Oder auch Skitouren, Wandern und andere Abenteuer
Text: Eva Irmler
Fotos: Günter Schmidt
Madrid
Freitag, 19. April – NP-Hotel, Aranjuez
Nach einer überraschend ruhigen ersten Hotelnacht riss uns an diesem Morgen wieder einmal der Wecker aus dem Schlaf, da wir uns nicht allzu spät auf den Weg nach Madrid machen wollten. Zunächst gings aber zum Frühstück im Hotel, wo das Angebot schier überwältigend vielfältig war und zum Glück für mich auch jede Menge Süßes und verschiedenstes Obst bereithielt.
Anschließend machten wir uns auf den Marsch zum Bahnhof, der in 10 Minuten locker zu erreichen war. Für die Zugfahrkarten wandten wir uns nach einem kurzen verständnislosen Blick auf das Display des Automaten lieber an den Schalter. Hier verkaufte man uns (theoretisch) wieder aufladbare Chipkarten mit dem entsprechenden Guthaben für die Hin- und Rückfahrt nach Madrid. Am Bahnsteig konnten wir dann allerdings keinerlei Plan oder Anzeige entdecken, wo der Zug Richtung Madrid abfahren würde. Ein niederländisches Paar, das ebenso ratlos war wie wir, fragte bei der Fahrkartenverkäuferin nach, die uns dann auf Gleis 4 schickte, wo die Bahn tatsächlich bereits wartete. Aranjuez war offenbar die Endstation dieser Linie und so dauerte es noch eine ganze Weile, bis der Zug, eher eine S-Bahn, sich schließlich in Bewegung setzte.
Von Station zu Station füllte sich die Bahn immer mehr, wobei ein Großteil der Fahrgäste sicher aus Pendlern bestand. An der Station „Sol“ hieß für uns dann aussteigen und wenig später standen wir mitten in Madrid an der Puerta del Sol mit dem namengebenden Torbogen, dem Reiterstandbild König Carlos‘ III. und der seltsamen Statue eines Bären an einem Baum, die ein beliebtes Fotomotiv zu sein schien, deren Sinn sich uns zunächst aber nicht erschloss. Wikipedia half uns später jedoch auf die Sprünge: El Oso y el Madroño, der Bär und der Erdbeerbaum zieren seit 1222 das Stadtwappen von Madrid.
Von hier spazierten wir als erstes zur Oper, die uns als Gebäude allerdings nicht besonders sehenswert erschien, und danach weiter zum Königspalast. Auch diesen bewunderten wir nur von außen, da wir keine Lust hatten, uns in eine der Besucherschlangen vor den Kassen einzureihen.
Stattdessen besichtigten wir Museum, Kuppel und Innenraum der Kathedrale nebenan, der „Catedral de Santa María Real de la Almudena“. Im Museumsteil waren in erster Linie viele Prunkgewänder, Monstranzen, Kelche und dergleichen ausgestellt, sowie einige alte Schriften und Gemälde. Von der Kuppel bzw. dem Balkon unterhalb dieser genossen wir die Aussicht über die Dächer Madrids, allerdings war der Andrang dort teilweise schon fast grenzwertig, so dass wir gelegentlich warten mussten, um einen Platz mit gutem Ausblick zu ergattern. Die Kirche selbst ist recht neu, vom Stil her neogotisch, wurde erst Ende des 20. Jahrhunderts fertig und von Papst Johannes-Paul II. eingeweiht. 2004 heiratete dort der derzeitige spanische König Felipe VI.
Wimmelbild im Schlosshof |
Auf der Kuppel der Kathedrale |
Blick nach Südosten |
Innenansicht der Kuppel |
Der Altar der Virgen de la Almudena |
Anschließend machten wir einen Abstecher in den Park unterhalb des Königspalasts, der durch seine vielen Bäumen sehr schattig und grün war. Schatten hätten wir an diesem Vormittag jedoch noch nicht wirklich gebraucht, denn trotz Sonne blieb es eher kühl, erst im Lauf des Nachmittags wurde es immerhin so warm, dass keine Jacke mehr nötig war.
Im Schlosspark "Campo del Moro" |
Noch einmal das Teatro Real mit Reiterstandbild von Felipe IV |
Den Park verließen wir auf seiner Westseite und kehrten entlang von relativ stark befahrenen Straßen wieder ins Stadtzentrum zurück. Zum Mittagessen hatten wir uns das Restaurante „La mi venta“ herausgepickt, in dessen Keller wir uns zunächst eine Tapas-Platte teilten, die wir beide qualitativ eher durchwachsen fanden. Das hervorragende Entrecôte mit Kartoffelgratin und Pimientos Padron machte diesen ersten Eindruck dann allerdings wieder mehr als wett. Zum Nachtisch noch eine Portion „Torrija de Toffee con Helado de Vanilla“, „Arme Ritter“ mit Karamellsauce und Vanilleeis, dann waren wir so vollständig bedient, dass wir für den Rest des Tages im Grunde nichts mehr gebraucht hätten.
Unmittelbar im Anschluss an das Essen besuchten wir den Mercado de San Miguel – keine gute Idee, denn um diese Zeit war die Markthalle erstens rappelvoll und zweitens für uns komplett sinnlos, weil wir ja schon satt waren und dort ausschließlich Tapas in allen Variationen verkauft wurden. Weiter gings zur Plaza Mayor mit ihren umlaufenden Arkaden und dem Reiterstandbild Philipp III., dann durch die verschiedenen mehr oder weniger verkehrsberuhigten Altstadtgassen Richtung Museo Nacional del Prado. Dabei fiel uns auf, dass nicht nur die Restaurantdichte überall in Madrid auffallend hoch war, sondern diese auch jetzt, zwischen 15 und 16 Uhr, überwiegend geöffnet und gut besucht waren.
Plaza Mayor |
Überall in der Stadt finden sich Statuen von Königen: hier Felipe III |
An Essensangeboten mangelt es in Madrid definitiv nicht ... |
Für einen Besuch des berühmten Kunstmuseums Prado fehlte uns bei unserer Stippvisite in Madrid natürlich die Zeit, doch eine Weile beobachteten wir das bunte Treiben vor dessen Fassade, wo eine Statue des Künstlers Velazquez als Hintergrund für unzählige Selfies kunstbegeisterter Touristen herhalten musste.
Schließlich statteten wir dem größten Park der Stadt, dem Parque de El Retiro noch einen ausführlichen Besuch ab und flanierten um seine diversen Seen und Brunnen.
Parque de El Retiro |
Estanque Grande de El Retiro |
Estanque del Palacio de Cristal - in diesem Teich wimmelte es buchstäblich von Schildkröten. |
Palacio de Cristal |
Fast schon Sommer! |
Und dann ging es bereits auf 18 Uhr zu und wir machten uns auf den Weg zum Bahnhof Atocha, quasi dem Hauptbahnhof von Madrid. Zugfahrpläne waren auch dort Fehlanzeige, an den einzelnen Bahnsteigen gab es aber immerhin elektronische Anzeigen, die ein paar Minuten vor Eintreffen der jeweiligen Züge Bescheid gaben. Letztlich klappte alles gut, der Zug war allerdings anfangs so voll, dass wir nur gerade noch so zwei getrennte Plätze fanden.
