Montag, 11. Juli 2022

Sardinien im Frühjahr 2022 - Teil I

Text: Eva Irmler 




Reiseplanung - wieso Sardinien?




Wohin fährt man im frühen Frühjahr (Mitte März bis Anfang April), wenn man – ausnahmsweise – keinen gesteigerten Wert auf Schnee und Frost legt? – Genau: in den Süden, so weit es nur geht! 

Da wir diesmal mit 2 ½ Wochen für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum planten und wir wieder mit dem eigenen Campingmobil reisen wollten, kam allerdings nur der nördliche Mittelmeerraum in Frage. Bald standen so zwei mögliche Reiseziele zur Debatte: Entweder wollten wir nahezu den kompletten italienischen „Stiefel“ hinab bis zum Gargano, dem „Sporn“, fahren, eine Gegend, die wir beide noch gar nicht kannten, oder aber mit der Fähre nach Sardinien übersetzen. 

Nach einigem Hin- und Herüberlegen einigten wir uns, hauptsächlich der deutlich kürzeren Anfahrt wegen, auf letzteres. Zwar waren wir schon einmal dort gewesen, mit Sohn, Mietauto und Zelt, doch dies lag nun bereits fast 19 Jahre zurück und damals, in den Pfingstferien 2003, hatten wir die Insel natürlich längst nicht komplett umrunden können. Günter hatte zudem Ende der 80er-Jahre auf einem seiner Rad-Trips Sardinien von Korsika kommend innerhalb von nur 6 Tagen längs durchradelt, ehe es per Fähre weiter nach Sizilien ging, doch hatte er von damals erst recht nur noch unscharfe Bilder vor Augen.


Golfo Aranci mit unserer Fähre gleich nach
der Ankunft auf Sardinien 2003


Mit Sohn, Mietauto und Zelt ...


Anfangs hatten wir gezögert, uns auf eine Fährfahrt einzulassen, weil die Lage in Sachen Corona noch etwas undurchsichtig schien und wir nicht am Ende auf der Insel festsitzen wollten. Doch schon Anfang März war dann absehbar, dass wohl nicht mehr allzu viele Komplikationen zu erwarten waren, da überall von Lockerungen oder gar dem Ende (fast) aller Einschränkungen die Rede war. 

Offiziell verlangte Italien im März 2022 noch Ausfüllen und Mitführen eines „EU Digital Passenger Locator Form (dPLF)“, um die Kontaktpersonen eines Corona-Infizierten bei Bedarf ausfindig machen zu können, doch letztlich krähte dann kein Hahn nach diesem Wisch, weder an der Grenze, noch auf der Fähre. Was allerdings überall in Italien noch laufend gebraucht wurde, war der Impfnachweis, der hier zudem regelmäßig eingescannt wurde, was ich in der ganzen Corona-Zeit in Deutschland (bisher) kein einziges Mal erlebt habe.

Bei der Buchung der Fähre entschieden wir uns (wieder einmal) für Corsica Ferries, da diese Fährgesellschaft als einzige eine nächtliche Überfahrt von Livorno nach Golfo Aranci auf Sardinien anbot und knappe 2 Wochen später – hoffentlich – ebenso wieder zurück. Mit allem Drum und Dran summierten sich die Kosten hierfür auf etwas über 200 € pro Fahrt für uns beide, sowie den „Max“ und die Kabine für die Übernachtung. Auf die pure (einfache) Überfahrt (für 2) entfielen dabei noch nicht einmal 20 €, das Auto kostete inklusive der Zuschläge für Überlänge und -höhe fast 50 €, der nicht unbeträchtliche Rest ging auf das Konto unserer „Luxus“-Kabine auf einem der oberen Decks, die neben Fenstern auch etwas mehr Platz bot (eigentlich für 3 Personen, sprich Familien, ausgelegt), sowie diverse Hafen- und Bearbeitungsgebühren.


Die "Luxus"-Kabine


Von 21 Uhr abends bis 7 Uhr am nächsten Morgen sollte die Schiffsreise dauern und so würden wir idealerweise den Großteil der Überfahrt schlafend verbringen.

Die konkreten Planungen im Vorfeld der Reise beschränkten sich im Wesentlichen auf die ersten Tage, die wir auf der Anreise noch im Trentino verbringen wollten. Eine Unterkunft im Hinterland von Trient hatten wir vorab gebucht und uns verschiedene Wandermöglichkeiten, abhängig von Wetter und Schneelage, überlegt.
 
Ein Blick in unseren ADAC-Campingführer „Südeuropa“, den wir 2019 gekauft hatten und der folglich die geplanten Öffnungszeiten der Plätze für 2020 abbildete, machte uns wenig Hoffnung und die zusätzliche Recherche bei Google-Maps ergab ein ähnliches Bild: Die allermeisten Campingplätze auf Sardinien würden definitiv noch geschlossen sein im März und April, es fanden sich lediglich drei, die angeblich ganzjährig oder schon ab Anfang-Mitte März geöffnet sein sollten. Einer davon befand sich im Nordosten der Insel an der Costa Smeralda, weshalb diese, zudem von Golfo Aranci aus schnell erreichbare, Gegend wie schon 2003 unser erstes Ziel dort sein sollte.
 
Abgesehen davon hatten wir uns lose überlegt, den Schwerpunkt auf die Westküste zu legen, die wir bisher nur bis auf die Höhe von Bosa kannten, was vielleicht einem Viertel der Strecke bis zum Südende der Insel entspricht. Und schließlich wollten wir noch die eine oder andere Wanderung im Landesinneren unternehmen, dessen Gebirge es in puncto Höhe mit maximal 1800m zwar nicht mit ihren teils fast 1000m höheren Pendants auf Korsika aufnehmen können, aber doch sehr vielfältig und um diese Jahreszeit schon weitgehend schneefrei sein sollten.

Und auch dieses Mal hat Günter im Nachhinein unsere Übernachtungsplätze auf einer Karte bei Google-Maps verewigt. Bei Interesse ist diese hier zu finden.

Für größere Wanderaktionen war es bei unserem Familienurlaub damals schlicht zu heiß gewesen, denn just um diese Zeit bahnte sich der lange und auch in Deutschland denkwürdig heiße und trockene Sommer 2003 an. So waren gelegentliche Abstiege zur einen oder anderen Badebucht und die sich anschließenden, so unvermeidlichen wie schweißtreibenden Aufstiege zurück zum Auto seinerzeit das höchste der Gefühle gewesen.
 

Abstieg zur Cala Goloritzé


Die angenehmste Beschäftigung zu Pfingsten 2003


Nicht nur in der Gola die Gorropu war 
Schatten ein so wichtiges wie rares Gut.


Zu unserer Reisezeit diesmal, Ende März bis Anfang April, würden im Gegensatz dazu sicher deutlich angenehmere, wanderfreundliche Temperaturen auf Sardinien herrschen, so hofften wir. Was den Sprung ins Meer anging, machten wir uns dagegen keinerlei Illusionen, zu oft hatten wir schon erlebt, dass das Mittelmeer im Frühjahr noch längst nicht zum Baden einlud, obwohl an Land schon fast sommerliche Temperaturen herrschten.

Unser Campingmobil blieb für diese Reise im Großen und Ganzen wie gehabt. Lediglich ein paar wenige Neuerwerbungen sollten die Ausstattung ergänzen oder Ausrüstung, die sich als eher unpraktisch erwiesen hatte, ersetzen. In letztere Kategorie fielen insbesondere zwei neue Klappstühle, die gegenüber den bequem gepolsterten Hochlehnern, die wir uns in unserer ersten Euphorie („Jetzt haben wir ja Platz!“)  im Herbst 2019 gekauft hatten, zwar deutlich spartanischer daherkommen, aber dafür auch wesentlich weniger sperrig sind.
 
Und nachdem wir mit der bisherigen Unterbringung unserer Klamotten in einer großen Reisetasche und einem Koffer, sowie diversen kleineren Kisten auch noch nicht so recht glücklich waren, legten wir uns zwei neue extragroße Plastikboxen dafür zu. Beim Packen merkten wir zwar schnell, dass sie zumindest für diese eher kurze Reise eigentlich überdimensioniert waren, zumal wir auch jetzt noch einen Extra-Koffer für Hotelaufenthalte packten, doch fiel es so später immerhin relativ leicht, das jeweils Gesuchte darin zu finden.

