Dienstag, 25. Juni 2024

La Palma - Spätherbst 2023 - Teil II

Text: Eva Irmler





Der "Wilde" Westen II



Dienstag, 28. November – The El Paso


Heute stand Teil II der „Ruta de los Volcánes“ auf unserem Programm: Vom Refugio del Pilar (1440 m) sollte es zu den Picos Birigoyo (1807 m) und Nambroque (1924 m) gehen.

Bei der etwa halbstündigen Anfahrt zum Refugio del Pilar passierten wir einen weiteren Aussichtpunkt auf den Tajogaite, hielten am Straßenrand kurz danach, an einer Stelle mit jeder Menge Reifenspuren und keinerlei Verbotsschild. Dass sich der offizielle Parkplatz etwas weiter unten befand, war uns schon klar, wir hätten aber nicht gedacht, dass der Ranger, der an einem Häuschen vor dem Aussichtspunkt Wache hielt, so kleinkariert wäre und Günter zum Umparken nötigen würde … Sehr ärgerlich, aber die Aussicht, die sich uns anschließend bot, machte alles wieder wett: Der an diesem Morgen recht eifrig qualmende Krater des Tajogaite lag im schönsten Sonnenschein und aller Pracht zu unseren Füßen. 


Beste Aussicht auf den jüngsten Vulkankrater von La Palma


Die Vorstellung, was hier wohl vor gerade mal zwei Jahren
alles zerstört wurde, ist dagegen weniger schön ...


Entgegen allen Vorhersagen zogen jedoch auch heute wieder im Lauf des späten Vormittags Wolken auf oder vielleicht sollte man eher sagen: es bildeten sich Wolken, da es ein recht lokales Phänomen war. Während der Tajogaite und die Westküste, sowie Teile der Caldera de Taburiente von oben betrachtet bald von dicken Wattewolken verdeckt waren und es fortan und bis nach Sonnenuntergang auch blieben, waren wir an der „Cumbre Vieja“, wie der Höhenrücken in seiner Gesamtheit heißt, den ganzen Tag unter blauem Himmel unterwegs. Kühl war es morgens allerdings trotz Sonne noch, bei der Fahrt zum Refugio del Pilar sank das Thermometer bis auf 11°C.


Ein Schwarm Alpenkrähen vor der Caldera de Taburiente


Der Pico del Teide auf Teneriffa scheint
in der Luft zu schweben.


El Paso und die Caldera de Taburiente, rechts schwappt ein 
"Wolkenfall" über den Bergrücken.


Vom weitläufigen Parkplatz und Picknickgelände rund um das Refugio ging es zunächst im schattigen Pinienwald und nur mäßig steil auf der „Ruta de los Volcánes“ bergan, ehe wir auf einen nicht bzw. durchgestrichen markierten kleineren Pfad abbogen, der mehr oder weniger direkt zu unserem ersten Gipfel, dem Pico de Birigoyo, führte. Der Pfad war zwar immer gut zu erkennen, doch ebenso offensichtlich wurde er nicht mehr instandgehalten und durfte die Vegetation seit geraumer Zeit wild wuchern. An manchen Stellen mussten wir uns daher bereits zwischen Büschen hindurchzwängen, doch war dies noch recht harmlos gegen das, was uns im weiteren Verlauf der Wanderung blühte. Zum Glück wuchsen hier nirgends echte Stachelbüsche, aber wir bekamen zu spüren, dass selbst ganz normale, etwas stabilere Zweige ganz schön kratzig sein können. 

Zunächst aber freuten wir uns über unseren ersten Gipfel, der an diesem Tag bereits recht gut besucht war. Zugig wars dort oben, doch die herrliche Aussicht – auf unseren gestrigen Gipfel (Bejenado), die Caldera de Taburiente, die Ostküste La Palmas, hinüber nach Teneriffa mit dem alles dominierenden Pico del Teide und nach La Gomera – entschädigte auch dafür. Da es nun schon dreiviertel eins war, suchten und fanden wir unweit des Gipfels ein windgeschütztes Plätzchen fürs Vesper, ehe wir unseren Weg am Kamm entlang fortsetzten. 


Am Pico de Birigoyo


Picknick im Windschatten


Dass dieser Pfad, wiewohl im Rother beschrieben und zumindest an diesem Tag erstaunlich viel begangen, mittlerweile höchstens noch inoffiziell existierte, war uns inzwischen klar, doch dass wir uns nun, insbesondere bei der Überschreitung der Montaña de los Charcos, derart durch teils übermannshohe Sträucher und Gestrüpp würden kämpfen müssen, hätten wir denn doch nicht erwartet.

Insgesamt drängte sich der Verdacht auf, dass es von Seiten der Nationalparkverwaltung nur noch erwünscht ist, dass Wanderer die breit ausgebaute „Ruta de los Volcánes“ entlang marschieren, und alles andere wird allerhöchstens noch geduldet, weil sowieso nicht das komplette Gebiet überwacht werden kann. Meines Erachtens lohnt sich die Kamm- und Gipfelüberschreitung aber sehr und oft mehr als die weiter unten verlaufende offizielle Route, allein schon wegen der gigantischen Aussicht, die sich hier immer wieder bietet. Sehr schade, dass dies nicht auf einem halbwegs ordentlichen, markierten Pfad möglich ist.

Unser zweites Gipfelziel, den Pico Nambroque, erreichten wir erst recht spät, gegen 15 Uhr. Natürlich hatten uns nicht nur die Gestrüppe ausgebremst, sondern auch Unmengen an Fotostopps und ein paar Trinkpausen. Während der Wind den ganzen Tag sehr kühl blieb, war es auf der windabgewandten Seite des Höhenrückens, wo meist die Aufstiege verliefen, in der Sonne doch wieder so sommerlich warm, dass jede Menge Schweiß floss. Kurz vor dem Nambroque beeindruckte der Tiefblick in den Cráter del Hoyo Negro und auch der hier nun recht nahe Deseada grüßte über den Abgrund herüber.


Rechts unser Ziel, der Pico Nambroque


Über den Cráter del Hoyo Negro hinweg gibt es ein
Wiedersehen mit dem Volcán de la Deseada.


Kraterblick


Fast am Gipfel


Santa Cruz vom Pico Nambroque gesehen


Pico Nambroque

Nach kurzer, eher kühler Rast am Pico und ein paar Gipfelfotos machten wir uns schon bald an den Rückweg, für den wir spontan die längere Variante über den Llano de las Moscas einschlugen. Anfangs ging es hier sehr nett entlang eines alten Lavastroms und unterhalb einiger Klippen bergab. Bereits am Gipfel hatte uns eine Wanderin angesprochen, die von dort heraufgekommen war und irgendwelche ziegenartigen Tiere gesehen hatte, die seltsame Geräusche von sich gegeben hätten. Sie hatte befürchtet, dass die Tiere irgendwie in Not wären, da wir aber bis dahin weder etwas gesehen, noch gehört hatten, konnten wir ihr auch nicht weiterhelfen. Beim Abstieg nun entdeckten wir tatsächlich dort in den Felsen zwei Ziegen – unserer Ansicht nach ganz gewöhnliche Hausziegen – in Not schienen sie aber nicht zu sein. Und wir hörten auch keine Geräusche außer dem Kreischen der Alpenkrähen (Pyrrhocorax pyrrhocorax, auf Spanisch „graja“) mit ihren auffällig roten Schnäbeln, die wir schon den ganzen Tag immer wieder in Schwärmen beobachtet hatten und die hier offenbar in den Felsen wohnten. 


Bergziegensuchbild

Weiter gings nun bald auf einem Forstweg, der sich in arg gemächlichen Schleifen und leider erst mal in die komplett falsche Richtung durch den Wald hinabschlängelte. Trotz einiger teils abenteuerlicher Abkürzungen zog sich der Abstieg dadurch ziemlich in die Länge. Doch schließlich stießen wir auf eine Schneise, in der ein krasser Direktanstieg zum Birigoyo verlief, den wir morgens tunlichst vermieden hatten. Jetzt folgten wir diesem aber ein kurzes Stück bergab, ehe es noch einmal ein paar hundert Meter durch Wald zurück zum Refugio del Pilar ging, das wir gegen 17.30 Uhr wieder erreichten. 


Im Wald ist es spätnachmittags schon sehr schattig.


Gleich sind wir wieder am Refugio del Pilar.


Bei der Rückfahrt musste natürlich noch ein weiterer Stopp beim Tajogaite-Aussichtspunkt eingelegt werden. Der Vulkan war zwar noch immer wolkenverhüllt, doch lohnte das Spektakel, das die Wolken selbst im Verein mit der sich dem Horizont zuneigenden Sonne boten, den Zwischenhalt allemal.










Nach der obligatorischen Dusche im Hotel ging es erfrischt zur Pizzeria „Adagio“, wo wir die beim Wandern abgearbeiteten Kalorien mit Pizza Romana und Diavola, einem großen Gemischten Salat, sowie Tiramisu zum Nachtisch ausglichen. 


