Freitag, 17. November 2017

Korsika 2017 - Dritter Teil

Text: Eva Irmler
Fotos: Günter Schmidt


Uomo di Cagna und Bonifacio


Die Nacht wurde dann doch noch einigermaßen ruhig, zumindest fiel es mir diesmal leicht einzuschlafen und das trotz Party im Campingplatzrestaurant.

So richtig früh schafften wir es dennoch nicht loszukommen, zumal morgens alles taunass war und wir hofften, dass die Sonne noch das Gröbste trocknen würde bis zum Zusammenpacken. Allzu lange wollten wir andererseits auch nicht  warten, und so waren Zelt plus Inventar ebenso wie die Badesachen von der Wäscheleine noch recht feucht, als wir um 9.30 Uhr den Platz verließen und uns Richtung „Uomo di Cagna“ aufmachten.

Zunächst gab’s aber noch einen Einkaufsstopp beim Casino-Supermarkt in Propriano, wo wir leider keine Schraubkartusche für unseren Gaskocher – morgens hatte das Gas nur noch ansatzweise für ein bisschen Kaffeekonzentrat gereicht –, aber sonst alles Nötige erstehen konnten.

So ging es bald weiter über Sartène zur Westküste, vorbei am schon völlig überfüllten Aussichtspunkt auf den „Rocher du Lion“ (Löwenfelsen) und dann auf einer Stichstraße zum kleinen Dörfchen Gianuccio, wo die Wanderung zum „Wackelfelsen“ beginnt.

Vom eigentlichen Startpunkt der Wanderung am Kirchplatz (laut Rother-Wanderführer) fuhren wir noch ein Stück den Hinweisschildern zum „Uomo“ nach bis es wirklich nicht mehr weiterging und wir am Wegesrand parkten.

Ab hier ging es sofort stramm bergauf, bald durch fast schon urwaldähnliches Gelände mit extrem stacheligen Lianen. Später ging die Vegetation in Buschwerk über, dann wieder in Kiefernwald, aber abgesehen von ein paar wenigen Lücken oder wenn man auf den einen oder anderen Felsen kraxelte, hielt sich die Aussicht ins Tal oder hinauf zum imposanten Felsblock des „Uomo di Cagna“ sehr in Grenzen.

Eine der raren Lücken, durch die der Uomo di Cagna zu sehen ist.

Zudem zogen die ganze Zeit dunkle bedrohliche Wolken um den Berg, so dass wir schon befürchteten, den Wandertag mal wieder im Regen oder gar Gewitter zu beenden.

Nach etwa zwei Dritteln des Aufstiegs lichtete sich dann doch so langsam der Bewuchs und nach einer ersten Rast mit schönem Blick zu unserem Ziel, das glücklicherweise gerade aus den Wolkenschwaden aufgetaucht war, ging es so langsam an den sehr felsigen Endspurt.


Bis kurz vor dem Ziel war der Weg völlig klar und vermutlich brandneu mit gelben Strichen markiert. Erst am Beginn der Hochfläche unmittelbar unter dem Gipfel endeten die gelben Markierungen und Steinmännchen leiteten uns zu einem Felsentor (enger Durchlass, der gegen oben durch einen eingeklemmten Felsbrocken abgeschlossen wird), dessen Aussicht Richtung Meer leider überwuchert, das aber ansonsten durchaus sehenswert war.

Kurz vor dem Ziel
 - wie kommen wir möglichst nah an den "Wackelstein"?

Der Zugang bzw. Zustieg zum Aussichtsfelsen gegenüber vom „Wackelstein“ war uns dagegen beliebig unklar. Nach „Rothers“ Anleitung wandten wir uns vor dem Felsentor nach rechts und versuchten zunächst unmittelbar daneben hochzuklettern, was sich schnell als Sackgasse herausstellte. So stiegen wir noch weiter nach rechts über die Blöcke bis wir tatsächlich einen Durchschlupf zur anderen Seite mit einem versteckten Steinmann entdeckten. Hier kraxelten wir noch so weit hoch, wie wir uns trauten, und wurden mit einem tollen Blick auf den „Uomo di Cagna“ in seiner ganzen Riesenhaftigkeit belohnt.

