Mittwoch, 13. August 2025

Rumänien - Mai 2025 I

Text: Eva Irmler



Auf nach Griechenland - oder doch nicht?


In diesem Jahr wollten wir extra erst im Mai zu unserer ersten Reise starten und dann möglichst weit in den Süden fahren, weil wir endlich mal bei angenehmen Temperaturen unterwegs sein wollten – soweit der Plan …
 
Schnell hatten wir uns auf den Norden Griechenlands als Ziel geeinigt, doch hätten die gut drei Wochen, die uns „nur“ zur Verfügung standen, auf keinen Fall für eine Anreise auf dem Landweg gereicht. Günters Recherchen zum Thema „Griechenlandfähre“ fielen dann aber so niederschmetternd aus – es gab jede Menge Erfahrungsberichte aus den vergangenen Jahren, die von massiven Verspätungen und völlig verdreckten Kabinen berichteten oder von überraschenden Ausfällen und Umbuchungen auf kleinere Fähren, auf denen dann leider, leider keine Kabine mehr frei war und wo man daher für ein oder zwei Nächte auf Deck ausharren musste – dass wir uns ebenso schnell wieder von dieser Idee verabschiedeten und nach einem alternativen Reiseziel umsahen.

Am Ende fiel unsere Wahl auf Rumänien, da dies zum einen für uns beide komplettes Neuland war, zum anderen spielte natürlich auch eine Rolle, dass dort mit den Karpaten ein ausgewachsenes Gebirge auf uns wartete. Außerdem fand ich als gebürtiges „Donaukind“ es auch spannend, „meinen“ Fluss einmal quasi bis ans Ende an seiner Mündung ins Schwarze Meer zu begleiten. 

Das Donaudelta als weitest entfernter Punkt der Reise war damit schon mal gesetzt, weshalb auch klar war, dass wir manchmal würden ordentlich Strecke machen müssen, um in der vorgegebenen Zeit überhaupt dorthin und wieder heim zu kommen. Am Anfang wollten wir es jedoch eher gemütlich angehen lassen und planten daher zwei Übernachtungen am Neusiedler See unweit der ungarischen Grenze ein.

(Für alle, die sich dafür interessieren, verlinke ich an dieser Stelle eine Karte mit unseren Übernachtungsplätzen.)

Das Packen für die gut drei Wochen mit vielen Wanderungen, sowie ein paar abschließenden Stadttagen in Budapest bewältigten wir dann recht flott und routiniert. Und so konnten wir bereits an Günters erstem Urlaubstag nach dem Mittagessen auf die erste Etappe bis Illmitz am Neusiedler See starten.



Zum Neusiedler See und durch Ungarn


Freitag, 9. Mai – Illmitz am Neusiedler See, Weingut Gallumbo



Hatten die Temperaturen bis Anfang Mai noch fast frühsommerliche Höhen erklommen, gab es pünktlich zu unserer Abreise einen deutlichen Einbruch, doch noch hofften wir, mit unserer Reisestrategie den Wetterkapriolen ein Schnippchen zu schlagen und rechtzeitig in mildere Gefilde zu entwischen. 

Mit strammem, kaltem Gegenwind, der den Treibstoffverbrauch unseres wenig windschnittigen Gefährts deutlich in die Höhe trieb, ging es bei ansonsten recht heiterem Wetter auf der A94 und folgenden Landstraßen gen Osten. Nach dem Grenzübergang bei Braunau hatte das zeitraubende Landstraßengekurve dann bald ein Ende und auf der österreichischen A8 sowie der Westautobahn A1 kamen wir deutlich flotter voran. Südlich an Wien vorbei näherten wir uns nach 5 Stunden Fahrt schließlich ganz allmählich unserem ersten Tagesziel und damit auch der ungarischen Grenze, deutlich erkennbar an der Beschilderung, auf der immer häufiger „Budapest (H)“ zu lesen war.

Illmitz liegt im Burgenland und damit in einer bekannten Weinregion. Entsprechend viele Weingüter gab es allenthalben und auf den Feldern in der Umgebung waren fast ausschließlich Weinstöcke zu sehen. 

Auf dem im Voraus gebuchten Stellplatz im Innenhof des Weinguts „Gallumbo“ waren wir an diesem Abend die einzigen Campinggäste. Nach der Anmeldung in der Pizzeria nebenan, die offensichtlich mit zum Familienbetrieb gehörte, führte uns die Seniorchefin kurz herum, zeigte Dusche, WC und den brandneuen Aufenthaltsraum, der von einem gut gefüllten Weinkühlschrank dominiert wurde (Selbstbedienung erwünscht!). Da es abends nach Sonnenuntergang recht schnell kühl wurde, setzten wir uns gerne in diesen Raum, in dem es dank Heizkörper mit der Zeit angenehm warm wurde. 

Zuvor drehten wir jedoch noch eine erste Sonnenuntergangs-Spazierrunde, die uns zwar nicht bis zum Neusiedler See führte, der von der Ortschaft ein paar Kilometer entfernt ist, aber zu einigen kleineren vorgelagerten Seen.


Abendstimmung mit Weißen Lichtnelken


An der Zicklacke bei Illmitz



Samstag, 10. Mai – Illmitz


Unser erster voller Tag auf Reisen war diesmal von der eher entspannten Sorte. Zwar wurde ich schon um 6 Uhr wach, weil die Kirche ziemlich nah an unserem Stellplatz lag und von da an viertelstündlich schlug, aber davor war die Nacht sehr ruhig. Da konnte mich noch nicht mal die Pumpe, die irgendwo in unmittelbarer Nachbarschaft regelmäßig alle paar Stunden ansprang und – zum Glück nur jeweils für einige Sekunden – einen Höllenlärm verbreitete, wirklich stören. Und die auch nicht eben leise Lüftung der Pizzeria nebenan schien mit dem Pizzaofen gekoppelt zu sein und war somit rechtzeitig verstummt, ehe wir uns schlafen legten. Ungewohnt frisch war die Nacht allerdings, weshalb ich mich lediglich einmal aus dem warmen Schlafsack schälte, um die paar Meter zum WC zurückzulegen (mit Jacke!). Und schon beim Zubettgehen hatte ich derart gefröstelt, dass ich heilfroh war, als ich es endlich aus den Kleidern und in Schlafanzug und Schlafsack geschafft hatte ...
 
Morgens kam dann die Sonne wie erhofft recht früh an unsere Schlafkabine und heizte sie angenehm auf. Bis wir gegen 8 bereit zum Frühstücken waren, war es in der Sonne und im Windschatten des "Max" schon so warm, dass wir tatsächlich draußen Kaffee trinken und unsere Müslis mümmeln konnten. 


Frühstück beim Weingut Gallumbo


Überhaupt schien an diesem Tag praktisch durchgehend die Sonne, lediglich ein paar Schleier zogen nachmittags auf. Zwar ging nach wie vor ein recht frischer Wind, doch im Lauf des Tages wurde es bei unserer Rollerrunde an den Neusiedler See und zu diversen „Lacken“ – mehr oder weniger stark salzhaltigen, meist flachen Gewässern – doch so warm, dass wir kurzbehost und im T-Shirt unterwegs sein konnten. 

Von Illmitz aus ging es also mit den Tretrollern zunächst in den südlichen Teil des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel. Ziemlich bald kamen wir dabei auf einen Schotterweg, was mir anfangs noch mühsam erscheinen wollte. Zum Glück ging es hier aber leicht bergab und so fand ich schnell in einen angenehmen Roller-Rhythmus. 


Der Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel bei Illmitz


Angenehmes Rollern in flacher Landschaft,
lediglich der Sand bremst uns gelegentlich aus.


Schnell war dann ein erster Vogelbeobachtungsschuppen erreicht, an dem mir siedend heiß, aber leider 2,5 km zu spät einfiel, dass ich mal wieder vergessen hatte, das Fernglas einzupacken … So blieben die Massen an Vögeln, die es im Lauf der Tour zu sehen gegeben hätte, für mich leider ferne Punkte. Nicht viel besser erging es Günter, der sich wieder einmal damit abfinden musste, dass auch seine Fotos lediglich viele punktförmige Vögel am Horizont zeigten. Selbstredend war die Dichte an Hobbyornithologen mit Teleskopen am Stativ und/oder gigantischen Objektiven an ihren Kameras im Nationalpark ziemlich hoch und hätten wir mit unserer Ausrüstung im Vergleich selbst dann nicht glänzen können, wenn ich mein Mini-Fernglas mitgehabt hätte.  Aber man kann eben nicht alles haben und letztlich zieht auch Günter es vor, eher „leicht“ (sind 3 kg wirklich leicht? 😉) unterwegs zu sein, zumal sein Fokus beim Fotografieren nicht wirklich bei Vögeln bzw. Wildtieren liegt.


Vogelpunkte am Horizont ...


Die Rauchschwalbe ist gnädig zu uns kurzsichtigen
Möchtegern-Vogelbeobachtern und nistet direkt im Unterstand.