Mittwoch, 29. November – The El Paso



An diesem Tag war der Barranco de las Angustias unser Ziel. Mit dem „eigenen“ Auto ist diese Schlucht lediglich von einem Parkplatz an ihrem unteren Eingang (ca. 220 m hoch gelegen) zu erwandern. Von der Ortschaft Los Llanos führt eine ziemlich steile, schmale Straße dorthinab. Unten gibt es dann reichlich Parkmöglichkeiten und morgens startet hier außerdem ein Shuttleservice zum „Mirador de los Brecitos“, von wo man ebenfalls Richtung Schlucht und schließlich durch diese hinab wieder bis zum Parkplatz wandern könnte. Wir begnügten uns mit der einfacheren Variante und marschierten vom Parkplatz bachaufwärts. 

Anfangs musste man direkt im Bachbett in die Schlucht hineinwandern, da der erste Abschnitt des etwas oberhalb verlaufenden Wanderwegs gesperrt war. Im Bachbett verliefen zwar deutliche Fahrspuren, doch der kiesige Untergrund gab trotzdem unter jedem Schritt nach, so dass sich das Gehen eher wie am Strand oder im Schnee anfühlte: um einen Schritt vorwärts zu kommen, musste man gefühlt zwei Schritte aufwenden. Anfangs nervte das noch, bald gewöhnten wir uns aber daran und irgendwann wurde der Untergrund auch tendenziell fester. 

Nach den ersten großen Felsen, um die sich nun ein schmales Bächlein mit überraschend viel Algenbewuchs wand (ganz am Anfang war das Bachbett an der Oberfläche vollständig trocken gewesen), parkte doch tatsächlich ein älteres Paar mit seinem Geländewagen mitten in der Schlucht und sie wusch die Fußmatten im Bach, während er mit anderen Reinigungsarbeiten beschäftigt war. Als Günter stehen blieb, um ein Foto von der Landschaft (in erster Linie jedenfalls …) zu schießen, brüllte der Mann sogleich zornentbrannt was von „no foto“ – demnach war ihm durchaus bewusst, dass es nicht so ganz das Wahre war, was er da trieb.


Autowäsche im Bachbett ...


Bei einem kleinen Wasserfall, oberhalb von dem zwischen den hier dicht zusammengerückten Felswänden ein riesiger Gesteinsbrocken klemmte, ging es für uns zum ersten Mal aus dem Bachbett heraus und entlang des schmalen, aber gut ausgebauten und markierten Wanderwegs weiter. 


Im Felslabyrinth


Klemmblock von oben


Blick aus der schattigen Schlucht zur Caldera de Taburiente


Hier holten wir bald eine fast 20-köpfige deutsche Wandergruppe ein. Da wir wenig Lust hatten, längere Zeit in deren Kielwasser zu schwimmen, und Überholen auf dem schmalen Weg bei einer so großen Gruppe schier aussichtslos war, entschlossen wir uns zu einer Rast auf einem erhöhten Felsen mit Blick in die Schlucht. Bis wir schließlich weitergingen, hatten die Wanderer dann tatsächlich so viel Vorsprung gewonnen, dass wir ihnen nicht noch einmal begegneten. Andere sahen wir dagegen immer wieder und teilweise waren auch Leute darunter, die wir schon vor ein paar Tagen an anderer Stelle getroffen hatten. Man merkte schon, dass wir uns auf einer übersichtlichen Insel mit nur begrenzt vielen (Wander-)Möglichkeiten befanden. 


Durch die ganze Schlucht zieht sich ein System von Wasserkanälen.
 Hier folgt der Wanderweg kurz einem solchen.


Mal wandern wir hoch über dem Bach ...


Durch große Teile der Schlucht führte im weiteren Verlauf ein Wanderweg oberhalb des Bachbetts, doch fast immer war es ebenso möglich, direkt am Bach zu wandern. Zwar musste man dabei recht häufig auf Steinen oder auch nur mit einem großen Schritt oder Sprung die Seite wechseln, doch da der Bach meist lediglich aus einem oder mehreren schmalen, flachen Rinnsalen bestand, war dies nie ein Problem, mit einer einzigen Ausnahme: Bei „Dos Aguas“, wo der Rio Taburiente mit dem Rio Almendra Amargo zusammenfließt, ist der Taburiente etwas breiter und tiefer. Ein paar dicke Steine im Bach schienen die beste Option, um auf die andere Seite zu gelangen, von denen einer allerdings so wackelte, dass ich mir auf dem Hinweg um ein Haar nasse Füße geholt hätte. 


... dann geht es wieder im Bachbett dahin.




Manantial de agua sulfatada - an einigen Stellen entspringen
entlang des Rio Taburiente sulfathaltige Quellen.


Am Scheideweg - Abzweigung zur Cascada de Colores


Doch alles ging gut und bald darauf hatten wir auch schon unser Ziel, die „Cascada de Colores“ erreicht, einen künstlichen Wasserfall an einer Staumauer, die versintert ist und durch die Mineralien im Wasser leuchtend orange gefärbt. Knallgrüne Algen und andere Gewächse bilden einen interessanten Kontrast dazu. 

Von daher wunderten wir uns nicht, dass jede Menge Leute sich um die nicht sehr große Kaskade drängten. Bei unserer Ankunft lichteten sich gerade mehrere spanische Mädels davor ab, während eine Deutsche mit großer Kamera eine gefühlte Ewigkeit versuchte, das beste aller Fotos zu schießen. Weil der Fotospot also vorerst sowieso belegt war, kraxelten wir neben der Kaskade auf ein paar Felsen, vesperten und beobachteten belustigt, wie Mann und Tochter der Deutschen versuchten, mit dem orangefarbenen Schlamm, den schon viele zum Malen und für Namenszüge und Handabdrücke verwendet hatte, den allerhöchsten Handabdruck von allen anzubringen … 

Nach einer Weile war der Markt dann zum Glück so langsam verlaufen und wir mit einem anderen deutschen Wanderer allein. Dieser erzählte, dass er von „Los Brecitos“ herabgewandert sei, und war des Lobes voll über diese Variante. Vor einem Jahr sei er auch auf La Palma gewesen, allerdings hätte es da tagelang stark geregnet, seien Straßen überschwemmt und viel gesperrt gewesen … 






Cascada de Colores


Auf dem Rückweg zweigten wir nach ein paar hundert Metern rechts ab und stiegen noch ein Stück weit Richtung „Playa de Taburiente“ auf. Schon bald eröffnete sich ein schöner Blick auf einen Wasserfall und die Felsnadel des „Roque Idafe“. Leider hatte sich der Himmel über der Schlucht mittlerweile verdüstert, so stiegen wir zwar noch ein bisschen weiter auf, doch als der Weg wieder abzufallen begann und in Wald abtauchte, drehten wir um und machten uns endgültig auf den Rückweg zum Parkplatz. 


Roque Idafe

Zurück gings mal im Bachbett, mal darüber, ganz nach Lust und Laune, und schließlich erreichten wir nach gut 5 Stunden wieder das Auto. Inzwischen nieselte es sogar hin und wieder ganz leicht. 


Der "große" Sprung über den Rio Taburiente


Manch einer macht auch Bockspünge,
wo ein einfacher Schritt genügte ...

Der Klemmblock von unten - Magnesiaspuren zeugen davon,
dass hier gelegentlich gebouldert wird.



Als uns an der Ausfahrt des Parkplatzes eine Frau ansprach, ob wir ihre Tochter und sie mit nach oben nehmen könnten, zögerten wir nicht lange und räumten Rucksäcke und Wanderstiefel in den Kofferraum, um Platz zu schaffen. Wir hatten uns gerade überlegt, noch einen Abstecher nach Tazacorte zu machen, in der Hoffnung, dort irgendwo ein Eis zu bekommen, was unseren beiden Mitfahrerinnen sehr entgegenkam, da sie genau dort ihre Unterkunft hatten. Morgens waren sie tatsächlich von dort zu Fuß gestartet, denn Mietwagen hatten sie keinen und die Busse seien derzeit wegen einer Baustelle sehr unzuverlässig. Und so waren sie, bis wir sie aufsammelten, schon 22 km gelaufen. In der Schlucht hatten sie quasi dieselbe Strecke wie wir (ca. 12 km) zurückgelegt und dann kamen noch die 10 km Anmarsch ab Tazacorte obendrauf … Die Mutter erzählte, dass sie versucht hätten, dem Wasserkanal (einer Art Levada) zu folgen, wie sie das wohl vor 30 Jahren mal gemacht hatte, doch sei dies mittlerweile nicht mehr möglich, da manche Tunnel versperrt oder zugeschüttet seien. Der offizielle Wanderweg folgte nur auf etwa 50 m Strecke einem solchen Kanal, doch hatte auch Günter kurz davon geträumt, an diesem entlang einfach weiterzuwandern. 

Tazacorte war für uns dann eher ein Reinfall: Eis gab es weit und breit nirgends, überhaupt hatte noch praktisch alles geschlossen um 16.30 Uhr und so fuhren wir bald unverrichteter Dinge zurück in unsere Unterkunft. 