Aug in Aug mit dem Uomo die Cagna

Anschließend kletterten wir wieder ein Stück ab bis wir einen halbwegs flachen Felsen als Sitzplatz fanden, wo wir dann Brotzeit machten.

Granitblock-Kraxelei

Das Wetter war uns die ganze Zeit gnädig, zeitweise schien sogar die Sonne, erst als wir uns an den steilen 800-Hm-Abstieg machten zog es oben wieder zunehmend zu.

Felslabyrinth am Fuß des Uomo - wo geht's hier lang?

Im sonnigen Kiefernwald

Alte Eiche umarmt Fels.

Beim Blick zurück auf der Weiterfahrt Richtung Bonifacio war der Berg dann komplett in dunklen Gewitterwolken verschwunden.

Wir jedoch rollten in der Sonne zu unserem nächsten Ziel, dem Hotel „Cala di Greco“ in Bonifacio.


Hier, in dieser ziemlich luxuriösen Hotelanlage, wollten wir für zwei Nächte bleiben und uns vom „Campingstress“ erholen. Schon bei unserem letzten Korsika-Urlaub hatten wir hier übernachtet, konnten es aber nicht so richtig genießen, nachdem Günter sich bei einem Tagesausflug auf der Insel Lavezzi den Knöchel ruiniert hatte – von meinem, der schon fast seit Anfang des Urlaubs lädiert war, ganz zu schweigen.

Diesmal hatten wir sogar ein Zimmer mit eigenem Mini-Pool, bis wir eingecheckt hatten war es jedoch leider schon ziemlich spät, sodass nur noch Günter den 28°C-kühlen Pool antesten mochte. Ich zog eine warme Dusche vor, ehe es dann mit dem Auto zum Hafen von Bonifacio ging.


Dort flanierten wir mit vielen anderen an den unzähligen Restaurants vorbei, versuchten ganz am Ende unser Glück im überall sehr empfohlenen „Les Quatre Vents“, das aber völlig ausgebucht war. Ganz in der Nähe das „Cantina“ sollte laut Google ebenfalls gut sein, so entschieden wir uns, es dort zu versuchen. Platz gab es direkt neben der Tür der plastikverkleideten Veranda an der Hafenmole (fast alle Restaurants haben hier Sitzplätze, im Sommer natürlich ohne Plastikplanen), der Service war prompt und flott, nur mein Fischgericht (Mustelle à la bonifacienne) fand ich gar nicht berauschend. Günter war dann so nett und teilte sein wesentlich gelungeneres „Civet de Sanglier“ brüderlich mit mir. So war ich am Ende doch wieder halbwegs mit dem Schicksal versöhnt ;) Zurück im Hotel noch ein Glas Rotwein als Absacker und dann ging’s ins Bett.

In der Nacht zog ein Gewitter durch und später plätscherte der Regen beruhigend in den Pool.

Nächtliche Besucherin auf unserer Terrasse

Morgens dann war der Himmel noch immer grau verhangen und es regnete, als wir gegen 9 Uhr so langsam aus dem Schlaf fanden. Da hielt sich unsere Lust in Grenzen, schon gleich aus dem Bett und zum Frühstück zu springen, und so war es dann schon nach zehn, als wir uns gut geschützt unter unserem Schirm Richtung Rezeption aufmachten. Auf Regenwetter war man hier nicht besonders gut eingerichtet, denn das Frühstück fand normalerweise unter freiem Himmel statt, und nun drängelten sich alle Gäste unter dem knapp bemessenen Vordach. Nach etwas Hin und Her fanden wir aber doch noch einen Zweiertisch, an dem wir halbwegs gemütlich das Frühstück genießen konnten.