 
Die meisten Strecken, die wir an diesem Tag mit unseren Rollern zurücklegten, waren auch von jeder Menge Radlern frequentiert, von denen mindestens die Hälfte auf E-Bikes an uns vorbeidonnerten. Tatsächlich stellte sich diese Gegend aber als so topfeben heraus, dass ich ausnahmsweise nicht ein einziges Mal mit meinem Roller haderte!!! Gut, wir legten auch gerade mal 30 km zurück und ließen uns dabei fast 6 Stunden Zeit. Doch weder der Wind, der gelegentlich von vorn blies, noch die wenigen Steigungen (Strava meinte 15 m insgesamt …) fielen sonderlich ins Gewicht.
 
Nahe unserem südlichsten Punkt (Sandeck-Illmitz) hätte man eigentlich weiße Esel sehen können, doch hielten diese entweder großen Abstand oder interessierten sich nur für die Heuraufe in ihrem Gehege, in der sie praktisch verschwanden. Sie sind so etwas wie das hiesige Pendant zu den Schafen auf der Schwäbischen Alb oder der Fröttmaninger Heide bei München, sollen also die Sumpfwiesen kurz halten, damit sie nicht verbuschen. Vom ehemaligen Grenzturm, dessen erste Ebene man lediglich und nur über eine extrem steile Metalltreppe (runter lieber rückwärts!) erklimmen konnte, war die Aussicht leider schon ziemlich „verbuscht“. Die Robinien dort sahen aber allesamt nicht sehr gesund aus, vielleicht ist die Sicht bis in ein paar Jahren ja wieder frei. 


Weiße Esel-Punkte ;)


Über die Seegasse – bestens geteert und mit Radwegen auf beiden Seiten – rollten wir dann als kleinen Abstecher das einzige Mal direkt an den Neusiedler See zum Seebad Illmitz. Kurz überlegten wir, mit der Fahrradfähre überzusetzen, doch schenkten wir uns diese Fahrt letztlich, weil es am diesseitigen Ufer für unsere Begriffe genug zu sehen gab. Stattdessen pausierten wir auf einer Bank mit Blick auf den See und stärkten uns für den Weiterweg.


Fahrradfähre am Neusiedler See

 
Der führte zunächst auf der Stichstraße zurück bis dahin, wo wir zuvor vom Sandeck her eingebogen waren. Der ziemlich sandige Weg direkt gegenüber stellte sich allerdings auch als Stich heraus, der nur zu einem weiteren Beobachtungsposten führte. Also wieder zurück und noch ein paar Meter auf der Seegasse entlang, dann wieder links ab auf einen ungeteerten Feldweg, der mit der Zeit an vielen Stellen ebenfalls recht sandig wurde. An der Biologischen Station Illmitz gab es samstags nichts zu sehen, so rollten wir gleich weiter und gelangten schließlich in die „Hölle“ – ein Gehöft, ebenfalls Ortsteil von Illmitz. 

Kurz davor passierten wir jedoch noch eine Weide, auf der tatsächlich und unverkennbar eine kleine Herde Przewalski-Pferde graste. Außerhalb eines Zoos hatte ich diese seltenen Wildpferde, die vermutlich einst in vielen Steppenregionen Eurasiens verbreitet waren, bislang noch nie gesehen! 


Vier Reiher


Blühende Wiesen ...


... und duftende Sanddornbüsche am Neusiedler See


Przewalski-Pferde


Silberreiher im Anflug


Historischer Brunnen


Im Anschluß umrundeten wir den „Oberen Stinkersee“, der seinem Namen heute zum Glück nicht zur Ehre gereichte, widerstanden der Versuchung eines Abstechers zum Weingut „Wein aus der Hölle“ und ließen uns lieber zum Vesper auf einer etwas windschiefen Picknickbank mit Blick auf eine Blumenwiese nieder, den See im Rücken. 


Am Oberen Stinkersee ...


... und am Unteren Stinkersee


Purpurkönigskerze




Hier schließt sich der Kreis: wieder an der Zicklacke
und gleich zurück in Illmitz.


Vorbei am „Unteren Stinkersee“, an dem es immerhin mal kurz nach faulen Eiern roch, und diverse Vogelbeobachtungsposten später, erreichten wir schließlich wieder Illmitz, wo es uns zunächst zur Eisdiele am Hauptplatz zog. Dann noch ein Abstecher zum Spar für ein paar Flaschen Mineralwasser, der Günter, der „kurz“ alleine reingegangen war, damit wir die Roller nicht abschließen mussten, beinahe den letzten Nerv gekostet hätte: Die übrige Kundschaft kam hier offenbar ausnahmslos mit Sonderwünschen an die Kasse und scheuchte die einzige Kassiererin dafür im Laden herum ...

Zum Kaffee waren wir wieder auf dem Stellplatz zurück und legten auf das Eis noch jeder ein Stückchen Kuchen, das Günter vom Spar mitgenommen hatte, damit ihm die Wartezeit an der Kasse etwas weniger sinnlos erschien. Dann ging es für mich unter die Dusche, während Günter seine ersten Fotos auf den Laptop überspielte und sichtete. Anschließend reichte der Nachmittag sogar noch für den Tagebucheintrag, ehe die Sonne hinter der Mauer verschwand und es höchste Zeit wurde, dass wir uns in die Pizzeria zum Abendessen begaben.


Sonntag, 11. Mai – Hortobágy, Ungarn – Ökotúra Hotel Camping



Vom burgenländischen Illmitz, wo unsere zweite Nacht – auch, aber nicht nur wegen der nur 30 Meter Luftlinie entfernten Dorfdisco – leider deutlich weniger ruhig ausfiel als die erste, waren es höchstens noch 10-15 km und zwei Ortschaften bis zur ungarischen Grenze. Dieser näherten wir uns, um nicht noch für einen weiteren Tag eine österreichische Autobahnvignette kaufen zu müssen, auf kleinen und kleinsten Landstraßen. Vom Grenzübertritt merkte man dann so gut wie gar nichts, außer dass die Straßenbeschilderung für uns schlagartig komplett unverständlich wurde. 

Ungarisch ist schon eine ganz besonders fremdartige Sprache, bei der sich nur ausnahmsweise die Bedeutung eines Wortes erschließen lässt, eigentlich nur bei Lehnwörtern. Während der Fahrt versuchte ich, im Internet herauszufinden, wie die verschiedenen Buchstaben des ungarischen Alphabets ausgesprochen und Wörter betont werden, da ich unwillkürlich die Schilder am Straßenrand las und es mich störte, wenn ich nicht wusste, wie es klingen sollte. Immerhin lernte ich auf diese Art, dass ungarische Wörter grundsätzlich auf der ersten Silbe betont und die Buchstaben immer gleich ausgesprochen werden, was in den meisten anderen Sprachen ja eher gerade nicht der Fall ist.

Auf diversen Autobahnen rollten wir dann Richtung Budapest und zumindest anfangs herrschte an diesem Sonntagmorgen ziemlich wenig Verkehr, erst rund um die Hauptstadt wurde er deutlich dichter.

Auch in Ungarn sind Autobahnen und zusätzlich sogar noch viele andere Straßen mautpflichtig. Praktischerweise konnte Günter diese Gebühr schon ein paar Tage zuvor online für den ganzen Monat bezahlen – offenbar für uns und unseren „Laster“ (der „Max“ galt in Ungarn tatsächlich als solcher) die günstigste Variante (15 170 HUF = ca. 37 €). Dasselbe galt im Übrigen auch für Rumänien, wo die E-Vignette für 30 Tage mit 12,90 € allerdings noch deutlich günstiger zu erwerben war.

An Budapest vorbei ging es weiter Richtung Debrecen und, weil es nun bereits auf 14 Uhr zuging, die Löcher in den Mägen schier bodenlos waren und es bis zum Ziel, dem „Hortobágy Nemzeti Park“ (= Hortobágy Nationalpark), noch immer eine gute halbe Stunde sein sollte, beschlossen wir spontan, im Städtchen Tiszafüred (an der Teiß = Tisza) im „Petit L’Amour Gaztro Biztro“ Station zu machen. Unsere erste ungarische Mahlzeit fiel dann ziemlich deftig aus, sowohl Günters Schweinebraten mit Kartoffeln, Röstzwiebeln und Krautsalat, als auch mein „Graurindgulasch“ (stand so auf der Karte, sie war dreisprachig) mit Zucchinipuffer. Viel Fleisch gab es und bei mir leider in sehr fettiger Soße, die den an sich sehr guten Zucchinipuffer total durchweichte. Geschmeckt hats trotzdem und mehr als satt wurden wir auch, so dass uns ein Espresso als Nachtisch genügte. 

Anschließend verging die letzte halbe Stunde Fahrt zum Hortobágy Nationalpark, genauer zu der ehemaligen Fischzucht und dem jetzigen Vogelschutzgebiet „Hortobágy-Halastó“, wie im Flug. Am Eingang zeugte ein recht großes Nationalparkzentrum von besseren Zeiten, doch zumindest jetzt in der Nebensaison war dort alles verriegelt und verwaist. Von daher befürchteten wir schon, dass uns der Zutritt zu dem umzäunten Schutzgebiet verwehrt bleiben würde, doch das Gatter neben dem Ausgangsdrehkreuz war zum Glück nur angelehnt. Früher gab es hier mal eine Bahn, die erst zum Abtransport der Fische diente, später das weitläufige Gelände für die Besucher erschloss. Diese schien jedoch schon seit Jahren nicht mehr gefahren zu sein, so überwuchert und teils mit Erde zugesetzt wie die Schienen waren. 