Tazacorte




Auch das Abendessen, zu dem wir heute zur Abwechslung mal zu Fuß aufbrachen, denn zur „Taberna El Mayoral“ sollten es nur 8 Gehminuten sein, war dann höchstens so lala. Leider erwies sich die „Taberna“ eher als Imbiss und wir blieben nur mangels fußläufiger Alternativen. Die Tomatenscheiben, in ganz viel Öl-Balsamico-Zitronen-Sauce auf einer Platte angerichtet und gut gesalzen und gepfeffert, waren noch ziemlich schmackhaft, das gut gekochte Schweinegeschnetzelte mit handgeschnittenen Pommes in ziemlich heftiger Paprikagewürzmischung ok, doch die „Papas mayoral“, eine Art „Gröstel“ mit leicht gebratenen Kartoffelscheiben, Spiegeleiern, Schinken- und Salamistückchen und drei Pimientos Padron als Deko, waren einfach zu schwach gewürzt, der Schinken zu dick abgeschnitten und dadurch zäh und außerdem reichte es dann irgendwann auch mit den Kartoffeln … 


Donnerstag, 30. November – Barlovento, Casa Rural Facundo B



Dies war unser erster Regentag auf La Palma und noch hofften wir, dass es der einzige bleiben würde … Schon morgens hingen die Wolken tief über El Paso und, noch ehe wir zum Frühstück in den Saal gingen, fielen die ersten dicken Tropfen. 

An diesem Morgen schwirrten im Übrigen ziemlich viele Leute in der Hotelanlage herum, ein Niederländer, den wir schon am zweiten Morgen kennengelernt hatten, sowie diverse Männer und Frauen, die wir noch nie gesehen hatten und die sich rund um den Pool zu schaffen machten. Offenbar wurde dieser nun für den Winter stillgelegt und abgedeckt. 

Auch unser Frühstücksfräulein erschien tatsächlich wieder und richtete noch einmal eine Korb voll vom Üblichen für uns her. Für die fünf unserer Ansicht nach eher unbefriedigenden Frühstücke durften wir am Ende noch bar 125€ berappen, dann packten wir unsere sieben Sachen zusammen und verfrachteten sie bei wieder einsetzendem Regen ins Auto. 

In der nächsten halben Stunde intensivierte der Niederschlag sich zu Sturzbächen, während wir auf der LP-1 Richtung Tijarafe unterwegs waren. Auf dieser Strecke gab es einige Baustellen, so dass wir immer wieder vor einer Ampel warten mussten oder ein Arbeiter stoppte den Verkehr vorübergehend, und Verkehr war jede Menge. Zusätzlich bildeten sich durch den heftigen Regen an vielen Stellen immer tiefere Pfützen und mehrfach lagen große Steine auf der Fahrbahn. 

Bei diesen Bedingungen zögerten wir dann doch etwas, die steile Abfahrt zur „Piratenbucht“ zu wagen, die an diesem Morgen unser erstes Ziel sein sollte. Kurz vor dem Schild, das 30% Gefälle ankündigte, bogen wir daher in eine Einfahrt ab, um zu beratschlagen. Als jedoch wenig später ein roter Fiat 500 beherzt die Straße hinabrollte und hinter uns ein Auto erschien, dem wir offenbar die Einfahrt blockierten, war der Entschluss schnell gefasst, es wenigstens bis zum oberen der beiden Parkplätze zu wagen. Zwischenzeitlich hatte der Regen beinahe aufgehört, doch gerade als wir den oberen Parkplatz erreicht hatten, von dem aus wir bei besserem Wetter hätten zu der Bucht hinabwandern wollen, drehte es noch einmal so richtig auf. So riskierten wir denn doch die Weiterfahrt bis zum unteren Parkplatz, die sich als der deutlich steilere und serpentinenreichere Teil erwies, letztlich aber völlig unproblematisch war. 

Von hier stiegen wir den kurzen, vom Regen allerdings teils recht glitschigen Steinplattenpfad vollends zur „Piratenbucht“ (oder Schmugglerbucht) „Porís de Candelaria“ hinab. Gerade jetzt kam tatsächlich für ein paar Minuten die Sonne zum Vorschein, sodass die Schönheit dieser tief eingeschnittene Bucht mit ihrem türkisblauem Wasser unterhalb der beeindruckenden Lavaklippen so richtig zur Geltung kam. Knapp oberhalb des Wasserspiegels bilden diese hier eine breite Höhle und die darin errichteten Häuschen sind natürlich Teil der Attraktion. Jetzt im Winter war hier alles fest verrammelt und verlassen (bis auf zwei Katzen, die offenbar dauerhaft hier wohnen) und einige Boote waren im hintersten und höchsten Teil der Höhle sicher verstaut. Beeindruckend war auch die zentrale Felsformation aus hängenden Basaltsäulen, vermutlich ein alter Vulkanschlot. 


Porís de Candelaria








Nach einer Weile hatten wir uns sattgesehen und begannen den Aufstieg zurück zum Parkplatz, fast zeitgleich mit dem Paar aus dem Fiat 500 und noch zwei, drei anderen Touristen. Der Regen hatte mittlerweile komplett aufgehört und die Steinplatten begannen sogar schon zu trocknen und so rechnete keiner damit, was als nächstes passierte: Plötzlich begann es über uns zu donnern und zu rauschen und im gleichen Moment schoss aus einer Rinne etwas rechts und oberhalb von uns ein Schwall Erde, Gestein und Dreckwasser und ergoss sich im hohen Bogen ins Meer. 


Nach dem Regen schießt urplötzlich eine Schlammlawine ins Meer.


Das Wasser reißt viel Erde, Pflanzen und Gestein mit sich fort.


Zunächst starrten alle nur halb erschrocken, halb fasziniert auf das außergewöhnliche Schauspiel, bis jedem nach und nach dämmerte, dass diese Schlammlawine genau von da kam, wo unsere Autos parkten … Der restliche Aufstieg geriet daher etwas hektisch und angespannt, ein Stück weit ging es sogar noch direkt an dem Bachbett entlang, durch das sich die Dreckfluten wälzten und oben lief auf breiter Front schlammiges Wasser unter der Leitplanke hervor, die den Parkplatz begrenzte. Doch alle Autos standen letztlich sicher links oder rechts des Bachs, der mitten über den Platz lief. Dieser war zwar nicht wirklich tief und bestand tatsächlich nur aus bräunlichem Wasser, das Geröll und ein Großteil der Erde wurden wohl erst weiter unten mitgerissen. Trotzdem hätte man den Strom nicht trockenen Fußes überqueren können und da unser Auto auf der anderen Seite davon parkte, hätten wir mindestens Schuhe und Socken ausziehen und hinüberwaten müssen. Günter schwang sich dann aber kurz entschlossen auf die Leitplanke und „ritt“ todesmutig auf dieser über den Bach 😊. 

Mit dem Auto war es anschließend kein Problem, diesen zu überqueren, um mich einzusammeln und die beiden aus dem Fiat 500 gleich mit hinüber zu ihrem Auto zu nehmen. Und zu guter Letzt klappte auch die Fahrt auf der steilen Strecke bis zurück nach Tijarafe ohne Probleme, zumal hier in der Zwischenzeit die Straße bereits wieder weitgehend trocken war und vom heftigen Regen am Vormittag kaum mehr etwas zu ahnen. 

In Tijarafe gab es dann gleich Mittagessen im „Restaurante Los Olivos“, wenige Schritte von dort, wo die Piste von der „Piratenbucht“ wieder in die Hauptstraße mündete. Gegen 13 Uhr waren zunächst die einzigen Gäste, doch im Lauf der Zeit kamen erst einige Männer, die sich an der Bar niederließen und dann füllten sich noch zwei weitere Tische. Das Essen war hier gut und reichlich, die Karte dreisprachig und zudem zeigte der Wirt uns noch Fotos von den einzelnen Gerichten. Allerdings waren eine Vorspeise und zwei Hauptgerichte dann zusammen mit dem gerösteten Brot mit Knoblauchbutter, das uns zur Einleitung ungefragt serviert wurde, am Ende mal wieder viel zu viel ...

Weiter ging die Fahrt an der kurvigen Westküste, wo wir bald durch ein ausgedehntes und noch recht frisches Waldbrandgebiet (von Juli 2023) kamen, in dem die Pinien und sonstigen Gehölze mehrheitlich als beklagenswerte schwarze Gerippe in der Landschaft standen und nur ganz vereinzelt schon wieder zaghaftes Grün spross.

 Bei Santo Domingo, schon ziemlich weit im Norden, lockte uns die Aussicht auf einige Felsen vor der Küste, u.a. den Roque de las Tabaidas, in dem ein spektakuläres Loch klafft, noch einmal ans Meer hinab, zudem waren die Wellen hier, wie auch schon morgens in der „Piratenbucht“, sowieso ein Spektakel für sich. Ganz ähnlich wie bei dieser ging es nun wieder vom Parkplatz auf steilem Pfad zum Meer hinab, vorbei an einigen Behausungen, die hie und da in den Steilwänden klebten. Nachdem wir die Szenerie eine Weile genossen hatten, fiel uns mit einem Mal auf, dass der Himmel sich rasend schnell verdüsterte, und so machten wir uns schleunigst auf den Rückweg. Und tatsächlich fielen, noch ehe wir das Auto erreicht hatten, bereits erste Tropfen und bei der Rückfahrt zur Ortschaft Santo Domingo ging noch einmal ein kurzer, aber heftiger Schauer nieder.