Eigentlich hätte laut Wetterbericht der Regen spätestens gegen 12 aufhören sollen, aber auch eine Stunde später tröpfelte es unentwegt weiter, wenn auch der Himmel allmählich heller wurde. Um den Tag nicht vollends zu vertrödeln, machten wir uns jetzt trotzdem auf die Socken und zwar zu Fuß Richtung Bonifacio. Unser Hotel lag ein ganzes Stück außerhalb der eigentlichen Stadt auf einem Hügel, von dem aber ein Fußweg bis zum Campingplatz am Ortseingang führte. Ab da gelangte man über ein kurzes Stück an der Hauptstraße zum Hafen, was wir in gerade mal 20 Minuten geschafft hatten. Und spätestens jetzt konnten wir die Regenjacken im Rucksack verstauen.

Aufgang vom Hafen zur Altstadt

Danach ging es wieder bergauf in die Altstadt, wo wir im Touristenstrom von einem Aussichtspunkt zum nächsten schwammen. Obwohl wir nun schon das zweite Mal hier waren, beeindruckten die Kreidefelsen, auf denen Bonifacio erbaut ist, und die lauschigen Gässchen der Stadt doch wieder aufs Neue, zumal jetzt auch tatsächlich die Sonne schien!

Die berühmten Kreidefelsen

Überhaupt nicht fotoscheue Möwe auf der Stadtmauer

Chapelle Saint Roche

Viele Fotos später meldete sich zwar noch immer nicht der große Hunger nach dem üppigen Frühstück, aber der Blick auf die Uhr zeigte, dass schon demnächst die Mehrheit der Restaurants für die Siesta schließen würde (zwischen 14 und 15 Uhr bis abends 19 oder 20 Uhr). Und da wir abends nicht noch einmal in den Ort laufen oder fahren wollten, machten wir uns wieder mal mit Googles Hilfe auf die Suche nach einem guten Restaurant. Offenbar machen aber gerade die besten besonders pünktlich dicht. Ein ums andere Mal standen wir vor verschlossener Tür oder hieß es: „Wir schließen gleich!“

Zuletzt landeten wir wieder im Hafen bei „Les Amis“, wo wir ordentliches, aber schon wieder viel zu reichliches Essen (Korsischer Burger, Veau aux Olives) bekamen. - Hätte ich nach der Hälfte aufgehört, wäre sicher alles gut gewesen, weil ich aber mal wieder gut schwäbisch fast alles in mich reinquetschen musste, lag es mir noch den ganzen Nachmittag schwer im Magen.

Dolce far niente im Hafen von Bonifacio

So schleppten wir uns nach dem obligatorischen Einkaufsstopp beim Spar am Hafen wieder den Berg hoch zum Hotel und ließen es uns von da an einfach in unserem Zimmer und dem eigenen Pool gut gehen. 

Da der ursprünglich für heute geplante Badeausflug zur Insel Lavezzi wegen des Wetters flach gefallen war, hatten wir zunächst überlegt, diesen anderntags nachzuholen.

Durchaus reizvoll - Lavezzi, 2013

Jetzt entschieden wir uns jedoch dagegen, da zwar das Wetter wieder bestens werden sollte, wir aber noch bis Zonza in der Nähe des Bavella-Passes weiterwollten. Abgesehen davon graute uns vor der Fahrt in einem der notorisch überfüllten Touristenboote, an die wir uns von vor 4 Jahren noch gut erinnern konnten.

Daher beschlossen wir, einfach unterwegs noch einen der Strände nahe Bonifacio anzusteuern und anschließend in Ruhe nach Zonza zu gondeln, wo wir hoffentlich unser immer noch feuchtes Zelt so frühzeitig aufstellen konnten, dass es bis zum Abend trocknen würde.

Morgens begrüßte uns tatsächlich klarer, wolkenloser Himmel und wir stürzten uns schon kurz vor acht in unseren Pool, nur um nach ein paar fröstligen Minuten wieder zurück ins warme Bett zu fliehen… Um neun dann waren wir bereit fürs Frühstück, das heute in der Sonne und mit schönster Aussicht auf Bonifacio stattfand.


Anschließend hieß es leider schon wieder Abschied nehmen von unserem kleinen Paradies auf Zeit. Ein wenig genossen wir noch den Blick über den Pool und den Garten hinweg aufs blaue Meer, dann packten wir unsere Sachen.


