Dienstag, 19. März 2024

La Palma - Spätherbst 2023 - Teil I

Text: Eva Irmler







La Palma - die Anreise




Eigentlich wollten wir in diesem Spätherbst ja den Süden Kaliforniens bereisen, denn Günter flog sowieso zu einer Konferenz nach San Diego. Was hätte also näher gelegen, als dass ich nachkam und wir dort gemeinsam die knapp drei Urlaubswochen verbrachten, die ihm für dieses Jahr noch zustanden? Selbst unter ökologischen Gesichtspunkten wäre es vielleicht nicht ganz so verwerflich gewesen, die eine mit der anderen Reise zu verbinden. Doch leider machte uns Günters Arbeitgeber diesmal einen gründlichen Strich durch diese Rechnung und untersagte kategorisch und ohne auf Kompromissvorschläge einzugehen, dass er Urlaub an seinen Geschäftstermin anhängte.

Was also tun mit den hierfür reservierten Urlaubstagen? Ende November mit dem Auto aufzubrechen, schien uns zu unsicher. Angesichts des doch eher knappen Zeitrahmens bezweifelten wir, dass wir weit genug Richtung Süden fahren könnten (und auch wieder zurück und dazwischen noch was unternehmen …), um vor Wintereinbrüchen oder zumindest garstigem Dauerregen gefeit zu sein. Daher entschlossen wir uns letztlich zu einer weiteren Flugreise, denn nur so konnten wir dem Winter relativ leicht und sicher entfliehen. 

Die Kanarischen Inseln hatten wir in der Vergangenheit schon zweimal besucht: Einmal erkundeten wir mit den Rädern im Gepäck und unserem damals noch kleinen Sohn Teneriffa und La Gomera und sehr viel später verbrachten wir zu zweit eine Woche auf Lanzarote.


Auf Lanzarote ...


... Mai 2015


La Palma klang ebenfalls sehr interessant, insbesondere sollte man dort gut wandern können und das Klima auch im Winter recht angenehm sein. So fiel uns die Entscheidung für diese „Insel des ewigen Frühlings“ leicht und bald waren Flüge und ein Mietwagen gebucht, sowie vier Unterkünfte rund um die Insel gefunden, die uns als Stützpunkte für unsere Wanderungen und Ausflüge dienen sollten. 

Um nicht auf die Flughafen-S-Bahn angewiesen zu sein, die Ende 2023 immer mal wieder wegen Bauarbeiten ausfiel, beschlossen wir, mit dem Auto bis zu einem Parkplatz in der Nähe von Freising zu fahren, wo es gegen eine vertretbare Gebühr bis zu unserer Rückkehr stehen bleiben konnte und von wo uns ein Shuttlebus zum Terminal bringen und von dort auch wieder abholen würde.

So war die Reise denn diesmal ausnahmsweise im Voraus wohl organisiert und am Montag, dem 20. November konnte es recht unbeschwert und mit ungewohnt leichtem Gepäck losgehen!



Montag, 20. November – "Can Mazo Glamping" bei Santa Cruz de la Palma



Ein langer Tag neigte sich dem Ende zu und wir waren gefühlt wieder im Sommer angekommen. Bis spätabends war es noch so lau, dass wir im T-Shirt draußen vor unserer originellen Unterkunft sitzen konnten, und für den folgenden Tag waren bis zu 29°C angekündigt. – Was für ein krasser Kontrast zum kühlen Novemberwetter bei unserer Abreise in München! 

Entgegen allen Befürchtungen – am Vorabend hatten wir noch Condor-Bewertungen gelesen und uns gegruselt – hatte unsere Anreise in drei Etappen ohne größere Probleme geklappt, lediglich ganz zu Anfang hatte es ein wenig gehakt.

Nach unruhiger und viel zu kurzer Nacht klingelte der Wecker um 5.30 Uhr und, obwohl wir sofort aus den Betten sprangen, saßen wir letztlich doch „erst“ um ca. 6.40 Uhr mit Sack und Pack im Auto. Beim „M-Park and Fly“-Parkplatz in Achering liefen wir daher ein paar wenige Minuten nach 7 ein, was leider gleich eine gut halbstündige Verzögerung nach sich zog. Der 7-Uhr-Shuttlebus war bereits weg und folglich mussten wir bis zur nächsten Runde warten, da der Service zumindest an diesem Morgen eine Ein-Mann-Show war. Weitere Fluggäste in spe trudelten nach uns im Minutentakt ein und schließlich wurden wir zu sechst zum Flughafen gefahren. 

Für den Hinflug hatten wir uns diesmal „Business-Class“-Plätze gegönnt, da diese ausnahmsweise nicht völlig unerschwinglich waren und die Vorteile durchaus nicht zu verachten: Zwar saß man in ganz normalen Dreier-Sitzreihen, bei denen lediglich der mittlere Platz obligatorisch frei blieb, doch dass ein Mittagessen und – fast noch wichtiger – viele Runden Getränkeservice im Flieger inklusive waren, fand ich schon sehr angenehm. Dagegen mussten die Economy-Passagiere direkt hinter uns für jedes Getränk (sogar fürs Wasser!) und für Essen sowieso extra zahlen und in der ganzen gut vierstündigen Flugzeit wurde ihnen höchstens zwei-, dreimal überhaupt was angeboten.

Am Gate in München funktionierte das Einscannen der Bordkarten leider nicht, so dass es schon dadurch zu Verzögerungen kam, und letztlich ging es dann mal wieder mit dem Bus endlos ans andere Ende des Flughafengeländes zu unserem (Billig-?) Flieger, wo lediglich eine einzige Tür zum Einsteigen zur Verfügung stand. Und da die Leute – wie meist – völlig ungeordnet ankamen, dauerte es bis alle drin waren und auf ihren Plätzen saßen eine gefühlte Ewigkeit. 


Endlich geht's los!


Über den Pyrenäen


Start war von daher mit deutlicher Verspätung um 9.45 Uhr (geplant 9.20 Uhr), von der unterwegs aber immerhin bis Fuerteventura mehr als die Hälfte aufgeholt werden konnte. Nach der Landung dort konnten wir Weiterreisenden dann im Flieger bleiben. Allerdings mussten wir in eine andere Sitzreihe wechseln, wie uns beim Check-In die Plätze zugeteilt worden waren, denn hier stiegen bereits neue Passagiere zu, die via Gran Canaria heim nach München flogen.
 
Der Hüpfer bis Gran Canaria dauerte lediglich 25 Minuten und hier hieß es dann auch für uns aussteigen, denn unser Anschluss nach La Palma wurde von „Binter“ durchgeführt, einer lokalen Airline. Überhaupt mussten hier alle Passagiere noch einmal raus aus dem Flieger, auch die nach München, die nach dem Aussteigen nach links gelotst wurden, während wir zum Ausgang geschickt wurden. Dies kam uns ziemlich unlogisch vor, da wir ja ebenfalls noch weiterfliegen wollten, doch trotz zweimaligem Nachfragen blieb der Einweiser dabei, dass wir diese Richtung einzuschlagen hätten.

Etwas ratlos irrten wir dann durch die Ankunftshalle, vorbei an den Gepäckkarussells, folgten sporadischen Hinweisen zu „Connecting Flights“, die sich dann aber wieder verloren, und fürchteten bereits, völlig falsch zu sein. Doch eine freundliche Frau an der Information direkt beim Ausgang des Ankunftsbereichs bestätigte uns, dass wir diesen tatsächlich verlassen und außerhalb wieder zum Abflugbereich laufen mussten. 

Am Ende hat alles gepasst, auch wenn wir noch einmal durch den Security-Check mussten und dann länglich zu unserem Gate in der hinterletzten Ecke des Flughafens marschieren durften. Doch trotz der zeitraubenden Odyssee durch den Flughafen warteten wir hier sogar noch eine ganze Weile, ehe es erstaunlich pünktlich weiterging. Einziges Ärgernis auf dieser letzten Etappe: wir hatten in der windigen Propellermaschine (à la Yeti-Airlines) getrennte Plätze bekommen und das völlig ohne Not: die beiden Plätze jenseits vom Gang in meiner Reihe blieben unbesetzt, bis einer der beiden Passagiere von der nächsthinteren Reihe die Gelegenheit ergriff und den Fensterplatz in Beschlag nahm … Aber egal, die dreiviertel Stunde hielten wir auch neben zwei Fremden aus. Günter nervte sich sowieso am meisten über die dreckigen Fenster, die ihm das Fotografieren des Pico del Teide vermiesten, den man hier, wie auch schon im Anflug auf Gran Canaria, sehr schön sah. 