Auf dem Rückweg zum Hotel schauten wir noch einmal am hiesigen Palacio Real vorbei. Und später gingen wir doch noch auf Essensjagd, obwohl zumindest ich vom Mittagessen her noch immer ziemlich satt war. In Aranjuez war an diesem Freitagabend deutlich mehr los als tags zuvor, auf allen Plätzen herrschte bis spät abends reges Treiben und entsprechend voll waren die Restaurants, Bars, Kneipen. Letztlich landeten wir an einem der Tische vor dem Restaurante „Dale Caña“ bei Bier, Wein und einer genau genommen schon wieder viel zu reichlichen „Tabla Venezolana“ …
Pico Moncayo und eine ungeplante "Rundfahrt"
Samstag, 20. April – Camping Moncayo bei Vera de Moncayo
Auch unsere zweite Nacht im Hotel war sehr ruhig, nur leider war mir eine Zeitlang ziemlich übel – vermutlich waren die Empanadas am Abend einfach zu viel des Guten gewesen … Gegen Morgen riss Günter unser Fenster sperrangelweit auf, um die kühle, frische Luft hereinzulassen, und obwohl bereits wieder etwas Verkehr war und sonstige Geräusche des erwachenden Tages hereindrangen, schliefen wir dann noch tief und fest bis nach 9 Uhr. So kamen wir erst gegen 10 Uhr zum Frühstück, wo sich denn auch deutlich mehr und andere Gäste am Buffet drängelten. Wie nicht anders zu erwarten waren die meisten Geschäftsleute zum Wochenende ab- und stattdessen viele Paare und Familien mit Kindern angereist.
Ehe wir auscheckten verstauten wir unser komplettes Gepäck im Auto, und machten uns anschließend in die Gärten am Schloss von Aranjuez auf. Das Auto konnten wir solange noch bequem in der teuren Tiefgarage stehenlassen (35€ für einen kompletten und zwei angefangene Tage …). Am und im Schloss war an diesem Samstag deutlich mehr Betrieb als an den vergangenen Tagen. Die Besucher-Busladungen verloren sich in den weitläufigen Parkanlagen jedoch zum Glück schnell.
Zunächst lenkten wir unsere Schritte in den kleineren Teil der Anlagen, der direkt hinter dem Schloss auf einer Insel im Fluss Tajo lag. Auch dieser Park war überwiegend sehr schattig angelegt mit großen Platanen, Kastanien, Linden und noch vielen anderen Baumarten, die teils ausführlich beschriftet waren. Pfauen stolzierten umher und zumindest einer schlug auch eifrig Rad, allerdings immer dann, wenn wir nicht nahe genug für ein Foto waren … Auf dem Fluss tummelten sich Gänse, sowie Paddler, die wohl etwas weiter flussaufwärts ein Rennen austrugen.
Wehr im Fluss Tajo - Gänse, Kormoran und ein Paddler |
Stolzer Pfau ... |
... im Jardín de la Isla |
Fuente de Diana |
Abgehängt ... |
Als wir diesen Teil der Gärten zur Genüge besichtigt hatten, ging es bereits auf 13 Uhr zu und wir beschlossen, den zweiten, größeren Teil der Parkanlagen sausen zu lassen, denn bis zu unserem Tagesziel lag noch eine längere Fahrt vor uns. So kehrten wir ins Hotel zurück, um unser Auto abzuholen und steuerten mit diesem zunächst den erstbesten größeren Supermarkt am Stadtrand an. Und dann machten wir uns auf den Weg, vorbei an Madrid Richtung Norden.
In Guadalajara legten wir zum Mittagessen einen Stopp im Restaurante „Diegos“ ein, das sehr „verkehrsgünstig“ direkt an einer Autobahnabfahrt neben einer Tankstelle lag. Der zugehörige Parkplatz war rappelvoll und so fürchteten wir schon, leer auszugehen. Das Restaurant erwies sich dann jedoch als erstaunlich groß und trotz guter Auslastung waren auch noch jede Menge Tische zu haben. Mit unserer Speisenwahl hatten wir hier leider mal wieder nicht das allerbeste Händchen. Doch der Service war prompt und bemüht und zum Schluss gabs sogar noch ein Schnapserl aufs Haus …
Weiter gings erst auf der einen Autobahn (A2), dann auf einer anderen (A15), und zuletzt auf diversen kleineren Straßen. Irgendwann kam der Moncayo, den wir uns für den folgenden Tag als Wanderziel vorgenommen hatten, in Sicht, der über die riesige Hochebene (auf rund 1000m Höhe), über die wir uns schon seit einiger Zeit bewegten, noch einmal sehr deutliche 1300m herausragte.
Da die von großen Feldern und vereinzelten kleinen Dörfern und Gehöften gekennzeichnete Landschaft uns bis dahin nicht sonderlich touristisch, sondern im Gegenteil recht verlassen und vergessen vorgekommen war, verschwendeten wir keinen Gedanken daran, dass dies am Berg bzw. im zugehörigen Naturpark auch anders sein könnte. Von daher hatten wir beschlossen, uns direkt am Moncayo einen Übernachtungsplatz zu suchen, um anderntags möglichst früh zu der Wanderung starten zu können. Doch kaum hatten wir den Fuß des Berges auf der Nordseite erreicht, sah die Welt dann plötzlich ganz anders aus. Schon im ersten Dorf fiel uns auf, dass es dort einen Camperstellplatz gab und auffallend viele Touristen die Straßen bevölkerten, und im nächsten Dorf sah es nicht viel anders aus: in der engen Dorfstraße, auf die uns Google mal wieder unnötigerweise gelotst hatte, fuhren wir den unzähligen Leuten, die vor Kneipen und Restaurants saßen, beinahe über die Füße.
Unmittelbar am Ortsausgang begann dann auch schon der Naturpark, in dem außerhalb der gekennzeichneten Flächen parken strikt verboten war … Trotzdem fuhren wir noch ein Stück die Bergstraße hoch, die bestens ausgebaut, frisch asphaltiert und mit Zebrastreifen für die querenden Wanderer(massen) ausgestattet war. Jetzt, um 18.30 Uhr, kamen uns noch recht viele Autos entgegen und bis auf die Parkplätze war wirklich jeder Weg mit Schildern und Ketten abgesperrt. So mussten wir irgendwann einsehen, dass es hier mit der Bergeinsamkeit wohl nichts werden würde. Und sollten wir nicht sowieso von einem Aufseher vertrieben werden, würde vermutlich am nächsten Morgen spätestens ab Sonnenaufgang der Teufel los sein.
Also rollten wir wieder den Berg hinab und doch noch ein paar Kilometer weiter zum Campingplatz in Vera de Moncayo, der sehr in Ordnung war und auch längst nicht so voll, wie wir zwischenzeitlich befürchtet hatten.
Sonntag, 21. April – Camping La Estepa bei Valfarta
Die Nacht auf dem Campingplatz war recht ruhig, nachdem auch die letzten Kinder endlich zu Bett gegangen waren. Der beinahe volle Mond leuchtete hell und, wann immer ich wach war, sang eine Nachtigall. Insgesamt schlief ich aber sehr gut bis kurz nach acht der Platz dann so allmählich wieder erwachte. Diesmal erreichte uns die Sonne zum Glück schon ziemlich früh und der am Abend zuvor noch lebhafte Wind war über Nacht weitgehend eingeschlafen. Zum draußen Frühstücken war es uns allerdings trotzdem zu frisch.
Und dann ging es also zum Moncayo mit einem kleinen Zwischenstopp in San Martín, durch dessen enge Ortsdurchfahrt wir uns diesmal absichtlich zwängten, in der Hoffnung noch irgendwo Brot kaufen zu können. Tatsächlich gab es dort eine Art Tante-Emma-Laden im Ortszentrum, der sonntags morgens geöffnet und erstaunlich viel Kundschaft hatte. Dann ging es die schon bekannte Strecke hinauf, wobei wir feststellten, dass zumindest die unteren Parkplätze noch weitgehend leer waren. Dabei war es schon nach 10 Uhr; vielleicht, so dachten wir, wäre es also doch möglich gewesen, hier wild zu übernachten. Trotzdem war ich ganz froh, dass wir uns für den Campingplatz entschieden hatten, da es am Berg nachts sicher deutlich kälter geworden wäre.