Nachdem die Rechnung beglichen war und die beiden sehr freundlichen Damen von der Rezeption uns trotz allen Sprachhürden (sie praktisch nur Französisch, wir eben leider viel zu wenig…) noch mit Tipps zu Sehenswürdigkeiten und Restaurants rund um den Bavella-Pass versorgt hatten, schlugen wir zunächst noch einmal den Weg nach Bonifacio ein, um zu tanken.

Der morgendliche Stau bremste uns ein wenig aus, aber an der Total-Tankstelle gab es dann tatsächlich außer Benzin auch eine passende Schraubkartusche für unseren Gaskocher und auf dem Rückweg aus der Stadt hinaus bei einer Boulangerie Brot fürs Mittagessen.

So waren wir bestens gerüstet um 11.30 Uhr auf dem Weg zur „Tonnara Plage“, die in nur etwa ¼ h auf der T40 Richtung Ajaccio und anschließend über eine Stichstraße zu erreichen ist. Der große Parkplatz war noch nicht besonders voll, erfreute sich aber bei „Wild-Wohnmobilisten“ offensichtlich großer Beliebtheit, zumal die einmal vorhandene Höhenbarriere längst aufgebrochen war.

Tonnara Plage

Vom Strand spazierten wir noch ein Stück weit die dann wieder ziemlich felsige Küste entlang und fanden schon bald einen lauschigen Mini-Sandstrand in einem tiefen Felseinschnitt.


Unser "Privatstrand"

Selbst hier im Meeresschutzgebiet konnte Günter leider nur wenige Fische entdecken, die zudem total scheu waren. – Schade! Dabei war das Wasser rund um Korsika während unseres ganzen Aufenthalts herrlich klar.

Vielleicht ein Fünffleckiger Lippfisch,
der hier zögerlich aus seinem Versteck kommt.

Zu wundern brauchte man sich allerdings nicht über diese Fischarmut bei den vielen Anglern und mit Harpunen bewaffneten Schnorchlern, die überall unterwegs waren.

Schnorcheln reizte mich so auch heute nicht, aber kurz stürzte ich mich doch noch ins Wasser. Nach dem anschließenden Aufwärmen in der Sonne marschierten wir zum Auto zurück, packten unser Brotzeit-Zubehör in die Rucksäcke und setzten uns zum Essen an den Strand.


Bavella


Gegen 14.45 Uhr starteten wir dann Richtung Berge, wo wir den Campingplatz „Bavella Vista“ als Bleibe für die nächsten beiden Nächte ausgesucht hatten, der sich etwas außerhalb der Ortschaft Zonza an einem Fluss befindet.

In den Bergen ballten sich wieder mal die Wolken und auf der Anfahrt war die Straße stellenweise regennass, so befürchteten wir schon, dass aus dem trockenen Zelt für die Nacht wieder nichts werden würde. Letztendlich hatten wir aber Glück, denn das Wetter stabilisierte sich nach unserer Ankunft in Zonza zusehends, und sogar die Sonne zeigte sich noch kurz und trocknete Zelt plus Inventar.

Sonnenuntergang über den Bergen bei Zonza

Abends ging es dann zu Fuß ins Dorf hoch (der Campingplatz liegt an einem steilen Hang und unser Zelt stand ganz unten am Fluss), wo wir erst im kleinen Supermarkt Wasser, Käse und Joghurt für den folgenden Tag besorgten. Zum Essen landeten wir im Restaurant „Auberge du Sanglier“, das unübersehbar zentral im Ort liegt. Der anfangs nahezu leere Gastraum füllte sich mit der Zeit komplett. Und bis wir unsere 3 Gänge verputzt hatten – allesamt sehr gut und recht üppig bemessen – und uns wieder gen Campingplatz wälzten, warteten sogar schon ein paar Leute auf unseren Tisch.