Pico del Teide - Teneriffa


Überhaupt war unsere Anreise ein richtiger Kanaren-Rundflug: Neben einem Wiedersehen mit Lanzarote und Teneriffa konnten wir auch die für uns neuen Inseln Fuerteventura (sehr nackt und staubig) und Gran Canaria (schon etwas grüner und deutlich gebirgiger) im Überflug begutachten.


Lanzarote mit den kleinen Nachbarinseln La Graciosa und
Isla de Montaña Clara


Fuerteventura


Gran Canaria


Anflug auf La Palma

 
Und nun also La Palma, wo tatsächlich unser Gepäck heil und komplett ankam, wir innerhalb einer viertel Stunde unseren Mietwagen (Jeep Compass, der „kleinere“ Bruder des Cherokee) besteigen konnten und dann direkt einen kleinen Vorgeschmack bekamen, was uns auf La Palmas Straßen erwartete: Über extrem kurvige und zunehmend steile, gegen Ende auch schmale Sträßchen erreichten wir in weiteren 18 Minuten unsere skurrile erste Unterkunft, wo wir sehr freundlich empfangen und herumgeführt wurden. Noch ein schneller Abstecher zu Fuß zum Spar in der nahen Ortschaft Mazo, um die wichtigsten Lebensmittel für die ersten paar Tage zu erstehen, dann genossen wir unsere erste Brotzeit auf La Palma gleich im Freien vor unserem „Zelt“.

Und dann hofften wir auf eine ruhige Nacht, wenn die Wellensittichhorde in unserem Bad (!) endlich eingeschlafen wäre und die Hunde in der Umgebung bitte, bitte auch!




Von Santa Cruz bis zur Südspitze



Dienstag, 21. November – Can Mazo Glamping



Die erste Nacht in unserem „Glamping“-Zelt, bestehend aus einer Holzkonstruktion und einer von außen mit Palmwedeln verkleideten Plane, war insgesamt ganz ok. Hunde und Vögel gaben bald Ruhe, allerdings fand ich die Luft unter dem Zeltdach schnell recht muffig und die mit Günter geteilten Laken, Decke und sogar Kopfkissen (2 Kissen in einem gemeinsamen Bezug – hatten wir so bislang auch noch nicht …) nervten anfangs, weil sie nie blieben und wärmten, wo ich es gern gehabt hätte. Die Erschöpfung nach der langen Anreise und der kurzen Nacht davor sorgte dann aber zum Glück doch bald für Schlaf. 

Leider musste ich in der Nacht noch zweimal die Vögel ärgern, denn die wurden immer sofort wach und machten Rabatz, wenn man das Bad betrat. – Meiner Ansicht nach keine wirklich gute Idee, eine Vogelvoliere in ein Badezimmer zu integrieren, weder für die Menschen noch für die Vögel. Und es handelte sich ja nicht nur um zwei Wellensittiche, sondern mindestens 20 Exemplare flatterten dort herum … Die konnten also ganz schön laut werden, und je länger man sich in „ihrem“ Reich aufhielt, desto heftiger das Gezwitscher und Gekreisch.

Morgens standen wir erst so gegen 9 Uhr auf, was nach deutscher Zeit ja sogar 10 Uhr entsprach. Unser allererstes Ausflugsziel auf der Insel wurde dann der Mirador de La Concepción, ein Aussichtspunkt am oberen Rand eines kleinen Vulkankraters, von wo man schön auf die Inselhauptstadt Santa Cruz hinabschauen konnte. 


Blick auf Santa Cruz vom Mirador de La Concepción


Von dort oben steuerten wir als nächstes den Fährhafen an, der uns am Mirador direkt zu Füßen gelegen hatte, und fanden mit etwas Aufmerksamkeit und viel Glück auf dem gut gefüllten Parkplatz sofort eine passende Lücke. Dann flanierten wir erst auf der Strandpromenade später direkt am pechschwarzen Sandstrand ein Stück weit nach Norden, ehe wir in die Gassen der Stadt hineinschlenderten. Leider wurde an einem Teil der Promenade gerade gebaggert und gebaut, und zwar ausgerechnet in dem Abschnitt mit den schönsten der typischen „Balkonhäuser“ … 


Am Stadtstrand von Santa Cruz






Blick zurück zum Mirador de La Concepción (oben links)


Pünktlich um 12 fanden wir uns „zufällig“ vor dem Restaurant „El Casino“ wieder, das Günter noch von zuhause ausgesucht hatte, und ließen uns im sehr schönen Speisesaal bewirten. Der Salat mit fast rohem Tunfisch in Sesamkruste, sowie das geschmorte Rinderfilet mit Kartoffelpüree und Pilz-Speck-Soße schmeckten uns prima und so konnten wir bald gestärkt den Stadtrundgang fortsetzen. 


In den Gassen von Santa Cruz


Ein Abstecher führte uns zum „Museo Naval Barco de la Virgen“, einer Nachbildung von Columbus‘ „Santa Maria“ in Beton mit „Holzanstrich“, dann ging es wieder zurück und noch einmal an den „Balcones“ vorbei zur „Parroquia Matriz de El Salvador“, einer Kirche mit gemauertem Stein-Quader-Turm, die leider fest verriegelt und verrammelt war. Vielleicht hatten wir ja nur das Pech, dass mittlerweile Siesta war, jedenfalls schlossen nun auch fast alle Läden, abgesehen von Spar und Co. 



Museo Naval Barco de la Virgen


Streetlife vor Balkonhäusern


Balcones - Balkonhäuser


Parroquia Matriz de El Salvador - Plaza de Canarias


Blühende Büsche und Weihnachtsillumination


Morgens war es bei bedecktem Himmel und frischem Wind noch recht angenehm temperiert gewesen, später schlief der Wind jedoch ein und zeitweise kam die Sonne zum Vorschein, was die Temperatur in für uns zu dieser Jahreszeit ungewohnte Höhen trieb. Nach einem kurzen Besuch des „Real Santuario de Nuestra Señora de las Nieves“ (Unsere liebe Frau vom Schnee) mit der entsprechend warm gewandeten Madonna, die alle paar Jahre in einer Prozession ans Meer hinab getragen wird, floss der Schweiß daher auch bei uns in Strömen, als wir uns durch den Barranco de la Madera bergan mühten.


Nuestra Señora de las Nieves


Die Kirchenkatze hat die Ruhe weg.
 

Der Wanderweg war zwar offiziell gesperrt, worauf Schilder immer mal wieder hinwiesen, dennoch folgten wir ihm letztlich fast bis zum Ende der Schlucht. Die im Rother-Wanderführer, der uns auch auf La Palma wieder als Ideengeber diente, vorgeschlagene Rundtour (3) vollendeten wir jedoch nicht. Die Tage waren im November auch hier recht kurz und so begann es, als wir gegen 18 Uhr nach knapp 3 Stunden Wanderung wieder am Auto anlangten, schon zu dämmern. Und als wir kurz vor 19 Uhr unsere Unterkunft bei Mazo erreicht hatten, war es bereits Nacht. 


In den Barranco de la Madera


Auf der Wanderung begegnete uns fast alles, was im Rother erwähnt wird: Bellende, zum Glück gut weggesperrte Hund (die zwei erbarmungswürdigen Klappergestelle von wilden Hunden, die in sicherer Distanz blieben, ausgenommen), Kletterer an ein paar kleinen Felsen, ein schmaler Pfad oberhalb der Schlucht, teils unter Felsbalkonen, abgerutschte und mitunter nur notdürftig ausgebesserte Wegstücke, ein Felsbogen, durch den der Weg führte, und Maronenbäume. 


An "Baumhindernisse" sind wir mittlerweile von zuhause
 nur allzu sehr gewöhnt ...


Stellenweise ist der Weg oberhalb der Schlucht
recht schmal und ausgefranst.


Die Wasserröhren begleiten den Weg fast durchgehend.


Vielleicht ein ehemaliger Tunnel?


Kletterer am Eingang zur Schlucht


Leider gab es aber keine offenen Wasserkanäle mehr, sondern nur noch Rohre entlang des Wegs, durch die das Wasser unsichtbar zu Tal rauschte. Manche davon wirkten recht neu und teilweise hatten auch offensichtlich vor nicht allzu langer Zeit noch Bauarbeiten stattgefunden – vermutlich der Grund für die Sperrung. Die Schlucht zwischen himmelhohen Vulkanfelsen fand ich durchaus eindrucksvoll, bedauerlich nur, dass auch an ihrem Grund im Bachbett kein einziger Tropfen Wasser floss. Was wir aus der Rother-Beschreibung jedoch vermissten, waren die Tunnel, durch die der Weg angeblich führen sollte. Entweder wären diese erst nach dem Punkt gekommen, an dem wir umkehrten, oder aber sie sind den jüngsten Bauarbeiten zum Opfer gefallen. 