Endlose Fischteichweiten




Jede Menge Reiher


Endstation der Fischteich-Bahn


Da mir anfangs nicht klar gewesen war, um was für ein riesiges Areal es sich handelte und dass Günter zudem eine ausgedehnte Rundtour vorschwebte, hatte ich für zu Fuß gehen plädiert, anstatt nochmal umständlich die Roller auszupacken. Im Nachhinein betrachtet hätte es sich vermutlich doch gelohnt, wenn die Wege teils auch nicht wirklich perfekt dafür gewesen wären. 

Andererseits bewahrheitete sich auch meine Vermutung, dass wir bei einer etwas abgekürzten Runde durch den Park nicht viel verpassen würden. Tatsächlich war es ab dem äußersten Beobachtungsturm an der Endstation der Bahnlinie, der leider von unzähligen Tauben massiv verunreinigt war, hauptsächlich noch ein recht öder Latsch ohne allzu viel Mehrwert ... 

Gut, gleich nach dem Turm konnten wir von einem der Beobachtungshäuschen, die über einen Steg durchs Schilf zu erreichen waren, noch ein paar Löffler entdecken, die hier fleißig nach Nahrung stocherten, mit dem Verschlingen der Fische, die sie dabei aufstöberten, allerdings eher Mühe zu haben schienen. Außerdem gab es hier auf einer vorgelagerten Insel eine Kolonie recht großer Möwen, die ihren Lauten nach viel eher den Namen „Lachmöwe“ verdient gehabt hätten, als ihre allgegenwärtigen kleineren Verwandten. 


Westliches Ende des riesigen Kondas-to


Löffler beim Löffeln


Möwen in Aufruhr


Nördlichster Beobachtungsturm der Fischteich-Runde


Wie schon tags zuvor waren insbesondere im Schilf viel mehr Vögel zu hören, als zu sehen, z.B. Rohrdommeln und Rohrsänger („Rohrspatzen“). Omnipräsent waren hier wie am Neusiedler See vielköpfige Graugansfamilien, Silberreiher, Seidenreiher und unzählige Graureiher, sowie Kormorane, Löffelenten, Pfeifenten, … Die hier lebenden Wasserbüffel und ungarischen Graurinder konnten wir dagegen nur vielleicht und ganz aus der Ferne erspähen. 


Graureiher im Anflug


Die Sonne steht schon tief und der Rückweg wird noch weit.


Schwalben


Fast zurück am Parkplatz


Am Ende des Tages summierte sich unser „Nachmittagsspaziergang“ auf 13 km und die Sonne wollte schon fast untergehen, als wir den Campingplatz in der Ortschaft Hortobágy erreichten, der recht klein und einfach war, aber insgesamt ok.



Rumänien - Retezat-Gebirge und Siebenbürgen


Montag, 12. Mai – Nucşoara, Rumänien – Camping Countryside Retezat


Neuer Tag – neues Land: Nun also zum ersten Mal Rumänien! 


Obwohl in dieser, unserer zunächst einzigen ungarischen Nacht eine Nachtigall sehr ausdauernd und variantenreich ihr Lied trällerte und gelegentlich Autos auf der nahen Durchgangsstraße vorbeirauschten, schlief ich insgesamt recht gut. 

Beim morgendlichen Duschen waren wir auf dem Platz in Hortobágy dann wieder ganz in der harten Campingrealität angekommen: die Kabinen eng, kaum beleuchtet und mit viel kühler Frischluftzufuhr … Der Gerechtigkeit halber sei aber erwähnt, dass es immerhin stabile Haken für die Klamotten an der Tür gab, man den Duschkopf (Regenbrause!) so hindrehen konnte, dass nichts nass wurde, es sauber war und das Wasser perfekt ablief. Weniger perfekt fand ich, dass in der ersten Dusche, die ich ausprobierte, kein Tropfen Wasser aus der Brause kam und es an der Tür (noch?) keinen Hinweis auf einen Defekt gab … Na gut, immerhin kam bei mir noch genügend heißes Wasser, nachdem ich in Kabine Nr. 2 gewechselt hatte, dagegen fiel Günters Dusche später wohl eher lau aus. Schönsten Sonnenschein hatten wir in der Früh, doch frisch war es trotzdem, so frühstückten wir lieber drinnen. 

Das schöne Wetter begleitete uns auf der Weiterfahrt an diesem Tag bis weit nach Rumänien hinein, doch leider änderte sich dies, sowie wir uns dem Retezat-Gebirge näherten, wo wir in den folgenden Tagen wandern wollten … 

Wie die Einreise nach Ungarn verlief auch der Grenzübertritt nach Rumänien völlig problemlos. Schengen sei Dank, sind seit Januar diesen Jahres die Grenzkontrollen auch hier Geschichte – schon eine tolle Sache, wenn man die Stories noch vom letzten Jahr liest! Sollte man(n) – Herr Merz, Herr Dobrindt! – nicht leichtfertig verspielen!

In der Stadt Oradea, die wir unmittelbar nach der Einreise nach Rumänien streiften, wurde noch getankt, dann ging es auf der E 79 (Europastraße!) in südöstlicher Richtung ins Land hinaus. So langsam machte sich da auch schon der Mittagshunger bemerkbar und wir entschieden uns ziemlich umstandslos für das Restaurant „Jaru“, das praktischerweise direkt an der Straße lag und einen riesigen Parkplatz hatte. Die meisten der vielen Dörfer, durch die wir hier nun quasi durchgehend mit 50 km/h zuckelten, wirkten leider ziemlich heruntergekommen und unbelebt und zudem hatten wir wenig Lust, lange in einer Ortschaft herumzusuchen.

Allzu voll war das Gasthaus dann nicht, vielleicht auch, weil es nach der hiesigen Zeit schon auf 14 Uhr zuging. In Ungarn, wo wie zuhause die Mitteleuropäische Sommerzeit galt, wäre es ja eine Stunde früher gewesen und danach tickte natürlich auch noch unser Hungergefühl. „Sniƫel“ bzw. Cordon bleu mit Pommes und Krautsalat waren ok für die 40 bzw. 45 Leu (ca. 7.50 € / 9 €) und satt wurde man auch wieder. Die Speisekarte gab es hier lediglich auf Rumänisch, wir stellten aber schnell fest, dass sich bei dieser Sprache wieder viel mehr erschließen ließ, als im Ungarischen, und im Zweifel half das Übersetzungsprogramm im Handy. 

Weiter gings auf der Europastraße und weil die Sonne unsere Blechkabine nun auf schon nahezu unerträgliche Temperaturen erhitzte, wurde ich mal wieder richtig schläfrig – trotz Cola und Espresso … So verschwamm der Weiterweg etwas für mich, aber immerhin bekam ich mit, dass die unendlichen Weiten der ungarischen Sumpfebenen nun endgültig hinter uns lagen, es zunehmend hügelig wurde und wir durch saftig grüne Landschaften mit viel Wald rollten.

Da es in den nächsten Tagen in die Berge gehen sollte, so das Wetter es erlaubte, musste noch etwas größer eingekauft werden. Günter steuerte den recht großen Lidl in der Ortschaft Brad dafür an, wo er sich dank langjähriger Mittagspausen-Erfahrung bestens zurechtfand. Trotzdem stellten wir, als wir unsere Einkäufe in der Parkgarage unter dem Geschäft ins Auto luden, fest, dass wir nicht richtig nachgedacht und zwar jede Menge Vesperzubehör und Frühstück eingekauft hatten, Wasser und Wein nicht zu vergessen, aber nichts für ein warmes Abendessen, das wir im Fall, dass wir wie geplant ein oder zwei Nächte wild in den Bergen übernachteten, natürlich unbedingt benötigen würden … Für eine warme Mahlzeit waren wir zur Not noch gerüstet, zuhause hatten wir eine Chili-con-Carne-Dose vom Urlaub im vorigen Jahr entdeckt und eingepackt, Tortillachips als Beilage waren ebenfalls vorhanden, doch ansonsten blieb nur zu hoffen, dass wir anderntags noch in einem Dorfladen am Weg etwas auftreiben konnten.

Von Brad war es nicht mehr allzu weit zu unserem Tagesziel, dem Camping Countryside Retezat in der Ortschaft Nucşoara, der fest in deutscher Hand war: Erstens stammte das Platzbetreiberpaar aus Deutschland, zweitens waren derzeit noch praktisch alle Gäste Deutsche. Im Sommer, meinte die Inhaberin Anja, sei der Platz jedoch überwiegend von Rumänen frequentiert, denn die Campingbegeisterung sei auch hierzulande weit verbreitet.