Roque de als Tabaidas


Roque de Santo Domingo






Unser Weiterweg führte nun schon bald um die Nordspitze der Insel herum und von da an wieder Richtung Osten. Hier im Norden wurde das Grün zusehends üppiger, von den mächtigen Kiefern hingen graugrüne Flechtenbärte, überall sprossen Moose, Farne, Hauswurzen und teils auch schon Lorbeerbäume und die „Gänsedisteln“ (Günter hatte diese an Löwenzahn erinnernden, gestielten Pflanzen, die uns auch schon weiter im Süden gelegentlich aufgefallen waren, via Internet-Bildersuche so „bestimmt“) erreichten hier schon fast strauchartige Dimensionen. 

In Barlovento angekommen deckten wir uns im Spar gleich mit den nötigsten Lebensmitteln ein und dann steuerten wir unsere neue, etwas oberhalb der Ortschaft gelegene Unterkunft an. Diese befand sich in absolut ruhiger Lage und auch von unseren Nachbarn im „Casa Rural Facundo A“ hörten wir keinen Pieps. Das Ferienhaus war für uns zwei im Grunde viel zu groß mit seinen drei Schlafzimmern, von denen wir natürlich nur eines nutzten. Die Vermieterin, die kurz nach uns eintraf, schien sehr nett, doch leider konnte sie nur Spanisch und wir noch immer viel zu wenig. Im Wesentlichen führte sie uns einmal durchs Haus, lichtete unsere Ausweise ab, wie es wohl gefordert ist, übergab uns dann den Schlüssel und wünschte einen schönen Aufenthalt. 

Abends kämpfte Günter eine ganze Weile mit dem offenen Kamin, doch trotz aller Bemühungen produzierte er mal wieder hauptsächlich Rauch. Kühl war es hier durchaus, aber letztlich doch ganz gut auszuhalten. Und wenn die Wetterprognose für den folgenden Tag stimmte, die 6 Stunden Sonne und bis zu 21°C versprach, wäre es sicher auch im Ferienhaus wieder wärmer und trockener …



Im Norden und Nordosten



Freitag, 1. Dezember – Casa Rural Facundo B / Casa Las Paredes   



Anderntags stellte sich dann leider heraus, dass dieses Ferienhaus nicht so der Glücksgriff gewesen war. Morgens stand nach Duschen und Toilettenbenutzung plötzlich der Boden im Bad unter Wasser. Die Quelle des Übels war schnell gefunden, doch half uns das wenig: Unter dem Waschbecken sprudelte es aus dem Abflussrohr, sowie man irgendwo Wasser laufen ließ. Zum Glück schien es sich im Wesentlichen um klares Wasser zu handeln, doch außer Aufwischen und den Vermietern Bescheid sagen, konnten wir nichts tun. 

Trotz allem wollten wir uns dann auf den Weg zum Mirador La Tosca machen, der heute als erstes auf unserem Programm stand, und hofften, dass das Problem behoben wäre, wenn wir abends zurückkamen. Gegen 16 Uhr werde jemand kommen und sich darum kümmern, hieß es von Seiten der Vermieter. 

Der Vormittag war nun schon weit fortgeschritten, zumal wir bis 8.30 Uhr geschlafen hatten. Die Nacht war zumindest für mich nicht wirklich erholsam gewesen, da es mich in dem Bett aus unerfindlichen Gründen ständig gekribbelt und gejuckt hatte … Dann noch der Heckmeck mit der Überschwemmung und so ging es schon stramm auf 11 Uhr zu, als wir das Haus verließen. Zum Mirador La Tosca waren es allerdings nur 5 Minuten Fahrt, während denen es tatsächlich schon wieder regnete. In der Nacht hatte es ein Gewitter gegeben und zeitweise wie aus Kübeln geschüttet. Am Morgen war es dann erst recht heiter gewesen, doch über dem „Cumbre“ (den Bergen, die die Caldera de Taburiente einrahmen) zog es schon bald wieder zu und noch vor unserem Aufbruch hatte es zu nieseln begonnen – so viel zu sechs Stunden Sonne und trocken … 

Der Mirador La Tosca bot einen schönen Ausblick auf die Drachenbäume, von denen es in dem gleichnamigen Weiler unterhalb besonders viele und prächtige Exemplare gab. Nach einem ersten Blick von oben spazierten wir hinab, um diese eigentümlichen und für die Kanaren typischen Bäume auch aus der Nähe zu bewundern. Leider blieb der Himmel grau bedeckt, so war der Fotograf mit seiner Ausbeute am Ende nur mäßig glücklich. 




Die Drachenbäume von La Tosca






Zurück beim Auto war es schon deutlich nach 12 Uhr, weshalb wir sogleich den Weg zum „Restaurante La Pradera“ einschlugen, das wir vom Mirador in wiederum nur 4 Minuten Fahrt erreichten. Das Mittagessen im kühlen, anfangs komplett leeren Speisesaal war dann leider nicht gerade ein Highlight: Der gegrillte Käse, der an griechischen Haloumi erinnerte, mit grüner Mojo-Sauce war noch ok, ebenso der Salat, zu dem allerdings unnötigerweise Essig, Öl, Salz und Pfeffer in kleinen Wegwerfdöschen kamen. Die Croquetas waren etwas arg dunkel gebacken, ansonsten vermutlich das Übliche, was es überall in Spanien als Tiefkühlware gibt. Doch mit dem Hauptgang, einem halben gebratenen Hähnchen mit Papas fritas, war ich dann überhaupt nicht glücklich: Gegen das Huhn konnte man eigentlich wenig einwenden, wir hatten es nun mal bestellt und es war durchgebraten und hatte jede Menge Fleisch auf den Rippen, doch die Pommes waren einfach nicht fertig frittiert, viel zu hell, teils auch noch halb roh und völlig salzlos. Hätten wir sie doch bloß zurückgehen lassen, anstatt nur mehr Salz anzufordern, denn am Ende blieb ein guter Teil davon sowieso stehen und als Beilage dienten stattdessen die zum Glück recht frischen Semmeln, die zur Vorspeise serviert worden waren. Überhaupt gingen mir die fleischlastigen Mahlzeiten der vergangenen Tage so langsam auf den Geist, doch leider hätte es gerade hier wenig Alternativen gegeben, da lediglich ein einziges Fischgericht auf der Karte zu finden war, von Vegetarischem ganz zu schweigen.

Nach dem Mittagessen hatte sich das Wetter deutlich verbessert, draußen war es nun auch wesentlich wärmer als im kalten Saal …

Nicht wirklich zufrieden, aber immerhin gut satt begaben wir uns dann zu unserem zweiten Tagesprogrammpunkt, einer Wanderung an der Nordküste entlang, die uns zu zwei Aussichtspunkten und durch eine tiefeingeschnittenen Schlucht führen sollte. Nach der steilen Abfahrt bis ins Dorf Gallegos hatten wir genug von engen Gassen und Kurven, obwohl man grundsätzlich bis direkt zum Mirador Lomo de La Cancela unterhalb der Ortschaft hätte fahren können. So ließen wir das Auto auf einem der überraschend zahlreichen Parkplätze im Ortszentrum stehen und marschierten zu Fuß zum Aussichtspunkt hinab. 




Bunte Blumen(töpfe) und Häuser in Lomo de La Cancela


Außer dem Blick über das inzwischen sonnenbeschienene Meer faszinierte hier insbesondere die Aussicht auf unseren Weiterweg zum Barranco de Franceses und dessen Fortsetzung, die sich jenseits der Schlucht wieder im Zickzack emporwand. 


Blick vom Mirador Lomo de La Cancela zur Nordspitze La Palmas


Der Hüter des Miradors

Landeinwärts ist es nun auch bei den Sternwarten
am Roque de los Muchachos sonnig.

Jenseits des Barranco Franceses
zieht der Serpentinenweg zu unserem Wanderziel hoch.

Überall an den Hängen entlang der Nordküste gedieh üppige Vegetation aus Kanaren- und anderer Wolfsmilch, Farnen, Moosen, Flechten. In der Sonne brach dann sofort wieder der Sommer aus, wobei die Luftfeuchtigkeit auch an schattigen Stellen und, nachdem die Sonne später hinter den Bergen verschwunden war, beim Wandern für Schweißausbrüche sorgte. Der Versuch, vom Barranco vollends zum Meer abzusteigen, scheiterte an einer etwa 20 m hohen, überhängenden Felsstufe, doch insgesamt hat sich die Tour durchaus gelohnt und war überraschend einsam: am Mirador Lomo de La Cancela trafen wir noch zwei andere Deutsche, einen weiteren flotten Wanderer sahen wir von Weitem, als wir gerade etwas abseits des Wanderwegs von einer markanten Felsnase aus die Landschaft bewunderten, und das wars dann auch schon.




Ein steiler Pfad führt in den Barranco Franceses hinab.


