Text: Eva Irmler
Fotos: Günter Schmidt
An der stürmischen Nordküste
Samstag, 27. Mai – Camping du Phare de L’Île Vierge
Die Nacht auf dem Campingplatz von Porsévigné war dann zwar nicht wirklich ruhig, doch auch bei weitem nicht so katastrophal wie befürchtet. Die Musik, die mal mehr, mal weniger laut vom Festival „Les Petites Folies“ herübergeweht wurde, störte mich kaum bis überhaupt nicht und das etwas in die Jahre gekommene Partyvolk im Camper nebenan zog sich, kurz nachdem wir uns (sehr spät, sicher schon 23.30 Uhr) hingelegt hatten, tatsächlich ebenfalls zurück. Spätestens um 2 Uhr früh war dann beim Festival für diesmal Schluss, doch bis alle wieder zurück zum Campingplatz und in ihre Zelte/ Camper/ Wohnwagen gefunden hatten, dauerte es natürlich noch eine gute Stunde länger. Die Partyheimkehrer benahmen sich allerdings allesamt sehr gesittet und gaben sich hörbar Mühe, nicht allzu laut und allzu lang herumzuwursteln. Günter bekam von alldem sowieso nichts mit, weil er seine Ohren von Anfang an verstöpselt hatte, und ich fands wie gesagt völlig erträglich.
Noch einmal wollten wir uns eine solche Nacht allerdings auch nicht antun, und da das Festival noch über ganz Pfingsten dauern sollte, packten wir morgens zusammen und reisten ab, obwohl wir eine Küstenwanderung direkt vom Campingplatz geplant hatten. Parkplätze gab es in dieser Gegend aber jede Menge und so rollten wir ein paar hundert Meter Richtung Pointe de Corsen und parkten direkt am Küstenwanderweg.
Dieser war bereits jetzt am Morgen von jeder Menge Hundespaziergängern, Joggern und Küstenwanderern frequentiert und im Lauf des Tages stellten wir fest, dass dies auch mit Abstand die angenehmste Tageszeit bei der derzeitigen Wetterlage war. Morgens war der Wind nämlich meist noch nicht so heftig, erst ab dem frühen Nachmittag frischte er zunehmend auf und pustete einen so richtig durch.
Noch recht früh morgens ... |
... an der pittoresken Küste rund um die Pointe de Corsen. |
Wir wanderten dann in gemächlichem Tempo mit vielen Fotostopps erst bis zur Pointe de Corsen, dem westlichsten Punkt des französischen Festlands. Anschließend ging es im steten Auf und Ab bis zur Plage de Porsmoguer, die in einer sehr geschützten Bucht liegt, in die ein kleiner Bach einmündet. Hier war es so angenehm warm, dass wir uns sogar zu einem Fußbad hinreißen ließen, wie sich herausstellen sollte unser einziger direkter Kontakt mit den kühlen Atlantikfluten auf dieser Reise. Andere waren mutiger und gingen sogar eine Runde schwimmen, doch das konnten wir uns denn doch noch ganz gut verkneifen (und dazu hätte uns zudem das Badekostüm gefehlt, das im Auto geblieben war).
Nach einer längeren Pause und einem Müsliriegel machten wir uns auf gleicher Strecke auf den Rückweg. Im Rother-Wanderführer für die Bretagne wurde hier zwar eine Alternativroute durchs Hinterland empfohlen, die anfangs sicher recht lauschig an dem Bächlein entlang führt, doch später hätte man sich über irgendwelche Asphaltstraßen zurück zum Parkplatz durchschlagen müssen. Dies fiel uns im Übrigen bei den hiesigen Rother-Wanderungen als typisches Muster auf, man schien dort häufig bemüht, auf Biegen und Brechen einen Rundkurs zu finden. Dabei hatte sich an diesem Tag auf dem Rückweg zum Beispiel die Lichtstimmung komplett verändert, das Meer sich zurückgezogen, waren die Strände deutlich besser besucht und sowieso bot die Gegenrichtung noch einmal eine andere Perspektive auf alles, so dass es kein bisschen langweilig wurde.
Mit wenig Hoffnung machten wir uns anschließend zu einem Pub einige Kilometer weiter nördlich auf, wo es vielleicht bis 15 Uhr noch Mittagessen geben sollte. Letztlich war es aber wohl doch ganz gut, dass wir es noch knapp vor 14 Uhr bis zum „Pub O’Porsmeur“ schafften, denn wir waren definitiv die letzten Gäste, denen hier noch Fish and Chips serviert wurden - schnell, gut und gehaltvoll, mit kleiner Krautsalatbeilage und einer selbst gemachten Remoulade zum Fisch.
Ziemlich satt ging es dann in 4-Minuten-Intervallen weiter die Küste hoch: Erst waren in einem kleinen Spar im Zentrum von Porspoder noch ein paar kleine Besorgungen dran und dann „lockte“ noch ein kleiner Spaziergang zur Halbinsel Presqu’île Saint-Laurent.
Die Anführungszeichen deshalb, weil wir ziemlich schnell feststellten, dass der Wind dort mittlerweile wieder genauso heftig und kalt blies, wie schon am vorigen Nachmittag bei unseren Leuchtturmbesichtigungen. Meinen Kapuzenpulli hatte ich zwar noch schnell aus dem Auto geholt, doch selbst in diesem schlotterte ich anfangs und vor allem zog mir der kalte Wind lästig in die Ohren. Erst mit der Zeit wurde mir vom Gehen wieder warm genug, so dass ich die Landschaft – Felsen, Sandstrände, Dünen und türkisblaue Buchten – genießen konnte. Doch sogar hier stürzten sich erstaunlicherweise gar nicht so wenige Leute in die Fluten, auf der eher windgeschützten Seite der Halbinsel zwar, aber mich fröstelte schon beim bloßen Zusehen.
Die Ortschaft Porspoder von der Halbinsel aus gesehen. |
Sieht alles so herrlich sommerlich aus, wenn nur der kalte Wind nicht wär ... |
Blühende Grasnelkenlandschaft |
Phare du Four |
An der Plage des Dames lassen sich manche trotz kühler Brise nicht vom Baden abhalten. |
Bei unserer Rückkehr zum Parkplatz gab es dort an einem Stand Erdbeeren aus eigenem Bio-Anbau zu erwerben, denen auch wir nicht widerstehen konnten – unsere ersten Erdbeeren in dieser Saison!
Auch der Campingplatz, den Günter für heute ausgesucht hatte, sollte dann lediglich weitere 4 Minuten Fahrt entfernt sein, doch das war dann eine echte Pleite, der angebliche „Camping Municipal Saint-Gonvel“ entpuppte sich als reiner Wohnmobilstellplatz mit automatischer Bezahlschranke. Da uns beim Anblick der Schranke schon so etwas schwante, gingen wir zum Glück erst mal nur zu Fuß rein, um uns den Platz zu besehen. Und tatsächlich waren die ehemaligen Sanitärgebäude abgeschlossen, Spülbecken und dergleichen im Außenbereich abmontiert. Hier wollten wir also auf keinen Fall bleiben und so ging es noch einmal über eine halbe Stunde weiter nach Norden bis zur Küste bei Plouguerneau. Unterwegs überquerten wir die beiden fjordartigen Meeresarme „Aber Benoît“ und „Aber Wrac’h“, in denen leider gerade ziemlich Ebbe herrschte, weshalb sie noch nicht mal mit einem Fotostopp bedacht wurden.
Beim Phare de L’Île Vierge stellten wir uns am äußersten Zipfel des Campingplatzes auf einer kleinen Anhöhe hinter einen grasigen Wall, der uns zwar den freien Blick aufs Meer versperrte, doch waren wir wegen des Nordwinds ganz froh über die Barriere. Der Platz war zwar insgesamt gut besucht (Pfingstwochenende!), doch die überwiegende Mehrheit der Gäste logierte unten im „Tal“ in einer der vielen Wohncontainer-Hütten. In unserer unmittelbaren Umgebung stand bei unserer Ankunft nur ein einziger Wohnwagen und später gesellte sich noch ein junges Paar mit Zelt dazu.