Der oberste Parkplatz, von wo die „Gipfelstürmer“ zum Moncayo starteten, war dann wenig überraschend bereits gut belegt, doch noch war es kein Problem, eine Lücke zu finden. Viel später hätten wir jedoch eher nicht kommen sollen, denn nach uns trudelten laufend weitere Wanderwillige ein.
Zunächst durften wir noch einen knappen Kilometer auf der Fahrstraße marschieren, die hier bereits für die Allgemeinheit gesperrt war. Ab dem Santuario del Moncayo, einem stattlichen Bergrestaurant mit Übernachtungsmöglichkeit, das jetzt am Morgen allerdings noch ziemlich geschlossen wirkte, begann dann der „richtige“ Wanderweg. Erst ging es mäßig steil durch Wald bergan, oberhalb der Waldgrenze wurde es dann steiler und schieferschottrig, aber nie schwierig oder ausgesetzt, dafür war der „Buckel“ des Moncayo einfach viel zu breit und rund.
Aufstieg zum Pico Moncayo (2314 m) |
Über den weiten Ebenen im Norden scheinen die Schneegipfel der Pyrenäen zu schweben. |
Zu Anfang hatten wir noch leichte Bedenken wegen der Schneefelder gehabt, die schon vom Tal aus in Gipfelnähe zu erkennen waren, doch letztlich handelte es sich um einzelne, recht übersichtliche Flecken und ein schmales Band entlang des Gipfelgrats, das früher im Jahr wohl mal eine Wechte gewesen war. Dass man tatsächlich mal für ein paar Meter über Schnee ging, kam lediglich ein- oder zweimal vor.
Von einem Vorgipfel ging es noch einmal in eine klein Senke hinab und dann hatten wir, nach ziemlich genau 2 Stunden, den Gipfel des Moncayo erreicht. Zum Glück war auch das Gipfelplateau sehr groß und flach, so fanden die zahlreichen Sonntagswanderer problemlos darauf Platz. Nur an der Markierung des höchsten Punktes gab es etwas Gedränge, weil natürlich nahezu jeder und jede dort für ein Foto posieren wollte.
Obwohl es am Gipfel ziemlich zugig und kühl war, legten wir eine recht ausführliche Mittagsrast ein und genossen die Aussicht auf die endlosen Weiten Spaniens zu unseren Füßen, über die hinweg im Norden tatsächlich schon wieder die Schneegipfel der Pyrenäen erkennbar waren.
Beim Abstieg entschieden wir uns für eine Alternativroute über die Rückseite des Berges, die ziemlich steil und schottrig in einem Rutsch 400 Hm hinabführte. Nach so viel vegetationsloser Steinlandschaft fanden wir uns im Sattel "Collado Castilla" dann recht unvermittelt direkt auf einer Wiese zwischen Buschwerk wieder und bald tauchten wir auch zum ersten Mal in Kiefernwald ein. In diesem ging es dann parallel zum Hang wieder Richtung Ausgangspunkt.
Tatsächlich war es eine sehr lange Querung, die schließlich noch eine Weile durch groben Schotter und über Felsblöcke führte, teils sogar leicht ansteigend. Doch schließlich begann der Weg merklich abzufallen und über einige wenige Kehren erreichten wir nach insgesamt gut 4 ½ Stunden wieder den Parkplatz.
Wir verabschieden uns vom Moncayo ... |
... und den Dörfern der Umgebung (hier Trasmoz). |
Anschließend warteten noch einmal gut zwei Stunden Fahrt auf uns, wobei wir bei Saragossa wieder den Ebro querten und schließlich im Niemandsland am Rand der „Monegros“ zurück waren.
Dort angekommen stellten wir fest, dass es in dieser Gegend auch diesmal sehr windig war und der Campingplatz „La Estepa“ bei der winzigen Ortschaft Valfarta eher speziell: Eine vielköpfige Gruppe, die hier mit allerlei Fahrzeugen und mobilen Behausungen logierte, zählte ganz offensichtlich zum (dauerhaft) „fahrenden Volk". Sodann gab es für den ganzen, recht gut besuchten Platz nur je eine Dusche und ein WC für Männer und Frauen und nirgends, auch nicht in der Küche, war ein Mülleimer zu entdecken. Auf Nachfrage konnte man seinen Müll in den Papierkorb im Büro der Betreiber werfen und außerhalb des Platzes stand ein einsamer Restmüllcontainer. Die Touristen-Klientel schien denn auch aus lauter Gestrandeten zu bestehen: Radler und Camper, die wie wir auf der Durchreise waren und feststellen mussten, dass dies in weitem Umkreis der einzig verfügbare Platz zu sein schien. Und dann der „Duft“, der immer mal wieder über den Platz zog: Hier waren wir definitiv wieder im Land der vielen Sauställe gelandet …
Abends, nachdem wir beide die Gunst der Stunde genutzt und gleich mal geduscht hatten, zogen wir noch einmal los und versuchten in der nächst größeren Ortschaft Bujaraloz beim „Restaurante Buffet El Español“ unser Glück. Angeblich sollte es hier den ganzen Tag warmes Essen geben und, den Rezensionen im Internet nach zu urteilen, erfreute sich das Lokal insbesondere bei Fernfahrern großer Beliebtheit. Geöffnet hatte es dann durchaus und gut besucht war es auch, allerdings gab es jetzt am Abend lediglich Tapas von der Bar, kein Buffet. So suchten wir uns eben ein paar Sachen an der Theke aus, die dann ganz sicher nicht als Haute Cuisine durchgegangen wären, sondern eher Überreste vom mittäglichen Buffet zu sein schienen. Halbwegs gesättigt kehrten wir anschließend zum Campingplatz zurück, wo die Nacht ziemlich stürmisch und frostig zu werden versprach.
Montag, 22. April – An einem Feldweg in der Nähe von Montserrat
Dieser Tag verlief von vorne bis hinten ganz anders als geplant, wobei ich unwissentlich schon am Abend zuvor die Basis dafür gelegt hatte … Aber der Reihe nach:
Die Nacht war längst nicht so kalt gewesen, wie wir befürchtet hatten, obendrein fast windstill und ab Mitternacht überraschend ruhig. Bis wir uns um halb 9 aus den Schlafsäcken gewunden hatten, waren viele andere Camper schon über alle Berge. Unsere französischen Nachbarn, die mit Defender plus Dachzelt auf dem Anhänger unterwegs waren, frühstückten draußen - in Winterjacken. Da waren wir ganz froh, dass wir im warmen Aufbau sitzen konnten.