Auf dem Platz war‘s dann leider wieder bis spät sehr unruhig, sodass wir uns zwischenzeitlich auf eine einsame Insel oder Bergwiese wünschten…

Da war es ein Glück, dass die Anfahrt zu den Bavella-Türmen nur kurz war und wir deshalb morgens nicht so extrem früh raus mussten. Gegen acht quälten wir uns aber doch aus den Schlafsäcken und freuten uns, dass auch heute morgen die Sonne vom nahezu wolkenlosen Himmel lachte.

Zum Frühstück gab es zusätzlich zum üblichen Müsli noch Croissants, weil gerade rechtzeitig der Bäcker vorbeikam, bei dem Günter außerdem ein Baguette fürs Mittagessen erstand.

Die Bavella-Türme am Morgen

Kurz nach neun machten wir uns schon auf den Weg zum Bavella-Pass und um 9.45 Uhr dann waren die Rucksäcke gepackt, die Wanderstiefel geschnürt und es konnte losgehen.

Notre Dame de la Neige

Links an der Madonnenstatue ging es vorbei und mal wieder zum rot-weiß markierten GR 20, dem wir aber diesmal nur für ein paar hundert Meter folgten. Danach zweigte am Fuß der ersten Felsen der gelb markierte „alpine“ GR 20 ab, der sogleich steil nach oben zog. Über verschiedene Stufen ging es bald am Bavella-Turm I vorbei, wo wir auf Kletterer in Aktion stießen.

Kletterer am Turm I

Unser Weg dagegen führte nach einem ersten Passübergang erst wieder gewaltig bergab, ehe es über Felsen und Platten zum nächsten Turm hoch ging.

Alles kein Problem, dachte ich mir, bis wir zu der Stelle kamen, die laut „Rother“ über einen „unangenehm steilen Plattenschuss“ hinabführte, der durch eine Kette „gesichert“ sei. – Ketten finde ich so oder so grässlich, zumal im Abstieg, da ich immer das Gefühl habe, wenn es tatsächlich darauf ankäme, würde mir das fette, unhandliche Teil, das grundsätzlich auch noch gewaltig durchhängt oder gleich direkt auf den Felsen liegt, sowieso durch die Hände gleiten und keinerlei Sicherheit bieten.

Hier fühlte ich mich von Anfang an auch nicht besonders wohl damit, aber doch ging alles halbwegs problemlos bis am unteren Ende der Platte mit den Füßen auf zwei Stahlstifte gewechselt werden sollte. An den Felsen konnte man sich hier nicht festhalten, zu rund geschliffen war jeder mögliche Griff von den Massen an Wanderern, die hier schon heruntergeschlittert waren, und der Kette vertraute ich auch nicht…

Doch da half nun alles nichts, irgendwann musste ich einfach meinen Mut zusammenraffen – und natürlich ging alles gut!

Bavella-Felslandschaft - rechts unten die verflixte Stelle.

Bald war dann auch schon der Punkt erreicht, von dem aus ein mit Steinmännchen markierter Pfad zum Gipfel des Turm III, auch „Punta di a Vacca“, führt. Nach kurzer Rast nahmen wir den in Angriff und zunächst ging es ganz einfach bis in einen Einschnitt hoch. Hier war uns jedoch nicht ganz klar, auf welcher Seite nun der „echte“ Gipfel lag. Wir probierten erst den linken, sahen von dort aber bald, dass rechts ein großer Gipfelsteinmann aufgeschichtet war.

Also ging’s wieder in die Scharte zurück, wo sich dann herausstellte, dass der letzte Anstieg doch noch recht anspruchsvoll werden würde. Günter schaffte es irgendwie über eine steile, glatte Platte nach oben; ich versuchte mein Glück dahinter in einer Spalte, was auch gelang, wobei ich mir aber eine Schürfung am Ellbogen einhandelte.

So waren wir also glücklich am Gipfel der heutigen Tour angelangt – zwar nur 1611 m hoch (ca. 400 Hm über dem Ausgangspunkt am Pass) und nicht der höchste Punkt der Rundwanderung, aber eben ein Gipfel ;)

Gipfelbrotzeit vor grandioser Kulisse

Die Sorge über den Wiederabstieg verschoben wir auf später und genossen erst mal die Aussicht und unser Mittagessen. Leider war es recht dunstig, so dass das Meer nur gerade noch so zu erkennen war. Auch Wolken zogen schon wieder auf, nicht auszuschließen, dass es später noch ein Gewitter geben könnte.