Camping mit Beinahe-Meerblick |
Abends spazierten wir noch bis zu einer nahen Landspitze bei einem der riesigen Granitfelsen, von denen es in dieser Gegend jede Menge gibt, um von dort aus den Sonnenuntergang zu bewundern. Auf halber Höhe des Granithügels fand sich tatsächlich ein ausreichend windgeschützter Sitzplatz, an dem es sich eine halbe Stunde gut aushalten ließ. Die Sonne versank dann zwar ohne viel Spektakel einfach im Meer und hinterließ höchstens den Hauch eines Abendrots, doch das störte zumindest mich nicht weiter.
Das junge Pärchen vom Campingplatz hatte dem „romantischen“ Schauspiel von ganz oben auf dem Granitbrocken beigewohnt und nach Sonnenuntergang kletterten auch wir noch kurz dort hinauf, doch hier zog es dann schon wieder so heftig, dass wir die beiden gerne schnell wieder allein ließen und uns für den Rest des Abends im warmen Auto verkrochen.
Pfingstsonntag, 28. Mai – Camping du Phare de l’Île Vierge
Die Nacht war dann zunächst abgesehen vom Wind tatsächlich absolut ruhig. Gegen Morgen wummerten von irgendwo eine Zeitlang Bässe herüber und dann erwachten auch schon die Kuckucke und Tauben und „erfreuten“ uns mit Rufen und Gurren. Aber alles halb so schlimm und so blieb es dabei, dass wir hier noch eine zweite Nacht verbringen würden.
Der Max durfte heute also mal wieder einen Ruhetag einlegen und wir machten uns zu Fuß auf den Küstenwanderweg, der direkt an unserem Wall vorbeiführte. Allein waren wir dabei natürlich auch heute bei weitem nicht, jede Menge Spaziergänger mit und ohne Hund, Jogger und Ausflügler waren mit uns zwischen den zahlreichen Granithügeln von Strand zu Strand unterwegs.
Das Pendant zur "Wollsackverwitterung" im Bayrischen Wald? - "Fladenbrot-Stapel-Verwitterung"? |
Typisch Bretagne: Granittrümmer und Leuchttürme |
Am Strand „La Grève Blanche“ trauten sich sogar schon ein paar mutige Frauen ins kalte Nass, obwohl dieser dem mindestens ebenso kalten Nordwind völlig ungeschützt ausgesetzt war.
Auch den Wattwürmern (Arenicola marina) scheint es an der Grève Blanche bestens zu gefallen. |
Das Restaurant „Le Carré“ an der Plage de Koréjou, wo Günter am Vorabend vorsorglich einen Tisch für 12.30 Uhr reserviert hatte, erreichten wir dann schon eine gute halbe Stunde zu früh, was aber niemanden störte. Diesmal waren wir noch nicht mal die ersten Gäste, zwei andere Zweiertische links und rechts von unserem waren bereits besetzt und im Lauf der Zeit füllte sich das Restaurant nahezu bis zum letzten Platz.
Die von uns gewählte Vorspeise, „Langustines“, wurde dann wie befürchtet als komplettes Tier serviert und da wir beide den Umgang mit derlei Meeresfrüchten nicht mit der Muttermilch aufgesogen haben, taten wir uns eher schwer damit, den essbaren Anteil freizulegen. Günter war beim Hauptgang dann gleich noch einmal abenteuerlustig und bestellte „Choucroute de la Mer“, was sich, getreu dem Namen, als Sauerkraut in viel Sahnesauce mit Fisch und Muscheln entpuppte.
Dagegen hatte ich mich für das „Black Angus“-Rind entschieden, ohne groß auf die Beilagen zu achten, und staunte dann nicht schlecht, als ein Teller kam, auf dem lediglich das übersichtliche Fleischstück in viel brauner Soße schwamm, keinerlei Gemüse, nicht mal ein Salatblatt als Deko war dabei. Doch immerhin bekam ich dann noch ein Schüsselchen Pommes, das sogar für uns beide als „Sättigungsbeilage“ reichte. Das etwas voreilig nachbestellte Brot wanderte so in Günters Rucksack und diente uns später als Grundlage fürs Abendessen.
Für den Rückweg nahmen wir dieselbe Strecke, mit Ausnahme eines kleine Abstechers zu einer Kapelle (St-Michel), die leider wieder einmal verriegelt und verrammelt war.
Pyramiden-Hundswurz - in der Bretagne recht häufig anzutreffende Orchideenart |
Emsige Strandläufer |
Bereits um 15 Uhr erreichten wir wieder den Campingplatz und verbrachten dort einen geruhsamen Nachmittag mit lesen und Postkarten schreiben. Auch diesmal nutzten wir hierfür den Internetservice „My Postcard“ und wählten ein paar eigene Leuchtturmfotos als Motiv.
Gegen Abend wollten wir dann nur mal noch „kurz“ in die andere Richtung die Küste entlang spazieren, doch letztlich wuchs sich die Aktion eher zur zweiten Wanderung des Tages aus, die sich immerhin nochmal auf an die 7 km summierte. Der Küstenwanderweg war in dieser Richtung alles andere als durchgehend und in manchen Abschnitten zwar noch vorhanden, aber völlig zugewuchert. So marschierten wir teilweise einfach durch die dank Ebbe trockengefallene Bucht, vorbei an Bojen und Booten und mit ein paar Sprüngen über Priele.
Die Strände sind am Pfingstsonntag auch abends noch gut besucht. |
Beim Kastell Ac’h, einer weiteren Landspitze/ Halbinsel mit Aussichtspunkt und Victor-Hugo-Statue, ließen wir es schließlich gut sein und kehrten um. Diesmal wählten wir für den ersten Teil des Rückwegs lieber eine kürzere Hinterlandroute, ehe es noch einmal durchs Watt und ein letztes kurzes Stück an der Küste entlang ging.
Erstaunlicherweise war der Campingplatz an diesem Tag schon deutlich leerer, obwohl ja auch der Pfingstmontag in Frankreich noch Feiertag war. In unserer Nachbarschaft waren allerdings zwei französische Paare neu dazugekommen, während das Pärchen vom Vorabend abgereist war. Krach war nach meiner Einschätzung aber auch diesmal keiner zu erwarten, insofern freute ich mich auf eine weitere ruhige Nacht.
Pfingstmontag, 29. Mai – Camping Municipal, Primel-Trégastel
Wind, Wind, Wind – so langsam zerrte er echt an den Nerven.
Jeden Tag stürmte es noch ärger als am Tag zuvor und zumindest bis zum Donnerstag war auch keine Besserung in Sicht. Die halbe vergangene Nacht hatte ich auf die Beruhigung gewartet, die sonst nach Sonnenuntergang noch immer eingetreten war. Irgendwann war dann klar, dass es diesmal anders laufen würde und gegen Morgen überschritten die Böen zum ersten Mal für mein Gefühl die Grenze zum Sturm. Wetteronline meldete für die Region um Plouguerneau morgens um 7 Uhr 55 km/h Windgeschwindigkeit mit steigender Tendenz und so fühlte es sich auch an: Unsere Plane knatterte im Wind und das ganze Auto schaukelte und ruckelte. Insofern hatte ich mich, was eine ruhige Nacht anging, definitiv zu früh gefreut ...
Wir hatten uns auf dem Campingplatz bei der Île de la Vierge allerdings auch recht exponiert platziert, doch wenn ich gedacht hatte, dies wäre nicht mehr zu toppen, dann wurde ich am folgenden Abend eines anderen belehrt: An der Landspitze bei Primel-Trégastel standen wir zwar vom Meer aus betrachtet in vierter oder fünfter Reihe, doch der komplette Platz (abgesehen von der schon ausgebuchten oberen Ebene) war hier dem Nordostwind nahezu ungeschützt preisgegeben. Kein Baum oder Strauch oder Fels, der den Wind effektiv gebremst hätte. Lediglich ein paar nichtsnutzige, löchrige Hecken zwischen den Parzellen, die noch nicht mal als Sichtschutz wirklich was brachten, von Windschutz ganz zu schweigen.
So war es für uns jedenfalls eine klare Sache, dass wir hier nur eine Nacht bleiben würden, und es blieb mal wieder zu hoffen, dass unsere Dachkonstruktion dem ständigen Gezerre und den noch heftigeren Böen standhalten würde.