Kanaren-Wolfsmilch (Euphorbia canariensis)


Blick vom Mirador de Franceses


Die Schatten werden bereits lang
und uns steht ein ebenso langer Rückweg bevor.


Im Barranco Franceses


Er hält auch abends noch die Stellung :)


Bei unserer Rückkehr um 18.30 Uhr empfing uns an unserer Unterkunft eine jüngere Frau mit der frohen Botschaft, dass in puncto Überschwemmung alles wieder gut sei. Doch schon kurze Zeit später, als ich mir den Schweiß der Nachmittagswanderung bei einer wohlverdienten Dusche abwaschen wollte, stellte sich heraus, dass nichts gut war, denn das Bad stand schon wieder unter Wasser … 

Mehrere Stunden und viele, letztlich offenbar erfolglose Bemühungen der Ferienhausvermieter später blieb als einzige Lösung des Problems ein ungeplanter Umzug übrig. Und ehe wir uns dessen versahen, saßen wir auch schon in einer neuen Unterkunft, der „Casa Las Paredes“, die ganz am anderen Ende von Barlovento lag, näher am Meer und ein gutes Stück die Straße nach Santa Cruz entlang. Dieses Häuschen war im Prinzip ganz ähnlich wie das vorige, etwas muffiger vielleicht, die Küche etwas weniger gut bestückt und statt mehrerer getrennter Räume gab es hier eine große Wohnküche mit Esstisch, Couchgarnitur und Kaminofen. Doch der Besitzer war sehr nett und zudem offenbar spontan bereit gewesen, uns seine Unterkunft ersatzweise zur Verfügung zu stellen. Allerdings erwartete er Anfang der folgenden Woche andere Gäste, so dass wir auf alle Fälle noch einmal würden umziehen müssen. Die Kommunikation lief an diesem Abend im Übrigen über das Tourismusbüro der Gegend und eine gewisse Laura, die zu unserem Glück sehr gut Deutsch sprach. 


Samstag, 2. Dezember – Casa Las Paredes



Am Donnerstag hatten wir noch gehofft, dass dies unser einziger Regentag auf La Palma wäre, doch schon am durchwachsenen Freitag bröselte diese Erwartung und nun wurde sie vollends zunichte gemacht: Seit dem frühen Samstagmorgen prasselte es mal mehr, mal weniger heftig aufs Dach und zu den tief hängenden Wolken gesellte sich dichter Nebel. Bei diesen trüben Aussichten zögerten wir den Aufbruch entsprechend lang hinaus. Nur in der Ferienwohnung herumsitzen wollten wir auf keinen Fall, doch die eigentlich geplante Schluchtenwanderung von Los Tilos aus kam bei diesem Wetter nicht in Frage. Marianne, eine junge Deutsche (den Dialektanklängen nach aus dem Südwesten), die hier für den Besitzer oder Vermieter der insgesamt vier Ferienhäuser die Kommunikation mit den Gästen übernahm und vermutlich noch viel mehr, meinte, dass es praktisch auf der ganzen übrigen Insel trocken sei, nur nicht hier im Nordosten. Und seltsamerweise stellten wir fest, dass sämtliche Wetterdienste und auch deren radarbasierte Regenkarten sogar für die Region, in der wir uns aufhielten, schlicht keinen oder höchstens minimalen Regen anzeigten. Schon sonderbar, wenn man im strömenden (Phantom-)Regen vom Auto zum Supermarkt rennt und zurück und dabei auf dem kurzen Stück schon ordentlich nass wird … 

Jedenfalls beschlossen wir dann, unser Glück etwas weiter westlich an der Nordspitze der Insel zu versuchen. Die Rother-Wanderung (26) in dieser Gegend stand sowieso noch auf unserer Liste, warum also nicht diese vorziehen. So machten wir uns hoffnungsvoll auf die fast einstündige Fahrt zum Ausgangspunkt, wobei natürlich Luftlinie gar keine so große Distanz zwischen Barlovento und der Punta de Juan Adalid liegt. Selbst auf der Straße sind es nur rund 35 km, dass wir dafür fast eine Stunde benötigten, sagt alles über die Strecke: kurvig ohne Ende und in ständigem Auf und Ab windet sie sich an der Nordküste entlang. Nach drei Tagen Regenwetter lagen an vielen Stellen Steine auf der Straße, wo nicht Netze an den Hängen oder direkt oberhalb der Straße zumindest die gröbsten Brocken auffingen. Genauso stet auf und ab ging es auch mit unserer Stimmung: mal schien es, dass der Regen aufhörte und demnächst die Sonne zum Vorschein käme, einmal gab es im Westen sogar einen Regenbogen, doch dann trübte es wieder ein und der Niederschlag intensivierte sich erneut. 

Bei der Tankstelle an der Abzweigung Richtung Juan Adalid, einem kleinen Weiler, von dem die Wanderung ihren Ausgang nehmen sollte, bekam der Jeep noch Benzinnachschub. Hier mussten wir dann so langsam erkennen, dass wir es wohl nicht ganz aus dem Regengebiet raus schaffen würden, denn es nieselte noch immer leicht. Und während wir langsam zum Ausgangspunkt der Wanderung hinabrollten, vorbei an zwei Windrädern, die im Nebel kaum auszumachen waren, ging der Niesel sogar wieder in Regen über. Unser Vesper verspeisten wir daher gleich mal im Auto. Währenddessen kam wieder Hoffnung auf Besserung auf, hörte der Regen praktisch ganz auf und schien sich die Wolkendecke aufzulockern, doch letztlich blieb es den ganzen Nachmittag feucht bis nass. 


Regenwandern ...


... bei um die 21°C -


So grün wie es hier ist ...


... offenbar keine Ausnahme ...


... im Barranco de Domingo Diaz.


Gelohnt hat sich die etwa 7,5 km lange Wanderung (500 Hm) aber trotz allem, ja, wir würden sogar behaupten, dass sie landschaftlich eine der schönsten auf La Palma war. Von allen Schluchten, die wir durchwanderten, beeindruckte uns der Barranco de Domingo Diaz, den wir im Verlauf der Wanderung gleich zweimal auf spektakulären Steigen querten, am meisten. Zu bewundern gab es zunächst Vulkangestein in allen denkbaren Farben und Formen, darin jede Menge großer und kleiner Höhlen, und dann die Vegetation: Von der Kanaren-Wolfsmilch hatten wir zwar auch schon an anderer Stelle recht hübsche Exemplare gesehen, doch so viele und so prächtige bis dahin nur dort. Und auch andere Arten von Wolfsmilch, sowie Feigenkakteen gab es en masse. Letztere waren allerdings nicht immer nur die wahre Freude, obwohl mit ihren roten Früchten sehr hübsch anzusehen. Teils wuchsen sie mitten im Weg oder als „Spalier“ links und rechts davon, so waren schmerzhafte Kontakte mit ihren Stacheln nicht immer zu umgehen.





Stachelige Feigenkakteen am Weg


Überhaupt das Gehen: durch den Regen waren viele Wege, die vor ein paar Tagen sicher noch staubtrocken gewesen wären, völlig aufgeweicht, die lehmige Erde setzte sich mit der Zeit immer dicker an unsere Sohlen und dann ging es oft auch über flechtenbesetzte, abgerundete Felsen, was mein Tempo v.a. bergab mal wieder auf Kriechgeschwindigkeit reduzierte. Unser Weg, bzw. die außerhalb des Barrancos nicht immer leicht zu entdeckende Pfadspur, führte uns bis an die Klippen oberhalb der Playa de El Mudo (Punta de El Mudo), bei diesem Sauwetter zum Strand hinabzusteigen, sparten wir uns jedoch. Die Tiefblicke an der Küste aufs tobende Meer und der sehnsüchtige Blick noch weiter nach Westen, wo sich immer mal wieder eine Lücke in den Wolken auftat und die Sonne hervorblitzte, mussten heute genügen. 




Jede Menge Kanaren-Wolfsmilch und Verwandte




An der Punta de El Mudo zeigt sich eine Lücke in den Wolken,
doch leider schafft es die Sonne nicht ganz zu uns ...


Wo ist den nun der Weg? - Hier war der GPS-Track Gold wert.




Noch einmal queren wir den Barranco de Domingo Diaz.


Gleich sind wir zurück beim Auto am Camino Juan Adalid.


Nach der länglichen Rückfahrt statteten wir nun schon den dritten Tag in Folge dem Spar in Barlovento einen Besuch ab. Zurück an der Unterkunft schüttete es dann gerade so dermaßen, dass wir nur schnell ins Haus spurteten und alles bis auf unsere Rucksäcke im Auto ließen. Erst nach dem Abendessen im „El Asador del Campesino“, trugen wir unsere Einkäufe mit ins Haus, dabei regnete es auch da noch höchstens eine Spur weniger heftig als ein paar Stunden früher.