Während der Rast hatten wir ein paar andere Gipfelstürmer beobachtet, die einen alternativen Abstieg nahmen. Von oben sah er machbar aus und so versuchten wir ebenfalls hier unser Glück, mussten aber bald einsehen, dass es auch nicht einfacher war, dort herunter zu kommen. An unserer Aufstiegsstelle hatte es wenigstens zuverlässige Griffe gegeben, die hier völlig fehlten. So kehrten wir um und zitterten wieder die Aufstiegsroute hinab, diesmal alle beide durch die Spalte.

Die Punta di a Vacca

Danach waren wir schnell wieder unten, von wo es zum eigentlichen höchsten Punkt unserer Wanderung ging, dem Pass „Punta di u Pargulu“ (1680 m) am Fuß des imposanten Turm IV.

Am Pass
Beim Blick zurück von der Punta di u Pargulu reihen sich
 die ersten drei Bavella-Türme hintereinander auf.

Auf der anderen Seite folgte erst ein gewaltiger Abstieg in ein Flusstal mit Blick auf den Monte Incudine, den zu besteigen wir bei der Planung unserer Reise ebenfalls überlegt hatten. Da der Anmarsch durch eben dieses Tal jedoch ziemlich länglich ist, so dass er sinnvollerweise nur in 2 Tagen machbar wäre, hätte das bedeutet, Zelt und Zubehör dort hinauf zu schleppen, und zudem hörte sich die Wanderung als solche nicht besonders spannend an. Wenigstens wäre es dort oben aber vermutlich nachts ruhig gewesen…

Auf der anderen Seite des Passes geht der Blick zum Monte Incudine.

Für uns ging es nun gefühlt unendlich weit bergab bis wir wieder auf eine Wegverzweigung stießen: rechts würde es zum Refugio am Monte Incudine gehen, wir aber folgten nach links wieder dem „normalen“ GR 20 und waren entsetzt, dass das Schild an der Abzweigung für die Gehzeit bis zum Bavella-Pass 4 h angab. Die Konsultation des „Rother“ ergab, dass dort 3 h veranschlagt sind, auch noch ganz schön lang!

So trotteten wir also dahin – auf und nieder, immer wieder.


Es zog sich wirklich gewaltig und die Höhenmeter summierten sich, weil immer wieder Bäche den Weg kreuzten, zu denen man erst hinabsteigen musste, nur um anschließend ebenso weit wieder aufzusteigen.

"Unser" Gipfel (links) wird von der Abendsonne angestrahlt.
Zum Auto ist es noch weit...

Zuletzt noch ein schweißtreibender Aufstieg von fast 200 Hm, um wieder auf Passniveau zu kommen, und dann war es geschafft nach insgesamt fast 7 h.

Windschiefe Kiefer am Bavella-Pass

Von besagter Abzweigung hatten wir dabei tatsächlich „nur“ knapp 3 h gebraucht. Was die Strecke angeht: laut „Rother“ soll die ganze Runde 11,7 km lang sein, uns kam sie deutlich länger vor und meine „Fitbit“ zeigte kurz vor Ende schon 17 km.

Zurück ging’s zum Campingplatz und ab unter die Dusche. Zum Abendessen gab’s heute Pizza schräg gegenüber vom gestrigen Restaurant. Die Pizzas waren gut, der Salat (à la vegetarienne…dachte mal, das wäre für einen Salat der Normalzustand J) super, und auch heute waren wir am Ende mehr als satt und rollten eher als wir gingen zum Campingplatz zurück.

Der Campingplatz trägt seinen Namen zu recht:
Geniale "Bavella Vista" am Eingang.

Die Nacht begann unruhig wie gehabt, da wir aber rechtschaffen müde waren vom vielen Wandern und zudem auf den Kaffee nach dem Essen verzichtet hatten, schliefen wir trotzdem beide recht schnell ein.