Ansonsten war an diesem Abend wieder strahlendblauer Himmel und die Aussicht auf das schaumgekrönte Meer nicht die schlechteste. Wenn nur der Sch…-Wind nicht gewesen wäre, der einem in Sekundenbruchteilen wieder jede Wärme aus dem Leib pustete.
Wind, Wind, Wind - da stehen einem die Haare zu Berge ;) |
Doch nun erst Mal der Reihe nach:
Morgens war es noch ziemlich bedeckt und grau gewesen, was ich aber zur Abwechslung gar nicht so unangenehm fand. Irgendwie passte das für mich vom Gefühl her besser zum Sturmwind als Sonne.
Nach der Abreise vom letzten Campingplatz, den fast zeitgleich auch viele Hütten-Gäste verließen, stand erst mal die Besichtigung eines weiteren Leuchtturms, sowie eines alten Zöllnerhauses an, das malerisch zwischen Granitfelsen gebaut ist. Von ersterem, dem Phare de Pontusval, wollten wir eventuell zu letzterem wandern, dem „Corps de Garde Meneham“.
Der Leuchtturm stellte sich dann als einer von der eher kleinen und unspektakulären Sorte heraus. Immerhin war er aber ebenfalls von riesigen Granitblöcken umgeben, auf denen Günter auf der Suche nach dem besten Fotospot gleich mal herumturnte.
Phare de Pontusval |
Die knapp 3 km am Strand und über die Dünen bis nach Meneham waren auf dem Hinweg mit dem Wind im Rücken sehr angenehm zu gehen und unterwegs boten sich immer wieder schöne Ausblicke auf Meer, Felsen, Sandstrände und Buchten mit bunten Booten.
Bei den Felsen von Meneham war dann schon von Weitem erkennbar viel los. Dass dies eine derart beliebte Sehenswürdigkeit ist, hätten wir nicht gedacht, doch offenbar hatte die Tourismuswerbung hier ganze Arbeit geleistet. An diesem Feiertag strömten wahre Horden von Besuchern herbei, um über die Felsen zu kraxeln und sich gegenseitig vor dem Zöllnerhaus abzulichten. Deutsch war nicht nur hier neben Französisch die am häufigsten zu hörende Sprache – inzwischen waren die Pfingstferien in Süddeutschland überall deutlich zu spüren.
Das alte Zöllnerhaus "Corps de Garde Meneham" ... |
... erfreut sich großer Beliebtheit. |
Günter musste jedenfalls recht lange warten, bis er seinerseits ein halbwegs „touristenfreies" Foto vom Zöllnerhaus schaffte.
Nach einer kurzen Rast im Windschatten von ein paar der allgegenwärtigen, rundgeschliffenen Granittrümmer beschlossen wir zum Auto zurückzuwandern und bei der Weiterfahrt unser Glück in einem der Restaurants zu versuchen, die am Weg lagen. So ging es denn trotz Gegenwind recht flott entlang der Küste zurück, denn mittlerweile war es schon weit nach 12 Uhr.
Beim ersten Restaurant, dem „Au P’tit Nice“, das nur 6 Minuten Fahrt entfernt war, fanden wir keinen Parkplatz und außerdem wirkte es schon beim Vorbeifahren rappelvoll.
Also gings noch einmal fast 15 Minuten weiter nach Goulven zum „Les Rigadelles“. Auch hier hielten wir eine Abfuhr für wahrscheinlich, weil der riesige Parkplatz gut gefüllt war, die Uhr nun schon 13.15 Uhr zeigte und um 14 Uhr offiziell Schluss sein sollte. Doch immerhin fand sich hier noch problemlos ein Platz für den Max und so wollten wir es einfach versuchen. Und siehe da, wir bekamen umstandslos die Hälfte eines Tischs zugewiesen, an dessen anderem Ende bereits ein Vater mit seiner kleinen Tochter saß, und konnten nach und nach unsere leeren Mägen mit einem wahrhaft opulenten 3-Gang-Menü auf- und zuletzt eher schon wieder überfüllen.
Günter wählte als Vorspeise diesmal Austern, weil er meinte, man könne nicht in die Bretagne reisen, ohne diese wenigstens einmal zu probieren. Meine erste Auster aller Zeiten schmeckte dann hauptsächlich nach Zitrone und Zwiebelsud, was Günter beides schon reichlich über die Mollusken geschüttet hatte. Ansonsten entsprach die Konsistenz im Grunde genau dem, was ich mir vorgestellt hatte, und ich fand es zwar nicht irgendwie abstoßend oder ekelerregend, aber auch nicht unbedingt wiederholungsbedürftig ...
Mein „Salade de Chévre chaud au miel“ war mir da bedeutend lieber und fiel so reichlich aus, dass auch Günter noch genug davon abbekam. Die Hauptgerichte (Schweinemedaillons bzw. Wolfsbarsch) kamen – ganz im Kontrast zum Vortag – mit jeder Menge Beilagen (Kartöffelchen, gebratene Zucchini- und Möhrenscheiben, Salat), der Fisch lag auf einem Bett von gedünstetem Weißkraut in reichlich Sahnesauce, dazu gab es ein Schälchen mit einer Art feinem Couscous, vielleicht aus Buchweizen, und Günter bekam noch eine Schale Pommes, die definitiv überflüssig war. Und dann kam ja noch der Nachtisch, Crème brûlée bzw. Glace Melba (Erdbeeren, Erdbeersauce, Vanilleeis und jede Menge Sahne …), der uns dann vollends den Rest gab.
Völlig überfüllt und doch absolut glücklich wankten wir dann zurück zum Auto und rollten weiter nach Saint-Pol-de-Léon, einem eher kleinen Städtchen (ca. 6700 Einwohner), das eine stattliche gotische Kathedrale und eine „Kapelle“ (Chapelle Notre-Dame du Kreisker) mit einem besonders hohen Turm (78 m, der höchste Kirchturm der Bretagne) vorzuweisen hat. Günter spekulierte natürlich insbesondere auf eine Turmbesteigung, doch leider ist diese lediglich im Juli und August möglich.
Der extrahohe Turm der Chapelle Notre-Dame du Kreisker |
Blick ins Hauptschiff der Kathedrale von Saint-Pol-de-Léon |
Die Kathedrale Saint-Aurélian |
Zu der Kathedrale aus dem 12. – 16. Jahrhundert kam das Städtchen, weil es bis zur Französischen Revolution Bischofssitz war, und zudem hat es seinen eigenen Heiligen hervorgebracht: St. Paul-Aurélian. Im für eine gotische Kirche ungewohnt vollgestopften Kirchenschiff (bzw. den 3 Schiffen und mehreren Seitenkapellen) werden auch die Gebeine diverser hoher Kleriker in kleinen Schreinen aufbewahrt, sowie in einem goldenen Reliquiar der Schädel des Ortsheiligen.
Abgesehen von diesen beiden Sehenswürdigkeiten fiel das an sich hübsche Städtchen hauptsächlich durch viel Verkehr und viel Müll in den Straßen auf, so suchten wir bald wieder das Weite.
Vorbei an Morlaix mit seinem spektakulären Eisenbahnviadukt und einem mit Segelbooten vollgestopften Hafen liefen wir schließlich in Primel-Trégastel ein, das gleich auf den ersten Blick extrem touristisch wirkte. So langsam kamen wir wohl in den Dunstkreis der Touristenhochburgen der Bretagne, allen voran Saint-Malo und Mont-St-Michel. Gut, dass nun wenigstens die Pfingsttage vorüber waren und die meisten Franzosen wieder arbeiten mussten …
An der Pointe-de-Primel, einer Landspitze direkt beim Campingplatz, gab es im Übrigen ebenfalls ein Zöllnerhaus, vielleicht nicht ganz so spektakulär wie das von Meneham, aber auch sehr hübsch gelegen.
