fotos: Günter Schmidt



Nach Ecuador und erste Touren


Sonntag 21.10. 2012  München – Quito


Auch diesmal brachte uns unser Sohn Daniel wieder in aller Frühe zum Flughafen, damit wir unseren Amsterdam-Flug um zehn nach sieben erwischten. Allerdings waren wir heute wesentlich schwerer bepackt als bei unserer Kilimanjaro-Reise im Jahr zuvor. Zum einen wollten wir ja in Ecuador „ernsthafte“ Berge besteigen, so dass wir Pickel, Steigeisen, Klettergurte und -helme mitschleppen mussten, zum anderen ging es anschließend nach Galapagos, wofür wir unsere eigene Schnorchelausrüstung eingepackt hatten. So war es kein Wunder, dass wir mit zweien unserer insgesamt drei Gepäckstücke das 23-kg-Limit von KLM nur knapp unterschritten.

Den Flug nach Amsterdam hatten wir schnell hinter uns, doch die folgenden 11 Stunden im rappelvollen Flieger schienen dann kein Ende nehmen zu wollen.

Über den Wolken der Karibik

Als schließlich doch der Landeanflug auf Quito begann, erhaschten wir durchs Flugzeugfenster einen ersten Blick auf die Stadt, ein endloses Häusermeer in einem langgestreckten Hochtal auf 2800 m Höhe. Die umliegenden Berge, von denen wir den Rucu Pichincha mit seinen knapp 4700 m schon in wenigen Tagen besteigen wollten, waren bei unserer Ankunft leider in Wolken.

Nach eher zähen Einreiseformalitäten mussten wir noch sehr lange auf Günters große Reisetasche mit dem Großteil unserer Bergausrüstung warten, ehe wir uns endlich mit vollständigem Gepäck zum Ausgang begeben konnten. Hier stand Ramiro, der Chef des „Ecuadorian Alpine Institute“, das uns hier im Auftrag von „Henkalaya“ betreuen würde, schon persönlich bereit, um uns mit dem Auto zum Hotel zu bringen.

Unser Hotel, das Vieja Cuba, lag in der Neustadt von Quito und nicht weit von der Plaza Foch, die wegen der vielen Restaurants, Hotels und Reiseagenturen in der Umgebung ein beliebtes Touristenziel ist. Wir bezogen unser etwas verwinkeltes, aber ansonsten ganz hübsches Zimmer im ersten Stock, duschten erst mal ausgiebig und begaben uns anschließend auf die Suche nach Trinkwasser, was gar nicht so einfach war am späten Sonntagnachmittag. Fündig wurden wir skurrilerweise in einem Geschäft für Kinderbekleidung.

Gegen Abend und schon hundemüde schleppten wir uns dann noch in ein Restaurant – leider ins erstbeste, an dem wir vorbeikamen: Günter servierte man dort äußerst unappetitliche Nieren und Blutwurst (er wollte gleich eine Spezialität des Landes probieren…) und mein Rindfleisch war ziemlich zäh. Zum Glück bestätigte sich dieser erste schlechte Eindruck von der ecuadorianischen Küche im Lauf der Reise ganz und gar nicht. In der Regel schmeckte uns alles und es gab auch hier, wie in anderen südamerikanischen Ländern, allerbestes zartes Rindfleisch.

Unsere erste Nacht in Ecuador wurde leider nicht so erholsam, wie wir uns das nach der langen Anreise gewünscht hätten. Schon um drei Uhr früh waren wir wieder wach, was natürlich in erster Linie an den 7 Stunden Zeitverschiebung lag, aber zusätzlich stellte sich das Vieja Cuba auch als recht hellhörig heraus, so dass wir jede Bewegung der Gäste im Stockwerk über uns hautnah mitbekamen.


Montag 22.10.  Quito und Mitad del Mundo


Nach dem reichhaltigen Frühstück im Hotel (Granola = geröstetes Müsli mit Joghurt und Früchten, Rührei, Toast, Marmelade) fühlten wir uns trotz der unruhigen Nacht fit für unseren ersten Tag in Quito. Cesar, unser Guide für die nächsten zwei Wochen, holte uns vor dem Hotel ab. Wie sich herausstellte, sprach er ganz hervorragend deutsch und hatte sogar einige Zeit als Gaststudent in München verbracht.

An diesem Tag begleitete uns zusätzlich noch ein Fahrer, Andres. Bei der kurzen Stadtbesichtigung, die nun zunächst auf dem Programm stand, würden wir die Altstadt mit Cesar zu Fuß durchqueren und Andres uns am anderen Ende wieder aufsammeln.