Auf alle Fälle machte La Palma schon an diesem ersten Tag seinem Beinamen „Insel des ewigen Frühlings“ alle Ehre: hier blühte auch im November überraschend viel!



Mittwoch, 22. November – Casa Bienes, Las Indias, im äußersten Südwesten der Insel



Ein erster kleiner Vulkan, ein einsamer Strand, Tiefkühl-Fisch und Sepia mit Meerblick, ein Leuchtturm und Salinen an der Südspitze der Insel, relativ junge Vulkanlandschaft von einem Ausbruch im Jahr 1971 und der erste Standortwechsel in ein Ferienhaus.

Nach einer eher unruhigen Nacht, in der es in unser beider Gedärm rumorte und uns abgesehen davon auch Hunde, Vögel, Katzen und piepende Fahrzeuge wach hielten, packten wir unsere Sachen zusammen und verabschiedeten uns von unserem ersten Quartier auf La Palma. 

Von den Besitzern bzw. Vermietern bekamen wir niemanden mehr zu Gesicht, bezahlt war ja schon alles im Voraus und offenbar sah man seine Pflicht durch das Empfangskomitee am Montagabend erfüllt. Und auch im „Casa Bienes“, unserem nächsten Domizil, würde es wohl ähnlich laufen, jedenfalls meinte der Besitzer, nachdem er uns durchs Haus geführt hatte, wir sollten bei der Abreise einfach den Schlüssel in den Briefkasten außen am Tor einwerfen.  

Innerhalb von einer guten viertel Stunde hatten wir dann bereits unser erstes Ziel erreicht. Um die Rother-Wanderung (8) zur Montaña und Playa del Azufre etwas abzukürzen, rollten wir erst die Straße Richtung Playa Salemera hinab und folgten dann der gut ausgebauten Straße zu einer Müllkippe bis unmittelbar auf Höhe der Montaña del Azufre. Der Rother-GPS-Track führte uns anfangs durchs Wolfsmilchgestrüpp, ehe wir dann glücklich doch wieder auf den richtigen Pfad stießen, den wir von unserem Parkplatz auf einer deutlichen Spur wesentlich einfacher und nahezu hindernisfrei hätten erreichen können … 

Der kurze Aufstieg zum Gipfel des Azufre war dann flott bewältigt, schweißtreibend war es aber trotz Wind und Wolken, die auch heute wieder überwiegend den Himmel über uns bedeckten. Doch die kurze Wanderung hat sich auf alle Fälle gelohnt, um einen ersten guten Überblick über die Landschaft der Insel zu bekommen. 


Blick von der Montaña del Azufre zum Faro de Arenas Blancas


Auf dem Azufre


Auch den gleichnamigen Strand, der anschließend auf uns wartete, sah man von dort oben bereits, nur den Weg dorthin konnte man nicht recht erkennen. Dieser war dann durchaus so abenteuerlich wie im Rother beschrieben, mit einer Eisenleiter, die einen Steilabbruch überwinden half, und einer längeren Querung auf halber Höhe, ehe es vollends zum Meer hinabging. 


Abstieg zur Playa del Azufre


An diesem Steilabbruch ...


... hilft die Leiter sehr.


Doch dann muss erst noch ein Stück weit an der Abbruchkante 
gequert werden, ...


... ehe es auf Sand vollends zum Strand hinab geht.


Dass wir an diesem Strand völlig allein waren, wunderte uns überhaupt nicht. Der eine oder andere Rother-Wanderer verirrte sich wahrscheinlich schon immer mal wieder dorthin und zur Hochsaison sicher auch andere Badewillige, die es gerne etwas einsamer hatten. Momentan waren jedoch zusätzlich zum abenteuerlichen Abstieg (und mühseligen Wiederaufstieg) vermutlich auch die kräftigen Wellen eher abschreckend. Mir genügte jedenfalls ihr Anblick, um jede Lust zum Baden zu verlieren. Während ich also mit einem Fußbad vorliebnahm, stürzte Günter sich sogar zweimal kurz in die wilden Wogen.


An der Playa del Azufre


Oleanderblättrige Kleinie (Kleinia neriifolia) - Beim
anstrengenden Rückweg kommt ein Fotostopp nicht ungelegen.


Mit beträchtlichem Flüssigkeitsverlust ging es anschließend wieder zum Auto zurück und mit diesem weiter zum Restaurante („Kiosco“) Playa Salemera, wo wir zwar nett im Freien saßen, aber bei der Wahl unserer Speisen kein großes Glück hatten. Der Rote Tunfisch entpuppte sich eindeutig als Tiefkühlware, denn er war beim Servieren innen noch gefroren. Nach Günters Reklamation kam er dann zwar durchgegart wieder auf den Tisch, doch eine Delikatesse war er ebenso wenig wie die Sepien, die sich als sehr „stabil“ erwiesen. Das Beste an beiden Gerichten waren noch die Süßkartoffeln als Beilage. 

Während wir noch auf Fisch und Tintenfisch herumkauten, brachte jemand den „Fang des Tages“ ins Restaurant, was bei den anwesenden (praktisch ausschließlich deutschen) Touristen für große Aufmerksamkeit und Begeisterung sorgte – hätten wir das mal eher gewusst, dass der frische Fisch noch geliefert werden musste ...
 
Die „Weinbegleitung“ sparten wir uns diesmal, denn anschließend mussten wir ja noch heil zu unserer neuen Unterkunft kommen und das war gar nicht so einfach: Erst gab es Verwirrungen, wann und wo wir den Schlüssel für das Ferienhaus bekämen, in der Touristeninformation in Los Canarios (Fuencaliente) oder doch gleich an der „Casa Bienes“. Wir meinten dann zu verstehen, dass wir auch jetzt gleich (15.30 Uhr) dort vorbeikommen könnten. Doch als wir ankamen und Günter (bzw. der Jeep) gleich mal an der wirklich unglaublich steilen Stichstraße zum Haus scheiterte, kam uns der Besitzer entgegengelaufen und meinte, wir sollten doch erst in ein, zwei Stunden kommen, wenn sie alles vorbereitet hätten.
 
So rollten wir noch zum Faro de Fuencaliente am südlichsten Punkt der Insel, parkten etwas oberhalb und spazierten vollends zum Leuchtturm hinab. Auch die Salinen besichtigten wir, bei denen es einen offen zugänglichen Rundkurs mit Informationstafeln zur Salzgewinnung gab. 


Die Südspitze La Palmas


Faro de Fuencaliente


Salinas de Fuencaliente


Für die Färbung des Salzwassers in den Becken
sind Rotalgen verantwortlich.


Eine gute Stunde später machten wir uns auf den Rückweg und nun schaffte Günter es auch, den Jeep zum Ferienhaus hoch zu quälen (mit abgeschaltetem „Antischlupf“), wenn auch die Kupplung ziemlich leiden musste … Und er schaffte es sogar noch, rechtzeitig und ohne irgendwo hängen zu bleiben in die Einfahrt einzubiegen, wie die Ferienhausvermieterin es ihm anwies. Ob wir dem Auto und uns dieses Kunststück an den folgenden beiden Tagen noch öfter zumuten wollten, war dennoch eher fraglich ...

Das ältere Paar, das uns hier empfing, konnte ausschließlich Spanisch, so dass die Kommunikation im Wesentlichen über Gesten und wenige einfache Sprachbrocken ablief, doch letztlich war auch so das Wichtigste zu vermitteln.


Sonnenuntergang auf der Terrasse der Casa Bienes



Donnerstag, 23. November – Casa Bienes


Dies war unser erster großer Wandertag auf La Palma, ein guter Teil der „Ruta de los Volcanes“ stand auf dem Programm, einer Wanderroute, die von der Südspitze der Insel bis zum Refugio del Pilar entlang der Vulkankette „Cumbre Vieja“ verläuft. 