Bei der Benutzung des Waschraums hatte ich jeweils Glück und musste im Gegensatz zu Günter nicht ein einziges Mal warten. - Glück brauchte ich an diesem Tag dann noch jede Menge, aber das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht …
So machten wir uns auf die gut zweistündige Fahrt bis zu einem Wanderparkplatz unterhalb der spektakulären Felslandschaft von Montserrat, wo wir um die Mittagszeit zu einer kleineren Wanderung aufbrechen wollten. Doch als ich, dort angekommen, meinen Rucksack packen und Geldbeutel, Handy usw. darin verstauen wollte, konnte ich ersteren einfach nicht finden. Auch die Bauchtasche, in der ich meine Wertsachen für gewöhnlich verstaute, wenn ich ohne Rucksack unterwegs war, blieb unauffindbar …
Es dauerte dann nicht allzu lang, bis mich die Erkenntnis blitzartig traf, dass ich die Tasche mitsamt Geldbeutel ziemlich sicher am Vorabend im Restaurant vergessen haben musste. Das Handy hatte ich auf dem Tisch und in Benutzung gehabt und anschließend in der Jackentasche verstaut. Doch da wir schon vor dem Essen an der Bar bezahlt hatten, hatte ich ganz offensichtlich an mein Geld und die Tasche, die ich vermutlich an die Lehne meines Stuhls gehängt hatte, keinen Gedanken mehr verschwendet. Dass mir dies aber erst jetzt, einen guten halben Tag später, auffiel, nachdem wir schon 200 km weit gefahren waren, war schon mega bescheuert …
Zwei Anrufe im „Restaurante Buffet El Español“ später, hatten wir wenigstens die Gewissheit, dass meine Tasche tatsächlich dort war und sicher verwahrt wurde. Das war natürlich schon mal eine große Erleichterung, wenn wir auch noch nicht wussten, ob Bargeld, Kreditkarten, Personalausweis, Führerschein usw. noch komplett waren. So blieb uns nun nichts anderes übrig, als die ganze Strecke, die wir eben erst zurückgelegt hatten, wieder zurückzufahren.
Noch einmal zwei Stunden später tobte am Buffet des El Español gerade die heiße Schlacht, da die Insassen zweier Busse und noch zahlreiche andere Reisende dort eingekehrt waren. Trotzdem erkannte der Barkeeper vom Vorabend, der auch jetzt wieder im Einsatz war, mich sogleich und übergab mir meine Tasche, deren Inhalt tatsächlich noch vollständig vorhanden war. – Uff, da hatte ich aber wirklich extremes Glück gehabt! Beim Barkeeper bedankte ich mich, so gut ich auf Spanisch konnte. Doch sein Redeschwall war an mich leider komplett verschwendet, weil ich nicht ansatzweise verstand, was er mir sagen wollte …
Nachdem wir nun sowieso schon da waren, es höchste Zeit fürs Mittagessen war und in diesem Restaurant derart effizient gearbeitet wurde, dass wir trotz der starken Auslastung quasi sofort einen Tisch bekamen, bedienten wir uns dann auch noch an dem Buffet. Das Speisenangebot war in jeder Hinsicht üppig, aber qualitativ eher bodenständig bis mäßig. Was will man aber auch erwarten bei 3 Gängen All-You-Can-Eat für 16,50 €? Getränke und Kaffee kamen extra obendrauf und so zahlten wir am Ende zu zweit etwas über 40 €. Dazu kam in diesem besonderen Fall selbstverständlich noch ein extra großzügiges Trinkgeld als Finderlohn.
Ja, und dann fuhren wir wohl oder übel zum dritten Mal dieselbe Strecke. Für die Wanderung würde es zu spät werden, soviel stand schon von vornherein fest, denn, bis wir vom Buffet wegkamen, war es bereits nach 16 Uhr. Günter hatte beim Essen allerdings noch zwei mögliche Zwischenstopps ausfindig gemacht, von denen er dachte, dass sie für ihn fotografisch interessant sein könnten:
Den einen, bei einem alten, teilweise demontierten Flugzeug, hatten wir von der N-II aus bereits zweimal im Vorbeirauschen gesehen. Bei genauerer Betrachtung stellte sich jedoch heraus, dass es sich nicht etwa um ein altes Flugfeld handelte, sondern um ein Festivalgelände, wo wohl schon mindestens einmal ein Rave stattgefunden hatte. Da die Sonne sich hier mal wieder hartnäckig hinter Wolken verbarg und Günter sich das Ganze sowieso etwas spektakulärer vorgestellt hatte, rollten wir bald wieder weiter.
Ein einsames "Sams" in der Steppe bei Candasnos |
Überbleibsel des Monegros-Desert-Festivals |
Der zweite Stopp war dann bei einer alten, verfallenen Kirche oder Kapelle auf einer Anhöhe bei Sant Pere dels Arquells, der wirklich sehr idyllisch gelegenen Cabana de Monjo, die ein hübsches Fotomotiv (mit und ohne Max) abgab.
Weit war es von dort dann nicht mehr nach Montserrat bzw. zum gleichnamigen Campingplatz. Nach dem vielen Autofahren waren wir auch ganz froh, es nun bald geschafft zu haben. Umso größer die Enttäuschung, als wir uns vor verschlossenem Tor wiederfanden, wo einer Hinweistafel zu entnehmen war, dass der Platz außerhalb der Hauptsaison nur freitags bis sonntags geöffnet sei … Weitere (geöffnete) Campingplätze gab es in dieser Gegend leider nicht, so blieb uns nichts anderes übrig, als uns ein möglichst abgelegenes Plätzchen weit außerhalb aller Siedlungen zu suchen. Und dann hofften wir wieder einmal auf eine ungestörte Nacht.
Montserrat und ein Intermezzo am Mittelmeer
Mittwoch, 24. April – Camping Estartit im gleichnamigen Küstenort
Am Dienstagabend war es nach dem Abendessen so spät, dass wir beschlossen, nahtlos ins Bett zu kriechen, so hatte ich beim Reisetagebuch am Mittwoch einiges nachzuholen.
Die Nacht an unserem wilden Stellplatz bei Montserrat blieb so herrlich ruhig wie erhofft und bis wir gegen 10 Uhr aufbrachen, kam keine Menschseele dort vorbei. Nachts war es zeitweise noch bedeckt gewesen, doch morgens strahlte die Sonne vom wolkenlosen Himmel und wärmte unsere Behausung auf. Draußen allerdings war und blieb die Luft frisch. Die Fahrt zurück zu einer richtigen Straße war dann zwar rumpelig und führte, ganz ähnlich wie die Anfahrt am Vorabend, noch einmal in einem tiefen Einschnitt durch das felsige Bett eines ausgetrockneten Bachs, doch letztlich schafften wir es ohne Probleme und recht flott zu dem Wanderparkplatz, an dem wir ca. 22 Stunden zuvor schon einmal gestanden hatten …
Muntanaya de Montserrat |
Über die Wanderung zur Agulla de Capdamunt, die wir von hier in Angriff nahmen, hatten wir nur sehr spärliche Informationen, nämlich einen GPS-Track und die wenig hilfreiche Bemerkung, dass man an zwei Kraxelstellen besser zu zweit wäre, wenn man mit zwei Hunden unterwegs war. Gut, dachten wir, Hunde haben wir ja nicht, da wird die Kraxelei schon nicht so wild werden.
Zunächst ging es auch ganz bequem auf einem Waldweg dahin, dann kam an einem Felsblock eine erste kurze Kletterstelle, die uns schon etwas stutzig machte. Doch das war noch gar nichts gegen das, was uns nach der Abzweigung vom „normalen“ Wanderweg (auf dem wir später zurückkommen wollten) noch bevorstand. Immer öfter ging es hier ziemlich steil und mit häufig recht glatt polierten Tritten über die Konglomeratfelsen hinauf. Dabei eröffneten sich manchmal sehr schöne Ausblicke über das übrige, sehr imposante Felsenmeer von Montserrat.
Doch dann standen wir auf einmal im Wald unterhalb eines großen Felsblocks, an dem ein Seil mit Knoten herabhing, mit dessen Hilfe man sich offensichtlich dort hinaufhangeln sollte … Mit sowas hatten wir nun gar nicht gerechnet, aber gut, wir schafften es beide noch halbwegs ohne Probleme, den Felsen auf diese Art zu überwinden.
Auf der anderen Seite begann der Weg dann bald abzufallen und mündete schließlich an einem engen Felsdurchbruch, über dessen erste Stufe ebenfalls ein Seil hinabhalf. Anschließend jedoch kam noch einmal eine Stufe ohne Seil und hier kapitulierten wir endgültig und entschieden uns fürs Umkehren. Hätten wir bessere Informationen gehabt, was uns noch erwartete, bzw. hätten wir gewusst, dass dies die letzte schwierige Stelle wäre, dann hätten wir es vermutlich schon irgendwie da runter geschafft, aber so hatte es in unseren Augen wenig Sinn. Zurückgehen bedeutete freilich auch, sich über die kritische Stelle von vorhin wieder „abzuseilen“ – ebenfalls nicht ganz ohne, aber zum Glück ging alles gut.
Zum Trost für die abgebrochene Tour gaben beim Abstieg zwei rivalisierenden Iberische Steinböcke eine Show-Einlage. |
An der Gabelung, an der wir zuvor links abgebogen waren, gingen wir nun geradeaus und folgten dem zunächst wieder bequemen Weg zu einem Refugio (Refugi Agulles Vicenç Barbé). Kurz danach führte dann ein markierter Pfad stets in oder knapp neben einem Bachbett bis zu einem Sattel, an dem wir auf das andere Ende unserer abgebrochenen „Kletterpartie“ trafen. Diese war hier tatsächlich ausgeschildert und mit dem Hinweis „technische Route mit Fixseilen“ versehen … Nach kurzem Beratschlagen stiegen wir nun doch noch einmal ein kurzes Stück auf dieser Route zu einem Aussichtspunkt hinauf. Bis zu diesem war der Pfad dann zwar steil, aber nicht weiter schwierig und der Mirador an der „Agulla Xica de la Miranda“ wurde so quasi zu unserem „Gipfel“.
Dann wieder hinab zum Sattel (Portell Etret o Coll de las Agulles) und jenseits davon überraschend steil, teils noch einmal über heikle glattpolierte Felsen hinab bis zum Rundwanderweg um den Fuß der „Muntanya de Montserrat“. Kurz bevor wir den Parkplatz wieder erreicht hatten, bogen wir noch für einen Abstecher auf den Aussichtshügel bei der verfallenen Kapelle St Pau Vell ab, von wo sich noch einmal ein schöner Blick auf die beeindruckenden Felsen ergab, auf denen wir zuvor herumgeturnt waren.
Anschließend brausten wir in die Stadt Manresa, weil wir noch die schwache Hoffnung hatten, dort irgendwo Mittagessen zu bekommen. 16 Uhr war aber offenbar auch für spanische Verhältnisse etwas spät, so kauften wir im Supermarkt ein, tankten extrem günstig (1,39€/l Diesel) und suchten uns dann außerhalb der Stadt einen ruhigen Platz zum Vespern. An einem Feldrand wurden wir fündig, wo zwar ein paar Jogger*innen vorbeikamen, wir ansonsten aber ungestört blieben.
Dann ging die Fahrt noch eine gute Stunde weiter bis zum Camping Can Coromines in der Nähe des Städtchens Besalú. Die Einfahrt in den Feldweg, der zu diesem Campingplatz führte, nicht zu verfehlen, war ein kleines Kunststück, zumal es nicht mal ein Hinweisschild an der Straße gab. Doch offenbar tat das dem Erfolg keinen Abbruch, denn sogar bei dem derzeit dort herrschenden eher zweifelhaften Wetter mit eisigem Wind war der Platz ganz ordentlich besucht.
Nach einer eher lauwarmen Dusche im offenen, zugigen Sanitärgebäude stellte sich uns die Frage, ob wir noch einmal ins Auto steigen sollten, um im rund 20 Minuten Fahrt entfernten Banyoles nach einer Essensmöglichkeit zu suchen, oder uns mit Chili-con-Carne aus der Dose zu begnügen. Im viel näheren Besalú hatten leider nur die beiden Döner-Läden geöffnet und auch das Restaurant auf dem Campingplatz war noch saisonbedingt geschlossen …
Am Ende entschieden wir uns für die Fahrt nach Banyoles, wo wir allerdings dann feststellen mussten, dass anlässlich des Georgsfests (San Jordi), das in Katalonien offenbar als „Fest der Liebenden“ gefeiert wird, nicht nur praktisch jedes weibliche Wesen mit einer Rose ausgestattet war und auf der Plaça Major ein Bücher- und Geschenkemarkt stattfand, sondern auch die ersten beiden Restaurants, in denen wir vorstellig wurden, vollständig ausgebucht waren. Erst im Restaurant „El Capitell“ gab man uns schließlich einen Tisch und hatte tatsächlich noch zwei oder drei weitere, die nicht reserviert waren.
Da der Service dann etwas schleppend anlief und es mittlerweile stark auf 21 Uhr zu ging, befürchteten wir schon, es nicht mehr rechtzeitig ins Parkhaus am anderen Ende der Altstadt zu schaffen, ehe dieses um 23 Uhr die Pforten schloss. Doch nachdem wir unsere Bestellung endlich hatten aufgeben können, kamen Salat mit Ziegenkäse, Oktopus auf Brokkolipüree und Solomillo mit Pommes doch halbwegs zügig auf den Tisch. Das Fleisch war super, der Rest ganz ok und gut satt waren wir am Ende auch. Manche von uns jammerten anschließend sogar, dass sie vor lauter vollem Bauch gar nicht auf demselben liegen könnten …
Die Nacht
blieb klar und entsprechend kalt, zudem hatten wir einen sehr schattigen Platz unter Bäumen erwischt, so kam beim Frühstück mal wieder der Heizlüfter zum Einsatz, denn auf wärmende Sonnenstrahlen konnten wir nicht hoffen. Nachdem der in den letzten Tagen angefallene Müll, brav getrennt nach Verpackungen, Glas und Restmüll, entsorgt war (in Spanien, wie auch in Frankreich, stehen dafür gewöhnlich an fast jeder Ecke die entsprechenden Container zur Verfügung), legten wir zunächst nur die paar Kilometer nach Besalú zurück.
Das Städtchen sollte sehr sehenswert sein, manche nannten es auch einen „Geheimtipp“, doch letzteres traf ganz sicher schon seit langem nicht mehr zu. Im Gegenteil begegnete uns in den Altstadtgassen gleich zu Anfang einer der typischen kleinen Touristenzüge. So flott wie dieser unterwegs war, fragten wir uns, ob die Insassen die lautstark beschriebenen Sehenswürdigkeiten überhaupt würdigen konnten.
Die Andenken- und Touristenkramladendichte war ebenfalls sehr hoch und in die beiden alten romanischen Kirchen durften wir nur durch eine Glasscheibe in der Tür einen Blick werfen. An den Eingangstoren gab es erst gar keine Möglichkeit, Tickets zu lösen (von freiem Eintritt ganz zu schweigen), lediglich die Teilnehmer einer Stadtrundfahrt wurden zur Besichtigung hineingelassen.
Trotz alledem hatte die kleine Stadt ihren Charme. Die alte Brücke über den Fluss El Fluvià, die in Teilen erhaltene Stadtmauer und die ganzen sonstigen alten Gemäuer boten allemal ein hübsches Fotomotiv, sowieso bei so strahlend schönem Wetter wie an diesem Tag. – Den kalten Wind, der hier um die Ecken zog, sieht man auf Bildern ja nicht …
Mittelalterliche Brücke ... |
... über den Fluss El Fluvià ... |
... im Städtchen Besalú |
Allmählich füllte sich die Stadt immer mehr mit Touristengruppen, so wurde es für uns Zeit weiterzuziehen.