An diesem Nachmittag klopfte der Regen, der bald nach unserer Einkaufstour eingesetzt hatte, noch eine ganze Weile leise auf das Autodach und draußen war es bereits recht frisch. Zum Glück war die Fahrerkabine noch gut von der Sonne aufgeheizt, so dass wir vorerst nicht den Heizlüfter anwerfen mussten. Und gegen Abend kam die Sonne dann tatsächlich noch einmal heraus, was wir für einen kurzen Spaziergang durchs Dorf nutzten.


Abendspaziergang bei Nucşoara




Dienstag, 13. Mai – Poiana Pelegii (1633 m)



Unsere erste Nacht in Rumänien war zwar sehr ruhig, aber saukalt. Morgens um kurz nach 6, als ich mal zur Toilette tigerte, waren die Wiese und Günters regenfeuchte Turnschuhe, die er über Nacht draußen auf der Stoßstange deponiert hatte, mit Raureif bedeckt und glitzerten in der soeben aufgehenden Morgensonne. Dabei waren wir hier gerade mal auf gut 600 m Höhe - wie sollte das dann 1000 m höher werden, wo wir die nächste Nacht zu verbringen gedachten?


Strahlend blauer Himmel am Morgen, nur über den Bergen im
Retezat-Nationalpark bilden sich bereits erste Wölkchen ...


Nach Dusche und Frühstück packten wir flott zusammen, noch lockte wolkenlos strahlendes Wetter und so freuten wir uns schon auf einen sonnigen Wandertag. Nach einem kurzen Abstecher zum Nationalparkbüro, um ein Permit für den Park zu erstehen (10 Leu/Person), folgte noch ein Notfallessenseinkauf (Nudeln mit möglichst kurzer Kochzeit, Tomatensoße, eine Paprikaschote) in einem kleinen Lädchen in der Ortschaft Brazi und kurz nach 10 waren wir dann endgültig auf dem Weg zu unserem potentiellen Übernachtungsplatz in den Bergen. 

Die erste Hälfte der 44 km Stecke (ab dem Campingplatz) verlief noch durchweg auf mehr oder weniger gut asphaltierten Sträßchen, wobei die Schlaglochdichte ab Brazi ziemlich zunahm, teilweise auch Steine auf der Straße lagen und an verschiedenen Stellen gebaut wurde. Am Stausee „Gura Apelor“ hörte der Asphalt schließlich auf und ein Wegelagerer (ob nun autorisiert oder nicht) verlangte weitere 15 Leu für die Durchfahrt mit dem Auto. Anschließend führte der Forstweg erst noch an einem Arm des Stausees entlang, dann lange mit mäßiger Steigung an einem Bach, erst wenige Kilometer vor dem Ziel begann die Strecke kräftig anzusteigen. 


Bach bei der Anfahrt zur Poiana Pelegii


Auf dem Parkplatz "Poiana Pelegii" überraschten wir einen Wanderer, der offensichtlich seine Tour gerade beendet hatte und zu seinem Auto zurückgekehrt war. – Der Glückliche! So schön es nämlich in der Früh gewesen war, so schnell hatte es über den Bergen auch an diesem Tag wieder dicht gemacht. So saßen wir beim Mittagsvesper bereits unter einer dicken grauen Wolkendecke und, kaum waren wir die ersten Schritte Richtung Lacul Bucura gegangen, setzte leichter Schneefall ein. Den hatten wohl auch drei Frauen, die mittlerweile ebenfalls hier eingetrudelt waren, nicht auf dem Zettel, sonst wären sie vielleicht gar nicht erst losgewandert mit ihren leichten Turnschuhen. Im Gegensatz dazu waren wir mit dem anderen Schuhextrem am Start, nämlich mit gefütterten Winterwanderschuhen. Auch lange Unterwäsche schien uns bei den hier herrschenden Temperaturen ratsam, was sich im Lauf des Nachmittags durchaus bestätigte.

Unmissverständliche Bärenwarnung am Parkplatz
Poiana Pelegii


Nach einem ganz kurzen Abstieg folgte gleich zum Auftakt der Wanderung eine lange Bachquerung auf einem besseren Baumstamm, der immerhin auf einer Seite mit einem Geländer versehen war. Diesem hätte ich zwar nicht mein ganzes Gewicht anvertrauen wollen, aber für die Psyche war es wieder einmal ziemlich hilfreich. Anschließend ging es über Felsen, Wurzeln und viele weitere Bachläufe gleich stramm bergan und passierten wir bald die offizielle Campingwiese, die zu unserem Parkplatz gehörte. Ziemlich lang stiegen wir durch dichten Wald hinauf, der dann allmählich in die Latschenzone überging. Hier mussten ein paar größere Bäche vorsichtig auf rutschigen Steinblöcken gequert werden. Zuletzt dünnten auch die Latschen aus und kamen wir in offenes Gelände, das sommers sicher als Alm genutzt wird. Über mehrere Stufen und teils steile Anstiege erreichten wir schließlich nach etwa zwei Stunden den See „Lacul Bucura“, den – laut Wikipedia – größten Gletschersee Rumäniens. 


Der schmale Steg über den Bach kurz nach dem Parkplatz 


Rifugiul Salvamont - an der offiziellen Campingwiese


Es geht mal wieder über einen Bach.


Es schneit!


Für die Krokusblüte nicht gerade ideale Bedingungen ...


Hier gäbe es viele Wandermöglichkeiten, wenn das Wetter 
nicht gar so grausig wäre.


Ungemütliche Ankunft am Lacul Bucura


Da es noch immer schneegrieselte und graupelte, lud die Umgebung des partiell zugefrorene Sees nicht wirklich zum Verweilen ein. In die unverschlossene Schutzhütte etwas oberhalb des Seeufers warfen wir zwar einen Blick, doch zeigte auch hier das Thermometer wenig lauschige 1°C an … Erst schien es unter den gegebenen Umständen verlockend, einfach hier umzukehren, doch wären wir so spätestens um 16 Uhr wieder am Auto gewesen und was hätten wir dann mit dem Rest des Tages angefangen? Wirklich gemütlich konnten wir es uns in unserer Behausung ja nicht machen, da wir ohne Strom keine Heizung hatten. Klar hätten wir auch gleich wieder ins Tal rollen und die Übernachtung in den Bergen sowie die Wanderung am folgenden Tag abschreiben können, aber das erschien uns in Anbetracht der langen Anfahrt erst recht sinnfrei. 

Ursprünglich hatten wir für diesen Tag nur eine kurze Eingehtour geplant und anderntags sollte es auf den Vârful Peleaga gehen, mit 2509 m der höchste Gipfel im Nationalpark Retezat. Als dann morgens die Sonne schien und der Wetterbericht zudem ganz optimistisch klang, überlegten wir uns, den Peleaga eventuell gleich zu versuchen, denn wer wusste schon, wie lange uns das Wetterglück erhalten blieb … In dem Fall wären wir ebenfalls zum Lacul Bucura und von dort weiter zum Gipfel aufgestiegen, auf dessen Rückseite man theoretisch auf einer alternativen Route wieder zum Parkplatz hätte absteigen können. Am See angekommen war jedoch spätestens offensichtlich, dass nach den Niederschlägen der letzten Tage am Peleaga viel zu viel Schnee lag, um diese Runde zu wagen.

So einigten wir uns am Ende darauf, zu einem Pass oberhalb des Sees aufzusteigen. Vielleicht, so dachten wir, böte sich dort oben ein wenig mehr Aussicht auf die umgebende Landschaft. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass der Weg, den wir nun einschlugen, lediglich zu einer Quelle oder weiter rechtshaltend Richtung Peleaga führte. Bei LocusMap, das daraufhin zu Rate gezogen wurde, entdeckten wir dann noch einen weiteren halbwegs plausibel erscheinenden Pfad, der links des Peleaga auf einen Grat führen sollte. Streckenweise war dieser zwar unmarkiert und nur zu erahnen, doch am Grat angelangt stießen wir wieder auf deutliche Markierungen, die uns zu dem markanten Gipfel direkt oberhalb des Sees leiteten. Der Costura Bucurei, 2370 m, wurde so ganz nebenbei und ungeplant zu unserem ersten Gipfel auf rumänischem Boden. 


Aufstieg vom See zum Costura Bucurei


Und hopp!


Aha - und wo geht's jetzt lang?


Der Aufstieg war zuletzt recht steil und führte teils in der Nordflanke über schneebedecktes Blockgelände, in dem es gut aufpassen hieß. Glücklich am Gipfel angelangt, schien dann ganz kurz sogar die Sonne! Und Aussicht gab es von dort oben tatsächlich gar keine so üble auf die verschneiten Nachbarberge und ins sonnenverwöhnte Tal … Allzu lang wollten wir trotzdem nicht verweilen, denn es blieb frisch und so langsam war der Tag nun doch schon recht fortgeschritten.


Steiler Aufstieg am Grat, im Hintergrund
der verschneite Vârful Peleaga (2509m)


Am Gipfel des Costura Bucurei (2370m)


Gipfelaussicht - im Tal sieht das Wetter besser aus ...


Auch der Lacul Bucura bekommt ein paar Sonnenstrahlen ab.


Etwas Sonne um die Nase tut gut,
auch wenn es nur für einen kurzen Moment ist.
 