Stürmische See vor der Pointe de Primel |
Das Zöllnerhaus an der Pointe |
Blick Richtung Campingplatz von der Pointe-de-Primel |
Nach einem Spaziergang um die Pointe und dem Abendessen hatte sich der heftige Wind (s.o.) zwar noch kein bisschen abgeschwächt, doch noch hielt bei unserem Aufbau alles. So schauten wir relativ zuversichtlich der kommenden Nacht entgegen, nur der Höllenlärm, den die knatternde Zeltplane und diverse andere Teile der Konstruktion machten, konnte uns vielleicht noch den Schlaf rauben …
Dienstag, 30. Mai – Camping Municipal de Landrellec
Der für die Nacht angedrohte Sturm blieb zum Glück weitgehend aus und Günters Stütz- und Polsteraktionen (er steckte 2 Sitzkissen hinter die Wanderstöcke, die ihrerseits in den Ecken unseres „Zeltdachs“ klemmten, um die Plane daran zu hindern, zu arg im Wind zu flattern) halfen tatsächlich und trugen das ihre dazu bei, dass die Nacht wider Erwarten relativ ruhig verlief.
Morgens konnte ich gegen halb 9, ohne warten zu müssen, eine der beiden Duschen in Beschlag nehmen und freute mich, dass sie tadellos und ohne Jetons funktionierte, was ich gar nicht zu hoffen gewagt hatte, weil die alten Münzeinwurfkästen noch an der Wand hingen.
Günter machte derweil wie üblich Kaffee und kurz bevor ich zurück kam passierte es dann: der GAU in Form einer verhudelten Aufbrühaktion, in deren Folge sich Kaffeewasser und nasses Kaffeepulver großflächig über unsere Küchenbox, Günters Hand und Hose und immerhin nur ein paar Spritzer auf Boden und umgebende Gegenstände verteilten … Die Hand war zum Glück nicht ernsthaft verbrüht, wenn sie auch wohl noch ein paar Stunden schmerzte, doch bis die Küchenbox samt Inventar, das meiste davon glücklicherweise spülbar, gereinigt und wieder einigermaßen trocken war, war schon der halbe Morgen herum. Letztlich trug Günter die leere Box einfach zu einem der großen, eigentlich für Wäsche gedachten Becken (die auf Campingplätzen außerhalb der Badesaison sowieso meist ungenutzt bleiben) und wusch sie dort aus. Dann war auch dieser Stress ausgestanden und die Küchenbox so sauber wie sonst höchstens ganz zu Anfang einer Reise …
Für diesen Tag war die Weiterfahrt bis ins andere Trégastel geplant (von Primel-Trégastel nach Trégastel ohne weiteren Zusatz, das nordöstlich an Landrellec angrenzt), was eine Fahrt von etwas über einer Stunde bedeutete, und da wir noch nicht wussten, wo wir Mittagessen würden oder ob es doch eher auf ein Vesper hinauslaufen würde, wollten wir unterwegs Brot kaufen. So landeten wir recht zufällig in der erstaunlich großen Stadt Lannion (> 20000 Einwohner), parkten auf einem Großparkplatz am Fluss Léguer (mit perfekt funktionierenden öffentlichen WCs!) und spazierten auf der Suche nach einer Boulangerie Richtung Altstadt.
Zunächst kamen wir aber an der Kirche St-Jean-du-Baly vorbei, deren quadratischer Turm offensichtlich unvollendet geblieben war und die auf beiden Seiten des Hauptschiffs je drei Querschiffe aufwies. Im Inneren fiel uns auf, dass die Säulen entlang des Hauptschiffs allesamt völlig schief nach außen hingen – ein Baufehler oder hatte sich mit der Zeit der Untergrund gesetzt?
Saint-Jean-du-Baly in Lannion |
Vorbei an einigen windschiefen alten Häusern erreichten wir schließlich die angepeilte „Boulangerie du Centre“ und erstanden neben dem obligatorischen „Baguette tradition“ gleich noch zwei „Pains au chocolat“, mit dem Hintergedanken, diese gleich vor der Weiterfahrt zu verspeisen. Doch zunächst sahen wir uns noch ein paar weitere Altstadtgassen an, und weil es anschließend schon nach Mittag war, wollten wir uns doch gleich hier nach einem Restaurant umsehen.
Gesagt getan: Gleich beim Parkplatz lag das Restaurant-Pizzeria „Le Bornéo“, wo wir uns jeder eine Pizza gönnten, die erste in diesem Urlaub und tatsächlich ziemlich gut (Holzofen!).
So konnte es bald gesättigt weiter gehen zu unserem Tagesziel Landrellec, wo wir gleich den Camping Municipal ansteuerten. Dieser liegt direkt am Meer und ebenfalls direkt am Wanderweg, dem berühmten Zöllnerpfad (GR 34), ein Weitwanderweg, der sich rund 2000 km lang an der kompletten bretonischen Küstenlinie zwischen Saint-Nazaire und Mont-St-Michel entlangwindet.
Etwas weiter nordöstlich führt der Pfad an der Rosagranit-Küste entlang, die ihren Namen sehr zurecht trägt, denn während die Granitfelsen weiter im Westen grau und etwas feinkörniger waren, zeigten sie sich hier (in relativ frisch gebrochenem Zustand) rosa und sehr grobkörnig.
Windig war es auch hier, doch die Bucht am Campingplatz nach Westen ausgerichtet und von daher nicht ganz so ungeschützt wie die Nordostküste bei Primel-Trégastel. So war schnell ein Stellplatz gefunden, den wir für halbwegs windgeschützt hielten, und wir konnten uns bald auf den Weg Richtung Trégastel machen.
Reiterin in der Baie de Kerlavos |
In 3 Stunden wanderten wir eher gemütlich bis zur Plage Grève Rose, wo einige Kite-Surfer ihre Künste – teils beeindruckend hohe Sprünge – vorführten, und anschließend wieder zurück.
Bei unserer Rückkehr war eine vielköpfige deutsche Jugendgruppe auf dem Campingplatz eingefallen, die gleich mal alle Duschen mit Beschlag belegte und zudem eine Art „rollende Bühne“ dabei hatte, von der den ganzen Abend Bässe herüberwummerten … Seltsam was es für Ferienangebote gibt …
Mittwoch, 31. Mai – Camping Municipal de Landrellec
Auch dieser Tag begann wieder bedeckt und dementsprechend kühl und nach dem Frühstück nieselte es sogar ein ganz klein wenig, so dass sich bei mir zunächst die Lust auf eine ausgedehnte Roller- und Wandertour in argen Grenzen hielt. Doch der Nieselanfall war so schnell vorüber, wie er begonnen hatte und fiel zudem eigentlich nicht wirklich in die Kategorie Regen, so packten wir es doch bald an und rollerten zunächst über Neben- und Wohnstraßen und ein paar Wander- bzw. Reitwegabschnitte zur Plage de la Grève Blanche, unmittelbar nördlich der Plage Grève Rose, wo am vorigen Nachmittag für uns Schluss gewesen war.
Nach einem Aussichtspunkt ging es erst auf dem hier wenig rollergeeigneten Küstenwanderweg etwas mühsam über diverse Felsstufen, dann erreichten wir die Strandpromenade und bald darauf den Parkplatz an der Île Renote, wo wir die Roller an den Fahrradständern anschlossen, in der Absicht, die Halbinsel zu Fuß zu umrunden.
Plage de la Grève Blanche |
Und noch einmal die Plage Grève Rose |
Rollerparkbucht am Aussichtspunkt |
Doch nach ein paar hundert Metern poppte auf Günters Handy mit einem Mal eine Nachricht auf: Der gestern Abend angefragte Tisch sei für 12.30 Uhr reserviert … Damit hatten wir überhaupt nicht mehr gerechnet, weil bis dahin nur eine automatisch generierte Antwort gekommen war, in der es hieß, man nehme nur telefonische Reservierungen an. Und mittlerweile war es zudem schon 10 vor 12, so dass wir uns schleunigst auf den Weg machen mussten, wollten wir es noch halbwegs rechtzeitig zu dem Restaurant schaffen.