Zuerst ging es zum Panecillo (=Brötchen, wegen der Form), einem Aussichtshügel mit gigantischer begehbarer Marienstatue aus Aluminium. Günters Vater war bei seinem Ecuador-Aufenthalt viele Jahre früher auf dem Fußweg von der Stadt dort hinauf überfallen und ausgeraubt worden. Als wir Cesar davon erzählten, meinte er, dass es dort immer noch genauso gefährlich sei. So waren wir ganz froh, dass wir mit dem Auto und ortskundigen Begleitern unterwegs waren.

Blick vom Panecillo auf die Altstadt von Quito

Anschließend brachte uns Andres in die Altstadt, wo wir zunächst einen riesigen, teilweise überdachten Markt besuchten, auf dem es Kleidung, Lebensmittel, Haushaltswaren und einfach alles gab.

Im Zentrum der Altstadt wollten wir mehrere Kirchen aus der Kolonialzeit besichtigen. Leider war die älteste Kirche Quitos, die Iglesia de San Francisco, an diesem Montag geschlossen.  Die Iglesia de la Compania de Jesús mit ihren prachtvollen Goldornamenten (aus dem Gold der Inkas) durften wir dagegen bestaunen.

Plaza San Francisco

In der Iglesia de la Compania de Jesús

Genau um 11 Uhr erreichten wir den Platz vor dem Präsidentenpalast, wo gerade die feierliche Wachablösung stattfand, bei der Präsident Rafael Correa persönlich vom Balkon winkte.



In der Kirche La Catedral besuchten wir das Mausoleum des Staatsgründers Sucre und entdeckten das Grab von Carlos Montufar, einem Weggefährten von Alexander von Humboldt. Zum Abschluss unserer Altstadtbesichtigung stiegen Günter und ich auf den Turm der Basilica del Voto Nacional, einer erst Mitte der 1980er-Jahre anlässlich eines Papstbesuchs errichteten und Notre Dame nachempfundenen Kirche, von wo wir einen schönen Blick über die Stadt genießen konnten.

Blick zurück zum Panecillo

Am frühen Nachmittag verließen wir Quito nach Norden, Richtung Mitad del Mundo (Mitte der Welt = Äquator) und statteten dem „Solarmuseum Inti Nan“ einen Besuch ab. Bei einer Führung wurde uns hier neben Schrumpfkopfherstellung und Indianerkultur auch allerhand Humbug rund um die Äquatorlinie (hier die mit GPS vermessene) geboten: z.B. das rohe Ei, das sich angeblich nur exakt auf dem Äquator auf der Spitze eines Nagels balancieren lässt, oder ein Wasserbecken, in dem sich das Wasser beim Abfließen durch die Corioliskraft nördlich und südlich des Äquators in entgegengesetzte Richtungen dreht – der Physiker an meiner Seite ließ sich davon freilich nicht beeindrucken. ;)

Die "Mitte der Welt" I ...

Beim einige hundert Meter entfernten Äquatormonument, das nach alten Berechnungen aus dem 18. Jahrhundert erbaut worden war, gönnten wir uns dann ein kleines Mittagessen (Empanadas!), spazierten einmal um den Obelisk, und anschließend ging es auch schon zurück zum Hotel.

... und II

Abends führte uns Ramiro ins Restaurant „Spaghetti“ aus, wo wir bei sehr gutem Essen noch ein paar organisatorische Fragen besprachen, z.B. zur Gepäckaufbewahrung während der Bergtouren und unseres Galapagos-Aufenthalts.

Danach waren wir beide völlig erledigt und legten uns gleich ins Bett, nur um uns doch wieder die halbe Nacht schlaflos herumzuwälzen – Jetlag eben.


Dienstag 23.10.  Otavalo und Cuicocha-Kratersee


Ab jetzt war Cesar für uns Guide und Fahrer in einer Person. Nach dem Frühstück starteten wir vom Hotel aus Richtung Otavalo, einem besonders für seine Märkte bekannten Indigena-Dorf (das Wort Indios hören die südamerikanischen Ureinwohner anscheinend nicht mehr gern) nördlich von Quito. Die Anfahrt zog sich ziemlich in die Länge, da es schon ewig dauerte, bis wir die Stadt hinter uns gelassen hatten. Und dann folgten endlose Baustellen, wo die Straße zum neuen Flughafen von Quito gebaut wurde.

Schließlich erreichten wir aber doch Otavalo, das sehr schön in einem fruchtbaren Tal liegt. Unser erster Weg führte uns zum Touristenmarkt, der an diesem Tag außer uns praktisch keine Besucher hatte. Zudem bot jeder Stand so ungefähr dieselben Waren an – bunte Taschen, Tücher, Hängematten, Hüte... 

Der Touristenmarkt von Otavalo

Händlerin auf dem Touristenmarkt

Von der netten etwa achtjährigen Tochter einer Händlerin ließ ich mich „überzeugen“, eine Tasche zu kaufen, dann zogen wir lieber weiter zu den Märkten für die einheimische Bevölkerung, die wir wesentlich interessanter fanden. Obst, Gemüse und Fleisch wurde hier in großer Vielfalt feilgeboten, aber die mit Cesar verabredeten drei Stunden Aufenthalt füllte auch der Besuch dort nicht aus.

Auch außerhalb der Marktplätze wird reger Handel getrieben.

Auf dem Fleischmarkt: Hendl en masse

Wir setzten uns schließlich auf die Dachterrasse eines Mexikanischen Restaurants, wo wir als einzige Gäste Burritos mit vielen roten Bohnen verspeisten und die Aussicht auf Otavalo und die Berge der Umgebung genossen. Kaum hatten wir aufgegessen, entlud sich ein Gewitter über dem Dorf, das sich schon seit längerem in den Bergen zusammengebraut hatte. Deshalb zogen wir vom Mexikaner nur in ein Café auf der gegenüberliegenden Seite des Touristenmarktes um, bis wir uns zur verabredeten Zeit wieder mit Cesar beim Auto trafen.

Der Regen ließ dann zum Glück bald wieder nach, obwohl wir zunächst bei der Anfahrt zum Cuicocha-Kratersee noch Bedenken hatten, ob die an diesem Nachmittag vorgesehene allererste Wanderung überhaupt möglich wäre. Gerade in dieser Gegend hatte es besonders heftig geschüttet und auf manchen Straßen schienen vor kurzem noch richtige Sturzbäche heruntergerauscht zu sein.

Doch wir blieben optimistisch und gingen im leichten Nieselregen los, der tatsächlich schon bald ganz aufhörte. Die Wanderung, wir umrundeten etwa die Hälfte des Sees bis zu einem Aussichtspunkt, war landschaftlich sehr schön und trotz der nicht unbeträchtlichen Höhe (bis fast 4000m) nicht weiter anstrengend, da wir von Anfang an von Cesar dazu angehalten wurden, sehr langsam zu gehen.

Am Aussichtspunkt über dem Cuicocha-Kratersee

Leider hatte ich unterwegs eine recht unerfreulich Begegnung mit dem Hund zweier Indigena-Frauen, die uns entgegen kamen. Nach dem Motto „den Letzten beißen die Hunde“ versuchte er mich im Vorbeigehen ins Bein zu zwicken, erwischte aber zum Glück nur meine Hose …

Im Anschluss an unsere Wanderung fuhren wir zurück nach Otavalo und von dort noch ein Stück weiter Richtung Fuya Fuya, unserem ersten Berg, den wir am nächsten Tag besteigen wollten.

Für unsere erste Übernachtung außerhalb von Quito waren wir in der Mojanda-Lodge in zwei riesigen Zimmern mit offenem Kamin untergebracht.

Beim mehrgängigen, vegetarischen (!) Abendessen zeigte sich, dass es sich um eine sehr spezielle Unterkunft handelte: die Chefin, eine Amerikanerin, die früher als Anwältin sehr erfolgreich gewesen war, hatte sich in einen Ecuadorianer verliebt und war ihm in seine Heimat gefolgt. Hier, etwas außerhalb von Otavalo, hatten sie gemeinsam diese Lodge eröffnet, in der es sehr familiär zuging: Alle, einschließlich der Chefin und einigen Mitarbeitern, versammelten sich zum Essen um einen Tisch und zu Anfang wurden alle einander vorgestellt.

Eigentlich eine gute Sache, da es so leichter fallen könnte, mit den anderen Gästen ins Gespräch zu kommen. In unserem Fall blieben die Tischgespräche aber doch eher mühsam, nicht zuletzt weil außer uns und einer Norwegerin nur noch ein französisches (und ausschließlich französisch sprechendes) Paar zu Gast war.

Nach dem Abendessen brannte ein Feuer in unserem offenen Kamin, was auch bitter nötig war, denn in der Unterkunft war es ziemlich frisch. Dafür war es herrlich ruhig und zum ersten Mal in Ecuador schliefen wir richtig gut.

Blick ins Reiseprogramm vor dem wärmenden Kaminfeuer - was steht uns morgen bevor?