Der Abstieg auf der anderen Seite des Bergs erwies sich anfangs als mindestens genauso verblockt, verschneit und damit heikel, glückte aber, ohne dass einer von uns in ein verdecktes Loch zwischen den Felsbrocken gerutscht wäre oder Ähnliches. Kaum waren wir zurück am See, setzte wieder Schneefall ein, erst ganz leicht, dann immer stärker und bald blieb er an vielen Stellen sogar liegen. Ab dem See kannten wir den Rückweg ja, doch zog er sich ziemlich in die Länge, da die unendlich vielen nassen Steine, über die wir steigen mussten (oft die bessere Alternative, anstatt durch Sumpf zu waten), ständige Konzentration forderten und wir zudem den Eindruck hatten, dass die zahlreichen zu querenden Bäche jetzt mehr Wasser führten, als beim Aufstieg. Jedenfalls war ich ziemlich geschafft, als wir endlich nach gut 6 Stunden, 10 km und ca. 840 Hm wieder am Parkplatz einliefen.


Vorsichtiger Abstieg über schneebedecktes Blockwerk


Der Lacul Bucura - größter Gletschersee Rumäniens


Das Schwierigste ist geschafft.


Blick zurück zu unserem Berg, etwas unterhalb
der Bildmitte die Schutzhütte am See


Schneegestöber


Eiskunst am Bach


Mühsames Stolpern über Felsbrocken gegen Ende der Wanderung


Beim zweiten Mal ist das Balancieren über den
schmalen Steg schon deutlich weniger gruslig.


Der „Max“ bekam noch Podeste für die Vorderräder, damit er nicht ganz so schief stand, dann zogen wir uns schnell trockene und möglichst warme Sachen an – zum Glück hatten wir zumindest mit dem einen oder anderen kühlen Tag gerechnet und dementsprechend gepackt ... 

Unser warmes (und wärmendes) Abendessen bestand an diesem Abend aus dem erwähnten Dosen-Chili, das Günter mit frischen Möhren und der morgens erstandenen Paprika veredelte, dazu Tortillachips. So kalt wie die kommende Nacht zu werden versprach und so wenig Aussicht auf besseres oder gar wärmeres Wetter bestand, hatten wir nicht vor, noch ein zweites Mal hier zu übernachten, also brauchten wir die Paprika nicht für ein zweites Abendessen aufzusparen – dachten wir … 

Nach dem Essen musste noch schnell gespült werden, wofür das Wasser im Topf auf dem Kocher erhitzt wurde. Günter erbarmte sich und übernahm das Spülen draußen in der Kälte, mein Part war das Zureichen des Geschirrs und das Abtrocknen. Für unser Abendprogramm bis zum Schlafengehen, sprich Tagebuch schreiben und lesen bzw. Fotos bearbeiten und den folgenden Tag planen, wickelten wir uns in die beiden Hälften unseres großen Zweipersonen-Deckenschlafsacks, denn ohne Strom kein Heizlüfter und den Heizaufsatz für den Gaskocher hatten wir daheim gelassen – wir dachten ja, wir fahren ins Warme …


Fast gemütlich ...



Mittwoch, 14. Mai – Nucşoara, Camping Countryside Retezat



Nach der wirklich sehr frostigen Nacht am Parkplatz Poiana Pelegii, während der es mit der Zeit aufgeklart hatte, schien morgens zunächst wieder die Sonne vom wolkenlosen Firmament. Nur stand der „Max“ leider alles andere als ideal und bekam noch lange keine wärmenden Sonnenstrahlen ab. 


"Max" mit Eispanzer


Um den Moment der Vertreibung aus dem warmen Schlafsack möglichst lang hinaus zu zögern und den Übergang etwas erträglicher zu gestalten, nahmen wir noch eine Zeitlang den Großteil unserer Klamotten zum Anwärmen mit in die Schlafsäcke. Doch schließlich ließ sich das Aufstehen nicht mehr länger aufschieben und zum Glück heizte dann bald der für den Kaffee angeworfene Kocher den Aufbau etwas auf. Dies hatte allerdings auch zur Folge, dass der Raureif, der sich über Nacht innen an der Dachfläche gebildet hatte, zu tauen begann und immer mal wieder Tropfen auf uns herabregneten … Spülen sparten wir uns nach dem Frühstück, doch auf das Händewaschen nach dem Gang in die Büsche wollten wir dann doch nicht verzichten, was mit dem eiskalten Wasser, das nur knapp nicht eingefroren sein dürfte, nicht gerade lustig war. Trotz Bewegung wurden unsere Finger danach erst sehr allmählich wieder warm.

Zwar zogen schon während wir frühstückten wieder erste Quellwolken auf, doch wir blieben bei unserem Plan, den Tag noch einmal für eine Wanderung zu nutzen und uns am Namensvetter unseres Zufallsgipfels vom Vortag, dem Vârful Custura zu versuchen. Mit 2457 m ist dieser nur etwa 100 m höher als der Custura Bucurei und liegt ihm bzw. den Gipfeln rund um den Lacul Bucura jenseits des Peleaga-Bachtals gegenüber. Folglich ging es diesmal zu Beginn der Wanderung nicht über den Bach, sondern hielten wir uns an der Abzweigung gleich hinter dem Parkplatz rechts in Richtung „Cabana Buta“. Ebenso wie tags zuvor stieg der Wanderweg dann gleich wieder ordentlich durch den Wald an, war aber abgesehen davon deutlich angenehmer, viel weniger verblockt und nur wenige kleine Bachläufe waren zu queren. 

Nach einiger Zeit flachte der Weg merklich ab und kamen wir auf eine weite Hochfläche. An ein paar Bergteichen vorbei erreichten wir wenig später den Pass „Şaua Plaiul Mic“. Zur Cabana Buta wäre es von hier nach rechts weitergegangen, wir aber wandten uns nach links Richtung Vârful Custura. 


Wir lassen den Wald hinter uns und können zum ersten Mal
 die Aussicht genießen.


Am Pass "Şaua Plaiul Mic" - hier gabelt sich der Weg.


Relativ flach ging es jetzt zunächst über weite Wiesenhänge dahin, die allerdings bald schon eine dünne Schneeschicht aufwiesen – Neuschnee der vergangenen Tage, zum Glück von der Sonne, die immer mal wieder vorbeischaute, schön weich gehalten. Und weder die Vögel, die hier oben lebten, noch Murmeltiere oder Pflanzen schien dieser harsche Wintereinbruch im Mai sonderlich zu stören. 

Beim Anblick der recht winterlichen Verhältnisse, die in Richtung Gipfel herrschten, mit teils geschlossener Schneedecke unter deren frischem Weiß sich sicherlich auch noch Altschneefelder verbargen, zweifelten wir etwas am Erfolg unserer Tour. Doch versuchen wollten wir es auf jeden Fall. 


Fast geschlossene Schneedecke auf bestens markiertem Pfad.


Viel Schnee und bedrohliche Wolken am Vârful Custura.


Nach einer Rast im Windschatten einiger Schieferfelsen, zog die Steigung noch einmal gehörig an und war der eigentlich bestens mit Farbsymbolen und weithin sichtbaren Metallstangen markierte Pfad im Schnee nicht immer leicht auszumachen. Doch die Richtung war klar und ernsthaft schwierig oder heikel wurde es trotz des Schnees hier nirgends. Nach 3 Stunden erreichten wir glücklich den Gipfel, genossen die Aussicht auf die Gegend, in der wir tags zuvor gewandert waren und in noch andere Täler und auf andere Gipfel, die allesamt heute mindestens leicht angezuckert waren.


Geschafft! - Auf dem Vârful Custura (2457m)


Gipfelrast leider ohne Brotzeit, aber dafür mit etwas Sonne.


Dramatische Wolken waberten um die Gipfel und Dampf stieg aus den Tälern auf. Man konnte quasi der Wolkenbildung zusehen: je wärmer es unten von der Sonne wurde, desto mehr Schnee taute und verdunstete und stieg als Wasserdampf auf. Doch trotz aller Wolken blieb dieser Tag zur Abwechslung praktisch durchgehend trocken. Nur ganz kurz fiel etwas Schneegriesel, als wir bereits wieder am Absteigen waren.

Für den Abstieg hatten wir uns eine alternative Route ausgesucht, die erst noch eine Zeitlang am oder leicht unterhalb des Grats Richtung Norden führte. Hier lag nun wirklich durchgehend Schnee, häufig mit zum Glück ebenfalls weichem Altschnee darunter. Andernfalls wäre so manche Querung doch eher unangenehm ausgefallen, zumal wir keine Grödel mitgenommen hatten. An einigen Stellen des Grats bestaunten wir die Abbruchkanten mächtiger Wechten, die mit ihren Schichten und dem blau schimmernden Eis schon beinahe wie Gletscher wirkten, und unterhalb des Steilabbruchs zu unserer Rechten gab es ein paar Seen, die passend dazu als Gletscherseen hätten durchgehen können.