Also ging es im Schweinsgalopp wieder zurück zu den Rollern, wo wir auf unsere schwäbischen Nachbarn vom Campingplatz trafen. Nach ein paar Minuten Smalltalk über Roller und Räder (sie waren mit E-Bikes unterwegs) und unsere Mittagessens-Bredouille, machten wir uns flott auf dem kürzest möglichen Weg auf nach Ploumanac’h, wobei es sich nicht immer vermeiden ließ, dass wir an der Hauptstraße entlang rollerten. Verkehr war auch nicht wenig, so war es manchmal eher unangenehm, doch wir kamen recht gut voran und liefen beim Restaurant „Le Duplex“ am Hafen von Saint-Guirec/ Ploumanac’h am Ende sogar mit 10 Minuten Verfrühung ein.
Tatsächlich war ein Zweiertischchen direkt an der Fensterfront für uns reserviert mit Blick auf den Hafen, der leider noch immer unter einer grauen Wolkendecke dalag. Unsere unterschiedlichen Menüs waren beide sehr gut und von der Menge her genau richtig, um satt und zufrieden, aber nicht übervoll weiterzuziehen.
Nach dem Mittagessen ließen wir die Roller einfach stehen, wo wir sie vor dem Restaurant zusammengeschlossen hatten, und machten uns zu Fuß auf den Zöllnerpfad (Chemin des Douaniers) entlang der Rosagranitküste, den wir aber nach wenigen Metern schon wieder verloren. Die Beschilderung und Markierung war hier eher unauffällig gehalten und so kletterten wir, anfangs noch im Glauben, auf dem rechten Weg zu sein, über Felsblöcke an der Küste weiter, bis es uns doch zu haarig wurde und ein Blick auf LocusMap zeigte, dass wir eindeutig auf dem Holzweg waren. So ergriffen wir die nächste Gelegenheit, über einen Trampelpfad wieder auf den eigentlichen Zöllnerpfad zurückzukehren, der hier weit oberhalb der Felsen verlief.
Wenig später erreichten wir den Strand von Saint-Guirec mit der seltsamen, nasenlosen Statue des namengebenden Heiligen (angeblich finden heiratswillige Frauen innerhalb eines Jahres einen Mann, wenn sie die Nase der Heiligenfigur berühren – mit entsprechenden Folgen für das Bildnis, das deshalb sogar schon einmal ersetzt werden musste).
Günter schlug dann vor, dass wir erst die Insel überqueren sollten, um ans andere Ende der Côte de granit rose zu gelangen, in der Hoffnung, dass wir diese dann zumindest partiell bei Sonne betrachten könnten. Doch leider nützte diese Strategie am Ende wenig und die eindrucksvollen Steinformationen inklusive Leuchtturm (Phare de Mean Ruz) zeigten sich uns nur in gedämpfter Optik. - Schön wars trotzdem und das, obwohl hier nun wirklich die Touristenhorden hin und her wimmelten.
Zöllnerpfad-Wanderer |
Auch diese Felsformationen tragen Phantasienamen ... |
... die sich uns allerdings selten erschlossen |
Möwe im Anflug |
Steinerne Möwe? |
Irgendwo hier soll auch Napoleons Hut zu finden sein ... |
Rast auf Rosagranit |
Phare de Ploumanac'h (oder auch Phare de Mean Ruz) |
Tatsächlich begannen sich die Wolken erst gegen 16 Uhr zu lichten, und bis es richtig sonnig wurde, dauerte es dann noch einmal fast eine Stunde. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon nahezu die komplette Rosa-Granit-Küste durchwandert. Erst als wir in Saint-Guirec am Strand noch ein Eis verspeisten, war der Himmel dann mit einem Mal komplett blau und keine Wolke mehr zu entdecken.
... und danach. Rechts im Vordergrund das Oratoire de Saint-Guirec (in dem sich die nasenlose Heiligenfigur versteckt) |
Von der Plage zum Hafen und unseren Rollern waren es anschließend quer durch die Ortschaft zu meiner Überraschung nur noch ein paar hundert Meter. Und dann rollerten wir etwas gemächlicher und mit einem Schlenker zur Plage de Tourony und an die Baie de Sainte-Anne wieder zurück zum Campingplatz. Unterwegs kamen im Carrefour Express noch ein paar nötigste Einkäufe mit und dann hielten wir uns noch eine Zeitlang an den Küstenwanderweg, ehe wir durch Wohngebiete vollends zurück fanden.
Spätabends versank die rote Sonne wieder im Meer, wie praktisch immer während unseres Aufenthalts in der Bretagne vor wolkenlosem Himmel. An diesem Abend war es auf dem Platz deutlich ruhiger, weil im Lauf des Tages viele Camper abgereist waren, insbesondere auch die riesige Jugendgruppe mit ihrer mobilen Soundanlage. Und sogar der Wind hatte sich beruhigt, nur gelegentlich kam noch eine, nach wir vor garstig kalte Böe vorbei.
Donnerstag, 1. Juni – Camping du Pont de l’Etang-Fréhel
Eine wirklich ruhige Nacht später war es auch am ersten Junimorgen wieder diesig und leicht nieselig, so dass es uns erst recht spät zum Aufstehen drängte. In der Zwischenzeit waren wir zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei den Wolken der letzten Tage eher um so eine Art Hochnebel handeln musste, der vermutlich irgendwie mit der derzeitigen Kombination aus kaltem Meer (14°C Wassertemperatur), kaltem Nordostwind und bereits sommerlich langen Tagen mit starker Sonneneinstrahlung zusammenhing.
Nachdem Günter am Campingplatz-eigenen Wohnmobilwaschplatz noch das Dach unseres Aufbaus gereinigt hatte, das schon seit einigen Tagen wieder die eine oder andere Vogelmarkierung „zierte“, machten wir uns auf den Weg zum nördlichsten Punkt der Bretagne bei Plougrescant.
Nach knapp einer Stunde Fahrt erreichten wir den Parkplatz in der Nähe des „Gouffre“ (=Schlund), wo das Meer zuweilen besonders eindrucksvoll an und zwischen den Felsen toben soll, doch leider hatten wir mal wieder absolute Ebbe erwischt, so dass sich uns eher eine öde Granitwüste darbot. Zuvor passierten wir aber noch das berühmte „Haus zwischen den Felsen“ (frz. Maison du Gouffre de Plougrescant), vor dem, wie im Reiseführer schon vorgewarnt wurde, tatsächlich zwei Autos parkten, angeblich um den Fotografen (insbesondere den Profis), den Spaß (bzw. eine mögliche Einkommensquelle) zu verhageln – kindisch das, aber gut, so sind die Leut‘ halt oft (und ich will mich da auf gar keinen Fall ausnehmen …).
Das berühmte Haus zwischen den Felsen bei Plougrescant. |
Ebbe beim "Gouffre" |
Keine tobende See in Sicht. |
Nachdem wir mit vielen anderen, überwiegend Deutschen ein wenig auf den Felsen am Gouffre herumgekraxelt waren, spazierten wir zum Parkplatz zurück und dann noch ein Stück in die andere Richtung an der Küste entlang. Erst folgten wir dem Wanderweg, dann ging es eine ganze Weile über große Kiesel und Felsen, die offensichtlich bei Flut unter Wasser lagen. So erreichten wir schließlich den wohl tatsächlich nördlichsten Punkt des Festlands hier in der Bretagne, die Pointe de Château.
Ganz abgesehen von allem anderen gefiel mir die raue Küste hier fast noch besser als die etwas zahmere Côte de granit rose mit ihren rundgeschliffenen Felsblöcken.
Mit dem Mittagessen hatten wir anschließend großes Glück und ergatterten im nahen „Ty Gouffre“ einen der letzten Tische. Die beiden Kellner*innen waren bei unserer Ankunft gerade schon voll am Rotieren, so dauerte es ein bisschen bis wir unsere Bestellung aufgeben konnten, doch anschließend kamen „Fish and Chips“ und das „Pièce du Boucher“ (diesmal Kalb mit Pommes, etwas Salat und Pfeffersauce) flott auf den Tisch.