Kurz nach halb 10 wollten wir uns von der Casa Bienes auf den Weg machen, doch zunächst bockte der Jeep und ließ Günter partout nicht die (elektronische) Handbremse deaktivieren. Nach einigen Versuchen klappte es dann doch, aber es blieb unklar, welcher „Trick“ denn nun geholfen hatte, was unser Vertrauen in das Fahrzeug nicht unbedingt stärkte. Aus der Einfahrt rausrangieren und die kurze steile Abfahrt bis zur Straße klappten immerhin mit nur einem schmerzlichen Aufsetzer – die Bodenfreiheit war bei diesem Auto leider quasi nicht vorhanden und das bei einer Marke, die eigentlich für ihre Offroad-Fahrzeuge bekannt ist … 

Bis Los Canarios ging’s dann die bereits bekannte Bergstrecke hinauf, nach der Ortsdurchfahrt, die gerade frisch asphaltiert wurde und eine einzige Umleitung war, kam schon bald die Abzweigung zur Piste Richtung „Fuente de los Roques“, einem Picknickplatz, der bereits auf 1120 m Höhe liegt. 

Zum Glück hatte Günter am Vorabend noch einmal im Rother geblättert und dabei die Wanderung zum Volcán Martín (54) entdeckt, die dort beginnt. Unser heutiges Endziel war zwar der Volcán de la Deseada, doch die Route zu diesem hätte auf jeden Fall zunächst über den Martín geführt (oder wenigstens daran vorbei). Hätten wir die Tour stattdessen an dem Parkplatz nur wenig oberhalb von Los Canarios begonnen, den wir zunächst als bestmöglichen, per Auto erreichbaren Ausgangspunkt identifiziert hatten, hätte dies 300 Höhenmeter mehr im Auf- und Abstieg bedeutet. Dabei summierte sich die Wanderung auch so schon auf knapp 1100 Höhenmeter, da es doch recht viele Gegenanstiege gab. 

Die Fahrt auf der anfangs betonierten, doch schon bald geschotterten schmalen Piste bis zum Picknickplatz war überhaupt kein Problem, selbst für diese Krücke von Jeep nicht. Dort angekommen stellten wir fest, dass wir tatsächlich die einzigen Wanderer waren, die es an diesem Tag hierher verschlagen hatte, lediglich ein paar Handwerker werkelten an den WCs. 

Bereits nach nicht mal 10 Minuten Wandern war klar, dass kurze Hosen auch hier oben die bessere Wahl waren, um nicht vom Start weg im eigenen Saft zu schwimmen. Auf einem großen Felsen, an dem unser Weg auf die eigentliche „Ruta de los Volcanes“ von Los Canarios her stieß, gab es also gleich mal eine Auszieh- und Eincremepause. 

Anschließend ging es lang auf gepflegtem Steig durch leuchtend grünen Pinienwald bergan, bis irgendwann der Volcán Martín zwischen den Bäumen zum Vorschein kam. Mit seiner vollkommenen kegelförmigen Vulkansilhouette und den orangeroten Felsen direkt am Gipfel bot er von nun an einen herrlichen Blickfang. 


Vulkan in Sicht!


Ab einer gewissen Höhe ist häufig die eine oder andere
Nachbarinsel am Horizont zu erspähen, hier La Gomera.


Typische vulkanische Landschaft auf der Cumbre Vieja -
die Pinien scheinen hier nahezu exklusiv zu gedeihen.


Beim Näherkommen war bald eine breite, schnurgerade Aufstiegsspur erkennbar und ich hinterfragte gar nicht erst, ob dies die einzige oder beste Route sei, so logisch erschien sie mir. Leider stellte sich schnell heraus, dass die Wegspur nicht nur von unten tierisch steil ausgesehen hatte, sondern tatsächlich genau so steil war und noch dazu aus lauter feinem, losen Vulkangrus bestand, in dem man bei entsprechender Hangneigung – und je weiter oben, desto steiler wurde es – bei jedem Schritt einen halben zurückrutschte. Kurz, es war höllisch anstrengend und ging mit der Zeit auch ziemlich auf die Fußgelenke. 


Gemeinerweise erscheint die Steigung ...


... auf den Fotos wie immer viel harmloser als "in echt".


Schließlich war es aber zum Glück doch geschafft und wir konnten auf dem Gipfel bei einer längeren Pause Aussicht und Vesper genießen. 


Auf dem Volcán Martín


Ein Bettelrabe hätte gerne was von der Brotzeit abbekommen.


Dies war im Übrigen der erste Tag auf La Palma, an dem wir von früh bis spät strahlenden Sonnenschein hatten, doch auf dem 1597 m hohen Volcán Martín ging nun doch ein frischer Wind. 

Erst beim Abstieg auf der Rückseite des Berges wurde mir klar, dass wir statt unserem Direktanstieg auch hätten dem offiziellen Wanderweg folgend um den Berg herum wandern und dann die deutlich angenehmere Aufstiegsroute von hinten nehmen können …


Weiter geht's!


Die Rückseite des Martín mit der "Umgehung" am Bergfuß


Als wir wieder in die „richtige“ Ruta de los Volcánes einschwenkten, begegneten uns zum ersten Mal an diesem Tag ein paar andere Wanderer. Und von da an kamen uns ganze Horden entgegen, teils auch im Trailrunning-Outfit und mit maximal Mini-Rucksack oder lediglich einer Wasserflasche in der Hand. Wir vermuteten, dass diese in der Mehrheit am Refugio del Pilar gestartet waren, um die Route in ihrer ganzen Länge oder zumindest bis Los Canarios zu begehen, von wo ein Shuttle sie wahrscheinlich wieder zum Ausgangspunkt bringen würde. 

Nach unserem ersten Vulkan-Höhepunkt folgte eine längere Durststrecke, denn nun ging es mit wenig Höhengewinn und viel Gegenverkehr auf breiten, oft schnurgeraden, losen Schotterpisten entlang, was mich stark an den meist etwas frustrierenden Aufstieg mit Tourenski entlang einer Skipiste erinnerte. Einmal kamen denn auch drei Mountainbiker von oben herabgeschossen – quasi als Pendant zu den Skifahrern auf der Piste. Und immer wieder ging es zu einer Kuppe hoch, hinter der wir uns endlich einen Ausblick auf unser Tagesziel erhofften, doch versteckte sich der Volcán de la Deseada fast bis zuletzt.


Wanderhighway auf breiter Schneise


Schwungvoller Gegenverkehr


Durststrecke - wo bleibt der Volcán de la Deseada?


Endlich - das Ziel ist in Sicht!


Schließlich stand er aber dann doch groß und mächtig vor uns. Um gleich zum höchsten Punkt der Caldera zu gelangen, nahmen wir einen unmarkierten Pfad durch den Wald, in dem gerade ein ganzer Trupp Forstarbeiter am Feierabend machen war. Noch ein paar kurze Serpentinen und ein Stück am Kraterrand entlang und „schon“ waren wir am höchsten Punkt (1945 m). Hier war es nun so windig und frisch, dass ich für Fotos, Aussicht und Rast gerne einen Pulli überzog.


Am Gipfel des Volcán de la Deseada (1945 m)


Blick zum Azufre und Faro de Arenas Blancas

 
Auf dem Weiterweg am Kraterrand entlang ergab sich dann zum ersten Mal auch ein Ausblick auf den 2021 neu entstandenen Vulkan Tajogaite und die damals mit Lava und Asche überdeckten, zerstörten Landstriche. 


Weiter geht's am Kraterrand entlang.


Über den Bäumen spitzt der jüngste Vulkankegel der Insel,
der Tajogaite, hervor.


Schließlich ging es ernsthaft an den Rückmarsch, fast immer auf identischer Strecke, nur den Martín ließen wir nun links liegen und wanderten unterhalb vorbei. Im losen Grus kamen wir bergab natürlich flott und sehr knieschonend voran, fast wie bei lockerem, nicht allzu tiefem Schnee. 


Flott geht's bergab.


Kontraste


Die Schatten werden länger.




Abends im Pinienwald


Kurz vor Ende, dort wo wir morgens die erste Ausziehpause eingelegt hatten, trafen wir auf einen jungen Deutschen, der uns fragte, wo denn der Weg hinführe, den wir gerade einschlugen, denn offenbar war dieser nicht auf seiner Handy-Karte verzeichnet. Wir versuchten, es ihm zu erklären, aber ob mit Erfolg, blieb unklar. Auch verstanden wir nicht wirklich, wo er hinwollte. Als wir wenig später beim Auto dabei waren, unsere Wanderschuhe gegen Turnschuhe zu tauschen, kam er nach und wir boten an, ihn bis zum Spar in Los Canarios mitzunehmen, was er nach einigem sich Winden dann doch dankend annahm. 

Es folgte ein kleiner Einkauf im Spar, günstige Pizza in der „Pizzeria Fuencaliente“ zwei Straßenecken weiter und anschließend ließen wir das Auto in einer Haltebucht an der Straße unterhalb des Ferienhauses stehen, anstatt es noch einmal die steile Zufahrt hoch zu plagen …


Freitag, 24. November – Casa Bienes



Am Freitag war im Wesentlichen ein Badetag geplant mit nachmittäglichem „Spaziergang“ zum Volcán Teneguia, dem Schlot vom 1971er-Ausbruch. Leider lud das Wetter dann nur bedingt zu einem längeren Strandaufenthalt ein, da sich schon ab dem Morgen dicke dunkelgraue Wolken zusammenbrauten.

Trotzdem machten wir uns nach dem Frühstück tapfer mit Bade- und Schnorchelsachen auf den Weg zur Playa La Zamora Chica, wie der Name schon verrät, einem eher kleinen Strand am Fuß der spektakulären schwarzen Steilküste. Eine Holztreppe führte vom Parkplatz und einem Kiosk hinab zum Strand, wo wir uns in der hintersten Ecke auf feinem Kies niederließen. 


Zur kleinen Playa La Zamora Chica haben an diesem Tag ...


... gar nicht so wenige andere Badewillige gefunden.


Zum Glück hatten wir unsere Decke unmittelbar an der Felswand ausgebreitet, denn manchmal fluteten die Ausläufer größerer Brecher bis fast an unsere Zehen. Oben an der Treppe zum Strand war zwar die rote Flagge gehisst und die Wellen waren tatsächlich beachtlich und krachten mit Macht an die Felsküste, das hielt in der geschützten Bucht aber niemanden vom Baden, Schwimmen, Schnorcheln ab.

Eher ließ der fehlende Sonnenschein anfangs viele zögern. Günter stürzte sich trotzdem gleich mit voller Schnorchelausrüstung hinein, war dann aber schon bald zurück, weil es halt doch recht flott recht frisch wurde und ohne Sonne die Unterwasserfotografie eher unergiebig war. Immerhin hatte er in unmittelbarer Ufernähe erstaunlich große Fische gesehen und an der Felsnase sogar Papageifische.


Europäische Papageifisceh (Sparisoma cretense)


Ein Trompetenfisch (Aulostomus)


Vermutlich Geißbrassen (Diplodus sargus)


Auch ich testete dann kurz das Meerwasser, allerdings lediglich schwimmend. Kaum war ich wieder draußen, gab die Sonne eines ihrer raren Gastspiele an diesem Tag, weshalb ich mich gleich noch einmal in die Fluten stürzte. Günter schnorchelte ebenfalls ein zweites Mal und entdeckte dabei einen Trompetenfisch, den er mir der Unterwasserkamera festhalten konnte. Und dann bitzelte es mich doch auch, es mal mit dem Schnorcheln zu versuchen, doch gerade als ich mich dazu entschlossen hatte, schob sich wieder eine fette graue Wolke vor die Sonne. Ein wenig warteten und hofften wir noch, dass diese bald wieder zum Vorschein käme, doch diesen Gefallen tat sie uns leider nicht und so beendeten wir etwas enttäuscht den Badeausflug. 

Mittag war mittlerweile schon vorbei, so steuerten wir das Restaurant „La Guildera“ an der Straße zur Südspitze der Insel an. Mit der Speisenauswahl taten wir uns hier etwas schwer, da nur Fisch, Tintenfisch, usw. in verschiedenen Zubereitungsarten auf einer Tafel angeboten wurden, Beilagen aber weder obligatorisch dazu serviert noch extra auf der Karte aufgelistet waren. So orderten wir zunächst lediglich gemischte Kroketten (mit Huhn, Tun, Spinat gefüllt), Calamari und einen Fisch des Tages (heute: Dorade) und mussten dann beim leicht genervten Kellner, der im Gegensatz zu uns natürlich wusste, dass hier die „üblichen“ Beilagen zu haben waren, Brot und Mojo nachbestellen. Leider kamen wir erst viel zu spät auf die Idee, dass wir auch Salat hätten wollen können, erst als ein junger Mann am Nebentisch seine ziemlich verlockend wirkende „Ensalada mixta“ bekam, die er zuvor zielstrebig zusammen mit Papas arrugadas, und ohne das Angebot auf der Karte auch nur in Betracht zu ziehen, geordert hatte. Na gut, wieder was gelernt … Abgesehen davon war hier aber alles ganz prima, insbesondere der Fisch – kein Vergleich zu dem Tiefkühl-Tunfisch von vor zwei Tagen. Nur das Brot war wieder fürchterlich trocken, da hätten wir wohl besser Kartoffeln bestellt.
 
Anschließend hatten wir geplant, von der Südspitze aus ein Stück die Straße Richtung Las Caletas hochzufahren und an passender Stelle zu parken, möglichst nicht allzu weit vom Vulkan Teneguia entfernt. Doch die LP-207 war ab dem Umkehrpunkt beim Faro wegen Bauarbeiten gesperrt und so blieb uns nichts anderes übrig, als ein kurzes Stück der unbefestigten „Pista de las Cabras“ zu folgen und wenig später zu parken. Hier waren wir nun statt wie gehofft auf 250 m maximal auf 50 m über dem Meer, was den „Spaziergang“ zum Vulkan eher zu einer ordentlichen Halbtageswanderung werden ließ. 


Der Jeep am "Parkplatz"


Bergab auf zwei Rädern macht hier sicher großen Spaß, sofern
man mit dem losen Vulkanschotter gut zurechtkommt.


Das Wetter blieb an diesem Tag sehr instabil, auf der kurzen Fahrt vom Restaurant zur Südspitze hatte es tatsächlich zu regnen begonnen, kurz prasselte es sogar richtig auf die Windschutzscheibe. Und von da an setzte alle paar Minuten feinster Nieselregen ein, der aber bei unserer Wanderung nie wirklich lästig fiel, man wurde noch nicht mal ernsthaft nass davon. Der Niederschlag brachte allerdings eine deutliche Abkühlung mit sich und als wir unsere Wanderstiefel schnürten, war es bereits so frisch geworden, dass ich vorsorglich Pulli und Jacke in den Rucksack packte. 

Bei den insgesamt gut 350 m Aufstieg (ca. 6 km Strecke), die dann noch zusammenkamen, wurde uns natürlich schnell wieder warm, zumal es anfangs überwiegend in direkter Linie durch losen Schotter bergan ging. Die noch immer recht junge, vor gerade mal 50 Jahren entstandene Lavalandschaft beeindruckte aber sehr und entschädigte allemal für die Mühsal. 

Etwa auf halber Strecke querten wir die Straße, die soeben frisch asphaltiert und sogar noch heiß war (ganz ohne Zutun des Vulkans). Hier trafen wir auch auf drei MountainbikerInnen, die lockerflockig den Pfad hinabrauschten, über den wir uns gerade mühsam hochgewühlt hatten. Etwas später erreichten wir die offiziellen, breitest angelegten Wanderwege rund um die Vulkane San Antonio und Teneguia, sowie eine alte Bekannte, die „Ruta de los Volcánes“, die hier vom Faro her nach Los Canarios hochzieht. Am Wegweiser unweit des Teneguia waren bis zum Endpunkt beim Refugio del Pilar beachtliche 24 km angeschrieben … 

Laut Rother (Ausgabe 2020, Wanderung 51) konnte man den Teneguia besteigen und das war unser Plan, der dann aber jäh durch ein recht frisch wirkendes Verbotsschild samt Absperrtau durchkreuzt wurde: aus Sicherheitsgründen sei der weitere Aufstieg nicht mehr erlaubt … Gut, da gab es nicht viel zu deuteln, auch wenn wir nicht wirklich einsahen, dass der Aufstieg nicht möglich sein sollte. 


Im Krater des Volcán Teneguia


Der Weg zum Gipfel wirkt, soweit einsehbar, nicht sonderlich
gefährlich, doch die Verbotsschilder sind unmissverständlich.


So kraxelten wir nur kurz in den Krater hinab, entdeckten eine Stelle am Kraterrand, an der sich das Gestein noch auffallend warm anfühlte, stiegen auf einen kleinen Aussichtshügel, der wegen der Wolken nur sehr beschränkte Aussicht bot, und setzten uns anschließend über das Verbot hinweg, die gut angelegte Abkürzung zu benutzen, die vom Vulkankrater quer durch die Landschaft zum „Wanderhighway“ Richtung Faro verlief. So viele frische Fußspuren wie wir dort antrafen, waren wir damit ganz sicher nicht allein.


Auf dem breiten Wanderweg lässt es sich bequem absteigen.


Kanarenflora


Playa de Las Cabras mit Pickup-Camper


Brot fehlte uns noch für unser Vesper, so ging es auf der Rückfahrt erst mal an unserem Häuschen vorbei, und da der „Supermercado Jennifer“ in Las Indias noch geschlossen hatte, besuchten wir ein drittes Mal den Spar in Los Canarios. 

Abends regnete es wieder, doch war es noch immer warm genug, um draußen auf der Terrasse zu sitzen, an der es praktischerweise (und passend zu meiner Urlaubslektüre: „Der Markisenmann“ von Jan Weiler 😊) eine Markise gab. 



Der "Wilde" Westen I



Samstag, 25. November – „The El Paso“ in der gleichnamigen Ortschaft



An diesem Morgen mussten wir uns schon wieder von „unserem“ Ferienhäuschen verabschieden. Die Nächte dort waren allesamt recht ruhig gewesen – einerseits, andererseits plagten uns gerade in der letzten Nacht wieder geraume Zeit ein paar Mücken, die hartnäckig um unsere Ohren summten, bei Licht aber einfach nicht auffindbar waren. Es gab hier auch noch andere Hausbewohner: quer durch das zweite Badezimmer, das wir nur als WC benutzten, verlief eine Ameisenstraße und dort hatte Günter am ersten Abend auch einen Gecko entdeckt. Wäre der doch nur ins Schlafzimmer gekommen und hätte die Mücken vertilgt! 




Bis wir alle unsere Habseligkeiten zusammengesucht und wieder im Auto verstaut hatten, war es bereits nach 10 Uhr, noch mal dem hübschen Häuschen zum Abschied gewinkt und dann ging es ein letztes Mal die Serpentinen nach Los Canarios hoch. Von hier bogen wir nun Richtung Westküste ab, denn unser nächstes Ziel sollte ein Strand in der Nähe von Puerto Naos sein. Zwar dräuten auch heute wieder dunkle Wolken über den Bergen, doch hofften wir auf Sonne an der Küste. 

Wir kamen nun langsam in die Zone der Insel, die von dem Vulkanausbruch von 2021 betroffen war, so wunderten wir uns diesmal nicht sonderlich, als die Google-Navigation uns von der Hauptstraße weg und über schmale verschlungene Wege Richtung Küste schickte. Hier waren noch einige Verbindungsstraßen unterbrochen oder, andersherum betrachtet, war es erstaunlich, dass überhaupt nach nur zwei Jahren bereits wieder eine durchgehende Straße über die breiten Lavaströme existierte. 


So grün wie auf der linken Seite sah es rechts sicher auch aus,
ehe der Vulkanausbruch 2021 alles mit Lava bedeckte.


Das Städtchen Puerto Naos schien dagegen von Weitem betrachtet völlig verschont geblieben zu sein, doch als wir es erreicht hatten, war jede Zufahrt abgeriegelt, die Straßen menschenleer, eine richtige Geisterstadt. Offenbar hatte man festgestellt, dass sich dort als Folge des Ausbruchs ungesunde Mengen Kohlendioxid sammelten, weshalb die Bevölkerung den Ort bis auf Weiteres verlassen musste.


Menschenleere Straßen -


Puerto Naos ist noch immer evakuiert.

 
Nur wenige Kilometer weiter an der Playa de Charco Verde herrschte dagegen völlig normales Strandleben. Gleich beim nördlichen Strandzugang entdeckten wir einen freien Sonnenschirm mit Sitzbank, den wir in Beschlag nahmen, denn hier schien gegen 11 Uhr tatsächlich noch die Sonne und erhitzte den schwarzen Sand auf unerträgliche Temperaturen. Hatte es oben in den Bergen lediglich 17°C gehabt, stieg das Thermometer im Auto hier unten flugs wieder auf 24°C und mehr. Diesmal schnorchelten wir beide, obwohl es gar nicht so einfach war, ins Wasser und wieder heraus zu kommen, ohne von der Brandung über ein knapp überspültes Felsplateau gezogen zu werden. Bunte Fische gab’s allerdings jede Menge zu bewundern, nur leider sah ich ohne Brille wie immer nichts scharf … 


Playa de Charco verde


Rotlippen-Schleimfisch (Ophioblennius atlanticus)


Mit der Zeit kamen dann auch hier dicke Wolken auf und so packten wir es gegen 13 Uhr so langsam wieder, in der Absicht, gleich mittags essen zu gehen. Oben am Berg an der LP 2 lockte das Grill- und Weinrestaurant „Bodegón Tamanca“ jedoch leider nicht nur uns, sondern sehr viele andere Leute ebenfalls. Auf dem großen Parkplatz fanden wir gerade so eben noch eine Lücke, im auch nicht gerade kleinen kellerartigen Gewölbe war dann sowohl die Bar dicht umlagert, als auch jeder Tisch besetzt. Auf unsere Nachfrage machte man uns aber Hoffnung, bis in einer halben Stunde einen Tisch zu bekommen, und verpasste uns einen Zettel mit Wartenummer. An der Bar konnten wir immerhin gleich was zu trinken und eine kleine Schinkenplatte plus Brot bestellen. Nachdem all dies aber nur allzu schnell verputzt und nach einer halben Stunde hinten und vorne noch nicht absehbar war, dass wir einen Tisch bekämen, wurden wir so langsam unruhig. Mit der Zeit dämmerte uns, dass alle die rund um die Bar standen und saßen ebenfalls auf Tische im Restaurant warteten und nicht wenige davon bereits deutlich länger als wir. So zahlten wir denn enttäuscht unsere Zeche und zogen von dannen.
 
Um ein anderes Restaurant fürs Mittagessen zu finden, schien es uns nun doch schon etwas spät zu sein, weshalb wir zur „Virgen de Fatima“ in Las Manchas weiterfuhren, deren Bildnis dort direkt neben einem Lavafluss am Fuß des 2021 neu entstandenen Vulkanschlots Tajogaite steht. Auf einem Mäuerchen zu ihren Füßen vesperten wir, was wir eben noch so hatten, und überlegten dabei, was wir mit dem angefangenen Tag noch anstellen könnten. 


Oberhalb von Las Manchas ist die Landschaft mit Asche und
Lava bedeckt und darf nicht betreten werden.


Virgen de Fatima, Las Manchas


Den Sportplatz von Las Manchas hat die Lava wohl verschont.


In unserer neuen Unterkunft, dem „The El Paso“ im gleichnamigen Ort, wurden wir erst um 18 Uhr erwartet, so hatten wir noch fast 3 Stunden zu überbrücken. Rother wanderte von der Kirche gleich unterhalb der „Virgen“ auf die Hügel der Montaña de Tamanca oberhalb, allerdings hatte sich in dieser Gegend seit dessen Drucklegung (2020) natürlich viel verändert und zudem hätte für einen Aufstieg von 750 m die Zeit doch nicht ganz gereicht. Dennoch beschlossen wir, dem Wanderweg wenn möglich wenigstens ein Stück weit zu folgen.

Unser Versuch, die Straße noch ein Stück hochzufahren, scheiterte schon nach ein paar hundert Metern, da zu viel lose Asche darauf lag. So parkten wir hinter einer „Fabrik“ und wühlten uns dann zu Fuß durch die Asche hoch bis wieder eine Teerstraße querte. Bald erreichten wir ein Gehöft mit vielen, großen, aggressiven Hunden, die zum Glück gut eingesperrt waren, und die freilaufenden Hunde vom Grundstück gegenüber reagierten beim Anblick des Steins in Günters Hand eher ängstlich und wurden denn auch von ihren Besitzern zurückgepfiffen. 


Hundemeute - zum Glück hinter stabilen Gittern.


Ab hier ging es sehr steil und rutschig auf allerdings gut markiertem und beschildertem Wanderweg durch Pinienwald bergan. Günter legte ein recht ehrgeiziges Tempo vor, wohl in der Hoffnung, in der zur Verfügung stehenden Zeit noch zu einem Punkt mit Aussicht zu gelangen. Meine Motivation dagegen ließ mit jedem Schritt noch mehr nach, weil mir das Ziel unserer Mühen nicht so recht einleuchtete und ich so oder so zunehmend abgehängt wurde ... Als der Wanderweg schließlich wieder auf den Lavastrom traf (auch hier durchaus markiert und zugleich mit einem Verbotsschild versehen?!), wurde dann doch und trotz unbefriedigendem Ausblick einmütig beschlossen umzukehren, weil die Zeit allmählich knapp wurde.



Breitblättriger Blaustern


Montaña de Tamanca


Am Umkehrpunkt


Gänsedistel


Doch noch Aussicht auf den leicht rauchenden und sehr
schwefligen Tajogaite


In unserer neuen Unterkunft, einem Mini-Hotel mit nur 3 Zimmern, das früher einmal eine Musikschule gewesen war, wurden wir von der niederländischen Verwalterin nett begrüßt und ausführlich herumgeführt.

Nach unserer Ankunft spülte ich bei einer kurzen Dusche den Schweiß unserer Spontanwanderung ab und anschließend gings mit dem Auto zum Abendessen ins Tapas-Restaurant „Tasca Catalina“, das zumindest im Service eine komplett deutsche Mannschaft hatte, und auch die Gäste sprachen überwiegend deutsch. Der Salat mit getrocknetem Tunfisch, die frittierten Tomaten, der pechschwarz eingefärbte Reis mit Meeresfrüchten, die Lammkeule und zum Abschluss Pannacotta schmeckte alles ganz prima, nur der Salat hätte wie so oft mehr Dressing vertragen können.


Auch im "El Paso" gibt es Geckos.


 

Sonntag, 26. November – The El Paso



Unsere Unterkunft in El Paso war verglichen mit allen anderen, die wir auf La Palma gebucht hatten, der komplette Luxus. Obwohl hier maximal 8 Gäste nächtigen konnten, gab es einen riesigen Außenbereich mit Pool, Jacuzzi, Kicker, Grill, diversen Sitzgelegenheiten, sowie einen ebenso riesigen Saal mit langer Tafel, Sofa und Sesseln. Das Anwesen gehört einem Deutschen aus der Musikbranche, was nicht zu übersehen war. So stand im Saal zur musikalischen Untermalung ein Plattenspieler samt Verstärker, Lautsprecherboxen und einer ordentlichen Plattensammlung bereit. 

Unsere erste Nacht hier war herrlich ruhig, das Frühstück hatten wir erst auf 9 Uhr bestellt und so konnten wir den Tag ohne jeden Stress angehen. Eine richtige Wanderung war diesmal auch nicht geplant, sondern lediglich die Besichtigung von Ort und Hafen von Tazacorte.

Zunächst ging es aber noch zum offiziellen Aussichtspunkt auf den leicht rauchenden Schlot des Tajogaite, wobei sich tatsächlich während der kurzen Anfahrt bereits wieder Wolken über den Bergen bildeten, prompt hartnäckige Schatten auf den Vulkan warfen und dem Fotografen die Freude an seinem Motiv verdarben.


Statt des Vulkans hier der Blick zur Caldera de Taburiente
vom Mirador Oficial Tajogaite


Recht schnell machten wir uns daher ins Hafenörtchen Puerto de Tazacorte auf, wo wir an der Steilküste über 250 spektakuläre Höhenmeter zu einem Aussichtspunkt (Mirador de La Punta) hinaufsteigen wollten. 

Gleich beim Aussteigen auf dem Parkplatz fiel uns eine durchdringende Lautsprecherstimme und laute Musik auf, wie es für ein Sportereignis typisch ist. Und in der Tat entdeckte Günter bald Läufer, die genau den von uns angepeilten Pfad an der Steilküste herabgesprintet kamen. Die Befürchtung, dass der Weg wegen des Laufevents („Paris Chiquito Trail 2023, ein 15-km-Lauf mit Start und Ziel an der Strandpromenade von Puerto de Tazacorte) für Wanderer gesperrt sein könnte, erwies sich zum Glück als grundlos und so nahmen wir den Aufstieg trotz praller Mittagssonne in Angriff. 


Puerto de Tazacorte vor der nur scheinbar unbezwingbaren
Steilwand 


Da wir den Läufern und Läuferinnen, die teils mit wirklich beeindruckender Geschwindigkeit über den felsigen Pfad herabgestürmt kamen, teils aber auch eher flott wandernd unterwegs waren oder uns gar humpelnd und mit schmerzverzerrten Gesichtern entgegen kamen, selbstverständlich Platz machten, ergab sich ein sehr gemäßigtes Aufstiegstempo und doch floss der Schweiß in Strömen. Die Aussicht belohnte aber die Mühen auf jeden Fall, denn man überblickte von hier sowohl die Küste, als auch einen Teil des Cumbre Vieja mit dem Tajogaite, Tazacorte-Ort, sowie den Barranco de Angustias und die Caldera de Taburiente – soweit wolkenfrei. 


Direkt an der Küste ist es den ganzen Tag sonnig und beim
Aufstieg zum Mirador fließt entsprechend viel Schweiß.


Für die LäuferInnen heißt es nochmal Gas geben, ...


... denn das Ziel ist nahe!


Puerto de Tazacorte mit Strand und Hafen


Rund um Los Llanos und ...


... Tazacorte ist jeder freie Fleck mit Bananen bepflanzt.


Hafenbecken und Wellenbrecher (ganz rechts)


Nach flottem Abstieg (inspiriert von den Läufern 😉) begaben wir uns ohne große Verzögerung ins Restaurante Montecarlo. Die Außentische waren zwar bereits besetzt oder reserviert oder standen in der prallen Sonne, doch im Innenraum des Restaurants gab es noch schattige Plätze. Und es stellte sich heraus, dass wir gut daran getan hatten, nicht allzu lang zu überlegen, denn wenig später war tatsächlich auch noch der letzte Tisch belegt und die ersten warteten schon draußen vor der Tür. Angesichts des sonntäglichen Ansturms war es kein Wunder, dass sowohl das Bestellen, als auch die „Lieferung“ der Getränke und Speisen etwas länger dauerten. Mit unserer Auswahl hatten wir nur teilweise Glück: der gemischte Salat und das Schweinefilet in Pfeffersauce mit den typischen ungeschälten und in Salzwasser gekochten Kartoffeln und prima Grillgemüse waren ziemlich gut, die gegrillten Calamares (Chocos fritos) mit Koriandersauce und Süßkartoffelmus überzeugten dagegen weniger. Weder die Tintenfische noch Sauce oder Mus waren sonderlich würzig, salzen half ein wenig, doch fehlte uns definitiv die Zitrone und der Koriander kam in der Sauce überhaupt nicht zur Geltung. Und zu allem Überfluss hatten auch diese Tintenfische wieder eher Schuhsohlenkonsistenz.
 
Nach dem Essen wollten wir noch zu den Wellenbrechern am Hafen, die ein sehr interessantes Design aus lauter aneinandergereihten Halbbögen aufweisen. Sonderlich weit war es nicht bis dorthin und so bot es sich an, einfach am Strand entlang zu laufen. Also zogen wir Schuhe und Socken aus und marschierten immer dicht an der Zone entlang, bis zu der die Ausläufer der Wellen am Strand hochschwappten. Die Brandung war auch hier und heute beachtlich, doch auf dem trockenen schwarzen Sand hätten unsere Fußsohlen nach kürzester Zeit Brandblasen geworfen. Dann lieber nasse Hosen riskieren … 


Strandleben bei Tazacorte



Immer hart an der Brandungszone entlang


Upps ...




Irgendwann ging es am Strand nicht mehr weiter, also Schuhe wieder an und über ein paar dicke Betonplatten und Wackersteine konnten wir auf die Mauer klettern, die direkt zu den Wellenbrechern führte.

Nachdem wir das Bauwerk gebührend betrachtet und abgelichtet hatten, obwohl es sich aus der Nähe doch teils schon als recht marode erwies, machten wir uns schließlich am Hafenbecken entlang auf den Rückweg.



Die Wellenbrecher von Puerto de Tazacorte ...


... sind architektonisch sicher ...


... dem "Brutalismus" zuzuordnen ;)


Von Puerto de Tazacorte geht es wieder nach El Paso hinauf,
vorbei am Santuario de Nuestra Señora de Las Angustias.

 
Den etwas oberhalb der Küste gelegenen Hauptort von Tazacorte besuchten wir entgegen dem ursprünglichen Plan nun nicht mehr. Es ging bereits auf 17 Uhr zu und da der Tajogaite mittlerweile in der Sonne lag, wollten wir dort noch einmal unser Glück versuchen. Auch jetzt war es allerdings nicht ausgemacht, dass es mit den Fotos vom sonnenbeschienenen Vulkan etwas werden würde, denn gerade bei unserer Ankunft am Aussichtspunkt schob sich wieder eine Wolke vor die Sonne. Da diese aber bereits mächtig am Sinken war, kam sie schon bald unterhalb der Wolken zum Vorschein. So konnten wir den Vulkanschlot also doch noch in ganzer Pracht bewundern und auch die dünne Rauchsäule, die wir schon tagsüber von Zeit zu Zeit beobachtet hatten, war gut zu erkennen.


Diese Straße endet ...


... an einem Lavastrom.


Der Tajogaite in der Abendsonne


 
Zurück an der Unterkunft verspeisten wir unser Vesper im Saal und hörten uns anschließend durch die umfangreiche Plattensammlung.


Montag, 27. November – The El Paso



Nach dem eher geruhsamen Sonntag stand heute nun wieder eine Bergtour auf dem Programm. Mit dem Auto ging es erst zum Nationalparkzentrum der Caldera de Taburiente, dann weiter Richtung „Valencia“, auf einer erst asphaltierten, dann ziemlich felsigen „Natur“-Piste, die schließlich kurz vor Schluss noch einmal in Asphalt überging. Trotz der tief hängenden Frontschürze unseres Jeeps war auch der ruppigere Teil der Anfahrt kein Problem und der „Wanderparkplatz“ (die breiten Ränder der Piste am Beginn des Wanderwegs) nahezu leer. Lediglich ein anderes Auto stand dort, alle anderen Wanderwilligen hatten ihre Vehikel wohl schon dort geparkt, wo die Teerstraße in groben Schotter überging.

Auch die Aufstiegsroute zum Pico Bejenado, unserem Ziel, verlief anfangs lange gemächlich auf einer Schotterpiste, die offiziell erst ab der Nationalparkgrenze für Autos gesperrt war. Der Höhengewinn war hier eher mäßig und da der angestrebte Gipfel gut sichtbar war und nicht allzu fern erschien, begann ich mit der Zeit an den 800 Höhenmetern zu zweifeln, die es angeblich zu überwinden galt. Vorbei an drei mit Hochsicherheitsgittern geschützten Petroglyphen-Fundstätten stiegen wir schließlich (etwas abweichend von der Rother-Tour 59) direkt zum Grat auf, wo wir eine erste Rast mit Schokolade und Fruchtriegeln einlegten. Ein Rabe, der uns dabei von einem Pinienast aus beäugte, ankrächzte und mit seltsamen Glucks- und Knacklauten unterhielt, ging aber trotz aller seiner Bemühungen leer aus.


Der Gipfel des Pico Bejenado scheint hier schon ziemlich nah,
 doch das täuscht etwas.


Die Petroglyphen am Wegesrand stammen von der ...


... Urbevölkerung der Insel, die offenbar keine Schrift kannte.
Ihre Datierung ist schwierig, man nimmt aber an,
dass sie zwischen 200 v. und 700 n. Chr. entstanden sind.


Blick in die Caldera de Taburiente

 
Am Grat entlang ging es noch ein, zweimal bergab und wieder bergauf, ehe bei einem uralten zerklüfteten Lavafluss, der sehr passend den Namen „El Rodeo“ trug, endgültig der Gipfelaufstieg begann. Schwierig oder wirklich steil war es hier nirgends, nur leider zogen wie üblich im Lauf des Tages immer dichtere Wolken auf, weshalb wir irgendwann zu einer Art Endspurt ansetzten, in der Hoffnung, den Gipfel noch rechtzeitig zu erreichen, ehe er komplett verhüllt wäre. 


El Rodeo


Während des Aufstiegs, zu dem wir morgens noch in der Sonne gestartet waren, hatten wir die Tiefblicke Richtung Küste, zum Tajogaite, den Blick hinüber zum Deseada, den wir vor ein paar Tagen bestiegen hatten, und auf der anderen Seite zur Caldera de Taburiente noch ungetrübt bewundern können. Je näher wir dem Gipfel kamen, desto beschränkter wurde die Aussicht jedoch: links Richtung Küste war bald nur noch dicke graue Suppe, die Aussicht zur Caldera blieb uns dagegen noch etwas länger erhalten. Letztlich schafften wir es gerade noch so, doch kaum hatte Günter vom Gipfel aus ein paar Fotos vom gegenüberliegenden Kraterrand mit den von hier aus winzigen Sternwarten aufgenommen, machte es zum ersten Mal vollends dicht. 


Die Caldera de Taburiente vom Gipfel des Pico Bejenado




Kühl war es dort oben inzwischen auch, so dass wir nach dem Gipfelvesper, vielen Fotos und etwas Rasten trotz Pullis ins Frösteln kamen und den Gipfel gern der nachfolgenden, unüberhörbar aus dem Schwäbischen stammenden Wandergruppe überließen. 

Beim Abstieg folgten wir zunächst unserem Aufstiegsweg, gingen dann aber weiter am Grat entlang zum Aussichtspunkt „Roque de los Cuervos“ und hielten uns auch anschließend noch lange an die Abbruchkante, die links vom Pfad jäh Richtung Barranco de Angustias abfiel. Aussicht auf die Caldera und die Täler und Schluchten unter uns hatten wir bei der nun hartnäckig dichten Wolken-Nebelsuppe leider wenig, doch die bei Sonnenschein mit der Zeit doch eher öden, gleichförmigen Pinienwälder wirkten im Nebel mit einem Mal wieder viel interessanter – geradezu „mystisch“ oder doch immerhin geheimnisvoll. Schließlich stießen wir auf die „Pista Ferrer“, einen Fahrweg, der allerdings einen völlig überflüssigen Bogen macht, um später in unsere Aufstiegsroute zu münden. Dank Rother-GPX kannten wir aber eine Abkürzung und erreichten so nach kurzer Zeit bereits das Ende der Zufahrtsstraße und bald darauf unseren Parkplatz.


Abstieg im Nebelwald ...


... vorbei an vielen ...


... herrlich knorrigen Pinien.


Gegen 17 Uhr waren wir wieder in unserem Zimmer und nach einer warmen Dusche und etwas Ausruhen machten wir uns auf den Weg zum Abendessen. Da wir nicht sicher waren, ob die anvisierte „Arepera Yaracuy“ uns wirklich zusagen würde, nahmen wir das Auto, obwohl es dorthin zu Fuß gerade mal eine gute viertel Stunde gewesen wäre. Parkplätze waren im Zentrum von El Paso eher rar, doch auf der öffentlichen Parkfläche beim „Hiper-Dino“-Supermarkt gab es zum Glück noch eine Lücke. Gegenüber entdeckten wir einen kleinen Buch- und Schreibwarenladen, was mir sehr gelegen kam, denn ich brauchte noch einen neuen Schreibblock für mein Reisetagebuch, und dann marschierten wir noch ein paar hundert Meter zum Restaurant, das sich wider Erwarten als Volltreffer erwies. 

Die Küche dort war eindeutig venezolanisch geprägt, was Günter und mich schlagartig gut 30 Jahre zurückversetzte, denn unsere allererste gemeinsame Reise hatte uns damals nach Venezuela geführt. Es gab "Pabellón criollo" (schwarze Bohnen, Reis, Kochbanane und „Carne mechada“: das Fleisch, das wie geschreddert wirkt, wird so lange gekocht bis es faserig zerfällt), Salat und verschiedene gefüllte Teigtaschen: Während sich die "Arepa" als eine eher kleine Teigtasche aus Maismehl herausstellte, war die "Cachapa" ein ordentlich großer Fladen, von der Konsistenz und Optik her wie in der Pfanne ausgebackene Polenta, allerdings überraschend süß, was für unsere Begriffe nicht wirklich zur herzhaften Füllung passte. Doch obwohl die Portionen großzügig bemessen waren und, abgesehen vom Salat vielleicht, alles sehr deftig ausfiel, blieb am Ende ziemlich wenig auf unseren Tellern zurück ...

Als wir uns gerade überaus satt und zufrieden aus dem Restaurant schleppten, standen vier ältere tiefbraungebrannte Leute etwas unschlüssig vor der Tür. Wie sich herausstellte zwei norwegische Paare, die ganze 6 Wochen auf den Kanaren verbracht hatten. Zur Feier ihres letzten Abends wollten sie nun noch einmal ordentlich essen gehen, ehe der Flieger sie in den dunklen, kalten Norden zurückbrachte. Bei ihnen zuhause habe es schon seit Anfang November durchgehend Minusgrade, erzählten sie. – Brrr, da hatten wir schon gedacht, dass unser Schicksal ein hartes wäre, wenn wir in einer guten Woche ins kalte verschneite München zurück mussten, aber es gibt halt immer noch eine Steigerung! 

Wir empfahlen ihnen das Restaurant dann aufs Wärmste und wünschten eine gute Heimreise.