Blick in ein eisiges Tal mit "Gletschersee"
auf der Nordseite unseres Gipfels


Schneeige Querung entlang des Grats
 

Auch hier am Grat war der Weg üppigst markiert und wir folgten ihm bis zu einem markanten riesigen Steinmann (schon eher ein Turm oder eine Stele), wo angeblich der Fernwanderweg E8 kreuzen sollte. Diesem wollten wir ins Tal des Peleaga-Bachs folgen, doch das stellte sich dann als gar nicht so einfach heraus. Bis auf ein paar sporadische Steinmänner fehlte auf diesem Abschnitt jegliche Markierung und die Pfadspur war nicht nur im Schnee, sondern auch unterhalb der Schneegrenze kaum erkennbar. Günter glich unseren Kurs immer mal wieder mit dem GPS-Track auf seinem Handy ab und, obwohl wir gelegentlich etwas vom rechten Weg abkamen, schafften wir es doch mit einiger Mühe und ohne größere Verluste über den recht steilen Hang und ein paar Altschneerinnen ins Tal zu stolpern.


Links geht es ins Tal des Peleaga-Bachs,
leider auf praktisch unmarkiertem Pfad.


Hier trafen wir, nach Überquerung des Peleaga-Bachs (ohne Brücke, aber problemlos) wieder auf einen bestens markierten Weg und gönnten uns nach dem anstrengenden Abstieg bei einem Findling noch einmal eine längere Rast und unseren restlichen Proviant. Der Weg entlang des rauschenden Bachs mit seinen diversen Kaskaden und Stromschnellen war dann ganz hübsch, allerdings mussten noch unzählige Zuflüsse gequert werden und am Ende zog sich der Marsch doch wieder recht in die Länge. Beim „Campingplatz“ Poiana Pelegii schwenkten wir schließlich auf unsere gestrige Route ein und über die nun schon altbekannte Baumstammbrücke erreichten wir den Parkplatz. 


Manche Frühlingsblüte trotzt Schnee und Eis.


Stromschnelle im Peleaga-Bach


Sumpfdotterblumen


Zwei Tage in der Bergeinsamkeit des Retezat-Gebirges
 - und von Bären keine Spur ...


Nachdem wir uns wieder was Trockenes angezogen hatten, verspeisten wir hier noch unser Vesper, das wir morgens nicht mitgenommen hatten, weil wir von einer flotten Halbtagestour ausgegangen waren. Gut sechs Stunden hatten wir aber auch diesmal wieder für unsere Rundwanderung gebraucht, so war es mittlerweile fast 15 Uhr und doch schon recht spät dafür geworden. 

Anschließend packten wir schnell vollends zusammen und machten uns auf die Rückfahrt zum Campingplatz in Nucşoara. Dort angekommen installierten wir uns wieder auf genau demselben Platz, den wir erst am Morgen des Vortags verlassen hatten. 

An diesem Abend wären wir gerne in der Ortschaft essen gegangen, doch leider hatten wir in der einzigen Gastwirtschaft, die es dort geben sollte, Pech: Da wir uns nicht im Voraus angemeldet hatten, war die Wirtin nicht darauf eingestellt und konnte uns nichts anbieten. So mussten wir doch noch auf unsere Notnudeln mit Tomaten-Speck-Möhren-Käsesauce (einfach allem, was wir noch hatten und annähernd geeignet war 😉) zurückgreifen …


Abends in Nucşoara


Donnerstag, 15. Mai – Im Bârsa-Tal bei Braşov, Camping Popasul Alpinistului


Unsere zweite Nacht auf dem Campingplatz in Nucşoara geriet dann nicht ganz so frostig, aber auch nicht ganz so ruhig wie die erste. Schuld waren nicht etwa die Mitcamper, die ihre übliche feuchtfröhliche Zusammenkunft längst beendet hatten, als wir schlafen gingen, sondern die Hunde der Gegend, die sich die halbe Nacht offenbar ziemlich viel zu „erzählen“ hatten. 

Morgens herrschte wieder eitel Sonnenschein, wobei diesmal im Norden schon früh Sturmlinsen den Himmel zierten und auch die Bäume und Büsche auf dem Platz gelegentlich ziemlich durchgeschüttelt wurden. Trotzdem wurde es schnell recht warm und bis wir bereit zum Frühstücken waren, hätte man wohl schon bequem draußen sitzen können. 

Allerdings waren wir auch recht spät dran damit, weil mir beim Duschen ein saudummes Malheur passiert war: In den Duschen gab es hier eine Ablage oberhalb der Kleiderhaken, auf der ich nun schon zum dritten Mal meine Brille abgelegt hatte. Diesmal schusselte ich allerdings irgendwie herum, als ich mir das Teil wieder auf die Nase setzen wollte, und prompt rutschte es von der Ablage und knallte aus (geschätzten) 1,70 m Höhe auf den Fliesenboden … Hätte trotzdem nicht für möglich gehalten, dass der Rahmen um das rechte Glas schon wieder brechen würde. Tatsächlich war dies ein Déjà-vu für mich, mit dem vorigen Brillengestell hatte es genauso geendet, wenn auch erst nach vielen Jahren Benutzung. Meine jetzige Brille hatte ich dagegen gerade mal ein Jahr! 

Wir versuchten dann gleich (noch vor dem Frühstück …) das Gestell mit Sekundenkleber zu flicken. Leider war die Minitube, die Günter noch wegen seiner alten Wanderschuhe und deren hinfälliger Sohlen im Rucksack hatte, praktisch leer und das wenige, was sich noch herausquetschen ließ, schien entweder nicht mehr so richtig abzubinden oder aber reichte schlicht mengenmäßig nicht aus. So lief ich zunächst den halben Morgen halb blind durch die Gegend (da Ersatzbrille leider Fehlanzeige ...) und behalf mir schließlich mit der Sonnenbrille – immerhin war es ja tatsächlich sonnig und so konnte ich wenigstens in die Ferne wieder scharf sehen. 

Unsere Abfahrt verzögerte sich dann noch weiter, weil die wirklich sehr nette Platzbetreiberin beim Bezahlen noch genauestens wissen wollte, wie es in den Bergen gewesen war, uns erzählte, was wir bei unserem geplanten Besuch in Sibiu auf keinen Fall verpassen sollten, sowie, nachdem ich von meinem Brillenschaden berichtet hatte, Tipps gab, wo wir in Haƫeg, der nächstgelegenen größeren Ortschaft, Sekundenkleber kaufen bzw. einen Optiker finden könnten. 

Als wir am Stadtrand von Haƫeg am Kaufland parkten, war es von daher schon fast halb elf. Und bis wir in dem riesigen, unübersichtlichen Laden die an sich übersichtlich wenigen Sachen, die wir brauchten, eingesammelt, auch tatsächlich Sekundenkleber gefunden (bei Autoreparatur und -Pflegeprodukten) und schließlich die äußerst lästige Verzögerung überlebt hatten, die an der Kasse entstand, weil die Kassiererin, just als wir dran waren, Wechselgeld bekam und nachzählen musste, ging es schon stark auf 11 Uhr zu. Und dann folgte natürlich noch die diffizile Klebeaktion, die auch nicht auf Anhieb klappte und letztlich zwar zu einem bis heute stabilen, aber nicht wirklich perfekten Ergebnis führte (die gebrochenen Rahmenenden trennt noch immer ein kleiner Spalt und ein paar winzige Spritzer des Klebers landeten auf dem teuren Glas …). 

Wie um uns noch den allerletzten Nerv zu rauben, ging es bei der Weiterfahrt von Haƫeg bis zur Autobahn A1 gleich weiter mit viel Verkehr und einer einseitigen Sperrung, vor der wir eine gefühlte Ewigkeit anstehen mussten. So waren wir beide heil froh, als wir endlich auf der Autobahn Richtung Bukureşti, Braşov, Sibiu waren und es zügig voran ging.

Wettermäßig gab es dagegen den ganzen Tag überhaupt nichts zu meckern, denn nur gelegentlich trübten ein paar Wolken den Sonnenschein und zum ersten Mal, seit wir in Rumänien waren, wurde es angenehm warm. Bis 22°C zeigte das Thermometer, in Sibiu herrschte definitiv T-Shirt-Wetter und im Auto kam sogar immer mal wieder die Klimaanlage zum Einsatz. 

Obwohl wir auf der Autobahn wirklich flott vorankamen und nur einmal an einer Raststätte fürs WC stoppten, wurde es doch fast 13 Uhr bis wir in unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums von Sibiu auf einem großen kostenpflichtigen (10 Leu) Parkplatz mit Glück auf Anhieb eine Lücke für den „Max“ ergatterten. Zweimal Umfallen brachte uns von dort erst zu einer öffentlichen, unterirdischen (sowohl in wörtlicher, als auch in sauberkeitstechnischer Hinsicht …) WC-Anlage und anschließend in die „Brasserie Casa Frieda“, wo wir im zeltartig überdachten und windgeschützten Außenbereich Platz nahmen. Schweinegulasch bzw. Kassler und Kohlrouladen mit Polenta und die gegrillten Paprikas: war alles sehr ok, das Gulasch, insbesondere die Soße, auf jeden Fall besser als wenige Tage zuvor in Ungarn, aber leider schon wieder grenzwertig viel. 