So konnte es bald wieder weiter gehen, und weil wir Plougrescant nun sowieso ein weiteres Mal passierten, starteten wir doch noch einen Versuch, die Chapelle Saint-Gonery zu besichtigen, deren Innenraum auf den Fotos bei Google-Maps sehr interessant wirkte, nur um festzustellen, dass sie offenbar bis auf Weiteres wegen Renovierung geschlossen war …
Also weiter und nun musste so langsam mal wieder eine Tankstelle gefunden werden. Kurz vor unserem zweiten Tagesziel, der „Abbaye de Beauport“ wurden wir in Paimpol fündig, wobei die angebliche Tankstelle beim Intermarché sich als Fehlinformation erwies, wir dann aber im Supermarkt erstaunlich viel brauchten, dafür dass wir zunächst gar keinen Einkauf geplant hatten … Ein paar Ecken weiter beim riesigen „Leclerc“ existierte die bei Maps verzeichnete Tankstelle dann tatsächlich und konnte der Max mit Diesel aufgefüllt werden.
Nach kurzer Fahrt erreichten wir im Anschluss die Abtei und umrundeten zunächst da Areal großzügig auf dem Wanderweg. Anfangs ging es nur an einer ziemlich eingewachsenen Mauer entlang, dann bekam man wenigstens das Meer und auf der anderen Seite schon Teile der Abtei zu sehen, die seit dem 18./ 19. Jahrhundert weitgehend eine Ruine ist. Schließlich wurde die Sicht von außen immer besser und konnte man sogar ins ehemalige Kirchenschiff hineinsehen.
Annäherung an die Abbaye de Beauport |
Blick ins ehemalige Kirchenschiff |
Außenansicht der verfallenen Abtei |
So waren wir schon drauf und dran, uns die 6,50 € Eintritt zu sparen, doch aus der Überlegung heraus, dass wir auf diese Art dann eben auch nichts für die Erhaltung des Gemäuers getan hätten, votierte ich schließlich doch für „Besichtigen“. Der Mehrwert hielt sich zwar erwartungsgemäß in Grenzen, aber man konnte immerhin über laminierte Informationsblätter, die in den verschiedenen Räumen auch auf Deutsch auslagen, ein bisschen mehr über die Abtei und ihre Geschichte erfahren.
Besonders schön fand ich auch, dass alles mehr oder weniger von Pflanzen überwuchert war, von denen gerade viele blühten, und dass in der ehemaligen Küche Küchenkräuter wuchsen.
Auch Vögel hatten sich in den vielen Nischen, die das Gemäuer bot, niedergelassen, die allgegenwärtigen Tauben natürlich, aber auch Dohlen (syn. Turmkrähen, Corvus monedula – etwas kleiner als Krähen, hatten teilweise graues Gefieder und klangen eher wie Alpendohlen) zankten sich um die besten Unterschlupfe.
Nachdem die Abtei zur Genüge besichtigt war, ging es weiter Richtung Cap Fréhel und schließlich etwas südlich des Caps auf den gigantisch riesigen Camping du Pont de l’Etang-Fréhel.
Blick Richtung Cap Fréhel, oberhalb des Strands liegt der Campingplatz. |
Auf dem weitläufigen Gelände gab es Stellplätze, die schon nahezu so einsam wirkten wie im Idealfall beim Wildcamping, allerdings waren von dort auch die Sanitaires und das Meer beliebig weit entfernt. Wir entschieden uns letztlich für einen Platz in der Nähe der neuesten Sanitäranlage, eine Bequemlichkeit, die freilich zu dem Preis kam, dass wir dort alles andere als allein waren. Ganz im Gegenteil war es gegen 19 Uhr, als wir dort einliefen, schon ziemlich schwierig, überhaupt einen halbwegs vernünftigen Platz zu finden. Und so hatten wir nun freie Sicht auf die Spülbecken und WCs …
Freitag, 2. Juni – Camping du Port de l’Étang, Fréhel
Anderntags wurden mal wieder Roller ausgepackt, denn zu Fuß erschien uns die Runde zum Cap Fréhel und weiter zum Fort la Latte (11 km einfache Strecke) zu lang. Zudem hatten wir das Problem, dass wir wieder mal kein Brot hatten, um tagsüber einfach vespern zu können – in Frankreich eigentlich ein Dauerproblem, weil die Baguettes nun mal nicht dafür gemacht sind, dass man mehrere Tage davon zehrt. So starteten wir gegen 11 Uhr mit der vagen Hoffnung, dass wir es rechtzeitig zum Mittagessen bis zum einzigen Restaurant schaffen würden, das in erträglicher Entfernung vom Cap lag, das wir nun als erstes ansteuern wollten.
Günter hatte am Abend zuvor noch einen kurzen Ausflug zum Strand unterhalb des Campingplatzes gemacht (Anse du Croc) und war mit der frohen Kunde zurückgekehrt, dass der Wanderweg in Richtung Cap Fréhel ganz gut fahrbar aussehe. Leider galt dies dann aber nur für die ersten paar hundert Meter und wurde am Ende der Bucht prompt von tiefstem Sand abgelöst. So schoben wir ab da die Roller gleich mal oder trugen sie halb, denn selbst beim Schieben blieben sie oft stecken. Bald ging es in ein Tälchen hinab, auf Wackersteinen über ein Rinnsal und dann genauso steil und sandig wieder hinauf auf den nächsten Hügel.
Die Anse du Croc am Camping du Pont de l'Etang-Fréhel |
Auf dem Weg zum Cap passieren wir noch weitere Strände. |
Hier hat sich die schmarotzerische Quendelseide (Cuscuta epithymum) angesiedelt. |
Zum Glück bot sich bald die Möglichkeit, auf den Radweg zu wechseln, der entlang der Fahrstraße ans Cap führte, landschaftlich natürlich weniger schön, doch immerhin mit halbwegs fahrbarem Untergrund. Doch die fast permanente leichte Steigung unterbrochen von nur wenigen minimalen Gefällstrecken machten das Vorankommen zusammen mit dem garstigen Gegenwind diesmal schon extrem schwer.
Da kam es gar nicht so ungelegen, dass wir unterwegs von zwei Frauen angehalten wurden, die bei allen Radwegbenutzern (so sie denn willens waren) eine Befragung durchführten: Auf einem doppelseitigen Fragebogen wurde man zu seinem Tourismusverhalten gelöchert, sprich wie man angereist war, in welcher Art von Unterkunft man logierte, wie einem die Angebote der Gegend gefielen, bzw. welche man nutzte und dergleichen.
Am Cap angelangt mussten wir uns dann zunächst an einem riesigen, bereits gut belegten Parkplatz vorbei zum Leuchtturm durchschlängeln und wie nicht anders zu erwarten waren wir hier mal wieder Teil eines wahren Touristenstroms. Hinter dem Leuchtturm, der leider geschlossen war, konnte man noch zum eigentlichen Cap weitergehen, das mit den vorgelagerten Felsen ein ausgewiesenes Vogelschutzgebiet ist. An den Felsen (La Fauconnière) herrschte reger Betrieb: Möwen und eventuell Lummen meinte ich auszumachen, leider ruhte unser Fernglas mal wieder ungenutzt im Auto … Ziemlich zugig war es zudem, so dass ich froh war, als auch Günter genug hatte vom Schauen und Fotografieren.
Als nächstes erhob sich die Frage, ob wir die Roller hier deponieren und zu Fuß zum Fort la Latte wandern sollten oder ob wir auf gut Glück (da reservieren nur telefonisch möglich) zum Restaurant „La Ribote“ rollern sollten. Etwa 2 km wären es bis dorthin, meinte Günter, wenn wir uns an die Asphaltstraße halten würden, und zudem hätten wir ja den Wind dann im Rücken. Letzteres gab für mich den Ausschlag, für die Restaurant-Variante zu stimmen, denn hätte sie sich als Fehlschlag erwiesen, wäre der zusätzliche Aufwand leicht zu verschmerzen gewesen.
Das Glück war aber auch diesmal wieder auf unserer Seite und wir bekamen nach der wirklich kurzen und schmerzlosen Anfahrt auf Anhieb einen Tisch. Das Essen war dann allerdings so là là, denn wir wählten aus dem übersichtlichen Angebot an Hauptgerichten „Andouille“ bzw. Jakobsmuscheln, was jeweils mit grobem Kartoffelstampf, aber unterschiedlichen Soßen kam: bei der Andouille Senfsauce, bei den Muscheln etwas rosa gefärbtes, leicht säuerliches, auf das ich mir keinen rechten Reim machen konnte. Die Beilagen waren hier aber nicht das Problem, eher schon die etwas gewöhnungsbedürftigen Hauptzutaten, insbesondere Günters Andouille, von der wir zum Glück erst im Nachhinein lasen, dass sie aus aufgerollten, gepökelten Schweinekutteln bestand … Der intensive und eigentümliche Geschmack wurde auch mir mit der Zeit einfach zu heftig (ebenso wie der, der Jakobsmuscheln), obwohl ich von Haus aus kein Problem mit dem Genuss von Kutteln habe.
Über diverse Sträßchen und Feldwege mogelten wir uns anschließend zum Fort durch, wobei es schon nach ein paar hundert Metern noch einen Schreckmoment gab, als Günter eine Orchidee am Wegesrand fotografieren wollte und dabei bemerkte, dass er die Kamera im Restaurant hatte liegen lassen … In Rekordzeit rollerte er dann zurück und fand sie noch unberührt auf der Bank an unserem Tisch vor. – Uff, da hatte er noch mal Glück gehabt, vor allem, dass er es doch recht schnell bemerkt hatte.
Ein Geflecktes Knabenkraut zur rechten Zeit ... |
Die Besichtigung des Forts für 7,50 € Eintritt sparten wir uns dann, denn die Details der Burganlage interessierten uns beide nicht sonderlich. Die An- und Aussicht von einem kleinen Strand etwas südöstlich des Forts und später vom Wanderweg Richtung Cap Fréhel, dem wir noch ein Stück weit folgten, genügten uns vollauf.
Fort la Latte vom gleichnamigen Strand ... |
... und von der Küste Richtung Cap Fréhel |
Auch hier verläuft der Wanderweg immer entlang der Küstenlinie. |
Wir folgen ihm heute nur ein kurzes Stück und kehren dann zum Fort zurück. |
Der Rückweg zum Campingplatz war dann im Vergleich zur Anfahrt zum Cap am Morgen ein Klacks. Wir hielten uns praktisch ausschließlich an Teersträßchen, die zum Glück nicht allzu stark befahren waren, und dazu kamen noch der Rückenwind und das Gefälle, die das Rollerfahren endlich einmal zum puren Genuss machten. Ganz am Ende gings auf dem Radweg an der Hauptstraße nochmal kurz bergan, dann entdeckten wir einen Durchschlupf zum Campingplatz und konnten die letzten Meter entspannt zu unserem Platz hinabrollen.
Und da wir unterwegs das kleine Örtchen Plévenon passiert und dort, nach einem kurzen Blick in die Dorfkirche, eher zufällig eine Bäckerei entdeckt hatten, fehlte es abends auch nicht mehr an Brot und obendrauf gab es gleich nach unserer Rückkehr noch für jeden ein halbes bretonischen Karamelltörtchen.
Am späteren Abend spazierten wir dann noch den Strand auf und ab und harrten schließlich im Windschatten auf noch sonnenwarmen Felsen bis zum Sonnenuntergang aus. Noch später schien der fast volle Mond vom ungetrübten Himmel.
Von Dinan nach Saint Malo
Samstag, 3. Juni – Camping Duguesclin, Tannée
Morgens waren wir diesmal wirklich ultraspät dran, wir wachten erst kurz vor neun auf, und bis wir uns zum Aufstehen durchgerungen hatten, war es sicher schon halb zehn. Zum Glück hatte ich schon am Nachmittag zuvor geduscht, so konnten wir recht flott zum Frühstück schreiten, bis wir dann wirklich bereit zur Abfahrt waren, wurde es aber letztlich doch 11 Uhr.
Erstes Ziel war heute ein Supermarkt, nicht nur, um unsere Vorräte für Frühstück und Vesper wieder aufzustocken, sondern auch um schon mal mögliche Mitbringsel zu erwerben. Der erste größere Laden am Weg fand sich in Matignon, ein Super-U von der gigantischeren Sorte, in dem es auch Klamotten und alles Mögliche andere nicht Essbare gegeben hätte. Leider vergaß ich, nach einem neuen Heft für mein Reisetagebuch zu schauen, so wurde es für den nächsten Eintrag ziemlich knapp.
Dinan erreichten wir dann gegen 12.30 Uhr, just in time fürs Mittagessen, und so steuerten wir denn auch gleich das erstbeste Restaurant in der Nähe unseres Parkplatzes am Schloss an, das Restaurant „La Duchesse Anne“, dessen Einrichtung sehr englisch anmutete und so ungefähr aus der Zeit der namengebenden Gräfin hätte stammen können. Bestellt war dann schnell, da es ausschließlich das Mittagsmenü (3 Gänge für 19€) gab, in je zwei Varianten pro Gang, die wir alle durchprobierten, außer beim Nachtisch, wo wir beide den „Trifle“ mit Erdbeeren wählten. Jeder noch ein kleines Bier zu den jeweils recht deftigen Vor- und Hauptspeisengängen und wir waren eigentlich reif fürs Sofa.
Doch jetzt sollte ja die Stadt besichtigt werden, und um gleich mal wieder ein paar Kalorien zu verbrennen, kletterten wir als erstes (für 4€ pro Nase) auf den Uhrturm von Dinan. Lohnte sich aber auf jeden Fall und nicht nur wegen der „körperlichen Ertüchtigung“, denn so bekamen wir einen schönen Überblick über die Stadt und ihre Mauern, diversen Kirchen (Église Saint-Malo und Basilika Saint-Sauveur), Gässchen und die Burg.
Der Uhrturm von Dinan (Tour de l'Horloge) |
Vom Uhrturm ... |
... ist die Aussicht über die Stadt ... |
... in alle Richtungen ... |
... sensationell. |
In den Gässchen wiederum wechselten Restaurants, Cafés und Souvenirshops einander ab, alles gut besucht, so dass es teils gar nicht so einfach war, die durchaus sehenswerten Fachwerkhäuser ungestört zu begutachten. In einen der Andenkenläden wagten denn auch wir uns noch und kamen natürlich nicht wieder heraus, ohne wenigstens eine Kleinigkeit erstanden zu haben ...
Noch ein Blick in die St-Malo-Kirche und dann schlenderten wir durch den Schlossgarten zurück zum Auto, um die Souvenirtüte loszuwerden, ehe wir über viele Stufen zur Rance hinabstiegen und an dieser dann ein Stück entlang spazierten bis zur alten Brücke am Yachthafen. Von dort gelangten wir über die berühmteste Gasse der Stadt, die Rue du Jerzual (und das gleichnamige Stadttor, das leider zur Hälfte mit einem hässlichen Baustellengitter zugestellt war) wieder zurück in die Altstadt.
Église Saint-Malo |
Blick von der "Alten Brücke" (Le vieux pont) über die Rance auf den Hafen (Port de Dinan) |
Rue du Petit Fort/ Rue du Jerzual |
Die anschließende Suche nach einem Campingplatz wurde an diesem Tag so schwierig, wie sonst auf der ganzen Reise nicht, und klappte erst im dritten Anlauf. Unsere erste Wahl gleich bei St-Malo (Camping de la Cité d’Alet) ließ nur Gäste mit Reservierung ein, da hier über dieses Wochenende das „Breizh Vanlife Festival“ stattfand. Leider erfuhr man davon erst unmittelbar vor der Campingplatzeinfahrt, nachdem wir uns schon äußerst mühsam durch enge Gassen mit viel Verkehr, Fußgängern, parkenden Autos dorthin durchgefädelt hatten …
Also genauso stressig wieder raus und weiter zum Camping du Chevrets einige Kilometer weiter östlich, der dann bei unserer Ankunft prompt soeben den allerletzten Platz vergeben hatte. Wir waren nicht die einzigen Abgewiesenen und so gab es kurz mal das absolute Verkehrschaos vor der Zufahrt, weil mehrere Dickschiffe gleichzeitig zu wenden versuchten und nebenher ständig noch neue Fahrzeuge ankamen.
Beim Camping Duguesclin rechneten wir dann schon fast mit demselben Desaster, weil in der Umgebung der Küste alle Parkplätze, die wir passierten, rappelvoll waren und überall wie wild gewandert und geradelt wurde. Doch hier bekamen wir dann doch noch ein Plätzchen zugewiesen, wenn auch direkt vor den uralten und ziemlich übersichtlichen Sanitaires (inklusive Behinderten-WC/ Dusche je 3 WCs und Duschen für alle …). Und obwohl der Platz überwiegend mal wieder mit Wohncontainer-Hütten zugepflastert war, drängten sich auf dem begrenzten Raum dazwischen doch noch ziemlich viele „echte“ Camper. - Na ja, für eine Nacht würde es das schon wieder tun (müssen).
Abends spazierten wir dann doch nochmal an den Strand – kurz entschlossen und so eben noch rechtzeitig, um das „Spektakel“ des Sonnuntergangs nicht zu verpassen. Allerdings bot der Vollmond, der wenig später im Osten dick und rot aufging diesmal die deutlich größere „Show“.
Sonntag, 4. Juni – Camping le Balcon de la Baie du Mont Saint Michel
Keine Mogelpackung! – Von unserem Stellplatz hatten wir tatsächlich Aussicht aufs Meer (wenn auch nicht auf Mont Saint Michel ;)).
An diesem Tag herrschte von früh bis spät eitel Sonnenschein (passend zum Muttertag, der in Frankreich erst an diesem Junisonntag gefeiert wurde) und in Saint-Malo, dessen Besichtigung unser erster Programmpunkt war, klappte zunächst auch alles wie am Schnürchen.
Sicher war es dafür kein Fehler, dass wir diesmal schon recht früh wach waren, weil die Sonne auf unser Dach brannte und zudem auch viele andere Camper schon in aller Frühe Duschen und WCs frequentierten. So kamen wir noch vor 10 vom Campingplatz weg und in Saint-Malo gab es bei unserer Ankunft gegen halb 11 noch genügend Parkplätze unmittelbar an der Ville-Close, der von der Stadtmauer umgegebenen Altstadt. Zwar waren diese samt und sonders mit 1,90-m-Höhenbegrenzungen ausgestattet, doch passten wir auch diesmal problemlos drunter durch.
Mit anfangs noch übersichtlich vielen anderen spazierten wir oben auf der Stadtmauer entlang, was hier erfreulicherweise gratis war (anders als etwa in Dubrovnik letzten Herbst), und genossen die Aussicht in die Gassen und auf Meer, Hafen und die diversen Inseln. Schließlich schlenderten wir noch bis zum Leuchtturm am Ende der Hafenmole und dann war es zwar noch immer nicht 13 Uhr, doch wir vermuteten, dass wir auch 20 Minuten zu früh im Restaurant „Berbère“ willkommen wären, wo Günter am Abend zuvor noch reserviert hatte.
Wozu dieses Paddelboot wohl Räder am Heck hat? |
Sehr praktisch ist das! - Andere sind mit ihren Zweirädern auf die Fähre über die weite Rance-Mündung angewiesen. |
Leuchtturm am Ende der Mole |
Nach dem Mittagessen ging es dann noch quer durch die Ville-Close mit Besichtigung der Kathedrale, die 1944 von deutschen Bombern praktisch komplett zerstört worden war und erst 1972 wieder eingeweiht werden konnte. Schließlich ein weiterer Abstecher auf die Stadtmauer, wo wir noch eine Weile dem Treiben am Strand zusahen, und dann gings zurück zum Auto und mit diesem weiter Richtung Mont-St-Michel.
In der Kathedrale Saint-Vincent von Saint-Malo |
Strand-Wimmelbild mit Fort National |
Bei einem Parkplatz nahe der Chapelle St-Anne, einer der äußerst raren (kostenfreien und auf Karten verzeichneten) Parkmöglichkeiten im weiteren Umkreis der berühmten Insel, begann dann Teil 2 unseres Tagesprogramms.
Chapelle St-Anne-de-la-Grève |
Mir war nicht so ganz klar gewesen, dass Günters Plan war, von hier aus mit den Rollern zu einem Aussichtspunkt auf Mont-St-Michel zu gelangen. Irgendwie hatte ich mir vorgestellt, dass wir zu Fuß ein paar hundert Meter oder auch ein paar wenige Kilometer ins weite Marschland hinaus laufen würden (es war mal wieder Ebbe und das Meer wirklich extrem weit draußen – so weit sogar, dass man es von hier gar nicht erst sah), doch so einfach war es leider nicht. Es gab lediglich einen Wanderweg, der auf dem Deich entlang führte, und parallel dazu, aber viel weiter im Landesinneren, eine Fahrradroute.
Von daher hofften wir, dass der Wanderwerg halbwegs ordentlich ausgebaut wäre, doch leider verengte sich dieser unmittelbar hinter der Kapelle zu einem mehr oder weniger mit Gras überwucherter Trampelpfad, in dem häufig tiefe Löcher unklarer Herkunft klafften, und war damit denkbar ungeeignet für unsere Zwecke. Und der im offen Marschland deutlich spürbare Gegenwind machte die Sache auch nicht leichter.
... und Mont St Michel ist noch fern. |
Irgendwann endete dann das Schafsgehege und am nächsten Querweg führte eine Fahrspur in die Marsch, erst über eine ausgetrocknete Salzpfanne, dann auf einem teils holprigen, aber immerhin festen „Weg“. Bei einem Salztümpel, von dem aus die Aussicht auf Mont-Saint-Michel zwar in Günters Augen noch längst nicht perfekt war, aber immerhin akzeptabel, ließen wir es dann gut sein. Zum Ärger einiger Watvögel (vermutlich Säbelschnäbler: nach oben gebogener langer Schnabel, viel weiß, schwarze Flügelspitzen, flogen mit nach hinten gestreckten Beinen wie Störche und Reiher), die sicher irgendwo in der Nähe brüteten, machte Günter nicht nur ein paar Fotos, sondern ließen wir uns hier auch noch zu einer kurzen Rast nieder. Allerdings hielten wir es so ganz ohne Schatten nur dank Wind überhaupt länger als 2 Minuten aus.
Dann gings zurück, erst im Zickzack über Teersträßchen, bis wir irgendwann auf den Radweg stießen, der wirklich schön mit feinem Kies hergerichtet war, aber leider halt erst sehr viel später als der Wanderweg Aussicht zum „Mont“ geboten hätte. Ursprünglich hatte Günter ja zu einem „echten“ Aussichtspunkt gewollt, der 10 km von der Kapelle entfernt lag, doch musste auch er einsehen, dass wir auf dem miesen Weg viel zu langsam vorankamen und uns die Zeit davonlief. Und mir waren die rund 12 km, die wir letztlich mit den Rollern zurücklegten, für diesmal mehr als genug, zumal mich an diesem Tag schon seit dem Morgen meine Füße ärgerten, was aber zum Glück ein einmaliges Ereignis blieb.
In einer knappen halben Stunde erreichten wir dann unseren Campingplatz mit Aussicht, von wo wir später den Sonnenuntergang über dem Meer ganz bequem genießen konnten.
Ansonsten war der Platz ziemlich schräg und abschüssig, weshalb wir ein paar Versuche brauchten, um mit den Keilen einigermaßen auszugleichen. Doch dafür hatten wir die abgeschiedenste Parzelle auf dem ganzen Platz, die nächstgelegenen Nachbarn waren alle mindestens 20 m entfernt und auf drei Seiten schirmte uns noch eine halbhohe Hecke (eher ein Gestrüpp) von der Umgebung ab. Gegen Lärm half das alles aber wenig und auf dem Platz ging es abends noch geraume Zeit rund.
Dies war aber auch der erste richtig sommerliche Tag, nachmittags hatte das Thermometer im Auto zum ersten Mal in diesem Jahr sensationelle 27°C angezeigt und sogar abends brannte die Sonne anfangs noch so, dass wir uns fast einen Sonnenschirm gewünscht hätten. Erst als diese so langsam Richtung Horizont wanderte, kühlte es allmählich ab und ein frischer Wind, sowie die Mücken, die draußen nach unserem Blut lechzten, taten das ihre noch dazu, dass wir uns gegen später doch lieber wieder ins Auto zurückzogen.
Zum letzten Teil des Reiseberichts geht es hier.