Montag, 21. August 2023

Bretagne - Roadtrip im Mai und Juni 2023 - Teil I: Entlang der Loire bis zum Atlantik



Text: Eva Irmler







In die Bretagne - diesmal wirklich! 



Wieder einmal schwirrten bis kurz vor dem Reisetermin (14.5. – 11.6.), der seinerseits durch Günters Urlaubsplanung längst feststand, noch verschiedenste Reiseziele in unseren Köpfen herum. Dass es dann tatsächlich die Bretagne wurde, hing vor allem damit zusammen, dass wir diesmal definitiv keine Lust auf einen „Winterurlaub“ im Frühsommer hatten. Mitfavorit war nämlich Norwegen gewesen, das uns nach bald 20 Jahren durchaus auch mal wieder reizen würde, im Mai und Juni aber noch sehr viel Schnee und eher winterliche Temperaturen bereitgehalten hätte. Zudem hatten wir den groben Plan für eine Bretagne-Reise ja bereits seit 2020 quasi in der Schublade, als wir wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen und damit verbundenen Reisewarnung des Auswärtigen Amts für weite Teile Frankreichs dann kurzfristig auf Schweden umgeschwenkt waren. 

Ein Abenteuerurlaub würde es diesmal also ganz sicher nicht werden, zumal die Bretagne ja noch nicht einmal Berge als natürliche „Highlights“ vorweisen kann – ob uns das nicht nach kürzester Zeit zu öde werden würde? – Das musste sich zeigen. Und im Zweifelsfall konnten wir ja mit unserem Campingmobil jederzeit weiterziehen.

Was das Reisen mit unserem selbstgebastelten Pickup-Camper angeht, hat sich so ganz allmählich eine gewisse Routine eingestellt. Die Inneneinrichtung ist zwar noch längst nicht perfekt, aber gegenüber den Anfängen in vielerlei Hinsicht schon deutlich praktischer geworden. Sehr hilfreich fand ich auch diesmal bei der Vorbereitung die immerwährende Packliste, die ich bereits seit einigen Jahren nach und nach zusammengebastelt und inzwischen auch in den Laptop getippt habe, so dass sie jeweils nur entsprechend der Reisedauer und Jahreszeit, sowie je nach den geplanten Aktivitäten leicht angepasst werden muss.
 
Geschraubt wurde diesmal im Vorfeld der Reise fast nichts, lediglich die Heckklappe des Aufbaus bekam noch neue längere Scharniere verpasst. Nachdem bereits im letzten Herbst bei unserer Balkanreise das Plexiglas um die alten Scharniere zu reißen begonnen hatte, offenbar infolge der Kräfte, die eine neu eingebaute, stärkere Gasdruckfeder ausübte, waren wir provisorisch wieder zum alten schwächlichen Pendant zurückgekehrt. Nun sollte endlich die neue Gasdruckfeder zum Einsatz kommen, damit die Klappe von selbst wieder ganz aufging und auch offen blieb, ohne dass wir sie mit einem Wanderstock zusätzlich abstützen mussten. Die neuen Scharniere erfüllten dann durchaus ihren Zweck und es genügten sogar 2 davon statt der bisherigen 4. Allerdings bog sich in der Folge die Scheibe in der Mitte durch, weshalb Günter noch eine Aluschiene zur Verstärkung anbrachte.
 
Dieses Scharnierproblem war damit hoffentlich bis auf weiteres behoben, während uns im Verlauf der Reise noch ganz andere Scharniere Kopfzerbrechen bereiten sollten …

Ansonsten musste unser Wohn- und Schlafraum für die nächsten 4 Wochen nur noch einmal gründlich gereinigt werden, ehe wir mit dem Einladen beginnen konnten, denn übers Jahr dient der Aufbau doch meist als Laderaum, sei es für Grüngutsäcke, Sperrmüll oder im Winter die Ski und dergleichen.


Grüngut in der "guten Stube" ...


Bereit für den Abflug


Und natürlich mussten diesmal auf jeden Fall unsere beiden Tretroller mit, die wir vor zweieinhalb Jahren ja extra für die Bretagne angeschafft hatten. Nach Schweden hatten wir diese dann zwar mitgenommen, doch eigneten sie sich für unsere damaligen Aktivitäten eher selten. Immerhin ermöglichten sie uns jedoch eine Stippvisite im Sarek-Nationalpark, die sonst an der Distanz (18 km einfach) gescheitert wäre.


Am Laitaure-See am Rand des Sarek NP, Schweden 2020


Für Interessierte gibt es auch diesmal wieder eine Karte, auf der unsere Übernachtungsplätze verzeichnet sind und die damit einen Überblick über unsere Reiseroute bietet.



Nach Frankreich und an die Loire



Sonntag, 14. Mai – Camping Le Vieux Moulin, Arc-en-Barrois


Wie üblich dauerten die letzten Handgriffe am Morgen vor der Abreise etwas länger als veranschlagt und so kamen wir erst kurz vor halb 11 von zuhause weg. Diesmal sollten daraus jedoch keine weiteren Probleme entstehen, denn außer dem üblichen Stau an der ewigen Großbaustelle vor Pforzheim warteten keinerlei Verkehrsbehinderungen auf uns. Dabei war der Verkehr auf der A8 Richtung Westen und Norden gar nicht mal so unerheblich – Muttertagsbesuche vermuteten wir, denn in auffallend vielen Autos wurden Blümchen spazieren gefahren. 

Weil es offenbar in Arc-en-Barrois, dem geplanten Ziel für unsere erste Übernachtung, nur ein einziges Restaurant mit eher gemischten Bewertungen gab, ergriffen wir, ehe wir in den Stau bei Pforzheim geraten wären, die Gelegenheit und fuhren von der Autobahn ab, um in der Ortschaft Wiernsheim unser Glück zu versuchen. Dort sollte es gleich mehrere Gaststätten geben, von denen doch sicher noch eine einen Tisch für uns frei hätte. 