Die Frage war nur, wohin? Zunächst war der Plan gewesen, noch einmal einen Abstecher in die Vorpyrenäen zu machen. Günter träumte noch immer von einem Klettersteig, hatte in dieser Gegend aber lediglich eine etwas längliche Tour (ca. 14 km) mit ein paar Klettersteigeinlagen gefunden, die sich bei genauerer Betrachtung der Fotos allerdings als üblere Variante der „Kletterpartie“ bei Montserrat herausstellten. Die als „K2-Klettersteigpassagen“ ausgewiesenen Stellen schienen hier ebenfalls nur mit normalen Seilen mit Knoten u.Ä. „gesichert“ zu sein, so dass von einem Klettersteig im eigentlichen Sinn gar keine Rede sein konnte. Eine als Alternative auf die Schnelle gesuchte Wanderung im Grenzgebiet zu Frankreich riss uns beide nicht wirklich vom Hocker, ganz davon abgesehen, dass dies bedeutet hätte, dass wir irgendwo in den Bergen hätten übernachten müssen. Dann vielleicht doch lieber noch für einen Tag an die Küste fahren, wo es hoffentlich, hoffentlich etwas wärmer wäre!
So landeten wir letztlich in L’Estartit, wo das Thermometer bei unserer Ankunft immerhin 20°C anzeigte, statt der 16°C in Besalú. Allerdings merkten wir mit der Zeit, dass auch hier durchaus ein kühler, teils böiger Wind blies.
Unser Auto konnten wir um die Mittagszeit gleich auf dem Camping Estartit parken und dann spazierten wir in das verschlafene Städtchen, in dem die zahlreichen Flipflop-, T-Shirt-, Strandkleid-, Strohhutläden als Indikatoren dienen konnten, dass es hier im Sommer touristisch wohl ganz anders zur Sache ging.
Bevor wir uns zu einer kleinen Küstenwanderung aufmachten, wollten wir uns noch stärken und steuerten geradewegs das Restaurant N’gruna an der Hafenpromenade an. Dreigangmenüs für 25 € wurden hier angeboten und wir suchten uns jeweils unterschiedliche Speisen aus: Tartar bzw. „Pato y Pera“-Terrine, Lammkeule bzw. Seezunge; nur beim Nachtisch wählten wir beide die Crema catalan. Im Grunde schmeckte alles ziemlich gut, nur hatte ich nicht damit gerechnet, dass meine Seezunge als kompletter Fisch käme und mir quasi noch in die Augen schaute …
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Ein Mittagessen ... |
Das Filetieren überforderte mich dann schon etwas, zumal kein Teller für die Abfälle zur Verfügung stand (hätte ich wohl extra anfordern müssen) und zur Deko auf dem Fisch auch noch Muscheln angerichtet waren. Sonstige Beilagen hatte man dagegen völlig eingespart, bei Günters Lammhaxe, die beeindruckend groß war für ein Lamm (?), kamen immerhin Kartoffel-Möhrenstampf und ein paar gegrillte Tomaten mit. Am Ende waren wir aber beide wieder mal mehr als satt und froh, dass nun endlich etwas Bewegung anstand.
Es folgte eine typische Küstenwanderung mit viel steilem Auf und Ab, die letztlich aber etwas kürzer ausfiel als geplant. Bereits ab der ersten Bucht, die wir erreichten, wiesen Schilder darauf hin, dass hier zwischen dem 15.1. und dem 15.6. zum Schutz gefährdeter Arten – ob Tier oder Pflanze oder beides blieb unklar – der Weiterweg untersagt sei. Und nachdem wir uns zunächst noch darüber hinweggesetzt hatten, weil wir nicht gar so früh wieder umkehren wollten, ließen wir es an der dritten Bucht dann doch gut sein. Beim Abstieg zu dieser müssen wir zudem irgendwo eine falsche Abzweigung erwischt haben, denn nach einer Felsstufe standen wir plötzlich im dichten Gestrüpp und hatten ziemlich zu kämpfen, um halbwegs unversehrt bis ans Meer vorzudringen.
Küstenwanderung zur Calla Falaguer |
Illes Medes |
Vom rechten Weg abgekommen ... |
Drei Boote ankerten hier, die ganz offensichtlich Touristen zum Schnorcheln oder Tauchen hergebracht hatten. Kaum saßen wir gemütlich auf den Felsen, verdeckte eine dicke, große Wolke die Sonne und es wurde schnell unangenehm kühl. Durch die mitgebrachten dünnen Pullis pustete der Wind mir nichts dir nichts durch und so brachen wir schon nach kurzer Rast wieder auf.
Zurück gings dann eher langweilig über die Hochfläche und teils auf Asphalt, teils auf einem Mountainbike-Trail, bis wir unmittelbar oberhalb des Campingplatzes wieder die Ortschaft erreichten.
Der Platz – einer von dreien in L’Estartit – liegt sehr hübsch in einer kleinen Schlucht, zwar nicht direkt am Meer, aber immerhin unmittelbar am Ortszentrum. Ansonsten ist dies ein typischer, auf heiße Sommermonate am Strand ausgelegter Platz mit einem halboffenen Sanitärgebäude. Warmes Wasser gab es in den Duschen auf Knopfdruck (an den ehemaligen Münzautomaten) mehr als genug. Ablagemöglichkeiten für Kleidung fehlten in den Kabinen dagegen komplett.
Zurück nach Frankreich
Donnerstag, 25. April – Camping Domaine Le Peiriere bei Tuchan
Nachdem an den folgenden beiden Tagen im Grunde nur noch Heimfahren auf dem Programm stand, war dieser Donnerstag, wenn man es genau nimmt, der letzte „echte“ Urlaubstag auf dieser Reise.
In L’Estartit war der Himmel morgens bedeckt, auch vom Vollmond hatte man in der Nacht nicht viel gesehen. So wie wir packten gefühlt Dreiviertel des Platzes zusammen, sei es, weil sie auf der Suche nach mehr Sonne und Wärme Richtung Süden aufbrechen wollten oder sich ebenfalls auf die Heimreise begaben.
Nach einem letzten Einkaufsstopp auf spanischem Boden im „Supermercat GP Girona Puig S.L.“ etwas außerhalb von L’Estartit, der, nach seinem Sortiment zu urteilen, zumindest teilweise speziell für Touristen auf der Suche nach Mitbringseln konzipiert war, ging es überwiegend auf kleinen bis kleinsten Sträßchen zum Col de Banyuls. Dieser Pass an der Grenze zwischen Spanien und Frankreich war wohl noch bis Anfang 2024 für den Autoverkehr gesperrt (eine Spätfolge der Corona-Grenzschließungen …) und Fahrradfahrern vorbehalten, die auch an diesem Tag in großer Zahl hier unterwegs waren. Für uns war dieser Grenzübergang nun sehr praktisch, denn vom Pass aus gab es noch eine nette Wandermöglichkeit zum Puig de Sallefort.
Während der Anfahrt hatten wir uns schon gefreut, weil immer häufiger die Sonne zum Vorschein kam. Leider hielt dies dann nicht sehr lange an und, bereits während wir am Pass noch vesperten, zogen sich dunkle Wolken über dem Berg zusammen und blieben ziemlich stationär dort hängen. Schon ein wenig fies, wenn man oben unter den Wolken fröstelt und unter sich Banyuls-sur-Mer in der Sonne leuchten sieht …
Banyuls-sur-Mer |
Zum Wandern war es aber vielleicht sogar angenehmer so, denn der Weg zum Puig ging gleich ordentlich steil los und blieb es auch über weite Strecken. Zwischen den Steinen blühten Zistrosen, eine Art einfacher, wilder Pfingstrosen, Thymian, Rosmarin und Schopflavendel. Teilweise kam man sich schon fast so vor, als ob man in einem botanischen Garten unterwegs wäre.