Da war es ganz gut, dass wir bei unserem Stadtrundgang über die Fußgängerzone der Strada Nicolae Bălescu zur Piaƫa Mare und weiter zur Evangelischen Stadtpfarrkirche (Catedrala Evangelică „Sfânta Maria“) noch deren Turm (Eintritt 15 Leu) bestiegen. Für die Aussicht von den Fenstern der vier Turmerker hat sich dieser recht heftige Aufstieg über luftige Stiegen im Glockenturm auf alle Fälle gelohnt. Erst von hier oben wurde so richtig erkennbar, dass die Altstadt von Hermannstadt, so der frühere deutsche Name von Sibiu, trotz mancher Bausünden im weiteren Umkreis, noch recht gut erhalten ist. Wie überall in Siebenbürgen war die Bevölkerung auch hier lange mehrheitlich deutschsprachig, wovon heute jedoch nicht mehr viel übrig zu sein schien.


Piaƫa Mare


Die Evangelische Stadtpfarrkirche von Hermannstadt


Verschiedene Stadtansichten ...


... vom Turm ...


... der Evangelischen Stadtpfarrkirche


Nachdem wir noch den gotischen Innenraum der Kirche (14. Jh.) und die diversen Orgeln (wir zählten drei) besichtigt hatten, musste zuletzt das Triptychon im Vorraum gewürdigt werden, zu dem ein eifriger, mehrerer Sprachen fließend mächtiger Kirchenführer uns erklärte, dass das Gemälde unterhalb der drei Flügel wahrscheinlich von Albrecht Dürer quasi vorgezeichnet und anschließend von einem Hermannstädter Maler ausgeführt wurde. 


Triptychon - vielleicht teils von Dürer


Nach einer kurzen Stippvisite in der Unterstadt besichtigten wir schließlich noch die rumänisch-orthodoxe Kathedrale, die zwar erst Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut wurde, doch im weihrauchgeschwängerten Innenraum, der über und über mit Mosaiken geschmückt war, trotzdem etwas Altehrwürdiges ausstrahlte. Interessant auch die so anderen Rituale der Gläubigen, die ein im Zentrum des Kirchenraums aufgestelltes, relativ kleines sakrales Gemälde küssten oder berührten, sich auf die eigentümliche orthodoxe Art vielfach bekreuzigten und einer vermutlich leicht behinderten Frau, die daneben saß und betete, Geld zusteckten. 


Abstieg in die Unterstadt


Blick aus der Unterstadt zur Evangelischen Kirche


Orthodoxe Kathedrale der heiligen Dreifaltigkeit




Schachspieler im Park


Zuletzt reichten sowohl Appetit als auch Zeit noch für ein üppiges Eis aus der Waffel (Eisstände waren in Sibiu massenhaft über die ganze Altstadt verteilt) und dann ging es wieder auf die Straße. 


Strada Nicolae Bălescu - Verhungern muss in Sibiu niemand ...


Fast 3 Stunden sollten es bis zum Tagesziel im Bârsa-Tal noch sein, letztlich wurde es eher länger und das hatte verschiedene Gründe: Zunächst einmal widerstrebte es uns, einfach auf der Autobahn durch Siebenbürgen hindurch zu heizen, so nahmen wir anfangs lieber kleinere Sträßchen durch die Dörfer.


Siebenbürgische Landschaft - im Hintergrund das Făraş-
Gebirge, Teil der Transsilvanische Alpen


Bald stellte sich aber heraus, dass in den ehemals deutschsprachigen Ortschaften, die natürlich längst rumänische Namen haben, nur noch wenig von der damaligen Kultur zu entdecken war, und zudem gerieten wir zwischen „Hühnerbach“ (= Glâmboaca) und „Kellen“, rumänisch Colun, auf  eine „Straße“ (offiziell als DJ = drum județean bezeichnet, sowas wie eine Kreisstraße), die eher einer ziemlich üblen, mit Schlaglöchern und Pfützen übersäten Piste glich, stellenweise auch total mit Gras überwachsen und voller Sumpflöcher war. Kein Wunder verkehrten hier denn auch eher Pferdekarren als Autos und wurden wir recht überrascht angesehen, wenn wir jemandem begegneten.
 

Auf der Kreisstraße ...


... zwischen "Hühnerbach" ...


... und "Kellen".


Kellen - Colun


Bereits nach dem zweiten „deutschen“ Dorf (bei Google seltsamerweise noch mit dem deutschen Namen verzeichnet, ebenso wie diverse andere Ortschaften dieser Gegend) zogen wir daher die Reißleine und kehrten auf die Nationalstraße (DN1/E 68) Richtung Braşov zurück. Leider herrschte auf dieser dann extrem dichter LKW-Verkehr und ging ebenfalls nicht wirklich was voran. 

Letztlich schafften wir es so erst gegen 19.30 Uhr zum angestrebten Campingplatz (Camping Valea Barsei Plaiul Foii), nur um dort vor verschlossenem Tor zu stehen … 

Doch wir hatten großes Glück, denn der sehr freundliche und fließend englisch sprechende Besitzer des Nachbargrundstücks rief zunächst für uns bei seiner Nachbarin an, die uns allerdings nicht weiterhelfen konnte: Es gebe kein Wasser auf dem Platz und vom mehr als 400 km entfernten Constanƫa, wo sie sich gerade aufhielt, konnte sie nun wahrlich nicht mal eben vorbeikommen und uns einlassen. Der Nachbar hatte jedoch noch einen anderen Trumpf im Ärmel und telefonierte mit einem Freund, der den "Camping Popasul Alpinistului" etwas weiter hinten im Tal bewirtschaftete und bei dem wir dann tatsächlich unterkamen. Als einzige Gegenleistung sollten wir einen Kurbelabzieher, den unser Wohltäter sich dort für eine Fahrradreparatur geliehen hatte, wieder seinem rechtmäßigen Besitzer zurückbringen. :)

Offiziell war der Platz wohl noch gar nicht geöffnet und wir waren folglich die einzigen Gäste. Der Betreiber hatte jedoch einige Tage zuvor auf der Campingwiese gemäht und war an diesem Abend vor Ort, um das Heu einzubringen, so konnte er alles Nötige für uns aufschließen. 

Blieben als einzige Sorgen an diesem Abend mal wieder die vielen bellenden Hund in der Umgebung und – ebenfalls mal wieder – das Wetter, das uns bei unseren Wanderplänen für den folgenden Tag einen Strich durch die Rechnung machen konnte. So schön sonnig und warm es an diesem Tag nämlich gewesen war, so garstig regnerisches und kühles Wetter war für die folgenden beiden Tage prognostiziert …


"Alpenglühen" im Königsteinmassiv über dem Bârsa-Tal



Freitag, 16. Mai – Am Schwarzen Meer – Plaja Corbu 


Auf dem nicht existenten Campingplatz gleichen Namens bei der Ortschaft Corbu und in der Nähe des nicht auffindbaren „Sunshine Camp“, sowie des wegen Renovierung geschlossenen Camping „Malul Marii Corbu“ ...

An diesem Abend übernachteten wir also wider Willen wild am Schwarzen Meer. An sich war das Areal, das im Sommer als Campingspot sehr beliebt sein soll, aber abgesehen von einer Toitoi-Toilette selbst dann anscheinend keinerlei Service bietet, ganz hübsch gelegen. Doch leider hatten wir das Regenwetter, das morgens im Bârsa-Tal zielsicher zu der Zeit einsetzte, als wir bereit zum Aufbruch waren, und sich noch deutlich intensivierte, als wir mit dem Auto am Ausgangspunkt der geplanten Wanderung geparkt hatten, mit hierher gebracht. Himmel und Meer wetteiferten um das finsterste Grau und das hohe nasse Gras machte den Gang in die Büsche, in die wir uns unter Verschmähung der Chemietoilette, deren Zustand wir gar nicht erst prüfen wollten, im Notfall schlagen mussten, zu einer ziemlich feuchten Angelegenheit …


Wildes Campen nahe der Plaja Corbu


Aber der Reihe nach: 

Die Nacht auf dem Camping Popasul Alpinistului, für die der Chef bereits am Vorabend 80 Leu (ca. 16 €) von uns bekommen hatte, verlief absolut ruhig, da glücklicherweise auch die Hunde nachts schliefen, und uns von der übrigen Tierwelt, die man sich in einem so abgelegenen Talschluss vorstellen könnte (Bären?), lediglich ein Fuchs besuchte. Morgens funktionierten die Duschen bestens, und dass die Außenspülbecken dringend eine Reinigung nötig gehabt hätten, störte uns dann auch nicht weiter.

Dies sollte ja zunächst wieder ein Wandertag werden, denn dafür waren wir am vorigen Nachmittag extra ins Bârsa-Tal am Rand des imposanten Königsteinmassivs (rumänisch: Munƫii Piatra Craiului) gefahren. An einem kleinen orthodoxen Kloster (Chiliilor) vorbei sollte es auf den Vârful Turnu (1911 m) gehen. Doch angesichts des heftigen Regens, der uns (s.o.) am Ausgangspunkt empfing, planten wir lieber gleich um. Keiner von uns hatte Lust, im Regen und ohne Aussicht auf Aussicht oder auch nur Wetterbesserung zu einer Wanderung zu starten.