Weniger für die aktuelle Reise, sondern eher im Hinblick auf kommende größere Unternehmungen, bei denen wir vielleicht auch mal längere Zeit keinen Zugang zu einer Steckdose haben werden, um unsere diversen Stromfresser (Handy, Tablet, …) aufzuladen, bestellte Günter noch ein auf 1.40 m x 0.60 m ausfaltbares Solarpanel, sowie eine tragbare Powerstation (sprich eine Batterie mit verschiedensten Steckdosen) als Speichermedium.

Günter hatte schon ab dem 18. März, einem Freitag, Urlaub genommen und an diesem Tag sollte es auch direkt losgehen, einerseits um etwaigen Wochenendstaus Richtung Süden zu entgehen, andererseits um noch etwas Luft für Zwischenstopps bei der Anreise zu haben. Aus denselben Gründen hatte er das Urlaubsende auch auf Montag (4. April) gelegt, obwohl die Fähre uns bereits in der Nacht von Freitag auf Samstag wieder zurück nach Livorno bringen würde.
 
Für diese relativ frühe Rückfahrt hatte dabei hauptsächlich der gegenüber Samstag / Sonntag deutlich günstigere Tarif gesprochen, sonst wären wir gerne noch länger auf Sardinien geblieben, zumal sich unser Aufenthalt dort dann ungeplant noch einmal um einen Tag verkürzte: Ursprünglich hatten wir die Hinfahrt nämlich für Samstagabend (19.3.) gebucht, doch etwa eine Woche vor Abfahrt erhielten wir von Corsica Ferries die Nachricht, unsere Reservierung lasse sich leider nicht aufrechterhalten, aber wir könnten gerne auf einen anderen Termin umbuchen … Letzteres funktionierte dann zum Glück schnell und unkompliziert und so würde die Sardinien-Fähre nun, wenn alles glatt lief, am Sonntagabend (20.3.) in Livorno mit uns an Bord ablegen. Einen Grund für die Absage nannte die Fährgesellschaft nicht, doch vermuten wir, das sich für Samstag schlicht nicht genügend Passagiere angemeldet hatten.

Noch einen (halben) Tag länger zuhause zu bleiben, etwas entspannter am Freitag alles zusammen zu packen und erst am Samstagmorgen los zu zuckeln, kam leider auch nicht in Frage, denn die Übernachtung in unserer Unterkunft im Trentino, dem „Berry House“ bei Vigolo Vattaro, konnten wir nicht stornieren. Immerhin konnten wir aber problemlos eine zweite Nacht zubuchen, was sich letzten Endes als mindestens ebenso angenehme Variante für unsere Anreise nach Livorno herausstellte.




Über das Trentino in Sardiniens Westen



Freitag, 18. März


Bis einschließlich Donnerstag hatte Günter ja noch gearbeitet, während ich natürlich schon vieles zusammengesucht, gepackt und vorbereitet hatte. Trotzdem gab es auch an unserem Abreisetag noch genug zu erledigen und musste schließlich der ganze Krempel in unzähligen Gängen aus dem zweiten Stock zum Auto geschleppt und irgendwie untergebracht werden.
 
Doch bis Mittag war alles locker geschafft und verstaut und, nachdem Wiener und Brezen verspeist waren, konnte es also zügig losgehen. Auch die Anfahrt, für die wir nach einer gefühlten Ewigkeit mal wieder die Route durchs Inntal und über den Brenner nahmen, verlief ganz ohne Probleme.

Nur einen einzigen Zwischenstopp – an der ersten BP-Tankstelle in Kufstein für österreichisch-günstiges Diesel (1,88 €, statt der infolge des Kriegs in der Ukraine bei uns zu dieser Zeit mindestens üblichen 2,22 €), Vignette und WC – legten wir auf der knapp 4 ½ -stündigen Fahrt ein. Der noch überraschend üppig vorhandene Schnee in den Bergen über dem Inntal machte Günter ganz wehmütig, weil es nach unserer Rückkehr sicher zu spät sein würde, die Ski noch einmal anzuschnallen. Die Aussicht auf gut zwei Wochen Urlaub (wenn auch im schneefreien Süden) bot dann aber doch ein „Quantum“ Trost … 😉


Der "Max" auf dem Parkplatz am "Berry House"




Samstag, 19. März


An unserem ersten echten Urlaubstag war das Wetter im Trentino tatsächlich fast besser als versprochen: die Sonne schien den ganzen Tag und nur wenige Wolken verschleierten sie meist kurz. Der perfekte Tag für eine Wanderung also, solange man sich an die Südseiten und nicht zu hohe Gipfel hielt.
 
Die Cima Marzola ist so etwas wie der Hausberg im Norden des Dörfchens Vigolo Vattaro. Bereits im Spätherbst 2017 hatten wir diesem Doppelgipfel von der Nordseite her einen ausführlichen Besuch abgestattet. Der Aufstieg führte dort über einen kurzen, nicht weiter aufregenden Klettersteig mit anschließend länglichem Auf und Ab über diverse Vorgipfel.

Diesmal nun ging es vom Parkplatz an der Südseite, der um 9.30 Uhr schon gut belegt war, gleich knackig im Wald bergan und später über viele, teils frisch mit Stahlseilen versehene Felsstufen immer entlang einer Abbruchkante hinauf. Hier fanden sich immer wieder Spuren von menschengemachten Befestigungen und Unterständen, vermutlich - wie so oft in dieser Gegend - von Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg. Nach einem Vorgipfel hätte der ausgeschilderte und markierte Weg zum Südgipfel eigentlich wieder in den Wald geführt, doch eine deutlich ausgetretenen Spur zog weiter in direkter Linie über die Felsen hinauf. Dieser folgten wir, da auch Locus-Maps hier einen Weg signalisierte, und erreichten so den 1736 m hohen Südgipfel, wo wir zum ersten Mal an diesem Tag den kräftigen Nordostwind zu spüren bekamen.


Luftig geht's am Drahtseil entlang.


Jenseits des Etschtals erhebt sich Il Palone, rechts in der Ferne
die Brentagruppe mit der Cima Tosa.


Blick nach Süden über Vigolo Vattaro hinweg
zum Becco di Filadonna.


Nach den obligatorischen Gipfelfotos suchten wir uns daher einen Platz etwas unterhalb schon Richtung Nordgipfel und auf der windgeschützten Westseite des Grats für unsere Mittagsrast (wir hatten den Gipfel fast exakt mit der Zwölf-Uhr-Sirene erreicht, die aus dem Tal herauftönte). 


Cima Marzola Sud, 1736 m


Den nur 2 m höheren Nordgipfel schenkten wir uns dieses Mal und stiegen anschließend auf der Ostseite des Sattels zwischen den beiden Gipfeln wieder gen Tal. Anfangs ging es auch hier extrem steil über grasige Hänge, dann Felsen und teils lästigen losen Schotter, aber immerhin entgingen wir so dem Schnee, der uns heute nur auf dem kurzen Stück vom Südgipfel bis zu unserem Abzweig in die Ostflanke begegnete. Zuletzt wartete noch ein langer „Hatscher“ entlang eines nahezu ebenen Forstwegs bis wir kurz oberhalb des Parkplatzes wieder auf die steile Aufstiegsroute vom Morgen stießen. 


Links die Cima Nord, unser Abstieg
 führte rechts durch die Ostflanke.


Insgesamt waren es gut 900 Hm im Auf- und Abstieg, sowie gut 9,5 km Strecke, für die wir mit Pausen fast 5 ½ Stunden brauchten. 


Frühlingsbote im Buchenlaub


Unsere Unterkunft, das Berry House, gefiel uns einerseits recht gut mit dem verwinkelten Sichtdachstuhl im Zimmer und einer riesigen überdachten Veranda inklusive privater Sauna. Die Einrichtung fanden wir allerdings dann doch arg verspielt und nippeslastig. Wobei das rustikale Holzpaletten- und Obstkisten-Design der Möbel ja noch ganz ok war und sich nur wenig mit den hellen Deckenbalken biss, die Dekoelemente (alte Kerzenleuchter, Schnurrollen, Tannenzapfen und andere Staubfänger) dann doch schon eher, von den braunen Stoffdeckchen als Lampenschirm ganz zu schweigen … Von der Veranda hatten wir leider wenig, weil es draußen im Schatten einfach zu ungemütlich war, doch von der (elektrischen) Sauna ließen wir uns nach der Wanderung noch gerne einheizen.
 
Zwar hatten wir nur Übernachtung und Frühstück gebucht, aber de facto erweiterte sich dies dann fast automatisch auf Halbpension. Da wir die Unterkunft unter anderem genau deshalb ausgesucht hatten, weil es dort auch was zu essen gab, akzeptierten wir gerne das Angebot, für je 30 € das 4-gängige Abendmenü in Anspruch zu nehmen. Die Küche klang recht ambitioniert mit allerhand Schaum und Luft in diversen Geschmacksrichtungen. Letztlich handelte sich aber doch überwiegend um Variationen recht bodenständig norditalienischer Gerichte. Und Gemüsebeilagen gab es praktisch gar keine, dagegen zierten fast jeden Teller diverse Blümchen und Blättchen, die anscheinend allesamt essbar waren, aber sicher nicht viel zu unserer Vitaminbilanz beitrugen. Ein Novum, das uns bis dahin noch nirgends begegnet war: Günters Nachtisch am Freitagabend war teils dick mit Kohle bestäubt, die tatsächlich auch wie Holzkohle vom Grill roch und schmeckte. Günters Kommentar: „Schmeckt interessant, aber weniger hätte auch gereicht.“


Sonntag, 20. März


Am Sonntag stand dann die nächste Etappe der Anfahrt nach Sardinien an und so nahmen wir nach dem Frühstück Abschied vom Berry House und machten uns auf den Weg nach Livorno. Die Route zurück nach Trient und über die Autobahn parallel zum Gardasee gen Süden wollten wir diesmal vermeiden und so umrundeten wir zunächst auf schmalen Straßen den südlich von Vigolo Vattaro gelegenen Gebirgsstock und überquerten einen Pass, ehe wir über viele Serpentinen ins Val d’Astico hinabrollten. Über verschiedene Autobahnen erreichten wir schließlich Bologna und folgten südlich der Stadt der A1 (Autostrada del Sole) bis nach Sasso Marconi, wo wir auf Mittagessen hofften, aber zunächst herb enttäuscht wurden. 

Doch etwas südlich der Ortschaft, im Tal des Flusses Reno, sollte es direkt an der Landstraße im Restaurant „La Rupe“ angeblich bis 15 Uhr warme Küche geben und tatsächlich war hier ein Tischchen für uns frei. Das Essen (Tagliata di manzo mit gebackenen Kartoffeln und Grillgemüse, Pasta mit Sahne-Parmesan-Sauce und Speck) ging in Ordnung und war allemal besser als die Aussicht, zweimal an einem Tag zu vespern. Den halben Liter roten Landwein dazu hätte es allerdings nicht gebraucht und schütteten wir uns in einem Anfall von Vernunft auch höchstens zur Hälfte hinter die Binde. Noch ein Cafè zum Abschluss und schon konnte es weiter gehen.

Bis nach Livorno waren es von hier nur noch gut zwei Stunden Fahrt, so blieb genügend Zeit, um uns irgendwo die Füße zu vertreten. – Nur wo, war die Frage. Obwohl es im Reno-Tal durchaus recht hübsche Stellen gab, fiel es uns nicht leicht, etwas Passendes zu finden. Bei Capriglia-Cà Dorello schließlich sollte es einen Wanderweg zum Monte Radicchio geben und nach einem Fehlstart eine Straßenschleife zu weit unten entdeckten wir auch den ausgeschilderten Ausgangspunkt. 


Capriglia-Cà Dorello


Der Zugang war zwar nach wenigen Metern mit einer niedrigen Kette versperrt, die noch zusätzlich mit dem Hinweis „Privato – divieto l’acceso“ (Privat – Zutritt verboten) versehen war, aber wir gingen davon aus, dass damit nur die Zufahrt zu einem Ferienhaus gemeint war, an dem der Fahrweg denn auch endete und in einen vom Fleck weg gleich recht steilen, schmalen Pfad überging. Dieser führte dann erst links eines tiefen Bacheinschnitts hinauf und oben ein Stück weit an diesem entlang, ehe er an einer flachen Stelle das hier nun trockene Bachbett querte (weiter unten hatten wir noch gemeint, Wasser rauschen zu hören). Auf der anderen Bachseite zog der Weg noch einmal kräftig an und führte bald weit über dem Tal dahin, wobei dies die Sonnenseite war, wir entsprechend ins Schwitzen kamen und zudem sogar schon die ersten Orchideen (Spinnenragwurz) sich herausgewagt hatten, nebst jeder Menge rosa blühender, zunächst nicht identifizierter Blümchen, die wir später als Sternanemonen bestimmten. 


Sternanemone


Bienenragwurz


Die Rundwanderung über den Monte Radicchio schien uns dann doch etwas zu lang zu werden und so drehten wir an einem Aussichtspunkt um und waren nach einer guten Stunde (3 km und 250 Hm) „Verdauungsspaziergang“ wieder zurück beim Auto. 

Weiter ging’s immer durchs Reno-Tal, wo uns, je weiter wir nach Süden kamen, desto häufiger Wohnmobile begegneten – von dem ganz zu schweigen, das über viele Kilometer vor uns her schlich. Bei Pistoia, wo es dann endgültig nach Toskana und sonnigem Süden aussah (auch wenn die gerade herrschenden 15°C noch weit entfernt von sommerlich waren), ging es auf die Autobahn A 11 bis Pisa, dann noch ein kurzes Stück weiter bis zur Abfahrt Livorno. 

Wie üblich schafften wir es, uns auf dem Weg zum Hafen gleich mal zu verfahren („leicht links abbiegen“, hatte Frau Google gesagt, nicht scharf links und in die entgegengesetzte Richtung …), doch für die Fähre waren wir trotz Ehrenrunde allemal noch früh genug dran: Als wir gegen halb acht unseren Parkplatz zwischen den Vehikeln der wenigen anderen wartenden Passagiere in spe gefunden hatten, war von unserem Schiff noch weit und breit nichts zu sehen. Und weil sich auch weit nach 20 Uhr noch nichts getan hatte, schaute Günter im Internet beim „Schiffsfinder“ nach und stellte fest, dass die „Corsica Victoria“ noch mindestens 2 Seemeilen vom Hafen entfernt vor sich hin dampfte … Mit dem für 21 Uhr geplanten Ablegen würde es also definitiv nichts werden. 

Tatsächlich hatte um 21.30 Uhr der Kahn gerade so eben mühsam angelegt, doch kurz vor zehn ging dann alles ganz schnell und überraschend reibungslos und um 22.25 Uhr legten wir tatsächlich „schon“ ab. 


Endlich sind wir auf der Fähre!
Im Hintergrund die Fortezza Vecchia von Livorno


Unsere „Luxus“-Kabine auf Deck 7 hatten wir da längst bezogen, wobei der größte Luxus bei der Sache war, dass sie extrem geräumig für eine Schiffskabine ausfiel und ein veritables Doppelbett (sowie ein Beistellbett für 1-2 Kinder) hatte. Von der Sauberkeit her passte es im Groben auch (wir hatten Schlimmeres befürchtet, nachdem wir beim Warten auf das Schiff noch verspätet ein paar vernichtende Bewertungen früherer Corsica-Ferries-Passagiere gelesen hatten), einzig der Mülleimer war beim Putzen komplett vergessen worden und enthielt noch die Abfälle unserer Vorgänger ...

Den obligatorischen Deckspaziergang reduzierten wir angesichts der nächtlichen Kälte auf wenige Minuten. Günter ging dann noch ein Glas für den mitgebrachten Wein organisieren und kam mit einem korsischen Pietra-Bier (plus Glas) zurück, das ich mir gerne einverleibte 😉.


Montag, 21. März 


Durch die verspätete Abreise und die „Absacker“ wurde es Mitternacht bis wir uns auf der Fähre schlafen legten. Den Wecker stellten wir prophylaktisch auf 6.30 Uhr, denn wir hatten keine der leise gemurmelten Durchsagen mitbekommen und entsprechend keine Ahnung, auf wann die Ankunft prognostiziert war. Natürlich schätzten wir, dass sich die Verspätung bei der Abfahrt nicht so ohne weiteres aufholen lassen würde, aber wusste man’s? Doch beim Weckerklingeln herrschte dann noch absolute Ruhe auf dem Schiff und so blieben wir gemütlich liegen bis gegen 7.15 Uhr die ersten Passagiere durch die Gänge und auf Deck vor unserem Kabinenfenster herum geisterten.

Den Hafen von Golfo Aranci bei Olbia erreichten wir letztlich erst mit fast 2-stündiger Verspätung und bis wir vom Schiff rollen durften, war es schon weit nach 9 Uhr. Doch uns störte dies kein bisschen, ganz im Gegenteil, denn so fiel das Aufstehen und Räumen der Kabine völlig entspannt aus. Sowieso war ich erstaunt, wie unaufgeregt die ganzen Abläufe diesmal vonstatten gingen. Kann es sein, dass die ganze Hektik und der Stress, der Fährfahrten in Italien sonst immer begleitet, nur in der Hauptsaison zelebriert wird?


Noch nicht die besten (Wetter-) Aussichten kurz vor Sardinien


Frisch von der Fähre schwammen wir zunächst einige Kilometer in der Kolonne Richtung Olbia mit, ehe wir nach Norden Richtung Costa Smeralda abbogen. Das Wetter ließ an unserem ersten Morgen auf Sardinien noch sehr zu wünschen übrig, kurz vor der Ankunft in Golfo Aranci hatte es sogar ein Gewitter gegeben, so waren die Straßen allesamt noch nass und zeugten von den letzten Regenschauern. Am erstbesten kleinen Spar hielten wir an, der zwar nur ein recht übersichtliches Angebot hatte und überraschend viele leere Regale, aber doch alles bereithielt, was uns für die ersten paar Tage noch fehlte. 

Bei der Ortschaft San Pantaleo, über der sich einige besonders pittoreske Exemplare der Granitfelsen erheben, die es in dieser Ecke Sardiniens zuhauf gibt, wollten wir dann gleich eine erste kleine Wanderung unternehmen. Zunächst sahen die Granittürme aber alles andere als einladend aus, denn hier hingen noch dicke dunkelgraue Regenwolken fest. Gegen Nachmittag war Sonne versprochen, so änderten wir unseren Plan und besuchten erst noch einen – angenehm menschenleeren und hundefreien – „Hundestrand“. – Während die benachbarten Strände (z.B. Spiagga di Pena Bianca) abgesperrt waren, war dieser frei zugänglich, sofern man eine oder zwei tiefe Pfützen-Durchfahrten nicht scheute.


Strandflora: Farbiges Leimkraut


Sehr verbreitet auf Sardinien: Weißer Affodill


Aus unserem kurzen Spaziergang entlang der Küste wurde dann ein sehr kurzer, als es nach ein paar hundert Metern zu regnen begann, nachdem wir gerade noch vier sehr fern am anderen Ende einer Lagune auf einem Bein stehende Flamingos entdeckt hatten. Kaum hatten wir uns ins trockene Auto gerettet, frischte es so richtig auf und wir beschlossen, uns nun gleich nach San Pantaleo zu begeben, wo hoffentlich eines der diversen Restaurants auch an einem Montagmittag außerhalb der Saison geöffnet haben würde. 

Das wurde dann aber tatsächlich schon wieder eine recht knappe Sache, denn anfangs klapperten wir alle Vorschläge von Google vergebens ab. Bei einem Café-Restaurant an der Hauptstraße fiel mir zwar gleich auf, dass die Außenbeleuchtung brannte, da es hinter der geschlossenen Eingangstür aber dunkel und leer wirkte, rechnete ich nicht damit, dass es geöffnet sein könnte. Erst als wir keine andere Chance mehr sahen, probierten wir es hier dann doch und tatsächlich hatte die „Trattoria Zara Cafè“ geöffnet und man versprach uns, dass die Küche in einer viertel Stunde so weit sei. Als einzige Gäste wurden wir nach einer Weile mit unseren Getränken vom Café ins Restaurant hinüber verfrachtet und durften „Penne alla Norma“ und gegrillten Tunfisch mit Patate fritte und Insalata mista bestellen. Unsere Erwartungen waren nicht allzu hoch, umso freudiger waren wir von der erstklassigen Qualität der Speisen überrascht. Dass Italiener Nudeln al dente kochen können, davon darf man wirklich ausgehen, doch auch die Tomatensauce und die gut gebratenen Auberginenwürfel überzeugten. Der Tunfisch kam in „Jenga“-artig übereinandergestapelten Streifen, die nur außen gut gegrillt, innen jedoch noch roh waren, was dank bester und frischester Tunfischqualität absolut perfekt war. Nicht unerwähnt bleiben soll aber auch die sehr freundliche und zuvorkommende Bedienung durch den jungen Kellner und, dass sogar der Koch kurz vorbeischaute und uns fragte, ob alles in Ordnung sei.

Weil wir so brav alles aufgegessen hatten, schien anschließend tatsächlich die Sonne … 

Der Ausgangspunkt der Wanderung zu den Granittürmen war schnell erreicht und so spazierten wir an diversen vielfach gesicherten und abgesperrten Anwesen vorbei bis zum Ende des Fahrwegs. Kurz davor hatten eine Menge Schilder und eine Kette noch einmal verdeutlicht, dass der Weiterweg wirklich nur für Fußgänger erlaubt sei, die zu den „Monti“ wollten. Beim letzten Gehöft erwartete uns trotzdem noch ein Schockmoment, denn ein freilaufender Hund kam laut bellend auf uns zugestürzt … Schnell folgten wir der Beschilderung, die uns rechts auf einen kleinen Trampelpfad in die Macchia wies, und zum Glück wurden wir nicht weiter verfolgt. 

Der Weg führte dann um das „Hunde-Anwesen“ herum, wobei an der Steinmauer bei jeder Gelegenheit noch einmal vor dem Betreten gewarnt wurde … Anschließend führte der Pfad weiter durchs Gestrüpp und teils auch in einem Bachbett bergauf, in dem nach den Regenfällen natürlich jede Menge Wasser unterwegs war. Später ging es dann auch mal über nasse, mit Moosen und Flechten bewachsene Felsen, doch dank jeder Menge stabiler und stachelloser Äste zum Festhalten ging auch hier alles gut.


Im Bach geht's aufwärts.


Moose gedeihen hier prächtig und bilden Sporenkapseln aus.


Schopflavendel


An einigen Stellen gab es sehr schöne Ausblicke zur Costa Smeralda und auf die benachbarten Granittürme, doch letzten Endes versackte der Weg im Wald. Und als er auf der entgegengesetzten Seite eines Passes wieder deutlich abzufallen begann, ließen wir es schließlich gut sein und kehrten um. Auch auf dem Rückweg begegnete uns noch einmal der Hund, doch diesmal waren wir darauf gefasst und ein Stein, den Günter in seine Richtung warf, brachte ihn schnell davon ab, uns zu belästigen.


Blick Richtung San Pantaleo und Costa Smeralda


Ein rarer Aussichtspunkt, an dem sich die Macchia lichtet ...


... und die eindrucksvollen Granitformationen
 bewundert werden können.


Ja, und dann steuerten wir den Campingplatz in Palau (Camping Baia Saraceno) an, der laut ADAC-Campingführer ab 1. März (zumindest 2020 und in einer Welt ohne Corona) offen sein sollte – war er aber nicht … Einen anderen geöffneten Campingplatz würde es in dieser Gegend mit Sicherheit auch nicht geben, so überlegten wir zunächst, uns einfach an den Strand von Palau zu stellen. Dagegen sprach allerdings, dass wir dort dem Wind ziemlich ungeschützt ausgesetzt wären, und zudem kamen laufend Spaziergänger vorbei. So ging es eben noch ein paar Kilometer Richtung Westen weiter bis zur deutlich einsameren „Spiagga Porto Liscia“, wo wir uns neben eine, jetzt natürlich noch geschlossene, Strandbar stellten und hofften, unbehelligt zu bleiben. Campen war hier zwar laut diversen Schildern an der Zufahrt und auch direkt am Parkplatz strengstens untersagt, doch gingen wir davon aus, dass dies nur während der Saison ernst zu nehmen war.
 
Der erste Abend auf Sardinien wurde dann empfindlich kühl (8°C) und von daher war es bald  Zeit, in den warmen Schlafsack zu kriechen.


Dienstag, 22. März 


O je, was für ein Tag!
 
Dabei fing er zunächst wirklich gut an. Nachts war es zwar saukalt und trotz Socken, Fleecepulli und Daunenschlafsack wurde mir nie so richtig warm. Morgens kam dann aber zeitig die Sonne an den Strand und wärmte unser Gehäuse, so dass wir uns irgendwann doch halbwegs vorgewärmt aus den Schlafsäcken schälen konnten. Gestört hat uns auch niemand (und demzufolge hat unsere Anwesenheit ebenfalls niemanden gestört …) und ruhig war es sowieso.


Erste Übernachtung auf Sardinien an der Spiagga Porto Liscia


Ursprünglich hatte Günter für diesen Tag einen Ausflug zu den Nachbarinseln La Maddalena und Caprera (mit Fähre und Roller) geplant, doch hielt sich meine Begeisterung hierfür sehr in Grenzen, ganz abgesehen davon, dass der Plan vermutlich nur aufgegangen wäre, wenn wir in Palau geblieben wären, von wo die entsprechenden Fähren verkehren. So ging es nach dem Frühstück mal wieder zum Capo Testa, der nur über ein schmale Landbrücke verbundenen Halbinsel im äußersten Nordwesten Sardiniens. Zwar waren wir hier schon 2003 gewesen, doch schien uns die Gegend interessant genug für einen weiteren Besuch.


Abendlicher Ausblick von Palau nach La Maddalena


Bei der ausgedehnten Wanderung über die Granitfelsen am Capo Testa (gefühlt jedenfalls, obwohl sich die Strecke am Ende auf gerade mal 6,5 km summierte), anfangs mit Blick auf die korsische Steilküste bei Bonifacio, kam uns dann doch vieles bekannt vor. Damals vor knapp 19 Jahren war es allerdings extrem heiß gewesen, weshalb wir auch an einer der Buchten eine längere Bade- und Schnorchelpause eingelegt hatten. Diesmal genügte mir dagegen, angesichts der doch noch sehr vorfrühlingshaften Luft- und Wassertemperaturen und des eisigen Ostwinds, ein Kneippbad bis zu den Waden und Günter winkte gleich ganz ab.


Blick vom Capo Testa Richtung Korsika, die Steilküste bei
Bonifacio ist deutlich zu erkennen.


Breitrandschildkröte beim Futtern


Auch der Nachwuchs ist unterwegs, da kann man nur hoffen, dass
 alle Cap-Besucher darauf achten, wo sie ihre Füße hinsetzen.


Mauereidechse


Fußbad vor bizarrer Kulisse

 
Mit ihren bizarren Verwitterungsformen waren die Granitfelsen aber auch jetzt wieder ein beeindruckender Anblick. Und bis auf einige wenige Stellen fand ich die Kraxelei zwischen den und über die Felsblöcke sehr nett und kurzweilig.


Essbare Mittagsblume (Carpobrotus edulis,
 auch "Hottentottenfeige" genannt)

 
Eine der etwas anspruchsvolleren Kraxelstellen


Nach etwa der Hälfte der Runde stießen wir auf eine „Hippie-Siedlung“ – ein oder zwei Hütten an der Felswand oberhalb einer der Buchten, wo sich gleich drei Hunde auf uns stürzen wollten, aber zum Glück vehement zurückgepfiffen wurden. – Sieh an, da hatten die „Hippies“ doch tatsächlich mehr Respekt und Verständnis für ihre Mitmenschen übrig, als so mancher „brave Bürger“ … Günter meinte, dass wir beim ersten Mal hier auch schon auf eine solche Aussteigergruppe gestoßen wären, woran ich mich seltsamerweise überhaupt nicht erinnerte.


Am Ende unserer Runde kommt wieder der Leuchtturm in Sicht.


Gegen 15 Uhr waren wir zurück beim Auto, zogen uns um und rollten erst mal in Santa Teresa Gallura zu einem Coop, wo wir Joghurt, Wasser und Wein erstanden. 

Günter schlug dann vor, gleich südlich der Ortschaft zu einem Agriturismo mit Camperstellplatz zu fahren (Area Camper „Bona Vida“) und abends von dort aus in Santa Teresa essen zu gehen. – Klingt nach einem guten Plan, oder? Und in Nachhinein betrachtet würde ich sogar sagen: Klingt nach einem verdammt guten Plan, hätten wir das bloß so gemacht!!! Aber irgendwie ging mir das in dem Moment alles zu schnell und so kam eins zum anderen und schon waren wir an der Abzweigung zum „Bona Vida“ vorbei gefahren und auf dem Weg in die „Berge“ der Gallura, wo wir am folgenden Tag sowieso hin wollten, um die „Mondlandschaft“ (so die Bezeichnung bei einer Tourenbeschreibung von „Outdooractive“) bei Aggius zu erwandern. 

Schön und gut, aber es kam, wie es (beinahe) kommen musste: Campingplätze waren im Hinterland erst recht Fehlanzeige und der erste Agriturismo, den wir nun ansteuerten, existierte zwar, hatte aber ganz offensichtlich noch geschlossen. Es standen zwar ein paar Autos rum und kokelten Zweige im Garten vor sich hin, aber keine Menschenseele ließ sich sehen, obwohl der „Max“ sicher nicht zu überhören war. 

Und so ging’s weiter, weiter (ins Verderben …) und wurde immer später und immer absurder. Und zu allem Überfluss war in dieser landwirtschaftlich geprägten Gegend buchstäblich die ganze Landschaft eingezäunt und mit Gattern versehen, und wo nicht wucherte Stachelgestrüpp.

Beim nächsten Versuch, doch noch einen Agriturismo mit Camper-Stellmöglichkeit (und vielleicht sogar Verköstigung) zu finden, leitete Google uns dann so dermaßen in die Irre und die Pampa, dass es ein Glück war, dass wir ein geländetaugliches Fahrzeug unter den Hintern hatten. Und von der angeblichen Übernachtungsmöglichkeit fand sich noch dazu nicht der Hauch einer Spur! 

Weil wir nun so langsam beide nicht mehr an ein Wunder in Form eines „ordentlichen“ Stellplatzes glauben mochten, beschlossen wir, uns lieber erst Mal ums Abendessen zu kümmern. Nach Aggius war es nicht mehr weit, doch die Pizzeria im Ort wollte erst um 19.30 Uhr öffnen. So fuhren wir nach Tempio Pausania weiter, einer größeren Stadt mit mittelalterlichem Kern, in der auch schon um 18 Uhr zumindest das eine oder andere Restaurant geöffnet haben sollte. Doch wie das halt so ist mit alten italienischen Städtchen, entweder man parkt kilometerweit außerhalb oder man steckt ziemlich schnell in einem unübersichtlichen und engen Gassengewirr. So auch hier: am Parkplatz am Stadtrand fuhren wir vorbei, weil wir ja nur schnell essen und dann weiter wollten, und so nahm das Unheil seinen Lauf: enge Gassen, kein Parkplatz nirgends und zum Schluss versackten wir vor einer Fußgängerzone. Nach mühsamem Wendemanöver wurden wir prompt auch noch von einem erbosten Carabiniere angehalten und zum nochmaligen Wenden verdonnert, weil wir nun anscheinend verkehrt herum in einer Einbahnstraße unterwegs waren, was uns ehrlich nicht bewusst gewesen war. Der einzige erlaubte Ausweg war ein Gässchen, das unmittelbar vor der Fußgängerzone nach links abzweigte und durch das wir gerade so passten (Günter scoutete zunächst zu Fuß – keine Ahnung, was wir gemacht hätten, wenn es nicht gereicht hätte …). 

Spätestens ab diesem Moment machte mir der Gedanke daran, wie einfach und nett wir es hätten haben können, wenn wir nur in Santa Teresa geblieben wären, schwer zu schaffen. Und nun hatten wir gar nichts, kein Abendessen und keinen Übernachtungsplatz und es wurde so langsam dunkel und immer kälter … 

Nachdem ein Feldweg bei Aggius, der zu einem möglichen Ausgangspunkt der Wanderung in die „Mondlandschaft“ führen sollte, einfach an einem Gatter endete und noch nicht mal eine ordentliche Wendemöglichkeit bot, weshalb Günter die gesamte Strecke zur Straße rückwärts bewältigen musste, blieb uns als so ungefähr letzte Möglichkeit nur noch, es beim Windpark („parco eolico“) oberhalb von Aggius zu versuchen. In der Dämmerung rumpelten wir also die Hügel hinauf und immer höher, und lange schien es so, als ob wir selbst hier kein Glück hätten. Doch schließlich, als der Weg (mittlerweile eine Schotterpiste und stellenweise recht steil) kurz vor den obersten Windrädern abflachte, tat sich links in den Hecken und Mauern überraschend eine Lücke ohne Gatter auf! 

Natürlich überlegten wir da nicht mehr lange, quetschten uns hindurch und tatsächlich fand sich dahinter ein nahezu ebener und durch die Stachelhecke leidlich windgeschützter Flecken für unser Campingmobil. Selbst im fast Dunkeln waren die Unmengen an Kuhfladen nicht zu übersehen, die das ganze Gelände „zierten“, doch waren sie allesamt zum Glück schon eher älter und trocken. Eisig war es dort oben, so dass wir uns schnell in alles einpackten, was greifbar war. Die Daunenfüßlinge taten uns gute Dienste beim Kochen und Essen (von zuhause für solche Notfälle mitgebrachtes Bio-Gulasch aus der Dose + Kidneybohnen + Tortillachips). Und dank Deckenschlafsack als Überwurf für den Daunenschlafsack wurde mir auch nach dem Schlafengehen schnell warm.


Mittwoch, 23. März


Morgens erwachte ich zwar schon um halb sieben, aber das Aufstehen zögerten wir noch recht lang hinaus, denn es war wirklich frostig draußen. Als ich dann doch mal raus musste, fand sich dort, wo noch keine Sonnenstrahlen hinkamen, tatsächlich Raureif! – Ganz ehrlich: ich hatte ja viele Vorstellungen von Sardinien im Kopf, aber Bodenfrost Ende März auf vielleicht gerade mal 800 m Höhe gehörte ganz sicher nicht dazu! Die Sonne wärmte dann aber auch diesmal unser fahrbares Zuhause zügig auf, so dass das Frühstück ganz ohne Zittern und Schlottern stattfinden konnte.


Bei Licht betrachtet gar nicht so übel der Platz! 

 
Anschließend erreichten wir in knapp 20 Minuten den Ausgangspunkt unserer Wanderung zu den Monti di Aggius am Parco Santa Degna. Letzterer war hauptsächlich ein „Wasserpark“ mit mehreren Teichen (inklusive Enten, einer Gans und vielen Sumpfschildkröten), die von mindestens einer Quelle oben in den Hügeln gespeist wurden. Im ganzen Gebiet um die Teiche bis weit an den Berghängen hinauf wuchsen jedoch auch jede Menge Korkeichen, die offenbar noch immer gelegentlich „beerntet“ sprich geschält wurden.


Korkeiche


Die Wegfindung gelang uns hier dann nur dank GPS-Track und auch das nur so leidlich. Während die Spazierwege durch den Park, auf denen man sich eh nicht hätte verlaufen können, vielfach beschildert waren, gab es für den Einstieg zu den „Monti“ keinerlei Hinweis. Zudem führte unser Weg dann oft undeutlich durch Gestrüpp und mal wieder durch einige Gatter, so dass nie klar war, ob der Durchgang überhaupt erlaubt / erwünscht / geduldet war.


Im Dickicht am Fuß der Monti di Aggius


Zum Glück begegneten uns nur ein paar Rinder samt Kälbern, die zwar gewaltige Hörner zur Schau stellten (die „Großen“ jedenfalls) und uns recht misstrauisch beäugten, aber ansonsten friedlich blieben. Hier hätte mich aber auch nicht gewundert, wenn irgendwo ein Hund herumgesprungen wäre, doch hielt man dies offenbar nicht für notwendig. Auf unserer Runde trafen wir immer wieder auf die Hinterlassenschaften von Rindern, die wohl die gesamten „Monti“ als Weidegebiet beanspruchen durften. Ebenfalls allgegenwärtig, in Sardinien insgesamt und hier ganz besonders, waren Wildschweinspuren, also umgegrabene Wege und Wiesen und die typischen Klauenabdrücke. 


Wehrhafte Mutterkühe und ihre Kälber


Die „Monti“ als solche stellten sich dann als nicht sonderlich spektakulär heraus verglichen mit den Felsen am Capo Testa oder den Türmen von Pantaleo. Und die Bezeichnung „Mondlandschaft“ traf es schon überhaupt nicht! Sowieso wanderten wir die halbe Zeit durch Wald oder Macchia und selbst die Ausblicke auf die Felsen waren eher rar, davon, dass man die interessanteren Felsformationen hätte direkt erreichen können, ganz zu schweigen.


Blick nach Aggius - auch hier sind Aussichtspunkte selten.

 
Gegen 12.30 Uhr waren wir wieder zurück am Parkplatz und nachdem Günter noch die inzwischen massenhaft auf den Steinen am und im Teich hockenden Schildkröten abgelichtet hatte, machten wir uns schnell auf den Weg, um ein Restaurant fürs Mittagessen zu finden.


Sumpfschildkröten beim Sonnenbad
 

In Aggius gab es auch diesmal nichts für uns, denn die Pizzeria öffnete nur abends und die Trattoria hatte mittwochs Ruhetag. So ging es wieder mal nach Tempio Pausania, wobei wir die Altstadt diesmal tunlichst mieden und eine offenbar äußerst beliebte Pizzeria am Ortsrand mit eigenem Parkplatz ansteuerten. Und tatsächlich hatte man hier nicht nur geöffnet und genügend Parkmöglichkeiten, sondern war auch aufs freundlichste bemüht, für jeden, der hereinkam, einen Tisch bereitzustellen. Das Mittagsmenü für 14 € pro Person war dann zwar nicht irre kreativ, von höchstens bodenständiger Qualität und kam zudem komplett ohne Gemüse oder Salat aus. Doch passend zur überwiegenden Klientel, die aus Handwerkern und sonstiger arbeitender Bevölkerung bestand, waren die Portionen üppig und eindeutig darauf ausgelegt, vor allem satt zu machen: Auf einen gut aufgehäuften Berg Nudeln in Tomatensauce mit Parmesan plus einer Semmel für jeden folgten als zweiter Gang je zwei Schnitzel in Weißweinsauce mit einem Schlag Kartoffelbrei. Ein Getränk war inklusive, nur der Cafè zum Schluss ging extra.

Satt und zufrieden zogen wir anschließend weiter. An die Westküste sollte es nun gehen, denn von der Kälte in den „Bergen“ hatten wir erst mal genug. Unterwegs legten wir noch einen Stopp bei einem der Brunnen ein, von denen wir schon auf unserer Odyssee am Vortag einige passiert hatten. Einmal beobachteten wir dabei, dass ein älteres Paar dort flaschenweise Wasser abfüllte. So ähnlich machten wir es nun auch und füllten unseren Kanister auf.
 
Bei einem Stausee, den wir passierten, bewunderten wir im Wesentlichen die Orchideen, die wir direkt am Parkplatz entdeckten, und schließlich hielten wir noch an einem Kirchlein aus dem 12. Jahrhundert, der Chiesa della SS. Trinità di Saccargia. Zwar konnten wir sie nur von außen besichtigen, weil sie erst ab April wieder für Besucher geöffnet war, doch auch die gestreifte Fassade von Turm und Schiff war sehr sehenswert und gab vor dem strahlend blauen Himmel ein hervorragendes Fotomotiv ab.


Lago del Coghinas mit Ponte Diana




Chiesa della SS. Trinità di Saccargia

 
Und dann ging’s vollends hinab über Sassari ans Meer. Auch an der Küste gestaltete sich die Stellplatzsuche nicht wesentlich leichter als in den Bergen, doch immerhin fanden wir diesmal noch weit vor Sonnenuntergang ein Plätzchen und: es war deutlich wärmer!


Schwertlilien am Strand von Bombarde,
wo wir vergeblich auf einen Übernachtungsplatz hofften.


Etwas oberhalb der Küste zwischen Alghero und Argentiera stellten wir uns zwischen Feldern und Macchia ans Ende eines erstaunlich gut hergerichteten Feldwegs, der zwar offenkundig nirgendwo hinführte, aber laut einem Schild an der Abzweigung freitags für die Jagd abgesperrt wurde. Bei unserer Ankunft stand denn auch gleich mal ein ganzes Rudel gut beschaufelter Hirsche im Feld. Da es sich, wie wir im Nachhinein herausfanden, wohl um Sardische Hirsche (Cervus elaphus corsicanus) handelte, werden diese allerdings nicht ins Visier der Jäger geraten sein, denn sie sind selten und geschützt. Vermutlich würde es hier also eher den  „Schwarzkitteln“ an den Kragen gehen.


Die Sardischen Hirsche waren ziemlich überrascht.



Donnerstag, 24. März 


Auch hier blieben wir, wie gehofft und nun schon die dritte Nacht in Folge, absolut ungestört, wenn man mal von den Wildschweinen absieht, die irgendwann grunzend an unserer Behausung vorbeizogen und einem Vogel, der in einiger Entfernung von Zeit zu Zeit laut kreischte – vielleicht weil er von den Wildschweinen aufgeschreckt wurde? Aber vor allem blieb es bis in die frühen Morgenstunden angenehm warm im Vergleich zu den beiden vorigen Nächten. Erst gegen Morgen kühlte es merklich ab, doch schon bald kam die Sonne und wärmte unser Gehäuse auf, so dass es gegen halb neun nicht mehr sonderlich schwer fiel, aus den Schlafsäcken zu kriechen.


Schöner Morgen - schöner Platz 


Nur die Suche nach einem "Gebüsch" fiel ziemlich stachelig aus ...


Nach dem Frühstück packten wir gleich noch den Koffer fürs Hotel in Bosa, das Günter schon am Montagabend für zwei Nächte gebucht hatte, und so kamen wir erst relativ spät von unserem Übernachtungsplatz los. Auf dem Feld bzw. der schon recht abgegrasten Weide zu einer Seite „unserer“ Sackgasse, weidete am Morgen eine Herde Schafe, die aber sowohl ohne Hirte, als auch (zum Glück) ohne Hirtenhund auskam. Kurz vor dem Ausgangspunkt für unsere heutige Wanderung zur Punta Giglio rannte uns dagegen ein Hund beinahe ins Auto und anschließend noch kläffend ein ganzes Stück hinterher. Was dieses Vieh geritten hat, war mir völlig schleierhaft. Aber irgendwie schien es so, als hätte es schon darauf gewartet, dass ein (fremdes?) Auto zum Anbellen käme …

Durch diverse Kommentare aus dem Internet waren wir ja schon vorgewarnt und von daher überraschte es uns nicht, dass es am Eingang zum Naturpark rund um die Punta Giglio keine wirkliche Parkmöglichkeit mehr gab. Trotzdem war es schon grotesk, mit eigenen Augen zu sehen, dass der einstige Parkplatz einfach mit riesigen Betonquadern abgesperrt wurde, die mit der beliebten Aufschrift „Proprietà privata“ versehen waren, wobei der dahinter liegende Platz offensichtlich in keiner Weise genutzt wurde. So blieben nur noch rechts und links des Zugangs zum Park ein paar (max. 6) Stellplätze und der Rest der Besucher durfte seine fahrbaren Untersätze an den Straßenrand quetschen. Jetzt war das natürlich kein Problem, aber schon an Wochenenden würde das sicher ganz anders aussehen, vom Sommer ganz zu schweigen.

Die knapp 10 km lange Rundwanderung durch den Park führte uns dann zunächst durch lichten Wald an die Küste und an dieser entlang bis zur Punta Giglio, die ganz aktuell ein brandneues „Rifugio“ verpasst bekommen hatte und lauter neu gebaute Wege und Bänke, sowie Tafeln, die über Flora und Fauna und die (Kriegs-)Geschichte aufklärten. Hier gab es im 2. Weltkrieg Geschützstellungen und Bunker und wieder einmal hatten auch die Deutschen ihre Finger im Spiel. – Alles sehr hübsch, nur fragten wir uns, wer da kommen und sich das alles ansehen sollte, wenn es am Zugang keine Parkplätze gibt (und vermutlich auch keine Möglichkeit öffentlich anzureisen …). In den ganzen 3 ½ Stunden, die wir dort verbrachten, begegneten uns gerade mal sieben Leute (einer davon mit seinem MTB gleich zweimal). Freilich war heute ein Wochentag und es war trotz Sonne und abgesehen von besonders windgeschützten Stellen noch immer nur mäßig warm.


Sonnige Mittagsrast an der Punta Giglio


Blick zum Leuchtturm am Capo Caccia


Auf dem Rückweg geht es durch lichten Wald.


Auch auf Sardinien blühen die Sternanemonen.


Auf der Weiterfahrt nach Bosa wurde es im Auto dann schon fast unerträglich heiß und es hätte nicht viel gefehlt, dass wir die Klimaanlage angestellt hätten, doch bei ein paar Fotostopps unterwegs pustete es uns dann gleich wieder mächtig durch. Und auch die spätnachmittägliche Stadtbesichtigung in Bosa, nachdem wir ins altehrwürdige Hotel „Palazzo Pischedda“ eingecheckt hatten, fiel eher kühl aus, denn mittlerweile hatte sich wieder ein Schleier vor die Sonne geschoben, und das Eis, dem wir trotzdem nicht widerstehen konnten, trug das seine von innen dazu bei.


Die Straße zwischen Alghero und Bosa ...


... erinnert teilweise an den Highway No.1
 an der Kalifornischen Küste.


Bosa am Abend


In den Gassen ist nicht viel los.


Boote am Fluss Temo




Freitag, 25. März 


Ein von Anfang bis Ende absolut entspannter Tag.


Bosa in der Morgensonne

 
Die sowieso recht übersichtliche Wanderung vom Parkplatz oberhalb der Spiagga Cumpoltittu immer an der Küste entlang, erst zu einem Aussichtspunkt oberhalb des Strands, dann zum Torre Argentina und anschließend noch ein paar Buchten weiter, ließen wir so geruhsam angehen, dass wir für die 5,5 km-Runde mit mäßigen Auf- und Abstiegen am Ende mehr als 4 Stunden brauchten.


Spiagga Cumpoltittu
 

Hier im Westen von Sardinien besteht die Küste ganz anders als weiter im Norden aus vulkanischen Gesteinen (Trachyt, trachytischer Tuff), die aber ebenfalls von Regen, Wind und Meer teils recht speziell und interessant geformt sind.


Tuff-Felsen


Der Torre Argentina ist in Sicht.


Am Umkehrpunkt der kleinen Wanderung legten wir eine lange Rast ein und genossen das morgens noch schnell besorgte Vesper auf einem kleinen Fleck feinerem Kies an einem ansonsten recht grobschottrigen roten Kiesstrand.


Zistrosen am Wegesrand
 

Mauereidechse


Nach einem Eis, diesmal an der Marina von Bosa gekauft und genossen, machten wir uns mit dem Auto auf die Suche nach dem perfekten Aussichtspunkt auf die farbenfrohe Altstadt von Bosa. Anschließend rollten wir noch ein paar Kilometer am Fluss Temo aufwärts bis zu den „Piscinas de Rundine“, wo der Fluss oder Bach eine Art Teich bildet. Zudem sollte es dort oberhalb einen Wasserfall geben, der aber derzeit (und wohl schon länger) ausgetrocknet war. 

Etwas weiter bachaufwärts war das restliche Tal durch einen riesigen Damm abgeriegelt (der Zugang versperrt und laut Beschilderung angeblich mit Waffen bewacht …). So stiegen wir nur noch die paar Meter zu den „Piscinas“ hinab, was sich in unseren Augen aber nicht wirklich lohnte, und kehrten anschließend  nach Bosa und ins Hotel zurück.


Bosa am Nachmittag


Am ausgetrockneten Wasserfall blüht eine Große Wachsblume.
 

Abends folgte dann der zweite Besuch in dem Restaurant, das direkt ans Hotel angeschlossen war. Während Tisch und Menü für den ersten Abend gleich zusammen mit der Hotelübernachtung gebucht waren, hatten wir diesmal nur eine Reservierung. Und da die Gerichte beim ersten Mal für unseren Geschmack zum Teil etwas arg (über-)ambitioniert ausgefallen waren (insbesondere das „Tintenfisch-Ossobuco“ – breite, gefüllte Tintenfischringe, mit Kürbispüree garniert) entschieden wir uns diesmal für Pizza plus Salat, was sich als sehr gute (und sehr sättigende …) Wahl erwies.
 
Dazu noch eine Flasche Rotwein und einen Grappa, so hätte es bald nicht mehr an der Bettschwere gemangelt, wenn nicht in einem der Nachbarzimmer noch bis spät Halligalli gewesen wäre … 


Samstag, 26. März


Der Radau nebenan, der abends dann doch gerade noch rechtzeitig zum Schlafengehen geendet hatte, ging anderntags unchristlich früh wieder los, was uns aber nicht davon abhielt, noch recht lang liegen zu bleiben, denn immerhin war heute Günters Geburtstag. Nach der Geschenkübergabe und dem Frühstück, bei dem es passenderweise sogar Zitronentorte gab, packten wir vollends zusammen und starteten in den diesmal leider grauen, wenn auch zunächst noch windstillen Tag.
 
Einkaufen war nochmal angesagt, weil wir ab jetzt wieder eine Zeitlang selbst fürs Frühstück sorgen mussten und fürs mittägliche Vesper sowieso. Und weil wir bei der ersten Runde vergaßen, Sprudelwasser zu kaufen, musste sich Günter noch ein zweites Mal an der samstäglich langen Kassenschlange anstellen, während ich die übrigen Einkäufe schon mal in unseren diversen Kisten verstaute. Anschließend noch ein Tankstopp am Ortsrand von Suni, dann ging es in Richtung unseres ersten Tagesziels, dem Monte Arcuentu.
 
Die Anfahrt dorthin war eher länglich und die Pfade eher klein und recht verschlungen, vor allem rund um die Stadt Oristano, ehe es dann doch mal wenigstens für ein Stück der Strecke auf einer Schnellstraße flott voranging.
 
Unterdessen begann es schon gewaltig zu stürmen, so dass ich mich mit der Zeit fragte, ob es überhaupt ratsam wäre, heute einen Berg zu erklimmen. 

Der Monte Arcuentu ist zwar nur 784 m hoch und der Ausgangspunkt der Wanderung lag bereits auf 220 m, so dass wir lediglich übersichtliche 550 Hm zu überwinden hatten. Aber immerhin handelte es sich um einen ziemlich freistehenden Berg und schon beim Aussteigen aus dem Auto (nachdem die erste „Bellattacke“ der beiden Kläffer vom Agriturismo dort abgewehrt war) wurden wir heftigst durchgepustet. Nach dem Vesper im schützenden Aufbau machten wir uns trotzdem auf den Weg, wobei wir noch einmal die beiden Hunde verscheuchen mussten, ehe wir durch ein Tor auf eine Schafweide entschlüpfen konnten.

Während uns der stürmische Wind im unteren, flacheren Drittel des Aufstiegs ziemlich zu schaffen machte, kamen wir später, als es dann ernsthaft auf den Berg ging, zum Glück recht schnell in dessen Windschatten. Und sogar ganz oben am Gipfel schützte ein Steineichenwäldchen vor dem Sturmwind, so dass keine Böe uns aus der Bahn werfen konnte.

Noch geht es eher flach dahin, dafür ists umso stürmischer.


Beim Aufstieg am Monte Arcuentu, die Küste ist nicht fern.


Auf dem "Geburtstagsgipfel"


Vom Winde verweht ...

 
Im Übrigen war die Besteigung des kleine Gipfels nicht weiter schwierig, recht steil zwar und an ein paar Stufen brauchte man auch die Hände, doch nie sonderlich ausgesetzt. Dabei war uns beim Anmarsch über die windgepeitschte Ebene lange unklar gewesen, wie es überhaupt möglich wäre, mit normaler Wanderausrüstung auf diesen Klotz hochzukommen. Erst allmählich erkannten wir die Rinne, durch die es dann tatsächlich ging und über die auch ein paar andere Wanderer herabgestiegen kamen.


Steil geht es wieder hinab.


Der Monte Arcuentu -
die Aufstiegsroute verläuft ziemlich weit rechts.


Im Vorfeld der Wanderung hatten wir gelesen, dass es hier einmal einen Kreuzweg gegeben habe bis hinauf zum Gipfelplateau, auf dem dereinst ein Einsiedler hauste, wovon noch eine Marienstatue und ein paar Mauerreste zeugten. Vom Kreuzweg konnte ich allerdings lediglich noch eine einzige verwaschene Tafel entdecken, vielleicht war der Anstieg für den "Durchschnitts-Gläubigen" denn doch zu unwegsam gewesen. 


Marien-Heiligtum im Gipfelwäldchen
  

Nach der Rückkehr zum Auto ging es noch ein paar Kilometer weiter Richtung Küste, wo wir den Camping Sciopadroxiu an der Costa Verde ansteuerten.

Was sich so idyllisch anhört, war es bei unserer Ankunft ganz und gar nicht, denn auch hier stürmte es gewaltig, und wir bangten folglich wieder einmal um die Bespannung unseres Klappdachs. Zudem war es gar nicht so einfach, einen Stellplatz auf dem Gelände zu finden, der nicht unter Bäumen war und trotzdem halbwegs windgeschützt. So konnten wir nur hoffen, dass es im Lauf der Nacht besser werden und der Wind abflauen würde.

Der Campingplatz war offiziell an diesem Tag sowieso geschlossen, was wir schon morgens vor der Abfahrt in Bosa erfahren hatten. Günter hatte über Google-Messenger mit einer gewissen „Laura“, offenbar einer Mitarbeiterin des Platzes, gechattet, die uns eher davon abriet, heute anzureisen. Wegen des Sturms seien am Vortag alle anderen Camper abgereist, doch wenn wir unbedingt wollten, könnten wir ja trotzdem kommen …

Die Rezeption war also nicht besetzt, die Tore an der Zufahrt standen aber offen und ebenso war das Sanitärgebäude geöffnet. Doch blieben wir an diesem Abend wenig überraschend die einzigen Camper, lediglich in einer der drei festen Unterkünfte auf dem Platz übernachteten zwei Motorradfahrer (aus FFB).

Ob wir in dem Restaurant am Ende des Platzes würden essen können, war im Vorfeld nicht in Erfahrung zu bringen gewesen. Nachmittags standen zwar eine Menge Autos davor, aber das sah eher nach einer privaten Feier aus. So machten wir uns mit einer gewissen Skepsis gegen 19.30 Uhr auf den Weg dorthin, doch zu unserer Freude wurden wir eingelassen und bewirtet, und auch die beiden Jungs aus FFB trudelten etwas später ein.
 
Parallel dazu feierte die große Festgesellschaft im Wintergarten weiter und es ging teils hoch her mit „Hipp-hipp-hurra“ und vielstimmigen Gesängen. Wir dagegen saßen relativ ruhig und direkt am warmen Ofen im eigentlichen Gastraum.
 
Das Essen war ok, das Steak zwar etwas stabil, die Tomaten im Salat mit vielen grünen Stellen, die Pommes aus der Tüte, aber frisch frittiert. Doch verglichen mit unseren „Notfall-Nudeln“ mit Tomaten-Paprika-Soße vom vielleicht gerade noch so mit ausreichend Gas befeuerten Kocher im von Böen geschüttelten Aufbau, war es allemal ein Festessen. Nachtisch gab es noch obendrein, eine sardische Spezialität namens „Sebadas (oder Seadas) al miele“: (in Olivenöl) frittierte Teigtaschen, die mit jungem, ziemlich neutral schmeckendem Pecorino gefüllt und mit Honig übergossen waren, und eine Flasche Rotwein, um den Geburtstag gebührend zu begießen, sowieso.





Wie die weitere Reise verlief, die uns an der Westküste bis ganz in den Süden Sardiniens führte und anschließend an der Ostküste wieder zurück, ob die Fähre uns wie geplant zurück ans Festland schipperte und wie wir die letzten Tage bis zur Heimfahrt verbrachten, das erfahrt Ihr HIER.