Bis hierhin war die Tour insgesamt sehr nett, wenn auch der Schweiß an den Steilstellen reichlich floss. Kaum kamen wir aber in Gipfelnähe, blies der Wind so garstig, heftig und kalt, dass ich nach und nach sämtliche verfügbaren Pullis und Jacken überzog. Bei der Rast am etwas niedrigeren französischen Gipfel (981m) kam dann sogar die Kapuze zum Einsatz. Ein kurzer Fotoabstecher zum spanischen Gipfel (984m) musste aber schon noch sein, wo wir in einer Felsnische eine richtige kleine Weihnachtskrippe mit Maria, Josef, dem Jesuskind und den Heiligen Dreikönigen entdeckten …?!
Dann machten wir uns schleunigst an den Abstieg zum Col und reisten wenig später unbemerkt wieder nach Frankreich ein. Noch nicht einmal ein Schild wies auf den Grenzübertritt hin, lediglich die Beschriftung der Verkehrszeichen wechselte von Spanisch/Katalanisch zu Französisch.
Über Banyuls-sur-Mer und Perpignan, wo wir einige Zeit im abendlichen Berufsverkehr feststeckten, ging es dann – zuletzt über viele, viele Kurven – zum Camping Domaine Le Peiriere bei Tuchan …
So langsam wurde es nun höchste Zeit, dass wir nach Hause fuhren, denn an diesem Abend regnete es nicht nur zum ersten Mal seit Wochen so richtig, unsere Planlosigkeit nahm auch ganz neue Dimensionen an. Uns war nämlich etwas passiert, was es, soweit ich mich erinnern kann, bis dahin noch gar nie gegeben hatte: Aus Versehen hatten wir einen Campingplatz angesteuert, auf dem wir bereits zu Anfang der Reise für zwei Nächte (Karsamstag, Ostersonntag) „gewohnt“ hatten, und bemerkten unseren Fehler erst, als wir in die Einfahrt des Platzes abgebogen waren …
Wenn es jetzt ein super Platz gewesen wäre, kein Thema, aber so war es eben nicht. Zwar hatte dieser momentan, im Gegensatz zum Osterwochenende, nur eine Minimalbelegung und so störte es nicht sonderlich, dass es hier nur vier Duschen gab, von denen eine verschlossen war, eine „behindertengerecht“ und ich einer weiteren keinen Tropfen warmes Wasser entlocken konnte, auch nach längerem, hartnäckigem Warten nicht. Auch die vier WCs waren gerade mehr als ausreichend und wir konnten uns diesmal in bequemer Nähe zum Sanitärgebäude platzieren. Trotzdem wären wir nach den Erfahrungen unseres ersten Aufenthalts hier sicher nicht noch einmal gezielt hergefahren. Aber nun waren wir eben da und für eine Nacht würde es schon noch einmal gehen …
Das Restaurant des Platzes, auf das wir unsere Hoffnung gesetzt hatten, war bei so wenigen Gästen (außer uns lediglich zwei andere Camper und maximal 2-3 belegte Hütten), wie nicht anders zu erwarten, geschlossen. So blieb uns nichts anderes übrig, als in den Dörfern der Umgebung nach Futter zu suchen. Fündig wurden wir in Tautavel im Restaurant „Auberge L’étape“, das anfangs allerdings nicht den allerbesten Eindruck vermittelte: wir wurden an den Tisch neben der Toilette gesetzt und dort zog es zudem durch eine offenstehende Glastür. Doch die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit der Kellnerin, die uns einen anderen Tisch gab und dafür sorgte, dass die Tür zu blieb, sowie das gute und reichliche Essen machten dies letztlich mehr als wett. Dazu noch eine 1/2l-Karaffe roten Hauswein, sowie ein vermutlich selbst gebrannter Schnaps, den uns der Chef, offenbar ein Korse, beim Zahlen an der Theke aus einer korsischen Orezza-Wasserflasche einschenkte, und die kurze „Heimfahrt“ zum Campingplatz wurde trotz Regen eine recht beschwingte. Fehlte nur noch eine ruhige Nacht und alles wäre gut …
Heimfahrt
Sonntag, 28. April – wieder zuhause
Gut war dann leider gar nichts in dieser Nacht, denn in den sehr frühen Morgenstunden (zwischen 2 und 3 Uhr früh), verfielen offenbar mehrere Landwirte auf die Idee, nach dem Regen sogleich ihre Felder zu düngen, zu spritzen oder sonst wie zu bestellen. Jedenfalls nervten uns stundenlang die Geräusche mehrerer Traktoren, die unermüdlich auf den Feldern der Umgebung ihre Runden drehten. Und hatte man diese mal erfolgreich ausgeblendet, war es garantiert wieder Zeit für die beiden Glocken der Dorfkirche von Tuchan, die alle halbe Stunde schlugen …
Morgens stürmte dann, noch ehe wir uns aus unseren Schlafsäcken geschält hatten, eine Horde Kinder den Platz, die offenbar mit ihren Lehrern hergekommen waren, um den Teich und die Tiere zu bewundern, dann aber auch noch munter auf den nicht belegten Stellplätzen verschiedene Spiele spielten … Auch eine schräge Idee, dafür einen Campingplatz anzusteuern. Aber so waren wir wenigstens wach und konnten uns bald auf den Weg Richtung Norden begeben.
Viel erwarteten wir nicht von diesem Tag, an dem wir einfach schon einmal gut Richtung Heimat vorankommen wollten. Hätte das Wetter besser mitgespielt, wäre vielleicht noch eine kurze Wanderung durch die eigentümliche Felslandschaft bei der Ortschaft Mourèze (Cirque de Mourèze) drin gewesen. Doch ausgerechnet über diese Gegend zog dann just ein Donnerwetter hinweg.
Und obwohl der Tag am Ende nicht gänzlich ereignislos blieb, gibt es ausnahmsweise einmal kein einziges Foto, denn leider war es kein Ereignis der erfreulichen Art: Nach vielen Stunden Fahrt, nur unterbrochen von einem üppigen Mittagessen im Restaurant „Asparagus“ in Valros und einem eher übersichtlichen Einkauf im gigantischen Leclerc-Supermarkt von Bollène, bemerkte Günter abends am Campingplatz, dass das hintere Kennzeichen unseres "Max" fehlte …
Eine kurze Internetrecherche machte zur Gewissheit, was uns sofort geschwant hatte: dies war nicht nur ein kleines Malheur, sondern ein sehr ausgewachsenes Problem. Dem ADAC zufolge musste man den Verlust unbedingt gleich bei der Polizei vor Ort melden, um eine schriftliche Bestätigung zu bekommen, für den Fall, dass man unterwegs wegen des fehlenden Kennzeichens angehalten wurde. Zuhause sollte man ebenfalls bald möglichst der Polizei Bescheid geben, damit das bisherige Kennzeichen gesperrt werden konnte, um etwaigen Missbrauch zu verhindern. Und anschließend wäre dann der Gang zur Zulassungsstelle an der Reihe, wo ein anderes, neues Kennzeichen beantragt und neue Fahrzeugpapiere ausgestellt werden mussten und, und, und.
Bei diesen ärgerlichen Aussichten und weil wir noch die vage Hoffnung hatten, dass das Teil eventuell erst nach dem Einkauf abgefallen sein könnte (zumindest Günter meinte, dass es ihm hundertprozentig aufgefallen wäre, wenn es auf dem Parkplatz des Supermarkts schon gefehlt hätte, ich war mir da nicht so sicher), beschlossen wir, die Strecke bis zum Leclerc in Bollène noch einmal abzufahren. Vielleicht würden wir es ja finden und könnten uns den ganzen Heckmeck sparen.
Doch eine knappe Stunde später, als wir den mittlerweile geschlossenen Supermarkt wieder erreicht hatten, mussten wir uns leider eingestehen, dass die Fahrt wohl vergeblich gewesen war. Wir hielten zwar auf dem Rückweg zum Campingplatz trotzdem noch einmal die Augen offen, ob uns nicht etwas Nummernschildähnliches aus dem Straßengraben anblitzte (mittlerweile dämmerte es bereits), doch sonderlich viel Hoffnung hatten wir nicht mehr. Dazu kam, dass wir uns zwar immer unter den gleichen Vorgaben hatten von Google leiten lassen, jedoch den Eindruck bekamen, dass die Strecke trotzdem jedes Mal etwas anders war.
So kamen wir nach 21 Uhr sehr frustriert wieder auf dem Camping Porte de Provence zwischen den Städtchen Marsanne und Loriol-sur-Drôme an, wo es mittlerweile sehr frisch geworden war. Zum Vesper im Aufbau warfen wir daher den Heizlüfter an (Strom gab es hier zum Glück) und verkrochen uns dann bald in eher gedrückter Stimmung in die Schlafsäcke.
Rückblende: In der Tabernas-Wüste war das Kennzeichen noch dran und hat alle anschließenden Offroad-Strecken "überlebt". |
Anderentags,
nach einer letzten, angenehm ruhigen Campingnacht führte folglich unser erster Weg zur Gendarmerie von Loriol. Dort waren die drei Beamten vor Ort dann sehr bemüht und verständnisvoll, obwohl die Verständigung am Anfang eher holprig lief. Die zusammengekratzten Reste unseres Schulfranzösisch reichten kaum aus, um unser Anliegen zu vermitteln. Der älteste Beamte sprach etwas Deutsch, doch fehlten auch ihm häufig die nötigen Wörter. Letztlich einigten wir uns doch auf Englisch, das der jüngste Gendarm, der uns am Ende den ersehnten Wisch für die Heimfahrt ausstellte, ganz passabel sprach.
Fast eine Stunde kostete das Prozedere aber alles in allem doch, so dass wir auf der Weiterfahrt schon recht bald ans Mittagessen dachten. Nach gerade mal gut zwei Stunden Fahrt und mit ca. 250 km lediglich etwas mehr als einem Viertel der kompletten Heimreise, kehrten wir daher in einem Vorort von Annecy im Relai de Gillon ein. Das Mittagsmenü war mit 18,50 € recht günstig und so ließen wir uns zu den drei Gängen (Salat mit Käsetoast, ein Viertel Hühnchen mit Pommes, Crème Brûlée bzw. Eis mit Erdbeeren) verführen, die überdies recht großzügig ausfielen … Interessant war auch das Lokal selbst, das Tabak- und Lottoshop, Bar und Restaurant in sich vereinte.
Die vollen Bäuche verlangten anschließend nach etwas Bewegung, die wir am Lac d’Annecy zu bekommen hofften. Doch natürlich waren an diesem sonnigen und angenehm warmen Samstagnachmittag auch sehr viele andere auf diese Idee gekommen und es schien zunächst völlig unmöglich, irgendwo noch einen Parkplatz zu finden. So rollten wir immer weiter am See entlang Richtung Süden und irgendwann wurde der Andrang tatsächlich etwas geringer und wir ergatterten eine Lücke auf einem kleinen Parkplatz in der Nähe eines Campingplatzes.
Zunächst reihten wir uns nun in den Strom derer ein, die am See entlang flanierten, wobei der Wind hier ganz ordentlich blies und im Wasser überraschend hohe Wellen verursachte.
Samstag am Lac d'Annecy |
Am Yachthafen von Sévrier |
Beim kleinen Yachthafen von Sévrier wollten wir eigentlich schon umkehren, doch dann erblickten wir oberhalb am bewaldeten Hügel ein Kreuz, von dem aus man sicher eine gute Sicht auf den See und die teils verschneiten Berge dahinter hätte. Ein Blick auf LocusMap ergab, dass es sich wohl um das „Croix du Chef-Lieu“ handeln musste und dass es dorthin tatsächlich auch einen Weg gab, der nicht weit vom Hafen seinen Ausgang nahm … Die steilen 350 Höhenmeter dort hinauf durch den schattigen Wald und die Aussicht waren es dann durchaus wert, dass wir noch einmal zwei Stunden auf die eh schon lange Mittagspause in und um Annecy drauflegten. Leider folgte aber anschließend noch einmal eine gute halbe Stunde Stopp-and-Go vom Seeufer zurück in die Stadt und, bis wir endlich wieder auf der Autobahn waren, dauerte es sicher noch einmal so lang.
So war von vornherein klar, dass wir es nicht mehr vor 0 Uhr nach Hause schaffen würden, was eigentlich der Plan gewesen wäre. Günter gab sich dann zwar alle Mühe, die Fahrzeit zu drücken, doch in der Schweiz war die Baustellendichte zu dieser Zeit ziemlich hoch, weshalb recht häufig mit 80 km/h oder noch langsamer durch die Gegend geschlichen werden musste. Zwar konnten die meisten festinstallierten Blitzer uns mit unserem fehlenden hinteren Nummernschild theoretisch sowieso nichts anhaben, aber andererseits wollten wir auch nicht unnötig auf uns und unser Gefährt aufmerksam machen, so lange wir nur halblegal damit unterwegs waren.
Letztlich war es vermutlich sogar gut, dass wir so spät nachts unterwegs waren, denn bei der Einreise in die Schweiz bei Genf stand zwar noch pro forma ein Polizist an der Grenze, doch bei der Ausreise bei Sankt Margrethen waren dann gegen 23 Uhr schon alle Grenzer im Feierabend. Und als wir nach einer kurzen von Google verursachten Irrfahrt über winzige österreichische Nebenstraßen hinter dem Pfändertunnel wieder auf deutschen Boden rollten, interessierte sich die Grenzstreife, die dort in einem Polizeiauto wartete, offenbar auch nicht im Geringsten für unser fehlendes Kennzeichen. Insofern waren unsere anfänglichen Befürchtungen bezüglich der Heimfahrt zum Glück absolut unbegründet gewesen.
Kurz vor 1 Uhr am Sonntagmorgen erreichten wir dann wieder die heimatliche Bordsteinkante, wo wir angesichts der späten Stunde nur noch ein paar unbedingt nötige Dinge mit nach oben nahmen und wenig später ins Bett krochen.
PS:
Die Meldung über das verlorene Kennzeichen konnte bei der Münchner Polizei bequem per Email erfolgen und so war die Kombination M-AX 6468 bald gesperrt. Allerdings dauerte es einige Tage, bis die schriftliche Bestätigung, die für den Antrag auf ein neues Kennzeichen bei der Zulassungsstelle benötigt wurde, bei uns im Briefkasten lag. Doch dann waren die Formalitäten innerhalb kürzester Zeit und bei nur einem Termin erledigt und wir konnten die neuen Nummernschilder mit leicht veränderter Zahlenkombination am "Max" anschrauben – vorsichtshalber diesmal mit ein paar Schrauben mehr ...