Doch als wir uns dem Ort näherten, begann es erst zu tröpfeln, dann zu prasseln und zuletzt schüttete es wie aus Kübeln. So parkten wir bei einer Nettofiliale am Ortseingang und warteten erst mal ab, bis der Wolkenbruch nachließ. Dann machten wir uns mit nur einem Regenschirm (der andere lag leider daheim …) auf den Weg zum Gasthof Lamm, der aber ganz offensichtlich völlig ausgelastet war. Zudem erfuhren wir hier, dass der Andrang nicht etwa nur durch den Muttertag begründet sei, sondern obendrein noch Konfirmationen gefeiert würden … Von daher hielten sich unsere Erwartungen bei der nächsten Station dieser „Herbergssuche“, einer Pizzeria, eh schon in Grenzen und tatsächlich hieß es dort gleich klipp und klar: „Nein, leider alles ausgebucht!“ 

In der Zwischenzeit hatte es zu allem Überfluss wieder richtig zu schütten begonnen und Günter, der den Schirm galant mir überließ, war ziemlich durchweicht, als wir unverrichteter Dinge wieder beim Auto einliefen. Und kaum saßen wir im Trockenen, ließ der Regen wie zum Hohn ebenfalls nach … 

Letztlich besorgten wir uns an der nächsten Tankstelle zwei Brezeln (wie es in Baden-Württemberg natürlich heißen muss ;)) und eine Nussschnecke und vesperten – bei Sonnenschein – auf dem nächstbesten Autobahnparkplatz.
 
Der Stau bei Pforzheim war anschließend kaum mehr der Rede wert und dann war es auch schon nicht mehr weit bis Karlsruhe und zur Rheinbrücke bei Iffezheim, über die wir flugs Frankreich erreichten. Während die allgemeine Straßenbeschilderung an der Grenze vom einen Meter zum nächsten die Sprache wechselte, klangen die Ortsnamen im Elsass noch eine ganze Weile sehr deutsch und erst allmählich kippten auch diese immer mehr ins Französische. 

Die restliche Fahrt führte uns durch nicht weiter spektakuläre Landschaften, die Ausläufer der Vogesen erinnerten mit dem roten Sandstein und den Burgen auf bewaldeten Hügeln sehr an den benachbarten Pfälzer Wald. Und dann folgte im wesentlichen Agrarlandschaft mit viel Viehwirtschaft – Rinder, Schafe, gelegentlich sogar weidende Schweine. Zwischenzeitlich regnete es zwar noch ein paar Mal und fette, gewittrige Wolken hingen über der Landschaft, doch bis wir unser erstes Tagesziel erreicht hatten, schien wieder die Sonne und es war sogar so lau, dass wir abends um halb 8 noch gerne im Freien saßen. 

Arc-en-Barrois liegt zwischen Dijon und Troyes im ländlichen Nirgendwo Mittelfrankreichs. Der örtliche Campingplatz wird von zwei Bächlein eingerahmt, das einfache, aber völlig ausreichende Sanitärgebäude erreicht man über einen Steg; man hätte hier für 6 € Gebühr auch einfach auf dem Parkplatz nebenan übernachten und WCs und Duschen mitbenutzen können. Für eine Parzelle auf dem grasigen, etwas lauschigeren „richtigen“ Platz zahlten wir für eine Nacht ohne Strom 13.80 €.

Günter fragte die beiden Damen, die zum Abkassieren kamen, nach dem einzigen Restaurant, das es laut Google hier geben sollte, dem „Le Coq d’Argent“, und wir meinten zu verstehen, dass wir uns sputen müssten, wenn wir dort noch essen wollten. Das widersprach zwar unseren Informationen, nach denen man dort angeblich erst um 20 Uhr aufsperrte, doch machten wir uns dann doch zügig auf den Weg ins Dorf. 

Und tatsächlich stellte sich dies als gute Entscheidung heraus, denn im Hotelrestaurant „Le Parc“, über das wir zufällig stolperten, hätten wir sonst leicht leer ausgehen können. Schon bald nach unserer Ankunft war hier auch noch der allerletzte Platz vergeben, was uns spätestens dann nicht mehr wunderte, als wir nach dem üppigen 3-Gänge-Menü dort noch einen kleinen Verdauungsspaziergang durch den Ort machten und dabei auch das „Le Coq d’Argent“ passierten: Hier war an diesem Abend alles verriegelt und verrammelt und von einem Schild an der Tür erfuhren wir, dass man an diesem und dem folgenden Tag außer der Reihe geschlossen habe … 


Abends in den Gassen von Arc-en-Barrois


Unsere erste Campingnacht fiel diesmal erfreulich ruhig aus, jedenfalls ab dem Moment, als die beiden Hunde in der Nachbarschaft endlich ihr Bellduell beendet hatten, und dank bedecktem Himmel blieb es recht angenehm warm.


Montag, 15. Mai – Rogny-les-Sept-Écluses, Camping des Lacières


Auch bei der morgendlichen Dusche gab es keine Klagen: Das heiße Wasser sprudelte sogar mit extrem hohem Druck aus der Brause. 

So konnte es gegen 10 Uhr erfrischt in den ersten kompletten Tag auf französischem Boden gehen, zunächst führte unser Weg allerdings nur bis ins nahe Châtillon-sur-Seine. Der Isuzu lechzte schon seit dem vorigen Abend nach Treibstoff – kein Wunder nach den 630 km Anfahrt – und an der Tankstelle des dortigen Intermarché sollte der Diesel mit 1,64 €/l konkurrenzlos günstig sein. Im Einkaufszentrum nebenan deckten wir uns noch mit den nötigsten Vorräten ein und machten uns so gerüstet auf den noch immer recht weiten Weg zu den "Sieben Schleusen" von Rogny.
 
Um die Mittagszeit hatten wir gerade erst den für seinen Wein berühmten Ort Chablis erreicht, weshalb ich dafür plädierte, dort einen Stopp zum Mittagessen einzulegen. Günter war zwar nicht wirklich begeistert, weil er lieber bald gewandert wäre, doch letztlich willigte er trotzdem ein. Nach einigem Suchen stellten wir unser Campingmobil am Ortsrand bei der Feuerwache ab, doch Chablis ist zum Glück nicht riesig und so hatten wir, vorbei an verschiedenen Großkellereien, die uns alle zur Weinverkostung locken wollten, innerhalb von höchstens 10 Minuten das Zentrum erreicht.
 

In Chablis ist Mitte Mai noch eindeutig Nebensaison.


An einem Kanal des Flusses Serein


Die frühgotische Kirche fanden wir leider verschlossen vor, lediglich durch ein vergittertes Fenster in einem Eingangsportal konnte man einen Blick in den Innenraum erhaschen. 


Collégiale Saint-Martin de Chablis


Das Mittagessen im einfachen Hôtel de la Poste war dann ok und machte satt, mehr hatten wir aber auch nicht erwartet. Der weiße Chablis, der hier natürlich unbedingt probiert werden musste, mundete uns dagegen hervorragend, ließ jedoch die Weiterfahrt eher schläfrig geraten ...

Zu allem Überfluss waren die Straßen an diesem Tag oftmals schnurgerade – passend zur flurbereinigten Agrarlandschaft. Vor allem morgens bewegten wir uns über eine nur leicht wellige Ebene mit teils riesigen Feldern, die mich schon Parallelen zum US-amerikanischen Mittleren Westen ziehen ließ – natürlich übertrieben, doch auf französische Maßstäbe heruntergerechnet vielleicht doch nicht ganz falsch? 

Später dann dominierten Weinberge das Bild und wurde die Landschaft durch gelegentliche Wälder insgesamt wieder etwas abwechslungsreicher. 

Da wir an diesem Tag die Autobahn verschmähten, führte unsere Route mitten durch Auxerre, das mit seiner Kathedrale und diversen anderen alten Gemäuern selbst beim bloßen Vorbeifahren schon beeindruckte. Überhaupt fand ich die Dörfer und Städte an unserer Strecke oft deutlich interessanter als die Landschaft. Die alten Steinhäuser, teilweise wie „verwachsenen“ Kirchtürme und verschachtelten Kirchengebäude gaben hier auch noch dem winzigsten Nest Charakter. Wenn ich da an unsere oft so gesichtslosen Dörfer dachte …

Doch um noch einmal irgendwo anzuhalten, fehlte uns jetzt definitiv die Zeit, wenn wir wie geplant bei den „Sieben Schleusen“ wandern wollten. 

Das zugehörige Kanalsystem, das die Seine mit der Loire verband, hatte König Heinrich IV. Ende des 16. Jahrhunderts in Auftrag gegeben, um die Versorgung von Paris zu erleichtern. Die siebenstufige Schleusentreppe im Canal de Briare war von 1642 bis 1887 in Betrieb, ehe sie durch modernere und größere Schleusenanlagen ersetzt wurde. Inzwischen ist die Treppe praktisch trocken gefallen, die Schleusentore entfernt, doch ein hübsches Fotomotiv bildet sie nach wie vor. Bei unserem Besuch Mitte Mai stand zudem der gigantische Kastanienbaum an ihrem Fuß in voller Blüte.


Les Sept Ècluses


Rogny am Canal de Briare


Praktischerweise liegt der Campingplatz von Rogny höchstens 5 Minuten Fußweg von den Schleusen entfernt, so dass wir den Max gleich bei unserer Ankunft für die Nacht parken konnten. 


Auf dem weiten Camping-Areal ist heute noch viel Platz.


Die „Sept Écluses“ konnten wir dann zum Glück noch zumindest teilweise bei Sonne bewundern, ehe wir endlich zur geplanten Kanalwanderung starteten. Fast 5 km ging es dabei zunächst am Canal de Briare von Schleuse zu Schleuse, doch leider kam zu dieser Zeit kein einziges Boot hier durch, was die Sache sicher deutlich interessanter gemacht hätte. Anfangs trabten wir noch auf einem Teersträßchen dahin, das schließlich am Schleusenwärterhaus endete und in einen ziemlich verwachsenen und teils schlammigen Trampelpfad überging. 


Flora und Fauna am Canal de Briare: Purpur-Knabenkraut
(Orchis purpurea) und Zweifleck (Epitheca bimaculata)


Brombeer-Zipfelfalter (Callophrys rubi)


Doch dies war noch gar nichts gegen die „Pfade“, die uns auf dem Rückweg erwarteten. Günter hatte sich bei der Planung an einer Rundwanderung orientiert, die er bei „Alpenverein aktiv“ gefunden hatte, und diese führte an einem ganz kleinen Kanal zurück, der den großmächtigen Namen „Rigole de Saint Privé“ trägt, doch letztlich nur eine schmale betonierte Rinne mit schwarzer, stinkender Dreckbrühe darin war. 

Das Übelste waren aber die sogenannten „Wanderwege“, die entweder von Reitern vom nahen Ponyhof bzw. schweren Traktoren bei Forstarbeiten umgepflügt und in Matschpisten verwandelt oder aber teils brusthoch mit Gras und weiß blühenden Blumen überwuchert waren. Letzteres trieb Günter wegen seiner Pollenallergie den Schweiß auf die Stirn, doch ließen die fraglichen Blüten sein Immunsystem ganz offensichtlich kalt. Und auch von Zeckenbissen, die hier unsere zweite Sorge gewesen waren, blieben wir glücklicherweise verschont. 

Vorbei an einer Herde sehr neugieriger Charolais-Rinder erreichten wir schließlich bei „La Brennellerie“, einem herrschaftlichen Gut mit hohen Schlossmauern, wieder die Zivilisation. Von da ab gabs wieder ein Teersträßchen, das bald in eine richtige Straße mündete, die uns glücklicherweise recht flott wieder bergab ins Dorf und zum Campingplatz brachte, denn wenig später fielen die ersten Regentropfen.


Bekommen offensichtlich nicht häufig Besuch:
Charolais-Rinder am Rigole de Saint-Privé

 
Bei unserer Rückkehr war dann auch die Rezeption des Campingplatzes besetzt, wo man für eine Übernachtung 10 € von uns verlangte.
 
Das Gewitter streifte uns an diesem Abend zwar nur leicht, im Freien wurde es dann aber doch schnell zu ungemütlich. Voller Optimismus hatten wir noch Tisch und Stühle aufgestellt und alles, was wir fürs Abendessen brauchten, rausgeräumt, doch schon nach wenigen Bissen wurde es uns zu feucht und zogen wir uns lieber in den Aufbau zurück.

 
Immerhin für ein "Beweisfoto" hat es noch gereicht ...


 

Dienstag, 16. Mai – Chécy, Camping Municipal „Les Pâtures“


Am folgenden Tag stand unser erstes Loire-Schloss auf dem Plan, das Château de Sully-sur-Loire. Günter kannte es schon von einer Radreise entlang der Loire, die ihn damals – Jahrzehnte ist es her – letztlich nach Irland führte. 

Das Schloss als solches stand dann tatsächlich so monumental und beeindruckend da, wie er es in Erinnerung hatte, doch da uns die Besichtigung des Schlossinneren (wie üblich) nicht reizte und wir stattdessen lieber den zugehörigen Park ausführlich erkundet hätten, waren wir letztlich etwas enttäuscht: Auf weiten Teilen des Geländes wurde gerade eine riesige Zeltstadt aufgebaut (vielleicht für einen Mittelaltermarkt?) und entlang des Burggrabens waren zudem massive Uferbefestigungsarbeiten im Gange, so dass die Bewegungsmöglichkeiten leider ziemlich eingeschränkt waren. Schade auch, dass manche kleinere Wege wegen angeblicher Baumschlag- und Vipern(?!)-Gefahr abgesperrt waren. Aber, wer weiß, vielleicht sind ja irgendwann die hinfälligen Bäume entfernt, die Schlangen gebändigt und alles wieder neu angelegt und wir haben für unseren Besuch nur einen besonders ungünstigen Moment erwischt ...


Château de Sully-sur-Loire





 
So drehten wir denn auf den wenigen „erlaubten“ Pfaden eine übersichtliche Runde und dann war sowieso schon fast Mittag. Die wahrlich frische, böige Nordwestbrise, die seit diesem Morgen blies und die Temperatur auf maximal 16°C begrenzte, tat dann noch ein Übriges, dass wir uns schleunigst auf die Restaurantsuche begaben. Unsere Wahl fiel auf die „Castle Tavern“, wo wir uns mit Blick aufs Schloss mit üppigem Burger mit Ziegenkäse bzw. dem Mittagsmenü stärkten. Und auch diesmal war es ein Glück, dass wir so früh dort eingekehrt waren, denn mit der Zeit füllte es sich bis zum letzten Platz.
 
Auf der Weiterfahrt folgte ein Abstecher zum „Oratoire carolingien de Germigny-des-Prés“, einer der ältesten Kirchen in Frankreich, die bereits im Jahr 806, also zur Zeit der Karolinger, erbaut worden war. Natürlich wurde im Lauf der Jahrhunderte noch viel an- und umgebaut, doch der Altarraum und insbesondere die vordere Apsis mit einem byzantinisch beeinflussten Deckenmosaik sind wohl noch original aus der damaligen Zeit erhalten. Eine Besonderheit ist offenbar auch das Motiv dieses Mosaiks, da darauf anstelle der üblichen Christusdarstellung die Bundeslade mit den Zehn Geboten abgebildet ist.


Apsis mit byzantinischem Deckenmosaik


Oratoire carolingien de Germiny-des-Prés

 
Anschließend rollten wir die letzten Kilometer bis nach Chécy und hier gleich zum Campingplatz, dessen Rezeption allerdings erst um 15 Uhr wieder öffnen sollte, und bis dahin war das Tor verschlossen und man musste draußen warten. Anders als bei den Plätzen, auf denen wir an den vergangenen beiden Tagen genächtigt hatten, war hier alles streng reglementiert und überwacht: die Plätze wurden zugeteilt und das Tor wurde nach jedem ein- oder ausfahrenden Camper sofort wieder geschlossen. Nichts desto trotz schien der Platz sehr beliebt und bis zum Abend waren so ziemlich alle Plätze vergeben. Vermutlich waren wir nicht die einzigen Orléans-Touristen, die sich nicht auf die spärlichen Parkmöglichkeiten in der Stadt verlassen wollten und die „Anreise“ mit Rädern oder in unserem Fall eben Rollern an der Loire entlang vorzogen. 


Chécy


Nach erfolgreichem Einchecken verbrachten wir den Nachmittag dann noch mit einer zügigen Spazierrunde entlang der Loire, um schon mal den Weg in Augenschein zu nehmen, auf dem wir anderntags in die Stadt rollern wollten. Zurück nach Chécy ging es anschließend am Canal d’Orléans, wobei vom Kanal zum eigentlichen Dorf hinauf eine ziemlich steile Treppe erklommen werden musste. Oben angelangt kam uns dann eine Boulangerie gerade recht, in der wir ein Baguette für abends, sowie ein Tartelette au citron plus zwei winzige Gugelhupfe für gleich erstanden. Nachdem wir letztere auf den Stufen eines Nebeneingangs der Kirche "Saint-Pierre-et-Saint-Germain" verspeist hatten, warfen wir noch einen Blick ins Innere des gotischen Gotteshauses, ehe es zum Campingplatz zurück ging.


Am Canal d'Orléans


Insgesamt waren wir  an diesem Tag so auf fast 10 km Fußmarsch gekommen und von daher längst nicht so „faul“ gewesen wie zunächst befürchtet. ;)


Mittwoch, 17. Mai – Chécy, Camping Municipal


Der erste Tag auf dieser Reise, an dem das Auto nicht bewegt wurde, stattdessen kamen unsere Roller ausführlich zum Einsatz. 

Wie geplant starteten wir nach dem Frühstück - bei schönstem Sonnenschein, aber noch recht erfrischenden Temperaturen - direkt vom Campingplatz Richtung Orléans. Zunächst rollten wir auf dem schon bekannten Fußweg direkt an der Loire überraschend schnell am Umkehrpunkt vom Vortag vorbei. Noch ein Stück ging es anschließend auf dem auch morgens recht einsamen Pfad am Fluss entlang, dann erreichten wir um ein paar Häuser herum den Canal d’Orléans, überquerten diesen und folgten ab jetzt dem Radweg, der direkt in die Stadt führte. 


Kurzer Stopp an der Loire auf dem Weg nach Orléans


Nach einer guten Stunde hatten wir den Punkt erreicht, ab dem es uns sinnvoller erschien, die Roller abzustellen und zu Fuß weiter in die Stadt zu gehen. Zum Glück zeigte sich Orléans, was Radinfrastruktur anging, ziemlich vorbildlich. Nicht nur gab es an allen größeren Straßen Radwege und waren manche kleinere Straßen für Radler priorisiert, für uns nun sehr praktisch waren auch die Abstellplätze zahlreich und zumindest an diesem Morgen noch nicht völlig zugeparkt. So fanden wir sofort eine Möglichkeit, unsere Roller anzuschließen und konnten beruhigt in die Stadt marschieren. 

Zunächst versuchten wir unser Glück bei der Kirche St.-Aignan, die ziemlich imposant direkt oberhalb der Loire aufragte. Doch leider fanden wir alle Eingänge verschlossen vor und nach einigem Suchen den Hinweis, dass ab 14 Uhr geöffnet sei. Gut, würden wir eben auf dem Rückweg noch einmal vorbeikommen. 

Als nächstes steuerten wir dann gleich die Kathedrale von Orléans an, das dominante und schon von weither sichtbare Wahrzeichen der Stadt. Neben dem eigentlichen gotischen Kirchenbau, der an sich schon sehr eindrucksvoll ist, gibt es hier auch einen Zyklus von 10 Glasfenstern, die die Geschichte von Jeanne d’Arc erzählen. 

Hier die Kurzfassung: Am 8. Mai 1489 trug sie maßgeblich zur Befreiung der Stadt von der Belagerung durch die Engländer im Hundertjährigen Krieg bei, fiel aber in der Folge durch Verrat eben diesen Engländern in die Hände und wurde schließlich von einem Bischof (Franzose, aber pro-englisch) zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. 


Kathedrale von Orléans


Blick zur Westfassade der Kathedrale von der Rue Jeanne d'Arc


Weiter ging’s zum Reiterstandbild der Jeanne d’Arc an der Place du Martroi und dann war es auch schon wieder Zeit fürs Mittagessen, für das wir uns das „Aux fines gueules“ ein paar Straßenecken weiter in der Rue de la Cerche aussuchten. Platz gab es kurz nach 12 noch genug, sogar im doch recht übersichtlichen Innenbereich, was bei der nach wie vor kühlen Witterung auf jeden Fall die angenehmere Wahl war.

Place du Martroi mit Reiterstandbild der Jeanne d'Arc




Das Essen war dann wirklich hervorragend, so wie man es entsprechend den gehobenen Preisen auch erwarten durfte. Der Service stimmte ebenfalls: obwohl niemand des Englischen wirklich mächtig war und wir andererseits auf Französisch längst nicht alles verstanden, bemühte man sich nach Kräften.
 
Gesättigt und von einem Espresso wiederbelebt machten wir uns auf den Weiterweg durch Orléans, stellten aber bald fest, dass wir die wesentlichen Sehenswürdigkeiten wohl bereits abgehakt hatten. Das „Maison de Jeanne d’Arc“ schauten wir uns noch von außen an, ein hübsches Fachwerkhaus, in dem die Heldin in Orléans wohnte und das zwar im 2. Weltkrieg völlig zerstört, später jedoch originalgetreu wieder aufgebaut worden war. Danach schlenderten wir etwas ziellos durch die Gassen, genehmigten uns noch ein Eis (zum Glück schien da gerade länger die Sonne) und kehrten dann noch einmal für ein paar Fotos zur Kathedrale zurück, deren Westfassade inzwischen in der Nachmittagssonne leuchtete. Schließlich und endlich wollten wir noch St.-Aignan besichtigen, doch obwohl 14 Uhr längst vorüber war, fanden wir die Kirche noch genauso verschlossen vor wie am Morgen. 


In den Gassen ...


... von Orléans


Die Kathedrale von Süden ...


... und noch einmal von Westen, diesmal in der Nachmittagssonne.


Zu unserem Roller-Depot waren es von dort nur noch ein paar Meter und eigentlich hatten wir ja gehofft, dass der Wind uns auf dem Rückweg helfen würde, doch statt aus Westen blies dieser mittlerweile leider aus Nordosten und uns damit tendenziell ins Gesicht. Letztlich aber halb so schlimm, wir schafften es trotzdem in endlicher Zeit zum Campingplatz zurück, zunächst auf demselben Weg wie am Morgen, doch dann rollerten wir auf der (flussaufwärts gesehen) linken Seite des Kanals weiter, denn wir planten noch einen Einkaufsabstecher ins Dorf, auch wenn dies bedeutete, dass wir die Roller nun die steile Treppe vom Vortag hochwuchten mussten. Der übersichtliche Supermarkt mit dem aufwendigen Namen „G4 Chécy Sitis“ hatte alles, was wir brauchten, und so konnten wir anschließend zufrieden zum Campingplatz hinabrollen. 


Zurück gehts am Canal d'Orléans,
vorbei an einem ziemlich zahmen Reiher


Hier allerdings sahen wir dann mit einem gewissen Bangen der Nacht entgegen, denn wir hatten neue Nachbarn bekommen: Gerade als wir ankamen, rangierte ein ungarisches Paar sein Wohnmobil mühsam und mit einigen Rumplern gegen die Hecke auf den Platz neben uns. Und offenbar waren diese Ungarn mit den Ungarn von gegenüber befreundet und saßen von da an zu viert zusammen und hatten es sehr lustig: Nicht nur ein Bierfässchen wurde gemeinsam geleert, sondern auch noch mindestens eine Wodkaflasche … Blieb nur zu hoffen, dass sie irgendwann müde wurden und/oder die 11°C, auf die das „Quecksilber“ nach Sonnenuntergang fallen sollte, die Party beenden würden.

Wir jedenfalls flüchteten auch an diesem Abend schon deutlich vor dem Einnachten ins Auto, weil es wieder gerade so böig-stürmisch und wechselhaft war wie tags zuvor. Während es bei Sonne und zwischen zwei Böen irre warm wurde und man sämtliche Jacken und Pullis am liebsten abwerfen wollte, konnte es schon wenige Minuten später, wenn die nächste Wolke sich vor die Sonne geschoben hatte und der Wind aufbrauste, wieder empfindlich kühl sein. Ein Wechselbad, das ich mit der Zeit einfach zermürbend fand, und zu allem Überfluss mussten wir hier extrem auf der Hut sein, um nicht vom Bombardement der Tauben getroffen zu werden, unter deren Lieblingsbaum wir offenbar campten …



Donnerstag, 18. Mai – Gennes-Val-de-Loire, Camping Au-bord-de-Loire


Christi Himmelfahrt und damit auch in Frankreich ein Feiertag plus verlängertes Wochenende, was man den ganzen Tag über deutlich sah und spürte: Die Straßen waren voll, die Radwege ebenso, auch bei den Schlössern, die wir besichtigten, herrschte eindeutig Feiertagsansturm und last but not least war der Campingplatz im Städtchen Gennes-Val-de-Loire rappelvoll und zwar überwiegend mit französischen Familien.

Insofern war es an diesem Abend nun wirklich fraglich, ob in endlicher Zeit Ruhe einkehren würde. Am Abend zuvor dagegen waren unsere diesbezüglichen Befürchtungen letztlich absolut unbegründet gewesen: Unsere ungarischen Nachbarn waren pünktlich zum Sonnenuntergang in jeder Hinsicht bedient und zogen sich in ihre Wohnmobile zurück. Und auch die Musik, die von dem riesigen Wohnwagen-Camp beim Sportplatz (Sinti/Roma?) herüberscholl, verstummte kurz nach 22 Uhr. Im übrigen „erwischte“ mich diesmal der Platzwart, als ich 2 Minuten nach 22 Uhr noch im Dusch-/ Waschraum meine Zähne schrubbte. Um diese Uhrzeit und bis morgens um 7 wurde dort nämlich rigoros abgeschlossen – warum auch immer. Die WCs blieben aber immerhin auch über Nacht geöffnet … 

Lärm war also nicht das Problem, wirklich nervig waren aber die schon erwähnten Tauben, die auf der Robinie, unter der wir standen, bevorzugt platznahmen und mit ihren Hinterlassenschaften unser Dach "verzierten" … Günter ärgerte sich dermaßen darüber, dass er schon drauf und dran war, noch in der Nacht einen anderen Platz zu suchen. Da ich aber nicht so recht mitzog, blieben wir am Ende stehen und ich musste mir den ganzen folgenden Tag anhören, dass ich ja gegen das Umparken gewesen sei und deshalb jetzt das ganze Auto … 

Ja, ja – abgesehen davon, dass bestes Wetter herrschte und die Sonne im Lauf des Tages das Thermometer immerhin auf 20°C steigen ließ, war dies auch sonst nicht der harmonischste Tag. Irgendwie fehlten auf dieser Reise wohl bislang die Höhepunkte; tatsächlich war mir nicht bewusst gewesen, wie viel buchstäblich flaches Land es in Frankreich gab. Seit wir am Sonntag die Vogesen „überwunden“ hatten, bewegten wir uns mehr oder weniger durch Schwemmebenen diverser Flüsse und diejenige der Loire war mindestens ebenso ausgedehnt wie die Poebene in Norditalien. Berge, auf die man hätte steigen können, gab es hier also weit und breit keine und die angeblichen Sehenswürdigkeiten, heute standen noch einmal zwei Schlösser auf dem Programm, entpuppten sich meist auch als weniger spektakulär, als es zunächst klang. 

Unser erstes Ziel, das Château de Chambord war dann gleich mal mit dem Makel behaftet, dass mehrere seiner zahlreichen Türme eingerüstet und mit Folie ummantelt waren, und am Burggraben lagerten zudem Baumaterialien, was den Gesamteindruck auch nicht gerade verbesserte. Wir hatten schon in einiger Entfernung geparkt (Parkplätze gibt es in dem wahrhaft gigantischen Park, der zum Schloss gehört, jede Menge) und näherten uns entlang eines langgestreckten Ausläufers des Burggrabens zu Fuß dem Schloss. Leider sah es von dieser Seite durch die Renovierungsarbeiten gerade mit am schlimmsten aus.


Am Schlosskanal entlang zum Château de Chambord


Bei der Umrundung des Schlosses fanden sich dann doch noch ein paar annehmbarere Perspektiven, doch so richtig toll war es nirgends. Die Besichtigung des Schlossinneren schenkten wir uns wieder, warfen noch einen kurzen Blick in die Schlosskapelle, in der allerdings gerade ein Gottesdienst gefeiert wurde, ließen uns von der Geräuschkulisse einer Pferdevorführung anlocken, die leider ausgebucht war und spazierten dann wieder zum Auto zurück, was sich alles in allem auf knapp 5 km Fußmarsch summierte. Im Übrigen waren auf dem Schlossgelände auch viele Radler unterwegs, teils mit Mieträdern, teils mit eigenen, sowie unzählige Elektrowägelchen (Golfcarts), die beileibe nicht nur bei „Fußkranken“ regen Zuspruch fanden.


Selbst mit Gerüsten und Folie ...


... ein beeindruckender Anblick


Weiter ging die Fahrt, wobei wir nun eigentlich reif fürs Mittagessen waren. Günter hatte tags zuvor im nahegelegenen Saint-Dyé-sur-Loire das Restaurant „Chez Walter“ ausfindig gemacht, doch hier hatten wir Pech und man war „untröstlich“ (désolé), aber leider ausgebucht. Auch der auf die Schnelle entwickelte Plan B funktionierte nicht, da das Restaurant „L’Auberge du Moulin“ bei Blois schlicht geschlossen hatte. 

So blieb uns zuletzt nichts anderes übrig, als mittags zu vespern – zum Glück hatten wir schon morgens in einem Sonntagfrüh geöffneten Supermarkt am Wegesrand alles dafür Nötige besorgt. Und da die Mägen schon recht tief hingen, steuerten wir hierfür nun den erstbesten Parkplatz and der Loire an. So idyllisch, wie wir uns das gewünscht hätten, war es hier zwar auch nicht und der Wind blies kühl und von der falschen Seite, so dass wir letztlich doch wieder im Aufbau saßen. Doch immerhin konnte es schon bald gestärkt weiter gehen zum zweiten Schloss des Tages.

Beim Château de Chenonceau, wartete dann allerdings die nächste Enttäuschung auf uns: Hier kam man nicht einmal in den Schlosspark, ohne 15,50 € Eintritt zu berappen, was dann zwar die Besichtigung  der Zimmerfluchten mit einschloss, für die man aber feste Zeitfenster buchen musste … Das wollten wir aber alles gar nicht, ganz abgesehen davon, dass der Ansturm enorm und bis 18.30 Uhr alles ausgebucht war, was für uns viel zu spät geworden wäre. 

So kam es, dass wir am späten Nachmittag noch einen ungeplanten strammen Marsch von 6,5 km um das Schlossgelände antraten. Denn tatsächlich konnte man von der anderen Flussseite das Schloss, das genau genommen sogar zu großen Teilen im Fluss „Le Cher“ liegt, fast genauso gut von außen bewundern wie vom kostenpflichtigen Schlosspark aus. Sagte einem bloß keiner, doch ein Blick auf Google Maps lieferte den Hinweis auf den alternativen „Mirador“. Dass man allerdings wenige hundert Meter vom Aussichtspunkt entfernt auch locker hätte parken können, war zumindest mir nicht wirklich klar. Daher Stress und Schweinsgalopp ... Na ja, für ein paar Fotos war der Aufwand hoffentlich gut, mich hat das Schloss – Weltkulturerbe hin oder her – eher mäßig beeindruckt, da fand ich Chambord trotz Gerüst noch imposanter.


Auf den Fotos ...


... gar nicht mal so übel!


Das Weltkulturerbe Schloss Chenonceau


Und irgendwie war heute der Wurm in fast allem: Der zunächst von uns anvisierte Campingplatz bei Chouzé-sur-Loire war nämlich prompt geschlossen, so dass wir noch einmal gut 30 Minuten weiterfahren mussten bis Gennes-Val-de-Loire, wo es außer dem Campingplatz auch ein paar Restaurants geben sollte. Am Ende reduzierte sich bei letzteren das Angebot auf genau eines, das geöffnet war und nicht schon völlig ausgebucht: Ein Hoch auf „Les poulets de Paulette“, wo wir problemlos noch einen Tisch im Freien bekamen, an dem es dank Abendsonne sehr erträglich war. Nur das Essen – gebratenes Hühnchen mit Kartoffeln/ Ratatouille/ Salat – wurde recht flott kalt. 

Noch ein geteilter Aprikosen-Pistazienkuchen mit Karamelleis und Sahne zum Nachtisch, dann reichte die Kraft sogar wieder, um den höchsten Punkt der Ortschaft (beim Mémorial et église St. Eusèbe – hier hat die Loire tatsächlich sowas wie ein Steilufer!) zu erklimmen, von wo es aber leider nicht die erhoffte Aussicht aufs Loire-Tal gab, da mal wieder alles zugewuchert war.



Freitag, 19. Mai – Camping Paradis Le Moulin des Oies à St. Cado bei Belz/ Bretagne


Der Tag, an dem wir es endlich bis in die Bretagne und an den Atlantik schafften und doch vorerst nur einen kurzen (eher gestressten) Blick aufs Meer werfen konnten. Doch dazu später.

Unchristlich früh war die Nacht um, da unsere zeltbewohnenden Nachbarn in Gennes ab morgens halb 6 wach und sehr gesprächig waren. Vor allem der männliche Teil des Paares hatte leider ein sehr durchdringendes Organ und jede Menge zu erzählen. So wälzte ich mich schlaflos von einer Seite auf die andere bis auch wir gegen 8 ans Aufstehen dachten. Auf dem Platz war es davon abgesehen trotz der dichten Belegung nachts absolut friedlich gewesen, dagegen kam je nach Wind, von wo auch immer, über ein paar Stunden noch Techno-Gewummer zu uns herübergeweht und schon recht früh setzte auch wieder der Lasterverkehr ein, was insbesondere nervte, wenn einer der X-Tonner über die nahe Loirebrücke donnerte. 
 
Ansonsten war der Campingplatz als solcher völlig ok; sehr speziell waren allerdings die Sanitärgebäuden die wie Pfahlbauten konstruiert und nur über hohe Außentreppen zu erreichen waren – also mit Sicherheit nicht barrierefrei, aber von Vorteil, wenn die Loire das Gelände direkt am Fluss überflutet, was bestimmt gelegentlich passiert.

Morgens lachte nach sternklarer Nacht die Sonne und lud zum Frühstück im Freien ein und dank dem ultrafrühen "Weckservice" waren wir noch vor 10 Uhr wieder unterwegs. 

Zunächst stand dann hauptsächlich Strecke machen an, denn bis zu den Menhiren von Carnac, unserem einzigen Besichtigungsziel an diesem Tag, lagen immerhin rund 260 km Fahrt vor uns. Von daher verschmähten wir diesmal auch die Autobahnen nicht: Südlich von Angers fuhren wir auf die A87, die uns ein letztes Mal über die Loire brachte, dann wechselten wir auf die A11, der wir eine gefühlte Ewigkeit bis Auray folgten. 

Ursprünglich hatten wir gehofft, zum Mittagessen schon in der Nähe von Carnac zu sein, doch da es nun schon weit nach Mittag war, hielten wir lieber bei Auray nach einer Essensmöglichkeit Ausschau. Direkt neben der Autobahnabfahrt gab es in einem riesigen Gewerbegebiet einige Restaurants (wobei wir zunächst gedacht hatten, dass es sich dabei um einen „normalen“ Stadtteil handelte, sonst hätten wir doch eher woanders gesucht) und wir landeten dann tatsächlich in einem sehr ordentlichen: Das „La Belle Époque“ hatte seine 5-Sterne-Bewertung bei Google nicht zufällig bekommen, denn vom „Ambiente“ (jedenfalls drin, wo wir saßen, draußen hätte man im Hinterhof zwischen Industriehallen gesessen) über den Service bis zur Qualität der Speisen passte alles. 

So konnten wir uns nach kurzer Weiterfahrt satt und zufrieden in die Erwanderung der Menhirfelder von Carnac stürzen, wo – wie zu befürchten an einem Brückentag – ein Betrieb herrschte, wie man ihn sonst nur zur Hochsaison erwartet hätte. Meist verteilten sich die Menschen aber doch in dem weitläufigen Gelände und so war es eigentlich ganz angenehm, zwischen den umzäunten Arealen mit den unzähligen Steinstelen zu spazieren. Zwar wäre es vielleicht noch interessanter gewesen, wenn man direkt zwischen den Steinreihen hätte durchgehen können, doch dies blieb den zahlenden Teilnehmern einer Führung vorbehalten. 


Hinkelsteine wohin man auch schaut, ...


... Obelix wäre begeistert.


Fast zweieinhalb Stunden hielten wir uns dort auf, wobei es in der prallen Sonne auf den ausgedehnten Menhirfeldern teilweise sogar so warm wurde, dass es schon fast wieder eine Erleichterung war, wenn wir gelegentlich durch schattigen Wald kamen.

So richtig scheint ja auch die Forschung noch immer nicht zu verstehen (und wird es vielleicht auch nie), warum die Menschen des Neolithikums diese Steinreihen aufgestellt haben. Offenbar hatten die damaligen Bewohner der Gegend um Carnac (oder manche von ihnen) aber, nachdem die Idee einmal in der Welt war, nicht nur selbst einen Narren daran gefressen, sondern steckten auch noch weite Teile Nordwest-Europas damit an ...


Manche Menhire sind etwas größer ausgefallen:
Géant du Manio






Die Campingplatzsuche gestaltete sich im Anschluss dann noch überraschend mühsam. Sowohl beim Camping Municipal in Étel, als auch beim Camping de Saint-Cado blitzten wir ab (konnten aber von der engen, verwinkelten Anfahrtsroute immerhin schon mal einen Blick auf den Atlantik werfen, s.o.), ehe wir bei Belz auf dem "Camping Paradis" noch ein schmales Plätzchen zwischen zwei Wohnmobilen ergatterten. 

Auch dieser Platz war, wie nicht anders zu erwarten, bis zum Anschlag belegt und abends ging es noch lange hoch her, so dass wir so langsam die hoffentlich entspannteren Campingtage nach dem langen Wochenende herbeizusehnen begannen. 

Hier noch ein paar Seltsamkeiten aus dem „Camping-Paradies“: 
 
Am Abend und bis einschließlich morgens zur Haupt-Duschzeit war im Sanitärgebäude der Damenbereich abgeschlossen, so dass sich alle die 5 Duschen im Herrentrakt teilen mussten. Warum man lediglich am späten Vormittag und nachmittags sämtliche vorhandenen Dusch- und Waschgelegenheiten zur Verfügung stellte, blieb mir ein absolutes Rätsel
 
WCs gab es lediglich 8 für den ganzen riesigen Platz und die waren in der hintersten Ecke des Gebäudes versteckt. 
 
Gar nicht versteckt waren dagegen die Pissoirs: Sowohl vor dem Eingang zu den WCs als auch gleich hinter dem Eingang des Männer-Duschtrakts befanden sich jeweils mehrere, im Vorbeigehen bestens einsehbare Exemplare …  
  
Alles nicht so durchdacht und insbesondere als Frau fühlte ich mich dadurch eher respektlos behandelt.

 

Samstag, 20. Mai – Camping Paradis / Belz


Am Freitagabend hatten wir im „Paradies“ gleich für zwei Nächte bezahlt, so blieb das Auto am Samstag wieder einmal stehen. Mit den Rollern ging es erst über den Damm zur kleinen Insel St.-Cado, vor der auf einem winzigen vorgelagerten Eiland (mit dem sonderbaren bretonischen Namen „Nichtarguer“) das viel fotografierte „Blaue Haus“ steht. Nur Tür und Fensterläden des Hauses sind tatsächlich blau, weshalb es genau genommen auch „La petite Maison aux volets bleus du Morbihan“ (das kleine Haus mit blauen Läden am Golf von Morbihan) heißt. Gebaut wurde es ursprünglich für den Wächter über die zahlreichen Austernzuchten, die es hier rundum in der Ria d’Étel schon seit dem 19. Jahrhundert gibt.


La petite Maison aux volets bleus du Morbihan


Ria d'Étel ...


... bei Ebbe


St.-Cado umrundeten wir in wenigen Minuten, bei beginnender Ebbe war die Aussicht auf die Ria, einen fjordähnlichen Meeresarm bzw. eine breite Flussmündung, die sich bei Flut mit Meerwasser füllt, nicht sonderlich aufregend. Da fand ich die hübsche romanische Kapelle in der Inselmitte deutlich interessanter. Der Namensgeber Saint Cado stammte der Legende nach ursprünglich aus Wales und war der Sohn eines Adligen, ging dann jedoch ins Kloster und gründete erst auf der Britischen Insel, später in Frankreich einige Klöster, ehe er sich hier in der Bretagne niederließ.


Chapelle Saint-Cado de Belz


Calvaire de Saint-Cado

 
Anschließend rollerten wir auf dem Wanderweg an der Küste entlang weiter, was teilweise recht mühsam war, da der Weg immer mal wieder über zwar flache Felsen führte, an denen wir mit unseren nur bedingt geländegängigen Gefährten aber recht oft an Grenzen kamen und Schieben oder Tragen angesagt war, genau wie an den Stufen, die immer mal wieder in den Weg eingebaut waren.

Kaum waren die ersten felsdurchsetzten Hindernisse an der Straßenbrücke über die Rivière überwunden, lockte das Restaurant „Sous L’Pont“ und, da es schon schwer auf 12 Uhr zuging, beschlossen wir, hier gleich einzukehren. Die Tische direkt über der Rivière, in der zu dieser Zeit noch ein gewaltiger Gezeitenstrom zu beobachten war, waren zwar bereits reserviert, doch ein paar andere Tischchen im Freien waren noch zu haben. Vom Rollern erhitzt entschieden wir uns für einen Schattenplatz, wo es mit der Zeit dann doch recht fröstlig wurde. 

Und Zeit mussten wir jede Menge mitbringen: Anfangs, als die meisten anderen Tische noch unbesetzt waren, ging alles recht flott. Doch da unsere beiden Hauptgerichte (Merlan und Lotte jeweils mit Reis und Gemüse) recht übersichtlich ausgefallen waren und der halbe Liter Weißwein so etwas arg allein im Magen schwappte (und zu Kopf stieg …), bestellten wir noch Nachspeisen und auf diese ließ man uns dann sehr lang warten. Schon klar, inzwischen brummte der Laden und die KellnerInnen kamen kaum mit servieren hinterher. Für uns wurde es irgendwann trotzdem ärgerlich, weil wir mittlerweile ziemlich froren und einfach allmählich weiter wollten.
 
Na ja, letztlich wurde uns beim Weiterrollern schnell wieder warm und trudelten wir trotz allem noch vor 16 Uhr wieder am Campingplatz ein, insofern alles halb so wild. 

Schlimmer war da schon, dass Günter sich wenige hundert Meter weiter an einem etwas ruppigen Übergang von Teerstraße zu sandigem Fußweg unsanft neben den Roller legte, da sein Lenker unvermittelt nach unten weggeklappt war. Die Schürfungen an einem Ellenbogen und beiden Handflächen waren zwar nicht allzu gravierend, auch der Staub war schnell von der Hose abgeklopft, doch leider stellte sich heraus, dass wir ausgerechnet heute das Werkzeug nicht dabei hatten, um die losen Schrauben wieder festzuziehen. So konnte er den Lenker lediglich wieder in die richtige Position bringen, was erschreckend leicht ging, und musste den Rest der Tour höllisch aufpassen, dass er sich nicht noch einmal an ungünstiger Stellen zusammenklappte. Und zu allem Überfluss merkte ich wenig später, dass auch mein Lenker sich gelockert hatte, was das Gerumpel über Felsen und Wurzeln und die – glücklicherweise moderaten – Bergabfahrten auch nicht entspannter machten. 


An der Rivière du Sac'h


Später stellten wir fest, dass die Lenker, selbst wenn man die Schrauben mit aller Kraft anzog, nicht mehr wirklich fest wurden. Immerhin waren wir uns nun aber des Problems bewusst, konnten versuchen, möglichst wenig Last darauf zu bringen und im „Ernstfall“, wenn doch einer von uns wieder einmal an einer Unebenheit hängen blieb und das Teil nach vorne wegklappte, kam es nicht mehr völlig überraschend. – Vermutlich sind die Lenkerschrauben einfach nicht dafür gemacht, dass sie regelmäßig gelöst und wieder festgezogen werden, was bei uns aber nötig ist, wenn wir sie auf den Notsitzen des Isuzu verstauen bzw. wieder fahrbereit machen wollen.
 
Zumindest diesmal ging aber alles gut und, nachdem wir in Belz noch ein paar Lebensmittel erstanden hatten, erreichten wir wenig später wohlbehalten den Campingplatz. Insgesamt summierte sich die Runde auf gerade mal 13 km, also kein allzu strammes Tagesprogramm. Zwar hätte man der Küste noch länger folgen können, doch gab es für uns Rollerfahrer zum Wanderweg wenig Alternativen und von diesem hatte ich, ehrlich gesagt, irgendwann die Nase voll … 

So spazierten wir nach einer längeren Pause und einer ausführlichen Dusche meinerseits lediglich noch gegen Abend zur nahen Pointe du Perche und genossen den Ausblick auf den "Ruisseau de la fontaine de kervoine", einen Ausläufer der Rivière d'Étel, und ein paar Inselchen - diesmal bei Flut. Doch schon bald trieb der frische Wind uns wieder zurück zum Campingplatz und in unser fahrbares Zuhause.


Flut an der Pointe de Perche

Zum zweiten Teil des Reiseberichts geht es hier.