Das Abendessen war auch diesmal wieder nur halb gelungen. Offenbar hatten wir gerade kein gutes Händchen bei der Wahl unserer Hauptgerichte: Wie tags zuvor das halbe Hähnchen, kam das „Cabrito“ (Zicklein), das wir in einem Anfall von Experimentierfreudigkeit bestellt hatten, mit ziemlich „unreifen“ Pommes. Doch während an den Knochen des Huhns eher zu viel Fleisch gewesen war, lohnten die paar halbwegs ordentlichen Stückchen heute die Mühe (auch die des Kochs) kaum … Künftig wollten wir uns daher lieber wieder an Bewährtes halten, nahmen wir uns vor. Nahezu perfekt war dagegen der sehr vielseitige Salat (Avocado, Möhren, Gurke, Tomaten, Honigmelone und nur ganz wenig grüner Salat, sowie ein paar Zwiebeln), für dessen Dressing Olivenöl und Balsamico, Salz und Pfeffer in Glasbehältern auf den Tisch kamen. Nach dem unbefriedigenden Gerupfe am Zicklein gönnten wir uns schließlich noch Nachtische: einen Zitronenflan (Quesillo limón), der hauptsächlich aus ganz vielen Eiern bestand, und „Bienmesabe“ (= „Schmeckt-mir-gut“), wohl eine typisch kanarische Nachspeise aus gemahlenen Mandeln, Zucker, Eigelb, sowie Zitronenschale und Zimt (sagt das Internet). Beides sehr lecker und am Ende wieder grenzwertig viel …


Sonntag, 3. Dezember – Casa Las Paredes



Auf den komplett verregneten Samstag folgte ein überwiegend herrlich sonniger Sonntag – zumindest dort, wo wir ihn verbrachten. Morgens beim Aufbruch in Barlovento herrschte hier nämlich bereits wieder trübes wolkenverhangenes Wetter und just, als wir ins Auto stiegen, begann es zu nieseln, dabei hatte es beim Aufstehen noch deutlich netter ausgesehen.

Für uns sollte es nun jedoch ganz hoch hinausgehen, so hoch es auf La Palma überhaupt möglich ist, auf den Roque de los Muchachos, dem mit 2427 m höchsten Gipfel der Insel, der Teil der Umrandung der Caldera de Taburiente ist. „Bestiegen“ ist dieser Gipfel relativ schnell und mühelos, da eine Straße bis ganz hinauf führt. Das bedeutet aber nicht, dass die Anfahrt ganz ohne Mühe war: Von Barlovento aus gab es zwei Möglichkeiten, dorthin zu gelangen, entweder über die LP-1, die wir mittlerweile zur Genüge kannten, oder über die LP-109, die sich noch etwas weiter oberhalb und noch schmaler und kurviger über die Hänge und durch die Barrancos schlängelt. Wir entschieden uns der Abwechslung halber für die zweite Variante, die an diesem Vormittag zum Glück nicht sonderlich stark befahren war. Zu den üblichen Problemen, die schmale, vielfach eher nur einspurige, kurvige Bergsträßchen mit sich bringen, gesellte sich hier noch die Gefahr, einen der vielen Felsbrocken zu übersehen, die nach den Regenfällen der letzten Tage von oben herabgepurzelt waren. Aber alles ging gut, auch die Durchquerung der zwei, drei definitiv einspurigen und unbeleuchteten Tunnel, und bald hatten wir die Zone der Sternwarten und schließlich den Parkplatz nahe dem höchsten Punkt der Insel erreicht. 


Sternwarten an der Straße zum Roque de los Muchachos


Allzu groß war dieser nicht und, wie nicht anders zu erwarten, an einem Sonntag bei strahlendem Sonnenschein schon nahezu komplett belegt, als wir kurz vor 12 Uhr dort eintrafen. Doch viele Besucher verweilten zum Glück nicht allzu lang und so mussten wir nur einen Moment warten, bis eine Parklücke frei wurde. Zunächst spazierten wir von dort zu den beiden Aussichtspunkten, von denen sich ein wirklich sensationeller Blick bot. Zwar hatte sich die Caldera um diese Zeit bereits wieder nahezu bis zum Rand mit Wolken gefüllt, aber der Pico Bejenado grüßte immerhin noch über das Wolkenmeer hinweg, im Osten war der Teide klar zu erkennen und ebenso die weiteren Picos am Rand der Caldera. Am „Espigón del Roque“, dem äußersten Mirador beim Roque de los Muchachos, schwangen wir uns auf die Mauer und verspeisten vor atemberaubender Kulisse unser Vesper. Dann spazierten wir wieder zurück zum Auto und rollten ein paar Kilometer weiter bis knapp unterhalb vom Pico de la Cruz. 


Ganz oben auf La Palma: Aussicht vom Roque de los Muchachos


Die Caldera de Taburiente ist bereits wieder randvoll
mit Wolken, der Pico Bejenado spitzt gerade noch so hervor.


Mirador del Espigón del Roque




Cherenkov Telescope Array


Am Straßenrand ergab sich schräg gegenüber vom Beginn des kurzen Aufstiegs zu diesem Gipfel eine günstige Parkmöglichkeit. Mittlerweile waberten die Wolken immer mehr in die Höhe, so dass wir zwar zu Anfang am Pico de la Cruz noch in der Sonne wanderten, die auch hier oben auf 2341 m mittags ordentlich einheizte, später jedoch, auf dem Weg zum Pico de la Nieve, gerieten wir immer öfter in dichten Nebel bzw. wanderten wir in statt über den Wolken. Insgesamt eine nette Wanderung über viele Gipfelchen bzw. teils auch knapp unterhalb vorbei, auf der es wohl auch viele Aussichtspunkte gegeben hätte, wenn man denn etwas gesehen hätte. 


Vom Pico de la Cruz zum Pico de la Nieve


Monumento al Infinito


Enzianartiger Natternkopf (Echium gentianoides)


Am Pico de la Nieve liefen wir nach ca. zwei Stunden ein und waren völlig alleine. Es ging nun schon auf 16 Uhr zu und während uns auf dem Hinweg noch oft andere Wanderer begegnet waren, wir langsamere überholten oder von schnelleren überholt wurden, trafen wir auf dem Rückweg keine Menschenseele mehr. Dabei wurde es gegen Abend von Minute zu Minute schöner dort oben. Je mehr die Sonne sank, desto tiefer sank auch die Wolkendecke und bald gingen wir nicht nur wieder unter tiefblauem Himmel dahin, auch sonst kam wieder deutlich mehr Landschaft zum Vorschein. Im Norden sahen wir bald bis hinab zum Meer, auch der Teide im Osten kam wieder heraus und schien über den restlichen Wolken zu schweben, die den Nordosten noch immer verbargen. Und wenn wir auch längst nicht bis zum Grund der Caldera blicken konnten, war immerhin der komplette Kraterrand wieder zu sehen und boten Wolken und Felsen im warmen Abendlicht noch einmal einen ganz anderen, nicht weniger spektakulären Anblick.


Am Pico de la Nieve


Wälder am Fuß des Pico de la Nieve und der Teide in der Ferne.


Gegen Abend ...


... klart es wieder ...


... zunehmend auf.
Roque de los Muchachos vom Pico de la Cruz


Einziger Wermutstropfen: es wurde nun rapide kühler und immer häufiger wanderten wir im langen Schatten des einen oder anderen Hügels. Solange man in Bewegung blieb, war es im T-Shirt noch eine ganze Weile auszuhalten, doch schließlich, wieder am Pico de la Cruz angelangt, genügte selbst der Fleecepulli kaum mehr. Zwar waren es von da nur mehr wenige Minuten zum Auto, doch dauerte es bei der Rückfahrt recht lang, bis wir wieder einigermaßen warm wurden. 

Mangels näher gelegener Alternativen – im laut Google geöffneten „El Reyes“ in Roque del Faro war alles dunkel und verrammelt – steuerten wir dann direkt ein Hotelrestaurant bei Barlovento an (Restaurante La Palma Romántica). Die einzigen Gäste waren wir dort nicht, doch ein großer Ansturm sieht anders aus. Bei unserer Ankunft waren zwei Tische mit je zwei Personen belegt und ein Typ, vermutlich Hotelgast, verzehrte sein Abendessen in einem Sessel bei der Bar. Na ja, das Hotel hatte seine Glanzzeit offensichtlich auch schon einige Jahrzehnte hinter sich, aber was das Essen anging, konnten wir nicht klagen: Mein nicht genauer spezifizierter Fisch („mit einem Hauch Honig“, Bratapfelscheibe, Salatbukett und ein paar Pommes) war ganz hervorragend. Günters Schweinelende (ebenfalls mit Salat und Pommes) war ok, allerdings hatte man das Fleisch wohl auch mit Honig bestrichen, was er nicht so gelungen fand und mit viel Balsamicoessig ausglich. Diesmal nahmen wir, eingedenk unserer übervollen Bäuche am Abend zuvor, nur einen gemeinsam Nachtisch, wieder „Bienmesabe“, das hier mit einer Kugel Vanilleeis serviert wurde, was auch sehr gut passte.

 

Zurück im Osten



Montag, 4. Dezember – Los Nacientes: Cordero, bei Los Sauces



An diesem Tag stand noch einmal ein Quartierwechsel an, weil unser bisheriges Ersatzdomizil ab dem Montagabend anderweitig belegt war. Wir hätten uns zwar einerseits der Bequemlichkeit halber gewünscht, für die letzten beiden Nächte auf La Palma in der Casa Las Paredes bleiben zu können, doch andererseits gab es auch so manches, was uns dort störte, insbesondere das fürchterlich feuchte Klima in der Wohnung. 