Also beschlossen wir, stattdessen nach Bran zu fahren, um uns das sogenannte „Dracula-Schloss“ anzuschauen – angesichts des zu erwartenden Rummels, und weil wir sowieso keine Fans verstaubten Schlossinventars sind, natürlich nur von außen. 

Auch hier erwartete uns kein besseres Wetter, so zogen wir mit Regenjacken und Regenschirmen los, um einen Aussichtspunkt gegenüber des Schlossbergs zu erklimmen. Bis zu einem markanten Felsen folgten wir dem markierten Wanderweg, dann querten wir auf gut Glück auf einem Pfad in die Richtung, wo wir den Aussichtsfelsen vermuteten. Mit der Zeit wurde die Trampelspur allerdings immer undeutlicher und war zunehmend überwuchert, so dass wir schon so langsam daran zweifelten, noch auf dem rechten Weg zu sein. Doch mit einem Mal lichtete sich das Gebüsch und wenig später erreichten wir den felsigen Ausguck bei einem Kreuz, den wir vom Tal aus gesehen hatten. 


Sightseeing bei Regen


Einige „Dracula-Schloss“-im-Regen-Fotos später gings zurück ins Tal, wo wir auf ein bayrisch sprechendes Paar trafen, das offensichtlich in ähnlicher Mission unterwegs war und denen wir den Tipp mit dem Aussichtspunkt gleich weitergeben konnten. 


Schloss Bran (Törzburg) auf dem Dietrichstein





Was die Authentizität des „Dracula-Schlosses“ anbelangt, kann man bei Wikipedia erfahren, dass dieses zwar ein wenig so aussehe, wie das Schloss in Bram Stokers Roman beschrieben ist, sonst aber keinerlei Bezug zu Dracula bestehe, weder zum Film, noch zur Legende. Das reale Vorbild der Romanfigur Graf Dracula, Vlad Tepeş (= der Pfähler, auch Vlad Drăculea) sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie dort gewesen, da er als walachischer Fürst in der siebenbürgisch-habsburgischen Wehrburg sicher nicht willkommen gewesen wäre. Alt ist die Burganlage allerdings durchaus (13. Jh.) und ging im Lauf der Geschichte durch viele Hände, kehrte aber immer wieder zu den Habsburgern zurück, deren Nachfahren (längst in den USA lebend) es auch heute (seit 2006) wieder besitzen, da der rumänische Staat es nicht für 80 Mio. US-Dollar erwerben wollte oder konnte.

Ein Schloss ist kein Schloss, dachten wir, und da eine von Günters Kolleginnen von Schloss Peleş geschwärmt hatte und dieses grob an unserem Weg zum Schwarzen Meer lag, steuerten wir nun die Ortschaft Sinaia an. Diese liegt am Fuß eines kleinen Gebirgsstocks der Südkarpaten, der Munƫii Bucegi, die mit dem 2507 m hohen Vârful Omul eine beachtliche Höhe erreichen und von Sinaia und Umgebung auch mit Bergbahnen und Liften als Skigebiet erschlossen sind. Durch ein paar Wolkenlücken linsten dann tatsächlich vereinzelt eindrucksvolle Felsberge hervor, auf denen jede Menge Schneefelder zu erkennen waren. Doch meist hüllten sich die Berge auch hier in eine dicke Wolkendecke und prasselte der Regen durchgehend mehr oder weniger heftig hernieder. 

Ehe wir Sinaia erreichten, steckten wir aber erst mal noch kilometerlang in einem Stau fest. Da es mittlerweile bereits rapide auf 12 Uhr zuging, beschlossen wir, am Wegesrand nach einer Mittagessensgelegenheit Ausschau zu halten. Die Bar-Pizzeria der „Pensiune Eidolon“ in Buşteni kam da gerade recht und die beiden Pizzen mit ihrem sehr dicken und luftigen Boden sättigten im Nu. 

Am kostenpflichtigen Parkplatz oberhalb von Schloss Peleş angekommen empfing uns mal wieder ein besonders heftiger Schauer, gegen den unsere Schirme kaum ankamen. Das Schloss, die ehemalige Sommerresidenz der rumänischen Könige, war von außen im Regen dann nicht sooo beeindruckend. Sowieso handelt es sich quasi um einen „Neubau“ vom Ende des 19. Jahrhunderts und zur Zeit unseres Besuchs war etwa die Hälfte davon zu allem Überfluss eingerüstet und mit Planen verhängt. Na ja, vielleicht hätten wir uns hier wirklich mal zu einer Besichtigung der Gemächer durchringen sollen. Doch dafür hätten wir natürlich deutlich mehr Zeit einplanen und rechtzeitig Tickets besorgen müssen.


Schloss Peleş


Erbaut wurde das Schloss im Auftrag von König Carol I., der lustigerweise dem Fürstengeschlecht der Hohenzollern entstammte – ein Schwabe also, gebürtig aus Sigmaringen und verheiratet mit einer Rheinländerin. Auf den rumänischen Königsthron kam er, weil die Rumänen nach der Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich händeringend ein adeliges Staatsoberhaupt suchten. Und nachdem der Bruder des damaligen belgischen Königs abgewunken hatte, empfahl Napoleon III. für diese Position wärmstens Karl Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen.


Elisabeth zu Wied - die rheinländische Gemahlin
von König Carol I.


Allzu lang mochten wir dann nicht im Regen durch die Schlossgärten stapfen und machten uns lieber auf den langen Weg ans Schwarze Meer. Schnell ließen wir nun die Karpaten und damit auch Siebenbürgen bzw. Transsilvanien fürs erste hinter uns und gelangten in die riesige Walachische Tiefebene, die sich fast bis ans Meer erstreckt. 

Teils ging es wieder auf Landsträßchen durch Dörfer, in denen uns diesmal viele Frauen in Bademänteln auffielen – ob es sich dabei um den derzeit angesagten Freizeitlook handelte oder dies andere Gründe hatte, blieb uns allerdings ein Rätsel. Dann wieder brausten wir streckenweise flott auf der einen oder anderen Autobahn dahin. Erfreut stellte ich dabei fest, dass es abgesehen von einem Abschnitt in der Gegend um Bukarest, an dem buchstäblich jeder Service abgebaut oder abgesperrt war, hier wirklich alle 10 bis 20 km einen Parkplatz mindestens mit einer WC-Anlage, häufig auch Tank- und Gastroservice gab. So war es auch kein Problem, mal einen Parkplatz sausen zu lassen, weil gerade eine Horde Kinder die WCs stürmte, und zur nächsten Möglichkeit weiterzufahren, die dann nahezu menschenleer war. 

Getankt sollte unterwegs auch noch werden. Googles Tankstellensuche half hier nicht weiter, da nur sehr wenige, mit mindestens 40-minütigem Umweg verbundene Tankstellen angezeigt wurden. Zufällig stolperten wir dann aber über eine Tankstelle direkt an der Landstraße, die zwar lediglich eine Zapfsäule hatte, wo einem aber eine freundliche Tankwartin die „Arbeit“ abnahm.

Schließlich erreichten wir die Donau, für deren Überquerung auf der Autobahn 13 Leu Extramaut fällig waren. Schon hier bestand der Strom aus mehreren Armen und Kanälen, so dass wir ihn insgesamt viermal überquerten. Einmal ging es dabei direkt über eine Schleusenanlage, die allerdings leider gerade von keinem Schiff genutzt wurde.
 
Im Nachhinein habe ich die Karte noch einmal genauer studiert und festgestellt, dass wir tatsächlich zwei „echte“ Donauarme querten, sowie den „Canalul Dunǎre-Marea Neagrǎ“, also den Donau-Schwarzmeerkanal. Dieser zweigt in Cernavodǎ und damit unmittelbar vor der Stelle, an der wir ihn überquerten, von der Donau ab und teilt sich gleich darauf noch einmal, um ein Atomkraftwerk mit Wasser zu versorgen.

Auf dem Weiterweg Richtung Constanƫa folgten wir mehr oder weniger dem Kanal und kamen dabei an vielen alten und wenigen neueren Industrieanlagen vorbei. Und das ging dann fast bis zu unserem Ziel nördlich von Constanƫa so: Die letzte Raffinerie und ihre Gasflamme wären vom Strand bei Corbu vermutlich noch fast sichtbar gewesen, wenn wir nicht eine Stufe tiefer auf Meereshöhe gestanden hätten.

Gleich bei unserer Ankunft begutachtete uns ein Labradorverschnitt (?) durch den löchrigen Zaun des Nachbargrundstücks, der zum Glück eher harmlos erschien. Bei der vergeblichen Campingplatzsuche zuvor hatten wir dagegen mehrfach ein Grundstück passiert, auf dem eine wütende Hundemeute alles angeiferte, was sich in hundert Metern Umkreis bewegte. Blieb nur zu hoffen, dass solche Bestien nicht auch den Strand verunsicherten …


"Unser" braver Hund


Zum zweiten Teil des Reiseberichts geht es hier: