Samstag, 18. Januar 2025

Allgäu und Meer - Herbst 2024 II

Ein unfreiwillig kurzer Ausflug in die Camargue mit Auftakt und Abschluss im Allgäu




Text: Eva Irmler






Zurück nach Deutschland



Montag, 30. 9. – Camping Marlice – Trévignin


(oberhalb von Aix-les-Bains am Rand des Massif des Bauges)


Dass wir an diesem Abend tatsächlich auf dem Campingplatz „Marlice“ am Rand des Dörfchens Trévignin saßen, hatten wir einem deutschen Motorradler zu verdanken. Dieser war kurz nach uns vor der geschlossenen Schranke angekommen und erwies sich als deutlich hartnäckiger beim Versuch, jemanden ausfindig zu machen, der uns diese öffnete. 

Eigentlich waren wir bereits am Aufgeben, nachdem Günter bei einer Runde um das Wohnhaus neben dem Platz, in dem sich offenbar auch die Rezeption befand, niemanden angetroffen hatte. Auch Klingeln schien nichts zu bringen, bis der Motorradfahrer die Sache in die Hand nahm und an allen verfügbaren Klingeln Sturm läutete. Und siehe da, ein Typ im Unterhemd, der sogar etwas Deutsch sprach, sah aus einem Fenster und ließ uns tatsächlich auf den Platz. Strom wollte er uns zunächst keinen anbieten, aber es gab funktionierende WCs und immerhin kaltes Wasser. Warmes konnte ich einer Dusche, die ich testweise für ein paar Minuten andrehte, allerdings nicht entlocken. Na gut, dann würden wir eben erst wieder im Haus der Schwiegermutter duschen, wo wir anderntags spätestens abends sein wollten.

Unser letzter Morgen in der Camargue hatte bedeckt begonnen und so war es uns zu frisch, um noch einmal draußen zu frühstücken. Ansonsten lief auf dem Campingplatz alles wie wir es von den anderen beiden Tagen bereits gewöhnt waren: Ab 8 Uhr morgens war immerzu die Hälfte des Sanitärblocks abgesperrt und die „Putzfrau“ saß überwiegend vor der Tür, rauchte und beschäftigte sich mit ihrem Handy … Aber egal, wir reisten ja ab. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass auf diesem Platz zumindest zu der Zeit, als wir dort nächtigten, das Personal (siehe auch unsere Erfahrung im Restaurant am ersten Abend) ein gründliches Motivationsproblem zu haben schien. – Oder war einfach zum Ende der Saison allmählich bei allen die Luft raus?

Während ich beim Zähneputzen und Spülen war, sprachen unsere jungen Nachbarn Günter an: Ob er denn schon in Rente sei … So kam eins zum anderen, und als ich zurückkam, war man gerade in ein Gespräch über Pharma, KI, Pathologie und dergleichen vertieft. Offenbar studierten die beiden Medizin und schienen einem Job in der Pharmabranche oder auch der Pathologie nicht abgeneigt …

Schweren Herzens machten wir uns dann wenig später auf die verfrühte Heimfahrt. Nicht allein, dass wir nun unsere Reise abbrechen mussten, ohne auch nur die Calanques erreicht zu haben, unser eigentliches Ziel in diesem Herbst, genauso schwer fiel der Gedanke daran, was uns zuhause wohl erwartete.  

Ab Nîmes ging es auf der Autobahn A9 Richtung Norden, ab Orange auf der A7 weiter. Wenig später verlangte der Isuzu nach Treibstoff, so fuhren wir bei nächster Gelegenheit ab und tankten (für 1,59 €/l) an einer winzigen Tankstelle mit nur 2 Zapfsäulen vor dem „Market-Mornas“-Supermarkt in der nämlichen Ortschaft. Im Laden selbst, der bei angenehmen 22°C Außentemperatur noch immer auf Kühlschrank heruntergekühlt war, deckten wir uns hauptsächlich fürs abendliche Vesper ein, aber auch eine große Salami, Lavendelhonig aus der Provence, Käse und einige Weine für daheim landeten im Einkaufskorb. Nebenan in der Boulangerie erwarben wir noch ein „Baguette rustic“ und dann folgten wir der N7 bis in die nächste Ortschaft Mondragon. Staunend passierten wir dabei unterwegs die auf imposanten Felsen gelegene Burg von Mornas. 

Nach 12 Uhr war es schon, so kehrten wir im offenbar sehr beliebten „Bistrot Demols“ ein. Nicht nur lag das Restaurant direkt an der N7 und war bei Google recht gut bewertet, es füllte sich auch ratzfatz, kaum dass wir saßen. Nachdem selbst für das Tagesgericht 19 € fällig waren sicher nichts für alle Tage, trotzdem schienen viele Gäste hier ihre Mittagspause zu verbringen. Günter hatte mit seinem Entrecôte mit Pfeffersauce (23€) etwas weniger Glück als ich mit dem Tagesgericht (Rinderbraten mit Kartoffelpüree und je einem kräftig gegrillten Stück Aubergine und Zucchini): das Fleisch war, wie leider häufig in Frankreich, recht stabil, die Pommes dafür labberig und der Salat kaum vorhanden, schlecht geputzt und mit zu wenig Dressing. Der Bratapfel mit Karamellsauce, den wir uns zum Espresso teilten, war dagegen perfekt und stimmte schon mal auf Herbst und Winter ein … 

Bei Bollène (ja, genau jenem Bollène, in dessen Umkreis im Frühjahr unser Kennzeichen verschütt ging!) rollten wir wieder auf die Autobahnen, denen wir bis Aix-les-Bains im Zickzack folgten. Anschließend führten erstaunlich viele Serpentinen nach Trévignin hoch, weshalb wir wirklich froh waren, dass wir auf dem dortigen Campingplatz entgegen dem ersten Anschein doch bleiben konnten.

Abends wollten wir noch ins Dorf spazieren und trafen auf dem Weg zum Ausgang des Platzes den Betreiber desselben. Wie sich herausstellte, war dieser in seiner Jugend als Soldat in Offenburg stationiert gewesen, daher die Deutschkenntnisse. Strom bot er uns nun doch an, aber wir lehnten dankend ab. Die eine Nacht würden wir schon noch ohne Heizung und unsere Lebensmittel ohne Kühlung überstehen. Bei unserer Runde durch die Ortschaft entdeckten wir dann eine Käserei mit angeschlossenem Käseladen und konnten dem vielfältigen Angebot einfach nicht widerstehen. So wanderten noch ein reifer Reblochon (ein sehr milder und sehr wanderfreudiger Weichkäse) und ein Stück Trévignin-Hartkäse in unsere Kühlbox … 


Abendspaziergang bei Trévignin


Dienstag, 1. 10. – Bei Ravensburg


Nach einer vorerst letzten, herrlich ruhigen Campingnacht erwachten wir in Trévignin bei leichtem Nieselregen. Rund 500 km Fahrt standen uns an diesem Tag noch einmal bevor, von daher machten wir uns zügig (und ohne Dusche, obwohl es mittlerweile warmes Wasser gab …) auf den Weg.

Im Lauf des Tages intensivierte sich der Regen immer mehr, je weiter wir nach Norden vorankamen. Zum Mittagessen unterbrachen wir die Fahrt in Bern, wo wir im Stadtteil Bethlehem das Restaurant „Jäger“ aufsuchten: Das Panierte Schweinsschnitzel mit Pommes, sowie die Wild-Hacktäschli mit Salat waren deftig und gut und die 105 Franken, die der Spaß kostete, musste man eben als Schweizer Preis hinnehmen … 

Insgesamt verlief die Fahrt, diesmal wieder über Österreich und den Pfänder Tunnel, absolut problemlos und gegen Abend erreichten wir wie geplant das Ravensburger Krankenhaus, wo wir gleich Günters Mutter besuchten.


Mittwoch, 2. 10. – Sonntag, 6. 10. – Bei Ravensburg



Am Mittwochmorgen konnten wir diese aus der Klinik abholen und blieben die folgenden Tage zu ihrer Unterstützung, und um einige Dinge zu regeln, bei ihr. 

Der eine oder andere Spaziergang oder Ausflug in die nähere (Rössler Weiher, Süh und Wolfegger Ach) und etwas fernere (Schussenmündung und Eriskircher Ried am Bodensee) Umgebung half nicht zuletzt auch dabei, zwischenzeitlich wieder auf andere Gedanken zu kommen.


Die Waldburg nahe Ravensburg


Auf der Süh


Tuffsteinwasserfälle bei Weißenbronnen


Schloss Wolfegg


Massen an Treibholz bei der Schussenmündung am Bodensee


Flüchtende Kormorane vor dem Schweizer Seeufer


Graureiher und Blässhuhn an/auf der Schussen



Montag, 7. 10. – Jungholz, auf dem gleichnamigen Campingplatz



Nachdem Günters Mutter in den Tagen seit ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus erfreulicherweise zusehends stabiler und fitter geworden war, hielten wir es für vertretbar, am Montag abzureisen und noch ein paar Tage im Allgäu wandern zu gehen, so lange das sonnige und milde Herbstwetter uns noch erhalten bliebe.

Das eine oder andere musste auch an diesem Morgen noch erledigt und in die Wege geleitet werden, doch gegen halb elf brachen wir schließlich auf. Als erstes Ziel steuerten wir einen Parkplatz am Ortsrand von Unterjoch an, wo wir nach der Ankunft gleich das Mittagsvesper genossen.

Anschließend machten wir uns auf die Wandersocken (und -stiefel natürlich 😉) Richtung Zinken (1613m) und Sorgschrofen (1635m), zwei kleinen Felsgipfeln, die durch eine nette Gratüberschreitung miteinander verbunden sind. In puncto Höhenmetern (632m) sollte die Wanderung nicht sonderlich anspruchsvoll sein, weshalb sie uns als Nachmittagswanderung genau richtig erschien, allerdings erwies sich die Runde mit 10,8 km am Ende schon als recht lang. 


Allgäuer Rind beim Parkplatz in Unterjoch


Zunächst musste nun aber die Ortschaft durchquert werden, die abgesehen von ein paar Höfen hauptsächlich aus (Familien-)Hotels bestand, dann ging es durch eine kleine Bachschlucht hinauf und anschließend in weiten Schleifen auf Asphalt durch mehrere Gehöfte bis an den Fuß des Berges. Ab hier wurde es ziemlich steil und anfangs auch ziemlich sumpfig, denn der Weg führte am Rand einer Kuhweide bergan, zeitweise sogar direkt in einem Bachbett.


Almgelände etwas oberhalb von Unterjoch


Blick zur Tour des folgenden Tages: Kühgundkopf und Iseler


Richtung Oberjochpass


Über viele Wurzeln erreichten wir den Grat und an diesem entlang schließlich die Felsen, über die ein kurzer, knackiger Abstecher zu unserem ersten Gipfel, dem Zinken, führte. Trotz der tollen Aussicht auf die umliegenden und auch viele weiter entfernte Allgäuer Gipfel, sowie zu Zugspitze und Wetterstein verweilten wir dort nicht lange. Zum einen ärgerten uns Unmengen an geflügelten Ameisen, die sich diesen sonnigen Nachmittag für ihren Hochzeitsflug ausgesucht hatten, zum anderen lockte am Ende des Grats der Sorgschrofen-Gipfel und dazwischen die luftige Überschreitung. 


Beim Abstecher zum Zinken darf etwas gekraxelt werden.


Auf dem Zinken mit dem Einstein in der Bildmitte


Jungholz und das Alpenvorland


Der Weiterweg zum Sorgschrofen verspricht
abwechslungsreich und luftig zu werden.


Letzte Abstiegsmeter am Zinken


Zurück vom Zinken mussten wir uns gleich mal durch einen engen Felsdurchschlupf winden, danach folgten ein paar Auf- und Abschwünge, teils im Fels, teils über Schotter und mitunter auch auf feucht-rutschiger Erde. Hielt sich aber alles in angenehmen Grenzen und das eine oder andere Drahtseil half, wo es andernfalls vielleicht doch mal hätte gruslig werden können. 


In der steilen Nordflanke des Sorgschrofens


Am Gipfel


An Gipfel Nr. 2 angekommen rasteten wir dann ausführlich und würdigten nun erst so richtig die geniale Rundumsicht.


Forggensee, Neuschwanstein (als Punkt ...), Aggenstein, sowie
Kellenspitze, Gimpel und Rothe Flüh


Gaishorn und Rauhorn (etwas links der Bildmitte),
Hochvogel (ganz rechts im Hintergrund)


Anschließend machten wir uns an den Abstieg auf der Nordwestseite des Bergs, wobei es anfangs noch kurz am luftigen Grat weiterging, ehe der Weg recht steil, schottrig und zum Glück auch hier gelegentlich mit Drahtseilunterstützung in die Bergflanke hinabführte. Nachdem die Älpele Alpe erreicht war, wo uns ein freundlicher junger Mann, der sich auf der Veranda sonnte, explizit dazu einlud, durch seinen Vorgarten zu gehen, weil außerhalb alles komplett von den „Viechern“ zertrampelt sei, wurde es flacher und es folgte der längliche Rückmarsch nach Unterjoch.


Blick zurück zum Sorgschrofengipfel beim Abstieg


Abends zurück in Unterjoch


Währenddessen beschlossen wir, noch für zwei Tage in dieser Gegend zu bleiben, und Günter hielt im Internet nach einem Campingplatz mit möglichst kurzer Anfahrt Ausschau, von dem aus es mindestens ein fußläufig erreichbares Restaurant fürs Abendessen geben sollte. In Jungholz wurde er fündig, der wunderlichen österreichischen Exklave, die mit dem Mutterland lediglich just am Sorgschrofen-Gipfel verbunden ist.
 
Nachdem wir mit dem Auto die kurze Strecke zurückgelegt und uns auf dem Campingplatz Jungholz im Ortsteil Habsbichl einquartiert hatten, spazierten wir schon bald über Wiesen, durch den Wald und an einem rauschenden Bach entlang zum „Bistro Huigarte“ hinauf, einer urigen kleinen Wirtschaft, in der die Wirtin uns in heimeligem Allgäuer Schwäbisch nach unseren Wünschen fragte. Hirschnüsschen mit Wirsing und Kroketten und die mit Käse überbackenen Schupfnudeln mit Gemüse schmeckten ebenso wie der Nachtisch (Eis mit heißen roten Beeren und Mini-Donuts) hervorragend. So reservierten wir gleich für den folgenden Abend noch einmal.


Dienstag, 8. 10. – Campingplatz Jungholz


Nachts blieb es weitgehend sternklar und entsprechend frisch wurde es, wobei wir es uns schlimmer vorgestellt hatten und letztlich weder Günter den zusätzlichen Deckenschlafsack brauchte, noch ich mich ernsthaft in den meinen einschnüren musste. Morgens hatten sich dann schon einige Wolken vor die Sonne geschoben, doch hätte diese unseren Stellplatz sowieso recht spät erreicht, da sie dafür erst über den Sorgschrofengipfel genau im Osten von Jungholz hätte klettern müssen. 

Nach dem Frühstück gings für uns zunächst nach Oberjoch, wo wir im Dorfladen Landjäger und Seelen für die Mittagsbrotzeit erstanden. Dann rollten wir weiter zum Parkplatz an der Wiedhagbahn, von wo wir zum Hausberg von Oberjoch und Bad Hindelang, dem 1876 m hohen Iseler starten wollten.

Beim Sessellift trudelten fast zeitgleich mit uns Horden von Kindern ein, da waren wir ganz froh, dass wir sowieso vom Tal aus wandern wollten. Zunächst hatte noch die Idee im Raum gestanden, über den Klettersteig zum Iseler aufzusteigen, doch letztlich war Günter wieder davon abgekommen. Anscheinend war die oberste der drei Klettersteigsektionen sowieso gesperrt und die interessantesten Stellen wurden neuerdings entschärft, so erschien es ihm der Mühe nicht wert. – Mir sollte es recht sein. Diesen Steig hätte ich mir zwar zugetraut, war aber nicht sonderlich scharf darauf, das ganze Geraffel (Helm, Klettersteigset) den ganzen Tag mitzuschleppen. 

So begaben wir uns stattdessen auf den „Schmugglerpfad“ und stiegen auf diesem Richtung Kühgundgrat auf, einer von mehreren Möglichkeiten, wie man zum Iseler-Gipfel gelangen kann. 


Der Sorgschrofen (rechts) beim Aufstieg zum Kühgundgrat


Über Oberjoch ballen sich schon morgens die Wolken.


Auf den Schmugglerpfad waren wir vor ein paar Jahren schon einmal eher zufällig im Winter gestoßen. Damals hatten wir eigentlich eine Skitour aufs Wertacher Hörnle geplant, scheiterten aber im Ansatz, da wir schlicht nirgends einen Parkplatz ergattern konnten (zu spät dran, Stau bei der Anfahrt …). Platz für den Max fanden wir damals erst kurz vor dem Oberjochpass, und um nicht völlig unverrichteter Dinge wieder heimfahren zu müssen, stiegen wir von dort anfangs über die Skipiste an der Grenzwiesenbahn und dann durch Wald eben zu diesem Pfad auf. Kurz nach dem Grenzhäuschen war damals Schluss für uns, weil wir uns die steilen Hänge zum Kühgundkopf hinauf nicht zutrauten. – Na ja, eine gelungene Skitour geht anders, immerhin lichtete sich damals zwischenzeitlich der Nebel und konnten wir kurze Zeit die Aussicht auf die Bergkulisse über dem Tannheimer Tal genießen.


Umkehrpunkt am Grenzhäuschen (Januar 2022)


Über dem Winternebel im Tannheimer Tal


 Heute zeigen sich Tal und Berge - noch ...


Diesmal stiegen wir dagegen kurz vor dem Grenzhäuschen auf dem beschilderten Pfad zum Grat hinauf. Auch hier gab es immer wieder Drahtseile, teils auch Metallstufen und stellenweise fiel das Gelände wirklich zu beiden Seiten des Wegs nahezu senkrecht ab. Angst musste man trotzdem keine haben, weil der Pfad stets breit und ausgetreten genug war. 

Kurz vor dem ersten Gipfel des Tages, dem Kühgundkopf auf österreichischem Terrain (1852 m), zog es dann mehr und mehr zu und zuweilen saßen wir mal wieder völlig benebelt in der Wolkensuppe. 12 Uhr war gerade vorüber, als wir diesen erreichten, so beschlossen wir, gleich hier zu vespern. Für eine längere Rast würde es auf dem Iseler, der noch 30 Minuten Gehzeit entfernt sein sollte, eher auch nicht angenehmer sein, vermuteten wir. Von der österreichischen Seite, also von Schattwald im Tannheimer Tal, kamen laufend Wanderer herauf, doch auch aus der Gegenrichtung am Grat traf der eine oder die andere hier ein. 


Am Kühgundgrat


Am österreichischen Kühgundkopf zieht es allmählich zu.


Kaum war das Vesper vertilgt, wurde es uns doch zu ungemütlich in den nassgeschwitzten Sachen und so gingen wir zügig weiter. Der Weg am Grat entlang blieb vom Stil her immer ähnlich und erwies sich insgesamt als deutlich weniger anspruchsvoll, wenn auch viel länger, als die Überschreitung am Sorgschrofen. Die (kreuzlose) Kühgundspitze verpassten wir irgendwie, den ebenfalls unmarkierten Kühgundkopf auf deutschem Grund, mit 1908m der höchste Punkt der Gratwanderung, dagegen würdigten wir mit einem weiteren Gipfelfoto.


Weiter geht's am Grat entlang.


Null Sicht am deutschen Kühgundkopf


Zweimal stießen wir auf Wegweiser zum Klettersteig (Anfang von Sektion III und Ende von Sektion II), dann erreichten wir nach einem länglichen Abstieg und kurzen, knackigen Gegenanstieg schließlich den Iseler. Zuletzt ging es noch steil über eine glatte, graue Steinplatte hinauf, die mit Metalltritten versehen war, aber auch rechts auf Schotter umgangen werden konnte. Günter testete, ob seine Sohlen auf der Platte halten würden und tatsächlich reichte die Reibung gerade so eben aus ... 


Abstieg in die Scharte vor dem finalen Aufstieg zum Iseler


Völlig allein waren wir am Iseler-Gipfel, dabei hatten wir noch kurz zuvor lautes Gekreisch und Stimmengewirr von dort oben vernommen. Zwei Wanderer, die wir unmittelbar vor dem Gipfel trafen, meinten denn auch, wir hätten Glück, denn die zwei Schulklassen, die dort oben „Party“ gemacht hätten, seien gerade abgestiegen. – Uff, da war unsere frühe Mittagsrast ja wirklich eine gute Idee gewesen!


Auch am Iselergipfel gibt es zunächst eher wenig Aussicht.


Doch dann sind uns doch noch einige Ausblicke vergönnt:
Bschießer und Zipfelsalpe


Links linst der Große Daumen durch die Wolken ...


... und zeigt sich dann ganz unverhüllt.


Bad Hindelang


Auf dem Iseler war es dann tatsächlich ganz angenehm zum Rasten. Zwar zogen immer wieder Nebelschwaden durch, doch öfter kam auch die Sonne heraus und es war so warm, dass wir lange auf Pulli oder Jacke verzichten konnten. Auch die Aussicht auf die benachbarten Gipfel (u.a. Großer Daumen) und bis zu den Lechtalern (z.B. Großer Krottenkopf) war zwischenzeitlich gar nicht mal so schlecht. Nach einer Weile wurde es jedoch auch hier zu kühl, so machten wir uns an den Abstieg  und überließen den Gipfel einer größeren Gruppe, die offensichtlich vom Klettersteig her kam. 

Auch jetzt ging es erst noch einmal kurz am Grat weiter bis zu einem Aussichtspunkt, dann über Felsen und erdige Wege recht steil zu Tal. Vom Grat aus hatten wir beobachtet, wie ein Hubschrauber an verschiedenen Stellen Material anlieferte und nun kamen wir an einem der Säcke mit Wegebaumaterial und Werkzeugen (Rechen, Spaten) vorbei. Etwas später kamen uns zwei Männer entgegengestiegen, die offensichtlich zu der Wegebautruppe gehörten. Zum Glück erst kurz vor dem Schmugglersee stießen wir dann wieder auf die Schulkinder und konnten sie recht zügig passieren. Am See vorbei erreichten wir schließlich eine Teerstraße, die uns, überraschend steil und dementsprechend flott, unterhalb der Trasse des Sessellifts wieder zum Parkplatz brachte.


Letzte Lichtblicke vor dem Regen
 

Inzwischen hatte es komplett zugezogen und, kaum saßen wir im Auto, zierten auch schon die ersten Tröpfchen die Scheibe. Auf dem Campingplatz kamen wir noch halbwegs trocken zur Dusche und zurück, doch während wir im Aufbau Kaffee und Schokolade genossen, begann es zu schütten und hörte auch so schnell nicht mehr auf …


Mittwoch, 9. 10. – wieder daheim



Mit Schirmen bewaffnet ging es daher abends zum Essen ins Bistro „Huigarte“, wo wir schon am Vorabend vorsorglich einen Tisch für 19 Uhr reserviert hatten. Die einzige fußläufige Alternative hatte am Dienstag offenbar Ruhetag, so dass die Wirtin im „Huigarte“ mit etwas mehr Gästen rechnete. Tatsächlich war der kleine Gastraum bei unserer Ankunft gut voll und auch später füllten einige Nachzügler die sich lichtenden Reihen wieder zügig auf. 

Diesmal wählten wir Schlutzkrapfen mit Spinat-Sahnesauce, sowie Hirschgulasch mit Apfelrotkohl und Semmelknödeln – beides wieder gut und reichlich, so dass wir uns den Nachtisch lieber sparten.

Dann gings wieder zurück zum Campingplatz, mit Stirnlampen durch den finsteren Wald, doch mittlerweile kannten wir den Weg ja schon gut und auch im strömenden Regen waren die ca. 15 Minuten Fußmarsch kein Problem. Der Regen ließ auch später kaum nach, so kamen für den Gang zum Zähneputzen ebenfalls die Schirme zum Einsatz. Erst im Lauf der Nacht hörte das Geprassel auf unser Dach endlich auf und morgens um 7 war der Himmel tatsächlich wieder wolkenlos und klar. Lediglich an einigen Berghängen waberten noch dünne Nebelschleier.

Bis wir aufgestanden waren, hatten sich diese längst in Wohlgefallen aufgelöst und gegen 9 Uhr erreichten endlich die ersten Sonnenstrahlen unsere mobile Behausung. Doch so langsam wurde es nun Zeit für die Abreise, vor der noch die Rechnung beglichen werden musste. Der Campingplatz-Chef verlangte inklusive Strom (der am Zähler des Stromkastens exakt abgelesen wurde) 56€ für die beiden Übernachtungen und fragte Günter dabei noch ein wenig über unseren Camper-Eigenbau aus. 

Mit dem Platz waren wir in den beiden Nächten völlig zufrieden gewesen und insofern fanden wir den Preis durchaus angemessen. Während unseres Aufenthalts teilten wir uns das Areal, das zu großen Teilen mit Wohnwagen und den entsprechenden Anbauten von Dauercampern belegt war, mit maximal 2-3 anderen Campern. Die Sanitäranlagen, die sich im Untergeschoss des Wohnhauses der Campingplatzbetreiber befanden (dank Hanglage vom Platz aus ebenerdig zu erreichen), waren für meine Begriffe nahezu perfekt und vor allem warm!

Auch für diesen letzten Tag unserer Reise hatten wir eine Wanderung geplant, denn es war noch einmal ein richtig schöner Herbsttag vorhergesagt. So ging es über den Oberjochpass ins Tannheimer Tal hinab, wo wir in der Ortschaft Zöblen erst noch eine Bäckerei ansteuerten und Laugenwecken und Vinschgerl besorgten. Am Haldensee vorbei ging es dann weiter nach Nesselwängle, wo wir auf dem etwas außerhalb gelegenen Parkplatz Ost (oder auch Parkplatz Schneetalalm) den „Max“ verstauten. 

Von hier sollte es auf die exakt 2000 m hohe Schneidspitze gehen, die zwischen den imposanten Nachbarn Rote Flüh, Gimpel, Kellenspitze und Gehrenspitze zwar eher armselig wirkte, aber Richtung Gipfel durchaus etwas anspruchsvoller sein sollte. Ausgeschildert war der Gipfel zunächst nicht, so folgten wir den Wegweisern Richtung Schneetalalm, die laut Tourenbeschreibung als erstes Etappenziel an unserem Aufstiegsweg liegen sollte. 


Gleich nach dem Start bei Nesselwängle ragen die imposanten
Gipfel von Gimpel und Roter Flüh über uns auf.




Unser heutiges Ziel, die Schneidspitze, wirkt dagegen
eher unscheinbar.


Anfangs ging es noch ganz nett auf einem Schotterweg dahin mit ein paar Abkürzungen, die zwar wurzelig, aber ansonsten ganz ordentlich waren. Später jedoch stießen wir auf Waldwege, die übelst verschlammt waren, insbesondere da, wo vor kurzem noch Vieh auf den Weiden gewesen sein dürfte, das dann beim ersten Schnee genau auf diesen Wegen ins Tal getrieben wurde. Und natürlich wird es auch hier in der Nacht zuvor ergiebig geregnet haben. Gelegentlich gab es ein paar Holzstufen oder Stege, die über besonders grausame Schlammstellen halfen, meistens blieb es einem aber selbst überlassen, sich einen Weg durch den Matsch oder um diesen herum zu suchen. So schlimm wie hier hatten wir das tatsächlich schon lange nicht mehr erlebt, dabei hatten wir es auch und gerade im soeben vergangenen regenreichen Sommer durchaus öfter mit durchweichten Wegen zu tun.


Aus der Ferne erscheint der Wanderweg völlig harmlos,
 doch schon hier waten wir häufig durch Schlamm.


Ausblick zur gegenüberliegenden Seite des Tannheimer Tals -
Leilach- und Krinnenspitze


Oberhalb der gut besuchten Schneetalalm, zu der man auch bequem von der Bergstation der Hahnenkammbahn herüberwandern kann, stiegen wir gleich das erste Stück Richtung Schneidspitze auf, die hier allerdings noch immer nicht ausgeschildert war, und vesperten am Waldrand auf der feuchten Wiese (zum Glück hatten wir Sitzunterlagen dabei). 


Viel los an der Schneetalalm


Reutte im Lechtal vor großer Kulisse


Der direkt folgende Abschnitt unseres Aufstiegs durch den Wald bis zum Hochjoch setzte dem Matsch-Grauen dann noch die Krone auf – bergauf ging das ja noch so einigermaßen, aber wie sollte das dann beim Abstieg werden? Auch der Weiterweg zur Schneidspitze, die hier nun zum ersten Mal ausgeschildert und mit dem Hinweis versehen war, dass nur trittsichere, erfahrene Wanderer den Aufstieg wagen sollten, war höchstens unwesentlich besser und bewegte sich lange am oder im Wald, statt in den Fels zu gehen, was ich deutlich angenehmer gefunden hätte. Oberhalb des letzten Waldstücks wechselte der Untergrund dann abrupt zu losem Schotter und selbst die letzten Meter auf dem Gipfelgrat führten hauptsächlich im Grasig-erdigen bis zum mächtigen Gipfelkreuz der Schneidspitze hinauf. 


Am grasigen Westgrat der Schneidspitze vor einem weiteren
eindrucksvollen Nachbarn, der Kellenspitze


Am Gipfel mit dem wahrhaft gigantischen Kreuz


Zugig war es dort oben, wenn auch nach wie vor sonnig. Linsenförmige Sturmwolken und der bleierne Dunst am südlichen Himmel kündigten allerdings bereits den Wetterwechsel der folgenden Tage an. Trotz allem war das Panorama von dort oben so genial wie versprochen mit den unzähligen nahen und fernen Gipfeln, dem Blick ins obere Lechtal mit dem mäandrierenden Fluss, Reutte zu Füßen des Berges, Hahnenkamm und Gaichtspitze nebenan, ebenso wie auf der anderen Seite die Gehrenspitze, sowie Kellenspitze, Gimpel und Rote Flüh. 


Zugspitze und Wetterstein


Oberes Lechtal und die Schneetalalm


Sturmwolken über dem Wetterstein


Gehrenspitze mit Forggen- und Bannwaldsee


Nachdem wir die Aussicht gebührend gewürdigt und uns mit Apfel und Schokoriegel gestärkt hatten, ging es schließlich an den Abstieg. Für diesen hatten wir uns die alternative Route über das Gehrenjoch ausgesucht, die dann zunächst genauso matschig und zu Anfang auch steil und etwas ausgesetzt war, wie unsere „schwarze“ Aufstiegsroute. Von daher erschloss es sich uns nicht so ganz, weshalb dieser Weg fast durchgehend „blau“ und nur an wenigen Stellen „rot“ sein sollte. - Wieder einmal ein deutlicher Hinweis, dass solche Bewertungen in Tourenbeschreibungen sehr subjektiv und daher mit Vorsicht zu genießen sind. Ab dem Gehrenjoch querte der Weg die Nordseite der Schneidspitze, was wenig überraschend ebenfalls sehr matschig ausfiel, und überdies hatten sich hier sogar noch ein paar kleine Restschneefelder vom Wintereinbruch vor ein paar Wochen erhalten. 


Der erste Teil unseres Abstiegswegs in die Gehrenscharte


Am Sabachjoch - nach der ziemlich schattigen Querung
unterhalb der Schneidspitze.



Etwa 100 Hm verloren wir hier, die zum Sabachjoch unterhalb der Kellenspitze wieder erklommen werden wollten. Und nachdem diese letzte Hürde genommen war, wartete überraschend ein sehr angenehmer Abstieg auf uns: Der Weg verlief von nun an über offenbar ausreichend besonnte Hänge, die jetzt am späten Nachmittag weitgehend abgetrocknet waren. Und auch später im Wald erwischten wir diesmal offensichtlich die besser gepflegten Wege, denn über weite Strecken hatte man hier tatsächlich Schotter auf den Pfaden verteilt. – Aha, sowas ging also doch auch, wenn es denn gewollt war! Vermutlich wollten die Betreiber des Gimpelhauses, das ebenfalls auf diesem Weg zu erreichen wäre, ihren Besuchern damit etwas Gutes tun. Flott ging es also auf angenehmem Steig zu Tal, der erst kurz vor der Forststraße wieder in unseren Aufstiegsweg mündete. 


Neckische Serpentinen direkt unterhalb des Sabachjochs


Sabachjoch und Schneidspitze


Mit Seilbahnanschluss: der Hahnenkamm


Beim Abstieg überraschen wir eine Gams.


Bank mit Aussicht - Haldensee und Tannheimer Tal


Wieder im Tal mit letzten Sonnenstrahlen


Nach 6 Stunden und 15 Minuten kamen wir wieder beim Auto an und machten uns auf die Heimfahrt über Pfronten, Marktoberdorf und schließlich die A 96. Auch unterwegs begleitete uns noch lange das herrliche Bergpanorama, noch herrschte Föhn und über dem Säuling und seinen Nachbarn schwebten dramatische Sturmlinsen.


Voralpenidylle mit Säuling und Sturmlinsen


So endete denn diese Reise, die so völlig anders verlaufen war, als geplant. Die letzten Urlaubstage verbrachten wir zuhause, räumten gemütlich den "Max" aus und reinigten Gefährt und Inventar. Zwar wurde der Donnerstag dann längst nicht so grauslich und stürmisch wie angedroht, aber in den Bergen hätten wir den Tag doch nicht aussitzen mögen. 

Immerhin bot sich am Samstag bei zwar grauem, aber stabil herbstlichem Wetter noch die Gelegenheit, wieder einmal an die Isar zu radeln. 


Herbst an der Isar - beim Georgenstein


Und dann hatte uns der Alltag unerbittlich wieder.