Während der zwei Tage, die wir dort verbrachten, von denen 1 ½ freilich völlig verregnet waren, wurden unsere Handtücher im Bad nicht ein einziges Mal vollständig trocken; im Schlafzimmer lief fast die ganze Zeit das Wasser innen an den Fensterscheiben herunter und die über Nacht zum Trocknen aufgehängten Wanderklamotten waren morgens eher klammer als am Abend davor. 

Ab dem zweiten Abend schafften wir es immerhin, mithilfe des Kaminofens, den Günter nach anfänglicher Mühe auch mit feuchten Streichhölzern und nicht perfekt trockenem Holz zum Brennen brachte, die Wohnküche angenehm warm einzuheizen und damit auch deutlich die Luftfeuchtigkeit zu reduzieren. Der Sauerstoff wurde allerdings ebenfalls bedenklich reduziert und Kohlenmonoxid angereichert (das Ofenrohr hatte einen Riss …), so dass wir immer mal wieder kräftig durchlüften mussten. 

Am letzten Abend dort rissen wir aus diesem Grund beim Zubettgehen noch einmal alle Fenster und Türen auf und dachten uns nichts weiter dabei. Doch als wir schon längst wieder alles geschlossen hatten, hörten wir aus dem Wohnzimmer plötzlich seltsame Geräusche. Des Rätsels Lösung war dann schnell ertappt: Eine der unzähligen Katzen, die sich auf der Ferienwohnanlage herumtrieben, hatte sich bei uns eingeschlichen und so ganz einsichtig wirkte sie nicht, als wir sie schließlich hinauskomplimentierten …

In unserer neuen Unterkunft, dem „Los Nacientes“ bei Los Sauces, gab es zwar keine Katzen, aber tatsächlich in jedem Raum einen Heizkörper, im Bad sogar zwei, so dass das Raumklima auf Anhieb viel angenehmer war und wir den offenen Kamin nicht anheizen brauchten

Jetzt könnte ich noch ewig weiter über die Ferienwohnungen schwadronieren, von der etwas kauzigen Vermieterin des „Los Nacientes“, von der „Bodega“ im Keller (mit eigenem Wein und einem langen Tisch für gesellige Gelage), dem Pizzaofen und, und, und, doch genug davon! 

Der Montag war ja auch noch einmal ein großer Wandertag, der letzte für uns auf La Palma: Diesmal stand nun die Wanderung von Los Tilos durch den Barranco del Agua zu den Cordero-Quellen an, die zwei Tage zuvor wegen des schlechten Wetters flach gefallen war. 

Deutlich vor dem Besucherzentrum ließen wir das Auto auf einem Parkplatz direkt am Beginn des markierten Wanderwegs zurück. Schon nach ein paar Minuten kamen wir durch einen kurzen Tunnel, in dem uns die Taschenlampenfunktion unserer Handys half, Steine, Löcher, Pfützen zu vermeiden (die Stirnlampen hatten wir mal wieder vergessen …). Anschließend ging es in weiten Schleifen bergan, bis wir den Abzweig zum Mirador Espigón Atravesado erreicht hatten. Unterwegs wies einmal eine Tafel auf den „Til“, zu Deutsch „Stinklorbeer“, hin (der aber wohl nur stinkt, wenn seine Rinde verletzt wird) und außerdem gab es bis zum Mirador noch „Autoguide“-Stationen, an denen man per QR-Code mit der entsprechenden App weitere Informationen hätte abrufen können. 


Puente de Los Tilos


Informatives zum "Stinklorbeer" am Wegesrand


Im feuchten Lorbeerwald von Los Tilos ...


... gedeihen auch Pilze gut.


Gar nicht scheu: Kanarenbuchfink (Fringilla coelebs canariensis)


Zum Mirador auf einen schmalen Felssporn, der hier in die Schlucht ragt, ging es noch ein paar steile Stufen hinauf. Die Aussicht über den Wald und Richtung Barranco del Agua war dann schon ganz nett, doch der Platz leider sehr begrenzt: maximal 2 bis 3 Leute konnten sich gleichzeitig dort aufhalten. So überließen wir den Aussichtspunkt bald den nachfolgenden Wanderern und machten uns auf den Weiterweg. 


Blick vom Mirador Espigón Atravesado


An sich war mir schon klar gewesen, dass der Weg bis zum Mirador nur das Vorgeplänkel zur eigentlichen Wanderung war, doch wie anstrengend und lang diese dann am Ende wurde, hätte ich mir doch nicht träumen lassen. Na ja, morgens hatte ich mir die entsprechende Tour im Rother (12) noch einmal angeschaut und die dort angegebenen 1100 Höhenmeter plus 15,7 Kilometer ließen wenig Spielraum für Zweifel: dies würde eine ausgewachsene Tageswanderung werden. Zum Glück waren die Wege auch in der Schlucht, die wir auf einer Holzbrücke kurz nach einer Warntafel (Steinschlag! Rutschige Wege! Nur für Experten!) zum ersten Mal überquerten, schon wieder einigermaßen trocken und den einzigen nennenswerten Steinschlag erlebten wir ausschließlich akustisch, noch ehe wir den Mirador erreicht hatten. Lang und teils recht steil ging es nun durch den Lorbeerwald bergan, wobei die Wege tatsächlich nie sonderlich anspruchsvoll waren. 


Riesenfarne


Nach der Brücke über den Barranco del Agua
wird der Weg anspruchsvoller.


Totholzpilze


Gegen 14 Uhr hatten wir einen weiteren „Mirador“ erreicht, den „Mirador de los Espejos“, von dem es leider kaum Aussicht gab, da ein riesiger Baum und viel Gebüsch diese behinderten. Aber egal, für unser spätes Vesper fand sich ein trockenes weiches Plätzchen auf den Piniennadeln - auf 1150 m Höhe waren wir längst wieder in der Pinienwaldzone. Hier begegneten wir auch zum ersten Mal zwei deutschen Wanderern, die planten, die bei Rother unter Vorbehalt beschriebene Rundtour über die Cordero- und Marcos-Quellen und über den (eigentlich gesperrten) Kanalarbeiterpfad zurück zu gehen. Die beiden waren im Übrigen die einzigen anderen, die um diese Zeit noch im Aufstieg waren, ansonsten kamen uns ziemlich viele Wanderer von oben entgegen, die entweder sehr früh aufgestiegen sein mussten oder sich mehrheitlich (unsere Vermutung) mit dem Taxi zur Casa del Monte hatten bringen lassen und „nur“ nach Los Tilos abstiegen. 

Unterwegs zu den Cordero-Quellen


Nach dem Mirador ging es bald wieder über ein Brücklein und dann hinab ins Bachbett, in dem es anschließend eine ganze Weile über mehr oder weniger feuchte Felsblöcke aufwärts ging. Dem folgte noch einmal ein sehr steiler Stufenweg und schließlich waren die „Nacientes de Cordero“ erreicht, an diesem Tag zwei eher unspektakuläre Rinnsale, die die hier beginnende „Levada“ nur minimal füllten. Hier trafen wir noch einmal die beiden Deutschen, die uns bei unserer Vesperpause überholt hatten und sich nun tatsächlich entlang der Wasserleitung Richtung „Nacientes de Marcos“ aufmachten, während wir bald wieder in die Schlucht hinabstiegen und für den langen Rückweg dieselbe Route wie beim Herweg nahmen. 


Im Barranco del Agua ist es zwar recht feucht,
doch Wasser fließt keines.



An den (eher unspektakulären) Nacientes de Cordero auf 1450 m


Auch der Rückweg verspricht lang und beschwerlich zu werden.




Wahrhaft gigantische Farne


Die Ketten benötigen wir heute nicht, der Weg ist hier
breit genug und nicht sonderlich rutschig.


Zurück an der Brücke über den Barranco,
wo eine Tafel vor den Gefahren unserer Wanderung warnt.


Bis zur neuen Unterkunft waren es von Los Tilos nur etwa 15 Minuten Fahrt, auf der wir noch einmal die „Puente de Los Tilos“ bewundern konnten, die kurz vor dessen Mündung den Barranco del Agua überspannt und bei ihrer Einweihung (Ende 2004) die größte Betonbogenbrücke Europas war. 

Puente de Los Tilos am Abend


Abends machten wir uns zu einer der wenigen Gaststätten in der Gegend auf, die montags geöffnet hatten, dem „Restaurante Casa Asterio“ direkt an der LP-1 in La Galga. Das Restaurant hatte einen riesigen und sehr hohen Speisesaal, fast schon eine Halle, in der wir anfangs komplett allein saßen. Zehn Minuten nach uns trafen noch zwei spanischsprachige Paare ein, die wir lustigerweise schon am Ende unserer Wanderung gesehen hatten. Sowohl der „Salat“ aus Tomaten, Avocado und Serranoschinken (wieder mal mit Essig und Öl in Mini-Plastikdöschen, Salz im Papierbeutelchen), als auch die Papas arrugadas und das Solomillo de cerdo (mit leicht gedünsteten Zwiebeln on the side) waren qualitativ völlig ok. Der Salat kam zuerst und wir bestellten daher noch Brot, das es aber letztlich ebenso wenig gebraucht hätte wie die rote Mojo-Sauce, die wir ungefragt bekamen, kaum anrührten und die trotzdem mit 1,50 € auf der Rechnung erschien. 


Dienstag, 5. Dezember – Las Nacientes: Cordero



La Palma verabschiedete sich von uns mit einem trüben, aber immerhin trockenen und angenehm milden Tag. Zum geplanten Bade- und Schnorchelprogramm passte dies zwar nicht so recht, doch ein geruhsamer Tag zum Ausklang konnte auch nicht schaden ;) 

Nach spätem Aufstehen und gemütlichem Frühstück fuhren wir die paar Kilometer bis zur Playa Nogales, wobei Google uns wieder einmal, sowie wir nicht recht aufpassten, über schmale und schmalste Sträßchen und Wanderwege schicken wollte. Nach einigen Sackgassen und ein paarmal umdrehen landeten wir aber doch wie alle anderen auf dem Parkplatz, von dem aus ein bequem ausgebauter Weg die letzten paar Meter bis zum Strand hinabführte. 

Wie nahezu immer auf La Palma ging es an spektakulären Vulkanfelsformationen entlang, hier konnte man außerdem kurz vor dem Strand in eine Höhle, die Cueva del Infierno, hinabsteigen, die an ihrem Grund Verbindung zum Meer hat, weshalb das Wasser darin, entsprechend dem Seegang draußen, mehr oder weniger heftig wogte. Von den Felswänden, die den schwarzen Vulkansandstrand umrahmen, rieselte an verschiedenen Stellen Süßwasser herab, wodurch diese entsprechend üppig begrünt waren. 

Beim Anblick des grauen Himmels hatten wir die Badesachen gleich im Auto gelassen und so spazierten wir nun lediglich barfuß am Strand entlang und um eine Landspitze herum in die Nachbarbucht. Andere waren jedoch nicht so zurückhaltend und stürzten sich mit oder ohne Badebekleidung ins kühle Nass, versuchten zu surfen oder paddelten mit Seekajaks vorbei.


Abstieg zur Playa Nogales ...


... an der trotz des trüben Wetters fleißig geschwommen, gesurft
 und Rad geschlagen wird.


Felswand-Begrünung








Nächster Stopp war dann in der nahegelegenen Ortschaft San Andrés, wo wir das gleichnamige Restaurant zum Mittagessen anpeilten. Bei unserer Ankunft waren allerdings schon alle Tische besetzt und es gab eine Warteliste. Doch diesmal hatten wir Glück und konnten nach höchstens einer viertel Stunde an einem Tischchen im Freien Platz nehmen. Queso a la plancha con mojo (gegrillter Käse mit Mojo-Sauce), Ensalada mixta (gemischter Salat) und Solomillo de ternera en salsa de pimiento (Rinderfilet in Pfeffersauce) kamen letztlich auch zügig auf den Tisch und alles war qualitativ sehr in Ordnung. Das Fleisch war sehr saftig und wurde mit wenigen Pommes und etwas Reis serviert, die Mojo-Sauce auf dem Käse schmeckte intensiv nach Kräutern und das Brot, das wir noch extra zum Salat bestellten, war diesmal tatsächlich notwendig, um am Ende zu zweit von einer Vor- und einer Hauptspeise satt zu werden. Im Lauf der Reise hatten wir uns diese „Bestellstrategie“ angewöhnt und in der Regel ging sie hervorragend auf. Jedenfalls waren die Tage, an denen wir völlig übersättigt vom Tisch wankten, dadurch deutlich seltener und hungrig gingen wir dennoch nie vom Tisch. 

Nach dem Essen wollten wir, quasi als Verdauungsspaziergang, an der Küste entlang die übersichtliche Strecke bis zum Meeresschwimmbecken „Charco azul“ zu Fuß zurücklegen. Auch hier passierten wir unzählige Bananenplantagen, die an der Nordostküste La Palmas buchstäblich jeden verfügbaren Platz beanspruchten. Die Fruchtstände waren bereits an den Pflanzen häufig in blaue Plastiksäcke eingepackt und wir fragten uns, ob dies wohl dem Schutz vor Nässe oder Schädlingen diente oder gar der gezielten Begasung mit Pestiziden. Jedenfalls beobachteten wir an einer der Plantagen einen Arbeiter, der sich in eine komplette Schutzmontur mit Atemschutz und allem Drum und Dran gepackt hatte … 

An anderer Stelle wirkte der Bananenanbau eher weniger kommerziell und am Rand einer solchen Pflanzung kreuzte ein Pfauenpaar unseren Weg. Und sogleich begann das Männchen eifrig Räder zu schlagen, um seine Angebetete bei der Stange zu halten ;)




Allgegenwärtige Bananenstauden ...


... und ein Pfauenpaar auf dem Weg nach Charco Azul


Als wir schließlich am Meeresschwimmbecken angelangt waren, sah dieses so einladend aus, dass wir nach der Rückkehr zum Auto doch noch mit diesem herkamen, um das für 2023 definitiv letzte Bad im Meer zu genießen.

 
Das Kälteempfinden der Badegäste bei den Meerwasser-
Schwimmbecken von Charco Azul ist doch sehr unterschiedlich ;)








Auch auf La Palma kommt bald das Weihnachtsmännle.


Auf der Rückfahrt stoppten wir in Los Sauces für einen Einkauf im Super-Dino, denn sowohl für den Abend, als auch für den Rückflug am folgenden Tag, wo wir diesmal gewöhnlichen Economy-Class-„Service“ haben würden, benötigten wir noch Brotzeitzubehör, und zudem wollten wir wie üblich auch nach ein paar kulinarischen Mitbringseln Ausschau halten. 

Abends packten wir schon so viel wie möglich zusammen, damit wir am folgenden Morgen schnell fix und fertig zur Abfahrt wären. Der Flieger, diesmal ein Direktflug nach München, sollte laut Plan um 11 Uhr abheben, so peilten wir 8.30 Uhr für die Abfahrt zum Flughafen an, um gegen 9 dort einzulaufen. Und dann musste es nur noch Platz für uns im Flugzeug geben (der Online-Check-In hatte leider nicht geklappt) und dieses überhaupt planmäßig fliegen – keine Selbstverständlichkeit nach frühwinterlichem Schneechaos (Samstag / Sonntag) und Eisregen (Dienstagmorgen) in München …


Mittwoch, 6. Dezember – wieder daheim



Sowohl die Fahrt zum Flughafen, als auch der Flug klappten am Ende völlig problemlos. Auf dem Flughafen von La Palma trafen wir tatsächlich noch einmal die Wanderer vom Montag, Vater und Sohn, wie sich herausstellte, die auf denselben Flug nach München warteten. Sie hatten sich den Kanalarbeiterpfad dann doch nicht zu nehmen getraut und waren endlos weit bis fast nach Los Sauces abgestiegen. Von den Marcos-Quellen schwärmten sie allerdings so, dass es mir schon fast leid tat, dass wir uns nicht doch noch bis dorthin geschleppt hatten …


Der Flieger wartet schon für den Heimflug ins eisige München.


Bye bye, Kanarische Inseln


Über die Westalpen hinweg ...


... erreichen wir am Nikolausabend pünktlich wieder München.


In München ließ unser Gepäck dann so lange auf sich warten, dass wir zwischenzeitlich schon beinahe sicher waren, dass es nicht mitgekommen war. Und auch der Shuttleservice zum Parkplatz in der Nähe von Freising klappte nicht so reibungslos wie erhofft: Günter musste mehrfach anrufen und es war nie klar, wann er denn nun vor unserem Terminalausgang ankäme. Zwar war es mittlerweile nicht mehr ganz so frostig im Erdinger Moos wie offenbar noch ein paar Tage zuvor, doch für uns Kanaren-Rückkehrer war der Kälteschock noch immer beträchtlich. 

Um das Shuttle nicht zu verpassen, stellten wir uns schließlich trotzdem zähneklappernd vor dem Ausgang an die Bordsteinkante. Und irgendwann wurden wir tatsächlich von einem hektischen, völlig überdrehten, aber durchaus netten Fahrer abgeholt, der uns (zusammen mit mehreren anderen Urlaubsheimkehrern) angesichts der winterlichen Straßenverhältnisse in Rekordzeit zum Parkplatz brachte. 

Von den Autos dort waren manche unter der dicken Schneedecke nur noch als kleine Hügel zu erkennen, bei unserem „Max“ war dies zwar nicht das Problem, doch die beträchtliche Schnee- und Eisschicht auf dem Dach auch nur halbwegs zu entfernen kostete letztlich so viel Mühe und Zeit, dass alle anderen inzwischen längst ihre Autos ausgegraben hatten und abgefahren waren. 

Schließlich war aber auch das geschafft, rollten wir ohne weitere Probleme heim und in unserer Wohnung war es trotz des Wintereinbruchs noch nicht mal sonderlich kalt.